Die EU-Kommission stellt die Weichen für ihre Wirtschafts- und Transformationspolitik bis 2029. Dies beinhaltet die Veröffentlichung der folgenden Maßnahmenpakete:
Die vorgeschlagenen Initiativen haben Auswirkungen auf Inhalt und Ausgestaltung förderpolitischer Maßnahmen. In unserem Beitrag diskutieren wir die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit der öffentlichen Förderung.
Der Europäische Kompass für Wettbewerbsfähigkeit legt die strategische Richtung für die Wirtschaftspolitik der EU bis 2029 fest. Der Fokus der vorangegangenen Legislaturperiode auf den Green Deal und den Klimaschutz wird in einem herausfordernden internationalen geopolitischen Umfeld auf eine stärkere Betonung des Wettbewerbs verschoben. Der Kompass für Wettbewerbsfähigkeit zielt darauf ab, Innovationen zu fördern, die Dekarbonisierung zu ermöglichen und die Sicherheit und Resilienz Europas durch drei Handlungsschwerpunkte zu stärken.
Der erste Schwerpunkt konzentriert sich auf die Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E) in strategischen Bereichen wie künstlicher Intelligenz (KI), Biotechnologien und innovativen Werkstoffen. Durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen, die Stärkung von Investitionen und den Zugang zu Forschungsinfrastrukturen will die EU die Innovationslücke schließen und Unternehmen dabei unterstützen, technologische Spitzenpositionen zu erreichen.
Der Clean Industrial Deal und der neue Beihilferahmen sind wichtige Leitaktionen zur Beschleunigung der Dekarbonisierung. Zu den weiteren Maßnahmen gehören die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Gewährleistung des Zugangs zu kostengünstiger Energie, die Katalyse von Investitionen in Recycling- und Kreislaufwirtschaft sowie die Überprüfung des Mechanismus für den CO2-Grenzausgleich. Geplant sind auch Änderungen der Klimagesetze, um die Umweltziele mit dem industriellen Wachstum in Einklang zu bringen.
Dieser Bereich konzentriert sich auf die Förderung inländischer
Produktionskapazitäten, um externe Abhängigkeiten zu verringern und die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Ein zentrales Ziel ist die Stärkung der
Autonomie Europas in kritischen Industriezweigen.
Der am 26. Februar angekündigte EU Clean Industrial Deal skizziert einen
strategischen Plan zur Beschleunigung der Dekarbonisierung und
Reindustrialisierung in Europa. Diese Initiative integriert Klimapolitik mit
Industrie-, Wettbewerbs-, Wirtschafts- und Handelspolitik, um Wachstum,
Resilienz und ein nachhaltiges industrielles Ökosystem zu fördern. Im Rahmen dieser Initiative werden mehrere neue Förderinstrumente und vereinfachte Genehmigungsverfahren zur Unterstützung industrieller Akteure eingeführt.
Der Clean Industrial Deal schlägt mehrere Fördermechanismen vor, um die Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen:
Die Initiative zielt darauf ab, Genehmigungsverfahren durch die Einführung von Standardlösungen zu vereinfachen. Dazu gehören flexible Regeln für die schnelle Genehmigung staatlicher Beihilfemaßnahmen sowie ein reduzierter bürokratischer Aufwand für die Antragsteller.
Die Förderkriterien werden an der Resilienz und den strategischen Prioritäten ausgerichtet, um sicherzustellen, dass Projekte von strategischer Relevanz unterstützt werden. Die Beteiligung von Drittländern wird zum Schutz der EU-Interessen eingeschränkt.
Der Clean Industrial State Aid Framework (CISAF), der 2026 den Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) ersetzen soll, wird den Clean Industrial Deal unterstützen. Der Rahmen wird im Juni 2026 vorgeschlagen. Basierend auf den Vorentwurfsdokumenten wird die Fokussierung des TCTF auf erneuerbare Energien und den Aufbau von Produktionskapazitäten für Clean Tech mit einigen Anpassungen in Bezug auf Umfang, Bedingungen und Verfahren fortgesetzt.
Geplant ist, die Förderfähigkeit des CISAF auf erneuerbare Brennstoffe, Anlagen zur Kohlenstoffabscheidung und die Energieinfrastruktur für die industrielle Dekarbonisierung auszuweiten. Weiterhin ist die Einführung von Beihilfen für nicht-fossile Flexibilitätsprogramme, Kapazitätsmechanismen und die Verringerung des Risikos privater Investitionen in erneuerbare Energien sowie die Herstellung sauberer Technologien geplant.
Es ist geplant, die Beihilfeobergrenzen für die Herstellung sauberer Technologien für direkte Zuschüsse um 50 Prozent zu senken, während die Förderquoten für Darlehen und Garantien angehoben werden. Strengere Auflagen, wie das Erreichen von 80 Prozent der geplanten Einsparungen, sollen durchgesetzt werden. Ebenso sollen Strafen für Fehlverhalten eingeführt werden.
Der CISAF zielt darauf ab, die Bewertung der Einhaltung der Vorschriften für staatliche Beihilfen zu vereinfachen. Dazu werden neue Projektanforderungen und Beihilfehöchstwerte definiert, die mit dem EU-Recht in Einklang stehen. Darüber hinaus ist die Einführung spezifischer Anforderungen an Kapazitätsmechanismen geplant, um die Konformität mit den EU-Vorschriften zu gewährleisten.
Mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFF), der 2028 beginnt, werden die EU-Förderinstrumente vereinfacht und ein Fonds für Wettbewerbsfähigkeit eingerichtet- Dieser soll strategische Technologien und die Fertigung unterstützen, die für die europäische Wettbewerbsfähigkeit von entscheidender Bedeutung sind.
Der Fonds wird Projekte mit europäischem Mehrwert unterstützen, wie z. B. industrielle Dekarbonisierung. Außerdem wird ein Koordinierungsinstrument für die Wettbewerbsfähigkeit eingeführt, um die Industrie- und Forschungspolitik auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene aufeinander abzustimmen.
Das FP10 ist zwar bestätigt, aber sein Budget und seine Ausrichtung auf den Fonds für Wettbewerbsfähigkeit sind noch unklar. Die Interessengruppen drängen darauf, das FP10 als eigenständiges Programm beizubehalten, um die Unterstützung von Forschung und Entwicklung in nicht strategischen Sektoren sicherzustellen. Die öffentlichen Konsultationen zum nächsten MFF werden im Mai 2025 abgeschlossen, wobei Vorschläge zur Klärung der Haushaltsstruktur und der Prioritäten erwartet werden.
Die EU plant, den Anwendungsbereich und die Effizienz von IPCEI auszuweiten, um die industrielle Dekarbonisierung und die Herstellung von Clean Technologies zu unterstützen. Zu den vier unterstützten Kandidaten gehören:
Nachfolgekandidaten in den Bereichen Biotechnologien, kritische Rohstoffe und autonome Fahrzeuge sind im Gespräch. Die Kommission hat sich verpflichtet, die Mitgliedstaaten bei der Konzeption neuer IPCEI zu unterstützen, insbesondere im Bereich der kreislauforientierten fortschrittlichen Materialien für Clean Technologies.
Die im Kompass für Wettbewerbsfähigkeit und im Clean Industrial Deal skizzierten Strategien haben erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Förderung und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Europa. Im Folgenden finden Sie einige wichtige Beobachtungen:
Die Einführung eines langfristigen Rahmens für staatliche Beihilfen mit einer Laufzeit bis 2030 unterstreicht das Engagement der EU, Unternehmen bei der Erreichung der Klimaneutralität zu unterstützen. Dieser Rahmen bietet eine größere Vorhersehbarkeit im Vergleich zum befristeten Krisen- und Übergangsrahmen (TCTF), der eine reaktive Maßnahme für unmittelbare Krisen war. Der Übergang zu einem stabileren Rahmen zeigt, dass sich die EU auf den langfristigen industriellen Wandel konzentriert.
Anreizsysteme, die darauf abzielen, Produktionskapazitäten für Batterien und andere kritische Technologien zu schaffen, haben bei den europäischen Herstellern großes Interesse geweckt. Die Beibehaltung solcher Beihilfen, selbst bei einer Senkung der Förderhöchstbeträge um 50 Prozent, signalisiert die Absicht der EU, den Übergang zu einer Netto-Null-Wirtschaft zu unterstützen. Diese Maßnahmen orientieren sich an den Bedürfnissen der Hersteller und bieten einen positiven Ausblick auf die Dekarbonisierung der Industrie.
Die Betonung von IPCEI und die Einführung neuer Fördermechanismen, wie z.B. die Industrial Decarbonization Bank mit einem Budget von 100 Milliarden Euro, sind vielversprechende Entwicklungen. Diese Initiativen sollen innovativen europäischen Unternehmen helfen, ihre Führungsrolle in einem globalen Wettbewerbsumfeld zu behaupten oder zu erreichen. Die Komplexität und die langen Vorlaufzeiten, die mit einigen Fördermechanismen verbunden sind, stellen jedoch nach wie vor eine Herausforderung dar, insbesondere auf nationaler Ebene.
Das Ziel, die Antrags- und Bewilligungsverfahren für Förderinstrumente zu
vereinfachen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Unternehmen sehen sich während des Bewerbungsprozesses oft mit einer erheblichen Ressourcenbelastung konfrontiert, was von einer Teilnahme abhalten kann. Die Einführung von Lösungen "von der Stange" und schlanken Prozessen zielt darauf ab, dem entgegenzuwirken. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird davon abhängen, wie gut sie den tatsächlichen Bedürfnissen der Antragsteller in der Praxis entsprechen.
Die Fokussierung des Fonds für Wettbewerbsfähigkeit auf strategische Technologien und kritische Fertigung ist ein positives Signal für Projekte, die auf diese Prioritäten ausgerichtet sind. Diese Verschiebung gibt jedoch Anlass zur Sorge über die Zukunft von Forschung und Entwicklung in Bereichen, die nicht direkt mit diesen Prioritäten verbunden sind. Die Unsicherheit über die Budgetaufstellung des FP10 erschwert die Aussichten für nicht-strategische FuE-Sektoren zusätzlich. Eine stärkere Angleichung der Förderkriterien an die strategischen Prioritäten bietet europäischen Unternehmen zwar die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, erfordert aber auch eine sorgfältige Berücksichtigung des umfassenderen Bedarfs.
Angesichts der sich schnell entwickelnden internationalen Wettbewerbslandschaft ist es für Unternehmen und Institutionen von entscheidender Bedeutung, die durch diese Strategien bereitgestellten Ressourcen zu maximieren. Wenn der Clean Industrial Deal wirksam umgesetzt wird, hat er das Potenzial, die notwendige wirtschaftliche Unterstützung für den Erfolg der Industrieakteure zu bieten. Sein Erfolg hängt von der praktischen Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen und ihrer Anpassung an die Bedürfnisse der europäischen Industrie ab.
Mit unserem europäischen Netzwerk von Förderexpert:innen beraten wir unsere Mandanten ganzheitlich in allen Fragen der öffentlichen Förderung von der Identifizierung und Validierung über die Beantragung bis hin zur Umsetzung.
Wenn Sie daran interessiert sind, die Auswirkungen des Clean Industrial Deal und die entsprechenden Fördermechanismen und -instrumente weiter zu erkunden, kontaktieren Sie uns gerne.
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