Die Anzahl und Komplexität geopolitischer, sozialer, ökologischer und ökonomischer Herausforderungen wachsen kontinuierlich. Vor diesem Hintergrund rückt für die Europäische Union die Bedeutung einer vitalen Forschungs- und Innovationslandschaft stärker denn je in den Vordergrund. Der Wohlstand auf unserem Kontinent hängt ganz wesentlich von der Innovationskraft seiner Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen ab.
Die größte Hürde, vor der Europa im globalen Wettbewerb mit den US-amerikanischen Technologiegiganten aus dem Silicon Valley oder den chinesischen Unternehmen aus dem Pearl River Delta steht, ist der Transfer wissenschaftlicher Spitzenklasse in unternehmerische und kommerzielle Industrieführerschaft. Die Verwertung der Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte stellt ein zentrales Aufgabengebiet dar, in dem Europa noch signifikanten Nachholbedarf hat. Während rund ein Drittel der weltweiten wissenschaftlichen Fachliteratur aus europäischer Feder stammt1, verzeichnet die EU nur 5,23% der weltweiten Patentanmeldungen2.
[1] Quelle: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/IP_19_1676
[2] Quelle: https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/en/wipo_pub_941_2019.pdf
Diese Lücken gilt es zu schließen und genau an diesem wesentlichen strategischen Punkt setzt Horizon Europe mit seinen drei Säulen an:
Hierbei stehen die folgenden Themengebiete im Fokus:
Durch Horizon Europe stehen Unternehmen innerhalb der EU von 2021 bis 2027 nun ca. 95,5 Mrd. EUR zur Verfügung, allerdings inklusive der zusätzlichen 5,4 Mrd. EUR aus „Next Generation EU“. Dies übertrifft zwar das Budget von Horizon 2020 für die Jahre 2014-2020, entspricht aber nur zwei Dritteln der Forderung der European University Association (EUA) und des Europäischen Parlaments an die finanzielle Ausstattung.
Für forschende Unternehmen in Deutschland bedeutet dies mit Blick auf den Wettbewerb um die Fördermittel, dass noch mehr Wert auf die Zusammenstellung erstklassiger Forschungs- und Innovationsverbünde, die Beschreibung überzeugender Projektideen und wettbewerbsstarke Antragsunterlagen gelegt werden muss.
Ergänzt wird das Budget durch nationale Fördermittel. Ein Beispiel in Deutschland ist die steuerliche Forschungszulage. Diese soll Zukunftsinvestitionen und -Innovationen bei deutschen Unternehmen ermöglichen bzw. erleichtern.
Horizon Europe wird spezifische Änderungen der Förderfähigkeitsregeln und Änderungen im Hinblick auf den Prüfungsansatz mit sich bringen. Im Allgemeinen sind die Terms of Reference (ToR) für die Certificates of the Financial Statement detaillierter als jene des Vorgängers Horizon 2020. Nachfolgend erläutern wir die wichtigsten Neuerungen im Hinblick auf die ToR von Horizon Europe im Vergleich zu Horizon 2020.
Der Schwellenwert für das CFS steigt
Der Schwellenwert für das obligatorische CFS wird im Rahmen von Horizon Europe von vormals 325.000 EUR auf 430.000 EUR angehoben. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass sich die Berechnungsmethodik geändert hat. Anders als in Horizon 2020 werden nun alle Kosten bei der Berechnung des Wertes berücksichtigt – wenn also der beantragte EU-Beitrag eines Begünstigten die o.g. 430.000 EUR erreicht oder übersteigt, muss ein von einem qualifizierten Wirtschaftsprüfer ausgestelltes CFS vorgelegt werden. Dieser Schritt ist notwendig, um der jeweiligen Bewilligungsbehörde zu ermöglichen, nachzuvollziehen, ob die abgerechneten Kosten und gegebenenfalls auch Einnahmen den im Grant Agreement festgelegten Bedingungen entsprechen.
Eine Ausnahme ergibt sich bezüglich eines optionalen System and Process Audits (SPA), welches Unternehmen mit einer seitens des Prüfdienstes der Europäischen Kommission bestätigten niedrigen Risikobewertung ermöglicht, ein CFS erst ab einem Schwellenwert von 725.000 EUR vorlegen zu müssen.
Vorzulegende Dokumente
Neben dem o. g. CFS müssen weitere Dokumente vorgelegt werden. Im Rahmen von Horizon Europe muss ein Finanzbericht an die Bewilligungsbehörde, sowie im Falle mehrerer Empfänger der Mittel ein Bericht über die Verteilung der Zahlungen eingereicht werden. Auch die Frist zur Einreichung dieser Dokumente wurde angepasst – so sind diese nicht mehr 60 Tage nach Ablauf des letzten Berichtzeitraumes, sondern 60 Tage nach dem Überweisungsdatum oder (je nachdem, welches Datum später liegt), dem Datum der Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung einzureichen.
Die Beauftragung des Prüfenden erfolgt durch die Einrichtung
Wie im Vorgängerprogramm muss der Report für Horizon Europe von einem unabhängigen Prüfenden erstellt werden. Dem Unternehmen steht es frei, einen qualifizierten externen Prüfenden zu beauftragen. Anforderung ist hierbei wie bereits unter Horizon 2020 die Einhaltung der Richtlinie 2006/43/EC sowie dem internationalen Standard für Related Services (‚ISRS`) 4400. Öffentlichen Einrichtungen steht es frei, auch einen unabhängigen öffentlichen Rechnungsprüfer zu wählen.
Neue ergänzende Festlegungen
Die Terms of Reference (ToR) von Horizon Europe definieren einige weitere Sachverhalte. So wurde unter anderem festgehalten, dass die Kosten für die Erstellung des CFS auf das betreffende EU-Projekt gebucht werden können. Ein weiterer Punkt ist die Notwendigkeit einer grundlegenden Systemprüfung. In diesem Sinne muss der Prüfende ein generelles Verständnis über das Buchhaltungssystem, das Zeiterfassungssystem und die gängigen Praktiken des Begünstigten erlangen. Weiterhin finden sich in den ToR Angaben zu den zu prüfenden Unterlagen und zum Prüfsystem, welches der Prüfende in Bezug auf die verschiedenen Kostenkategorien durchzuführen hat.
Die lange erwarteten Prüfschritte für Horizon Europe wurden im Februar 2024 von der Europäischen Kommission veröffentlicht. Grundsätzlich sind einige Procedures im Vergleich zu Horizon 2020 detaillierter beschrieben oder neu hinzugekommen. Im Folgenden finden sich ausgewählte Neuerungen:
Aller Änderungen und Ergänzungen zum Trotz können sich am Programm Teilnehmende auf eine gewisse Kontinuität einstellen. So gab es keine Neuerungen an der Systematik der Stichprobenerstellung für die Prüfung. Ebenso keine Änderungen gab es am bewährten Grundsatz, dass alle Kosten seitens des Teilnehmenden korrekt berechnet, angemessen belegt und in Einklang mit seinen üblichen Buchführungspraktiken stehen sollten.
Um den Zugang zu den Fördermitteln zu erleichtern und damit verbundene administrative Aufwände zu reduzieren, wurden die Abrechnungsmodalitäten für Zuwendungsempfänger vereinfacht. Daher gelten für die Muster-Zuwendungsvereinbarung (Model Grant Agreement, MGA) die folgenden Maßgaben:
Das Team für Fördermittelberatung bei Deloitte begleitet gemeinsam mit dem europäischen Netzwerk der Deloitte Fördermittelexperten die aktuellen Entwicklungen von Horizon Europe intensiv. Dabei helfen wir Unternehmen aus unterschiedlichen Industrien dabei, durch die komplexe Fördermittellandschaft zu navigieren und unterstützen von der Antragsstellung bis hin zur Prüfung der Projektabrechnungen. Sprechen Sie uns an.