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Europäisches Emissionshandelssystem 2 (EU-ETS 2)

EU Emissions Trading System 2: Vom regulatorischen Aufwand zum strategischen Vorteil

Mit dem Europäischen Emissionshandelssystem 2 (EU-ETS 2) wird das europäische Emissionshandelssystem auf die Sektoren Wärme (Gebäude) und Straßenverkehr ausgeweitet. Damit werden CO₂-Emissionen in diesen Bereichen systematisch erfasst, bepreist und reguliert. Erfahren Sie, wie sich regulatorische Anforderungen in strategische Vorteile verwandeln lassen: Wer frühzeitig agiert, kann Dekarbonisierung aktiv gestalten, seine Marktposition stärken und Kosten gezielt steuern.

Was ist EU-ETS 2?

Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets hat sich die Europäische Union (EU) verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Ein zentrales Instrument zur Erreichung dieses Ziels ist das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS 1, das seit 2005 für Energieerzeugung und Industrieanlagen, seit 2012 für den Luftverkehr und seit 2024 vollumfänglich für den Seeverkehr gilt.

Mit dem neuen, eigenständigen Emissionshandelssystem EU-ETS 2 wird der Geltungsbereich auf die Sektoren Wärme (Gebäude) und Straßenverkehr ausgeweitet, um bislang unberücksichtigte CO₂- Emissionen handelspflichtig zu machen. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen auch in diesen Bereichen zu erfassen und über handelbare Zertifikate zu bepreisen. Dadurch sollen finanzielle Anreize geschaffen werden, um den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren und gezielt in klimafreundliche Technologien zu investieren. Im Rahmen des EU-ETS 2 sind sog. Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen betroffen. Dazu zählen Unternehmen, die beispielsweise Heizöl, Erdgas, Benzin, Diesel oder Kohle in den Markt bringen. Verantwortlich im Sinne des EU-ETS 2 sind somit alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften, die gemäß § 3 Nr. 19 TEHG (Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz) als Schuldner der Energiesteuer gelten.

Aktuell befindet sich das EU-ETS 2 in einer dreijährigen Vorbereitungsphase, in der Unternehmen bereits ihre CO₂-relevanten Mengen jährlich auf Basis eines genehmigten Überwachungsplans erfassen müssen. Ab 2027 sind dann Betroffene verpflichtet, für die verursachten CO₂-Emissionen Zertifikate zu erwerben. Sollten sich die Preise für Gas und Öl auf einem anhaltend hohen Niveau bewegen, besteht die einmalige Möglichkeit, den Starttermin von 2027 auf 2028 zu verschieben.

Wie funktioniert das EU Emission Trading System 2?

Das EU-ETS 2 ist ein marktbasiertes Instrument zur Reduktion von CO₂-Emissionen und ist als sog. „Upstream-System“ ausgestaltet. Damit sind zur Teilnahme die Unternehmen verpflichtet, die fossile Brennstoffe in Verkehr bringen – etwa Händler von Heizöl, Gas oder Kraftstoffen. Diese Unternehmen müssen für die daraus resultierenden CO₂-Emissionen Zertifikate erwerben und fristgerecht bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) abgeben. Die entstehenden Kosten werden in der Regel über die Preise an die Verbraucher:innen weitergegeben.

Das EU-ETS 2 basiert auf dem „Cap-and-Trade“-Prinzip: Es wird demnach eine jährlich sinkende Obergrenze („Cap“) für CO₂-Emissionen in den Sektoren Wärme (Gebäude) und Straßenverkehr geben. Zudem muss für jede emittierte Tonne CO₂ ein Zertifikat beschafft und bei der zuständigen Behörde abgegeben werden. Im Unterschied zum EU-ETS 1 ist keine kostenlose Zuteilung vorgesehen – sämtliche Zertifikate müssen erworben werden. Ein Handel („Trade“) der Zertifikate zwischen Marktteilnehmern ist grundsätzlich vorgesehen.

Außerdem ersetzt das EU-ETS 2 schrittweise den bislang geltenden nationalen Brennstoffemissionshandel (BEHG) in diesen Sektoren. Während im BEHG die CO₂-Emissionen ebenfalls erfasst und bepreist werden – jedoch basierend auf einer Festpreisregelung – bringt das EU-ETS 2 eine grundlegende Systemänderung mit sich. Statt einer festen Preisbindung sollen die Preise für Zertifikate künftig marktgesteuert über Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Zwar gibt es keinen festen Preiskorridor für diese Zertifikate, doch die EU-Kommission strebt für die Jahre 2027 bis 2030 eine Preisstabilität zwischen 45 und 80 Euro pro Tonne CO₂ an.

Was sind zentrale Herausforderungen vom EU-ETS 2?

Mit dem EU-ETS 2 kommen auf viele Unternehmen neue regulatorische und operative Anforderungen zu. Besonders betroffen sind jene, die fossile Brennstoffe in Verkehr bringen – etwa Energieversorger, Kraftstoffhändler oder Wärmelieferanten. Für sie ergibt sich eine direkte Verpflichtung zur Teilnahme am EU-ETS 2: Sie müssen künftig nicht nur Emissionszertifikate erwerben und bei der DEHSt abgeben, sondern auch ihre CO₂-relevanten Mengen präzise erfassen und fristgerecht melden.

Die Umstellung vom BEHG auf das EU-ETS 2 bringt zusätzliche Komplexität mit sich. Während im BEHG jährlich festgelegte CO₂-Preise gelten, basiert das EU-ETS 2 auf einer marktbasierten Preisbildung. Daher müssen sich Unternehmen auf volatile Preise einstellen und diese aktiv in ihre Beschaffungsstrategien integrieren. Zudem gestaltet sich die Weitergabe der CO₂-Kosten an Kund:innen zunehmend anspruchsvoll und erfordert transparente Kommunikations- sowie belastbare Kalkulationsmodelle.

Darüber hinaus gewinnen strategische Fragen an Bedeutung: Wie lassen sich CO₂-Kosten in bestehende Einkaufsprozesse integrieren? Welche Auswirkungen hat das System auf Standortentscheidungen und Lieferketten? Und wie können Unternehmen frühzeitig Dekarbonisierungsmaßnahmen entwickeln, um langfristig Kosten zu senken und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden?

  • Regelmäßige Marktbeobachtung der EU-ETS Zertifikatspreise sowie Reporting
  • Analyse und Evaluierung von Preistreibern
  • Prognose der CO2-Preisentwicklung
  • Simulation der unternehmensindividuellen Kostenbelastung
  • Simulation der Auswirkungen auf bestehende Prozesse und Entwicklung von Anpassungsszenarien
  • Timing-Strategien
  • Risikomanagement
  • Zertifikatsmanagement
  • Standortwahl und Lieferkettenoptimierung
  • Integration in Einkaufsprozesse: CO₂-Kosten als Bestandteil von Lieferantenverhandlungen
  • Entwicklung von Dekarbonisierungsmaßnahmen

Zusammenfassung

Mit dem EU-ETS 2 erweitert die EU ihren Emissionshandel erstmals auf die Sektoren Wärme (Gebäude) und Straßenverkehr. Damit stehen viele Unternehmen vor einem grundlegenden Systemwechsel: Die bislang geltenden Festpreise im BEHG werden durch einen dynamischen Marktmechanismus ersetzt. Dies bedeutet nicht nur das Ende der festen CO₂-Preise, sondern auch eine teilweise Ablösung des BEHGs durch das EU-weite Emissionshandelssystem ETS 2.

Für Unternehmen, die bisher mit festen Preisen kalkulieren konnten, bringt dieser Wandel neue Anforderungen mit sich - insbesondere im Hinblick auf Datenmanagement, Preisstrategie und Prozessintegration. Wer frühzeitig reagiert, kann regulatorische Risiken minimieren und gezielt Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Kostensteuerung entwickeln.

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