Zentrales Thema beim Einstieg in eine digitale Betriebsprüfung ist die Erfüllung des Datenzugriffsverlangens des Betriebsprüfers, für das drei vom Betriebsprüfer frei wählbare Varianten bestehen (sog. „Z1-“, „Z2-“ bzw. „Z3-Zugriff“). Mangels eines Gesetzes oder einer Verordnung ist derzeit kein Mindestumfang insbesondere für die Datenüberlassung als maschinenlesbare Datensatz veröffentlicht. Daher obliegt es dem Steuerpflichtigen, im Rahmen seines sog. Erstqualifikationsrechts die steuerrelevanten Daten auszuwählen und diese in maschinell verwertbarer Form bereitzustellen. Teilweise übernehmen auch die ERP-Hersteller diese Auswahl bei der Einrichtung von entsprechenden Schnittstellen. Sofern das System keine Schnittstelle bietet, erfolgt die Auswahl der (aus Sicht des Steuerpflichtigen) steuerrelevanten Daten über die verfügbaren Systemexporte. In der Folge schwankt die Qualität der bereitgestellten Datenexporte zwischen verschiedenen Systemen und Steuerpflichtigen zum Teil erheblich.
Mit Hilfe des § 147b AO-hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, digitale Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen bestimmen. Damit wird, analog zu den Regelungen für Zwecke der Exporte der Lohnbuchhaltung und der Kassensysteme, auch für die Exporte der Finanzbuchhaltung ein einheitlicher Datenexport geschaffen. Im internationalen Umfeld sind solche Standardisierungen bereits gängige Praxis, hier wird zumeist auf das OECD SAF-T 2.0- Schema zurückgegriffen. Dieses Schema ist - mit Abwandlungen - beispielsweise bei Betriebsprüfungen in Portugal und Polen im Einsatz.
Einheitliche Datenschnittstellen sind in Deutschland bereits für die Lohnbuchhaltung (sog. „DLS“ - digitale Lohnschnittstelle) sowie für die Kassensysteme (sog. DSFinV-K) im Einsatz. Dies bietet im Rahmen von Betriebsprüfungen eine Reihe von Vorteilen, wie z.B. die durch den Mindestumfang geschaffene Rechtssicherheit, dass die Datensätze die wesentlichen Informationen enthalten und für Zwecke der Betriebsprüfung lesbar sind.
Im Diskussionsentwurfs der Buchführungsdatenschnittstellenverordnung werden Datenstandards für folgende Bereiche definiert: Transaktionen (Journaldaten der einzelnen Geschäftsvorfälle), Stammdaten (z.B. zu Debitoren und Kreditoren), Überleitung zur E-Bilanz, digitale Belege, Anlagevermögen und Systemdaten.
Ebenso definiert der Datenstandard auch technische Anforderungen, die an die Lesbarkeit der Datenexporte zustellen sind. Insgesamt wird die Vereinheitlichung die Vergleichbarkeit der Datenexporte auf Seiten der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung stärken, allerdings ist -je nach Buchführungssystem- auch mit massiven Änderungen am System zu rechnen.
So müssen in einigen ERP-Systemen zunächst nutzbare Schnittstellen geschaffen werden. Systeme, die keinen entsprechenden Export bereitstellen können, müssen entweder umfassend angepasst oder ersetzt werden, die betrifft insbesondere alte Versionen, für die der Systemhersteller keinen Support mehr sicherstellt. Ebenso sind ggf. bestehende Lokalisierungsanforderungen zu prüfen und umzusetzen, soweit nur so die Schnittstellenanforderung erfüllt werden kann.
§ 147b AO neu gilt bisher bereits seit dem 01.01.2023 ohne eine spezielle Anwendungs- oder Übergangsvorschrift. Der Diskussionsentwurf zur Buchführungsdatenschnittstellenverordnung sieht derzeit vor, dass Unternehmen und IT-Anbietern für die Implementierung der Schnittstelle ein Zeitraum von 3 Jahren ab Veröffentlichung bleibt.
Neben den neuen Regelungen zu den Datensätzen selbst erfahren auch die Konsequenzen bei der fehlenden Bereitstellung von ausreichenden Datensätzen für die digitale Betriebsprüfung eine deutliche Verschärfung.
Beweiskraft der Buchhaltung
Die Neuregelung des § 158 Abs. 2 AO neu sieht vor, dass die Beweiskraft der Buchhaltung entfällt, falls die sachliche Richtigkeit im Einzelfall zu beanstanden ist oder Datensätze nicht nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstellen (z.B. §147b AO neu) bereitgestellt werden können.
Dies gilt auch dann, wenn der Jahresabschluss des Steuerpflichtigen über ein uneingeschränktes Testat eines Wirtschaftsprüfers verfügt – obwohl heutige Abschlussprüfungen auch auf vergleichbare Systemzugriffe und -downloads zurückgreifen.
Wenn die Beweiskraft der Buchführung entfällt, zieht dies unmittelbar eine vollständige Schätzbefugnis des Betriebsprüfers nach sich. Somit sind Betriebsprüfer zukünftige gesetzlich legitimiert, die Buchhaltung in solchen Fällen für steuerliche Zwecke als nichtig zu betrachten. Dies unterstreicht die nunmehr nochmals gestiegene Bedeutung der Exportoptionen aus allen steuerrelevanten Systemen.
Ordnungswidrigkeit
Mit den Änderungen im § 379 AO neu wurden weitere Ordnungswidrigkeitstatbestände geschaffen.
So gilt ab dem kommenden Jahr, dass die fehlende Einrichtung bzw. Bereitstellung eines Datenzugriffs („Z1-“, „Z2-“, „Z3-Zugriff“) oder die nicht vollständige Aufbewahrung von steuerrelevanten Unterlagen eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.
"Geldbußen von bis zu 25.000 € drohen."
Dies entwickelt besondere Bedeutung für archivierte ERP-Systeme, für die nach § 147 Abs. 6 Satz 6 AO bis zu 5 Jahre nach der Archivierung ein Direktdatenzugriffsrecht besteht. Dies stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen, da die Archivierung von Systemen mit der Neuimplementierung eines (anderen) ERP-Systems einhergeht und die Bereitstellung eines Direktzugriffs auf das Altsystem technische Hürden birgt. Außerdem stellt das Aufrechterhalten einer ggf. auch minimalen Ausstattung an Lizenzen für das Altsystem eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung dar.
Wir empfehlen daher, alle steuerrelevanten Systeme zu ermitteln und diese auf die Verfügbarkeit einer Exportschnittstelle zu überprüfen und die hierfür bestehenden Möglichkeiten (z.B. Verwendung von Drittanbieterlösungen oder Erstellung von Reports mit relevanten Inhalten) zu eruieren. Hierzu zählt insbesondere mit dem Systemhersteller in Kontakt zu treten, ob und inwieweit die Anforderung an die Buchführungsdatenschnittstellenverordnung umgesetzt werden können und welche Voraussetzungen hier durch den Systemanwender erfüllt werden müssen (z.B. bestimmte Versionsupgrade oder Lokalisierungen).
Dies betrifft insbesondere auch deutsche Steuerpflichtige mit ausländischen Mutterunternehmen, deren IT-Infrastruktur durch das Mutterunternehmen bestimmt und gesteuert wird, da die Verfügbarkeit der GoBD-Schnittstellen oftmals an die deutsche Lokalisation anknüpft. Außerdem ist auch im Rahmen der Systemarchivierungen und -neueinführungen ein besonderes Augenmerk auf die Verfügbarkeit der Datenzugriffe aus den Altsystemen während der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen zu legen.