Aussagen über die Zukunft sind grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen: eine triviale Einsicht, deren Bedeutung uns allerdings durch die COVID-19-Pandemie auf disruptive Weise neu verdeutlicht wurde. Wie können CFOs die strategische Planung ihrer Unternehmen so verbessern, dass neue Trends und unerwartete Entwicklungen frühzeitiger erkannt werden? Jedenfalls nicht durch einen bloßen Rückgriff auf die Vergangenheit, durch ein Fortschreiben historischer Daten.
KI-basierte Strategieplanung bietet gegenüber solch traditionellen Methoden einen deutlich effektiveren Ansatz, wie die Experten von Deloitte in einer neuen Ausgabe der CFO Insights aufzeigen.
Natürlich stellt auch ein innovatives Strategie-Framework auf KI-Basis keine Glaskugel dar, in der Führungskräfte einen magischen Blick in die Zukunft werfen könnten. „Black Swan“ Ereignisse wie eine Pandemie bleiben weiterhin unvorhersehbar. Doch durch eine objektive Datenbasis, leistungsfähige Auswertungsmechanismen und dynamisches Szenario-Monitoring ermöglicht der KI-Ansatz eine deutlich bessere Aufstellung. Er erlaubt die schnelle Analyse komplexer Probleme, die Ableitung von spezifischen Plänen für eine ganze Bandbreite von Eventualitäten und eine optimierte Fähigkeit zur Entscheidungsfindung – auch im Hinblick auf die kontinuierliche Anpassung der Strategie an neue Entwicklungen. KI ersetzt hierbei nicht etwa die menschliche Intelligenz, sondern hebt sie auf eine neue Stufe, indem sie Führungskräften eine datengestützte, dynamische Entscheidungshilfe zur Verfügung stellt. Dabei hat KI aber neben ihrer Geschwindigkeit, Flexibilität und Effizienz noch einen weiteren wesentlichen Vorteil gegenüber dem Menschen: Sie lässt sich bei der Datenauswertung nicht von Vorannahmen, Intuitionen, Konsensmeinungen oder individuellen unternehmenspolitischen Erwägungen beeinflussen.
Ein KI-basierter Ansatz zur strategischen Planung besteht aus mehreren Komponenten, die in einem Prozess kontinuierlicher Entwicklung und Optimierung ineinandergreifen. Umgesetzt wird das KI-Framework nach dem Motto „Think, Build, Run“. In der Strategie-Entwicklungsphase gewinnen die KI-Tools eine große Menge an Erkenntnissen aus internen Daten des Unternehmens (Ressourcen, Kompetenzen u.a.), aber auch aus externen Informationen (Wettbewerber, Märkte, Kunden, Gesellschaft, Regulation u.a.). Bei einem konkreten Projekt, so die Autoren der CFO Insights, können dabei in wenigen Wochen alle wichtigen Treiber und Makro-Trends zusammengestellt werden, die für die zukünftigen Entwicklungen relevant sein könnten. Aus diesen Elementen werden die wichtigsten Szenarien abgeleitet, die dann einen Rahmen für die Entwicklung und Implementierung der Strategie schaffen.
Empfehlenswert ist dabei die Konzentration auf vier voneinander klar abgegrenzte Szenarien. Sie stellen komprimierte Situationsbeschreibungen dar, die plausibel sein müssen, aber durchaus extrem ausfallen können. Das Ziel ist keine einheitliche, eindeutige Prognose, sondern das Abstecken des Möglichkeitsraums, der auch Widersprüche und Ambiguitäten zulässt, um sich auch für die heute als weniger wahrscheinlich eingestuften Entwicklungen zu wappnen. Im nächsten Schritt kann ein Monitoring-System aufgebaut werden, das bei der Umsetzung hilft und frühzeitig Hinweise für notwendige Korrekturen gibt.
Auch beim Monitoring zeigt sich die überlegene Leistungsfähigkeit von KI-Algorithmen: Sie scannen eine Vielzahl von Quellen, zum Beispiel aus dem Internet, fortlaufend nach Daten, wobei auch natürliche Sprache verarbeitet werden kann (Natural Language Processing, NLP) . Das ermöglicht eine ad hoc aktualisierte Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit der jeweiligen Szenarien. Diese Wahrscheinlichkeiten werden dann in einem Dashboard ausgegeben, das Entscheidern aussagekräftige „Realization Rates“ mit Prozentangaben an die Hand gibt. Spezifische Indikatoren helfen zudem bei der Bewertung besonderer Themen, die wichtige Vorannahmen der Strategie berühren könnten. Mit diesem Ansatz kann die strategische Planung in Echtzeit an neue Gegebenheiten angepasst werden.
Damit ein KI-basierter Strategie-Ansatz zum Erfolg wird, müssen allerdings vorab einige Punkte und Prozesse abgeklärt werden. Die Datenqualität muss einen bestimmten Level aufweisen, auch externe Quellen sind einzubeziehen (etwa Wetterdaten, Behördeninformationen). Entscheidungsstrukturen müssen angepasst werden, agile Business-Methoden erleichtern die zeitnahe Umsetzung von Korrekturen. Wichtig ist auch der „menschliche Faktor“. So zukunftsweisend KI-basierte Strategie-Planung ist, sie ist letztlich nur eine Seite der Medaille – menschliche Intelligenz muss hinzutreten und sie umsetzen, damit das Projekt gelingt. Hierfür ist eine gezielte Integration des Wissens einer breiten Auswahl von internen und externen Stakeholdern zu empfehlen (Crowdsourcing).
Die vielfältigen Vorteile dieses Ansatzes sind diese Mühen allemal wert. Die KI-basierte Szenario-Methode spart Zeit, da sie sich äußerst zügig aufsetzen lässt (typischerweise ca. sechs Wochen). Die kompakte Form der Szenarien erlaubt es CFOs, weiterführende Top-Level-Diskussionen auf der Führungsebene anzustoßen. Die KI-basierte Strategieplanung ist durch ihre flexible Adaptierbarkeit zugleich sehr robust und langlebig. Nicht zuletzt fördert der Ansatz auch den Aufbau von KI-Fähigkeiten unter den Mitarbeitern des Unternehmens.
Wir haben für KI-gestützte strategische Planung einen proprietären Ansatz entwickelt und bereits vielfach erfolgreich implementiert. Aus diesen Erfahrungen konnten die Deloitte-Experten für Strategie, KI und Szenario-Planung wertvolle Erkenntnisse für die Umsetzung gewinnen. Zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren gehört eine Data Governance, die alle relevanten Stakeholder einbezieht – und nicht etwa nur Daten- und Tech-Spezialisten. Umfassende KI-basierte Sensing-Methoden sind ebenfalls entscheidend. Sie sollten über die Unternehmensgrenzen hinweg Signale aus dem ganzen Ökosystem verwerten, vom Kunden-Sentiment über Informationen aus Lieferketten und Märkten bis hin zu Daten von Kooperationspartnern. Wichtig ist außerdem, dass KI-Projekte nicht im Experimentierstadium stecken bleiben, sondern mit realen Use Cases verschaltet werden. Erst so entfalten sie ihre transformative Eigendynamik. Sie lassen sich durch transparente, konkrete Vorteile rechtfertigen und fördern zugleich den Wandel des Mindsets im Unternehmen. Nicht zuletzt müssen Führungskräfte nun die Dringlichkeit dieses Themas erkennen. In Sachen KI kann Zögern schnell zum existentiellen Wettbewerbsnachteil werden: Zu dynamisch ist die Entwicklung dieser revolutionären neuen Technologie, zu hoch sind die erzielbaren Vorteile – auch für die Konkurrenz.
Lesen Sie hier die neue Ausgabe der CFO Insights Intelligence gathering: Bringing AI technology into strategic planning .
Das Buch Real Time Strategy der Monitor Deloitte Strategen Frank Becker und Florian Klein, stellt die Entscheidungsfindung der Zukunft vor.
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