Die Frühjahrs-Ausgabe des CFO Survey 2025 zeigt, wie die Ankündigung der reziproken Zölle aus den USA die vorsichtige wirtschaftliche Erholung belastet hat. Die Geschäftsaussichten fielen seit dem 2. April deutlich. Aber die deutschen Unternehmen reagieren aktiv: Investitionen und Beschäftigung sollen wieder steigen – im Fokus sind dabei Resilienz und damit auch verstärkt Investitionen in Deutschland. Auf der CFO-Agenda stehen geopolitische Risiken für das kommende Jahr ganz oben.
Nach den schlechten Geschäftsaussichten im Herbst des vergangenen Jahres waren die Aussichten dieses Frühjahr zunächst vorsichtig optimistisch. Das beschlossene Fiskalpaket und eine baldige Regierungsbildung gaben Hoffnung auf sinkende Unsicherheit und eine Rückkehr der deutschen Wirtschaft auf einen Wachstumskurs. Der Indexwert für die Geschäftsaussichten unter den ersten 135 Teilnehmenden war mit +4 Prozent wieder leicht positiv.
Am 2. April verkündete die US-Administration allerdings ihre Pläne für reziproke Zölle, welche unter anderem 20 Prozent Zoll auf alle Importe aus der EU vorsahen. In Folge des sogenannten „Liberation Day“ gingen die Geschäftsaussichten drastisch zurück. Der Indexwert rutschte in den Antworten der Teilnehmenden nach der Verkündung auf -25 Prozent ab. Besonders Großunternehmen mit über einer Milliarde Euro Umsatz sehen sich von den potenziellen Zöllen betroffen. Aus Branchensicht fielen die Geschäftsaussichten vor allem im Bankenwesen und der Transport & Logistik Brache.
Abbildung 1: Geschäftsaussichten vor und nach dem Liberation Day
Die Kehrtwende der USA in ihrer Handelspolitik trägt zum angespannten geopolitische Risikoumfeld bei. Das Level der Unsicherheit im ökonomischen und finanziellen Umfeld, dem sich die CFOs gegenübersehen, steigt auf ein Rekordhoch.
Das spiegelt sich auch in der Risikoeinschätzung wider: Die schwache Inlandsnachfrage bleibt zwar insgesamt das wichtigste Risiko, aber im Vergleich zum Herbst 2024 gewinnen geopolitische Risiken deutlich an Relevanz. Nach Ankündigung der reziproken Zölle am 2. April werden sie sogar zum wichtigsten Faktor. Zusätzlich steigen die Risiken einer schwächeren Auslandsnachfrage sowie Wechselkursrisiken. Die CFOs befürchten, dass die breit angelegten Zölle nicht nur das Potenzial haben, die Nachfrage aus den USA zu bremsen, sondern auch die stabilisierende Vormachtstellung des US-Dollars als Weltwährung in Frage zu stellen. Die Befragten sehen die Auswirkungen eines möglichen Handelskriegs zwischen den USA und Europa vor allem beim Absatz – 69 Prozent der Unternehmen wären betroffen. Aber auch die Lieferketten sind Risiken ausgesetzt, bei 17 Prozent der Unternehmen sogar stark bzw. sehr stark.
Vor allem Großunternehmen und exportorientierte Unternehmen sind von der neuen geopolitischen Risikolandschaft betroffen. Weitere Details zu Konjunktur und Kennzahlen liefert das aktuelle Deloitte Economic Trend Briefing: Flash-Ergebnisse des Deloitte CFO Survey Frühjahr 2025 .
Während die Ankündigung der Zölle einen negativen Effekt auf die Geschäftserwartungen hatte, war der Effekt auf die Investitions- und Beschäftigungspläne umgekehrt: die Unternehmen planen seit der Ankündigung, tendenziell mehr zu investieren und einzustellen. Bereits vor dem 2. April planten die CFOs mit höheren Investitionen. Der Indexwert stieg auf +8 Prozent und lag damit das erste Mal seit anderthalb Jahren wieder im positiven Bereich. Nach der Ankündigung der Zölle stieg der Indexwert weiter auf +13 Prozent. Seit dem 2. April wollen damit fast ein Drittel der befragten Unternehmen wieder mehr investieren. Und waren die Pläne für Beschäftigung vor der Ankündigung der Zölle noch negativ, wollen die Unternehmen seitdem wieder mehr einstellen.
Abbildung 2: Pläne für Investitionen und Beschäftigung
Im Fokus bei den Investitionen stehen dabei primär Resilienz sowie die digitale Transformation. Nachhaltigkeit wurde dagegen vermehrt aufgeschoben, die Ausweitung der Produktion tendenziell sogar zurückgefahren. Die Unternehmen wollen also mehr investieren, aber zielen dabei eher auf den Aufbau von Zukunftsfähigkeit und Krisenbeständigkeit ab, nicht primär auf Wachstum.
Auch der geographische Fokus der Investitionen hat sich verschoben. Die Ankündigung der US-Zölle hat den Trend zum Reshoring zurück nach Deutschland noch einmal verstärkt. Vor dem 2. April legten 73 Prozent der CFOs ihren Investitionsschwerpunkt auf Deutschland, danach waren es 80 Prozent. In Nordamerika wollen die deutschen Unternehmen dagegen weniger investieren – nach dem 2. April sehen nur noch 19 Prozent dort ihren Investitionsschwerpunkt (zuvor 25%).
Abbildung 3: Geographischer Fokus der Investitionen
Der Trend zur Stärkung der Resilienz und damit auch der erneute Fokus auf den Heimatmarkt gibt den Unternehmen Motivation, wieder verstärkt Investitionen in Deutschland zu tätigen. Als mögliche Maßnahmen, um diesen Trend zu unterstützen, nennen die CFOs primär die Vereinfachung der bürokratischen Anforderungen sowie die gezielte Unterstützung für Investitionen in Zukunftstechnologien. Immerhin für ein Drittel der Befragten ist aber auch das geplante Maßnahmenpaket in Infrastruktur und Verteidigung Anreiz, bislang aufgeschobene Investitionen wieder aufzunehmen.
Für das Jahr 2025 sind die geopolitischen Spannungen weiterhin der wichtigste Einflussfaktor für die CFO-Agenda. Sie wirken sich unmittelbar auf den globalen Handel, die Supply Chain, die grenzüberschreitenden Investitionen oder das weltweite Mitarbeiterangebot aus und damit mittelbar auch auf die CFO-Agenda. Vor diesem Hintergrund setzen die CFOs neben der andauernden digitalen Transformation auf einen Mix aus kostenoptimierenden Maßnahmen – sowohl auf der Funktions- als auch auf der Unternehmensebene – und aus wachstumsunterstützenden Maßnahmen.
Abbildung 4: CFO-Agenda Fokus
Die Priorisierung zeigt dabei nur geringe größen- oder sektorspezifische Besonderheiten. Lediglich die CFOs im Mittelstand und in Dienstleistungsunternehmen setzen einen größeren Schwerpunkt auf die Unterstützung von Wachstumsstrategien.
Die CFOs leisten damit insgesamt einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Unternehmensresilienz – einerseits die Verbesserung der Kostenposition und operativen Margen im bestehenden Kerngeschäft, andererseits das frühzeitige Identifizieren und Ausloten von Wachstumspotentialen im derzeitigen volatilen Geschäftsumfeld.
Aufgrund des stärkeren Fokus auf Resilienz konnten die Auswirkungen geopolitischer Risiken bisher besser abgefangen werden als noch vor einem Jahr erwartet. Nur noch 26 Prozent der CFOs gaben an, dass das Erreichen ihrer strategischen Ziele in den letzten 12 Monaten stark von geopolitischen Risiken betroffen wurde. Vor einem Jahr befürchteten das noch 57 Prozent der Befragten.
Die stärkere Resilienz spiegelt sich auch in der Selbsteinschätzung der Unternehmen wider. Die Hälfte der CFOs gibt mittlerweile an, dass ihr Unternehmen gut auf geopolitische Risiken vorbereitet ist. Im Jahr 2022 waren es nur knapp ein Drittel. Vor allem der Einsatz von Szenarioanalysen und Stresstests sind verbreitete Maßnahmen, um die Unternehmen besser auf geopolitische Risiken vorzubereiten. Zusätzlich verfolgen die CFOs nach wie vor eine Minimierung der Abhängigkeiten in den Lieferketten und Absatzmärkten.
Abbildung 5: Maßnahmen für geopolitische Resilienz
Die neue geopolitische Risikolandschaft stellt die deutschen Unternehmen auf absehbare Zeit vor anhaltende Herausforderungen. Allerdings zeigt sich auch, wie sich die Unternehmen dem Risiko aktiv stellen können:
Für den 27. deutschen Deloitte CFO Survey wurden vom 20. März bis 10. April 2025 216 Finanzvorstände deutscher Unternehmen befragt, davon 135 vor dem 2. April und 86 danach. 45 Prozent der Unternehmen erzielen einen Umsatz über 500 Millionen Euro, dreizehn Prozent über fünf Milliarden Euro. Die häufigste Branche ist der Maschinenbau mit fünfzehn Prozent, gefolgt vom Handel und der Immobilienbranche.