Die Herbst-Ausgabe des CFO Survey 2025 zeigt, dass trotz augenscheinlich positiverer Aussichten erhebliche Unterschiede zwischen den Sektoren bestehen bleiben. Der positive Trend wird hauptsächlich von den Dienstleistungssektoren getragen, das verarbeitende Gewerbe kämpft dagegen mit anhaltenden Risiken. Längerfristig ist damit die Krise für den Standort Deutschland nicht entschärft. Im Gegenteil, der Heimatstandort ist trotz geopolitischer Verschiebungen für die meisten Firmen weniger attraktiv geworden. Nur noch eine Minderheit sieht ihre Zukunft in Deutschland, die aktuellen politischen Reformen verfangen laut den CFOs noch nicht. In Bezug auf die CFO-Agenda legt die aktuelle Survey-Ausgabe den Fokus auf die Mitarbeitenden im Finanzbereich. Die Antwort auf personalbezogene Herausforderungen sehen die meisten CFOs in der weitergehenden Digitalisierung auch von Wissensarbeit und der Flexibilisierung von Personalgewinnung und -entwicklung.
Noch im Frühjahr 2025 zeigten sich die befragten Finanzvorstände trotz der damals angekündigten US-Zölle überraschend zuversichtlich. Zusammen mit dem beschlossenen Fiskalpaket der neuen Bundesregierung schien damit der Grundstein für die wirtschaftliche Erholung gelegt. Augenscheinlich bestätigen die Ergebnisse der Herbst-Ausgabe des CFO Survey diesen Trend – der Indexwert für die Geschäftsaussichten stieg auf +1 Prozent (siehe Abbildung 1).
Abb. 1 – Entwicklung der Geschäftsaussichten
Die hinter dem Durchschnitt verborgenen Unterschiede zwischen den Sektoren belegen allerdings, dass der Aufschwung längst nicht bei allen Unternehmen angekommen ist. Im Gegenteil, der Indexwert für das verarbeitende Gewerbe fällt ins Negative. Der eher exportorientierte Sektor leidet nach wie vor unter fehlender Nachfrage aus dem Aus- und Inland sowie anhaltenden geopolitischen Risiken. Der positive Durchschnittswert wird vor allem von den Dienstleistungssektoren gestützt. Insbesondere die Technologiebranche und das Bankwesen profitieren vom aktuellen KI-Boom und den florierenden Finanzmärkten.
Ähnlich gespalten zeigen sich auch die Planung und Strategien der Unternehmen (siehe Abbildung 2). Insgesamt sollen Investitionen weiter steigen, allerdings vor allem getrieben durch die Dienstleistungssektoren. Im verarbeitenden Gewerbe sollen dagegen die Investitionen ebenso wie die Beschäftigung deutlich zurückgehen, vor allem im Maschinenbau und in der Konsumgüterindustrie. Über drei Viertel der befragten Unternehmen aus dem Maschinenbau und der Automobilbranche beabsichtigen, in den kommenden zwölf Monaten Beschäftigung abzubauen.
Weitere Details zu Konjunktur und Kennzahlen liefert das aktuelle Deloitte Economic Trend Briefing: Flash-Ergebnisse des Deloitte CFO Survey Herbst 2025.
Abb. 2 – Planungen für Investitionen und Beschäftigung
Die anhaltend schwache wirtschaftliche Entwicklung und die fehlenden Reformen werden zunehmend zum Risiko für den Standort Deutschland. Über die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass Deutschland als Investitionsziel für ihr Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren weniger attraktiv geworden sei. Gleichzeitig haben auch die USA und China an Attraktivität verloren. Die Unternehmen orientieren sich stattdessen vermehrt in Richtung Europa, Indien und Südostasien (siehe Abbildung 3). Dienstleistungssektoren tendieren eher in Richtung Europa, während der Maschinenbau und die Automobilindustrie sich auf Südostasien, bzw. Indien ausrichten wollen.
Abb. 3 – Veränderung der Standortattraktivität
Für Deutschland ergeben sich damit negative Perspektiven für lokale Investitionen – nur 16 Prozent der CFOs geben an, aktuell zu wenig in Deutschland investiert zu haben. Selbst die geopolitischen Risiken im Ausland haben Deutschland nur für eine Minderheit der Unternehmen attraktiver gemacht. Auch auf die Regionalisierung der Lieferketten hat die Geopolitik nur einen begrenzten Effekt. Lediglich 30 Prozent der Teilnehmenden suchen ihre Lieferanten aufgrund von geopolitischer Unsicherheit vermehrt in Deutschland.
Entsprechend sehen immer weniger Unternehmen ihre Zukunft am Heimatstandort. Auch wenn aktuell noch ein Großteil von ihnen ihr operatives Zentrum in Deutschland betreibt und hier auch einen essenziellen Absatzmarkt sieht, soll die Präsenz perspektivisch deutlich zurückgefahren werden – weniger als die Hälfte der Befragten will hierzulande in zwei Jahren noch ihr Headquarter halten oder Deutschland als essenziellen Absatzmarkt führen. Im verarbeitenden Gewerbe sieht nur noch etwa ein Viertel der Unternehmen seinen Produktionsstandort in zwei Jahren in Deutschland – ein Rückgang von aktuell über drei Vierteln.
Die verabschiedeten politischen Maßnahmen, um diesem Trend entgegenzuwirken, erreichen die Unternehmen nur sehr begrenzt. Gerade einmal 14 Prozent der Befragten erhoffen sich von dem Maßnahmenpaket einen direkten positiven Impuls, 30 Prozent zumindest einen indirekten Effekt (siehe Abbildung 4). Im besonders bedrohten verarbeitenden Gewerbe geben drei Viertel der Unternehmen an, dass sie überhaupt keinen Effekt durch die politischen Maßnahmen erwarten.
Abb. 4 – Erwartete Effekte des Fiskalpakets
Für eine Trendwende für den Standort Deutschland braucht es Reformen, die in den Unternehmen ankommen, aber auch eine Anpassung der Unternehmen an die neuen Anforderungen. Die Wettbewerbsvorteile Deutschlands als klassischer Industrieproduktionsstandort werden weniger – entsprechend ist es ein gutes Zeichen, dass sich die Unternehmen diversifizieren, und zwar über die wichtigsten Handelspartner China und die USA hinaus. Neue Absatzmärkte und günstigere Produktionsbedingungen könnten es den deutschen Unternehmen erlauben, Innovation und operatives Management am Heimatstandort auszubauen. Hier könnte auch ein Ansatzpunkt für die Politik sein, Reformen anzugehen, die über breite Finanzierung hinausgehen und Wettbewerbsvorteile in Zukunftsindustrien stärken.
Die meisten Unternehmen sehen in ihren Mitarbeitenden den wichtigsten Faktor, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dabei werden die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Belegschaft kontrovers diskutiert. Einigkeit besteht meist jedoch darin, dass die Mitarbeitenden, die digitale Technologien – insbesondere Künstliche Intelligenz – sinnvoll nutzen, einen Vorteil gegenüber jenen haben, die dies nicht tun. Angesichts dessen überrascht die Erkenntnis aus unserer Erhebung, dass 42 Prozent der CFOs über eine nachlassende Leistungsbereitschaft ihrer eigenen Mitarbeitenden und 39 Prozent über eine Zurückhaltung bei der Nutzung digitaler Technologien berichten. Einige Sektoren verzeichnen diesbezüglich sogar weit höhere Werte: 63 Prozent der Handelsunternehmen berichten von nachlassender Leistungsbereitschaft, 69 Prozent der Konsumgüterunternehmen von Zurückhaltung bei der Nutzung digitaler Technologien. Diese personalbezogenen Herausforderungen kommen zu den hinlänglich bekannten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung neuer Mitarbeitender hinzu.
Die Herausforderungen wirken sich bereits negativ auf die Leistungsfähigkeit der Finanzfunktion aus. In diesem Kontext berichten die CFOs eher grundsätzlich von steigenden Kosten (49%), Verzögerungen bei Transformationsvorhaben (39%) und Qualitätseinbußen (36%). Eine Gefährdung der Compliance oder des Risikomanagements sehen die meisten CFOs jedoch noch nicht. Aber hier gelten Ausnahmen, so verzeichnen bereits 47 Prozent der CFOs aus dem Maschinenbau bereits ein verzögertes Berichtswesen. Darüberhinausgehend bemerkt aber bereits jeder zehnte CFO, dass die Akzeptanz der gesamten Finanzfunktion im eigenen Unternehmen leidet. Die Automobilindustrie verzeichnet noch dramatischere Werte, jeder fünfte CFO sieht hier die Akzeptanz seiner Funktion gefährdet.
Die Antwort auf diese Herausforderungen sehen die meisten CFOs in der weitergehenden digitalen Transformation. Zwei Drittel planen die Automatisierung sowohl transaktionaler und wissensbasierter Prozesse, begleitet von einem Upskilling der Mitarbeitenden, um notwendige Fähigkeiten zu entwickeln. Der Erfolg einer digitalen Transformation ist jedoch für jene Unternehmen zu hinterfragen, deren bestehende Belegschaft nicht über die notwendige Leistungsbereitschaft oder Bereitschaft zur Nutzung neuer Technologien verfügt.
Über diesen Technologie-orientierten Lösungsansatz hinaus planen die CFOs eine weitreichende Flexibilisierung ihrer Personalgewinnung und -entwicklung. So werden vorrangig neue digitale Fähigkeiten bei Bewerber:innen gesucht, losgelöst von den traditionellen Anforderungen bestehender Stellen. Beim Arbeitsort zeigen sich die CFOs zunehmend flexibel; nicht jeder neue Mitarbeitende muss zwingend an den bestehenden Standorten der Unternehmen, beispielsweise der Unternehmenszentrale, ansässig sein. Und 20 Prozent der CFOs suchen bereits im Ausland nach geeigneten Kandidaten für Stellen in Deutschland. Keine Rolle spielt jedoch das Arbeitskräftepotenzial von Bewerber:innen ohne spezifische Fachkenntnisse oder von älteren Arbeitskräften, deren Rentenbeginn verschoben werden könnte.
Für den 28. deutschen Deloitte CFO Survey wurden vom 11. September bis 2. Oktober 2025 171 Finanzvorstände deutscher Unternehmen befragt. 48 Prozent der Unternehmen erzielen einen Umsatz über 500 Millionen Euro, sechzehn Prozent über fünf Milliarden Euro. Die häufigste Branche ist der Maschinenbau mit zehn Prozent, gefolgt vom Handel und der Automobilbranche.