Nach der Rezession im Jahr 2023 zeigt der 25. Deloitte CFO Survey erste Anzeichen der konjunkturellen Erholung. Die Aussicht auf weiter zurückgehende Inflation und absehbare Zinssenkungen verbessert die Lage vor allem für binnenmarktorientierte Branchen. Exportorientierte Branchen sind dagegen wieder verstärkt von geopolitischen Risiken betroffen. Über alle Branchen hinweg sehen fast alle teilnehmenden CFOs mittlerweile ihre strategischen Ziele von geopolitischen Risken betroffen. Bisher haben die meisten Unternehmen ihre Resilienz aber nur in ihren Lieferketten ausgebaut. Auch wenn Maßnahmen zur Stärkung der geopolitischen Resilienz in Zukunft stärker verfolgt werden sollen, bleibt das Management von geopolitischen Risiken bislang eher reaktiv.
Die Geschäftsaussichten der Unternehmen haben sich im Vergleich zum Herbst 2023 wesentlich verbessert. Immerhin fast ein Drittel der CFOs schätzt die aktuellen Aussichten wieder besser ein als noch drei Monate zuvor. Die Differenz der Prozentwerte der positiven und negativen Einschätzungen stieg von -30 Prozent auf aktuell +9 Prozent. Die Erholung ist allerdings stark branchenabhängig. Nach einem längeren Abschwung sehen aktuell vor allem binnenmarktorientierte Branchen wie der Handel und der Immobiliensektor die Entwicklung wieder positiver. Für exportorientierte Branchen wie dem verarbeitenden Gewerbe und vor allem der Automobilindustrie ist die Lage dagegen schlechter.
Während anhaltende nationale Risiken wie die schwache Inlandsnachfrage, der Fachkräftemangel und die steigenden Lohnkosten weiterhin die Risikolandschaft dominieren, sind Cyber-Risiken und geopolitische Risiken im Vergleich zum Herbst des Vorjahres noch einmal sehr viel wichtiger geworden. Für exportorientierte Unternehmen und Großunternehmen mit über einer Milliarde Euro Umsatz sind letztere sogar der wichtigste Faktor.
Auch aufgrund der anhaltenden Risiken sollen die Geschäftsstrategien trotz des konjunkturellen Aufschwungs defensiv bleiben. Obwohl die Umsätze sich wieder erholen sollen (Indexwert: +27), stagnieren die Margen (Indexwert: -2). Entsprechend stagnieren auch Investitions- und Einstellungspläne mit Indexwerten von -1 bzw. +4.Kostensenkungen bleiben weiterhin die wichtigste Geschäftsstrategie – für zwei Drittel der CFOs haben sie hohe Priorität. Allerdings wird auch organisches Wachstum wieder wichtiger. In Branchen mit besseren Geschäftsaussichten wie dem Handel und der Konsumgüterindustrie wird vermehrt auf Innovation gesetzt. Weitere Details zu Konjunktur und Kennzahlen liefert das Deloitte Economic Trend Briefing: Flash-Ergebnisse des Deloitte CFO Survey Frühjahr 2024.
Fast alle teilnehmenden CFOs geben an, dass geopolitische Risiken für ihr Unternehmen relevant sind. Vor allem international aufgestellte Industrien wie das verarbeitende Gewerbe sind stark betroffen. Aber auch binnenmarktorientierte Branchen sehen sich zumindest indirekt diesen Risiken ausgesetzt. Das geopolitische Szenario mit den potenziell schwersten Auswirkungen und höchster Wahrscheinlichkeit ist laut den CFOs der demographische Wandel, gefolgt von Cyberattacken. Aber auch handelspolitische Themen wie verstärkter Protektionismus im Welthandel und die Entstehung handelspolitischer Blöcke stellen für die Unternehmen hohe Risiken dar.
Dennoch berücksichtigen die Unternehmen geopolitische Risiken bisher in nur wenigen Entscheidungssituationen. Lediglich im Lieferkettenmanagement werden diese Risiken bisher von der Mehrheit der Unternehmen verstärkt integriert (64%), bei Standortentscheidungen und Investitionen nur noch von knapp über einem Drittel. Hier ist das verarbeitende Gewerbe bereits wesentlich weiterentwickelt – mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen aus der Industrie berücksichtigen geopolitische Faktoren bei Investitionsentscheidungen.
Auch dedizierte Maßnahmen, um die geopolitische Resilienz zu steigern, wurden bisher nur in der Minderheit der Unternehmen umgesetzt. Immerhin fast die Hälfte der Befragten gibt an, regelmäßige Updates zu geopolitischen Events zu erhalten. In Zukunft sollen diese Maßnahmen stark ausgebaut werden. Vor allem Stresstests und Szenarioanalysen sollen wesentlich stärker genutzt werden, um die potenziellen Effekte von geopolitischen Risiken zu bewerten.
Die Verantwortung für geopolitisches Risikomanagement liegt bisher vor allem in den Strategie- und den Finanzabteilungen. Auf die Vorstandsagenda kommt das Thema meist nur punktuell, im Falle aufkommender Risiken. Regelmäßige Updates für den Vorstand oder explizite Verantwortlichkeiten gibt es nur in der Minderheit der Unternehmen.
Mit dem komplexen Umfeld wird auch die Rolle des CFO durch neue Anforderungen stetig erweitert. Neben den Kernaufgaben im Finanzbereich haben auf der CFO-Agenda in den letzten Jahren auch das ESG-Management, die digitale Transformation und das Risikomanagement an Bedeutung gewonnen. Über 90 Prozent der Teilnehmenden gibt an, dass diese Themen in ihrer Rolle als CFO bereits Schwerpunkte sind oder verstärkt Bedeutung erlangt haben.
Mit dem größeren Verantwortungsbereich hat sich die Rolle des CFO vom Datenlieferanten zum wesentlichen Mitentscheider gewandelt. Bei Investitionen, Firmenübernahmen, Standortentscheidungen und neuen Geschäftsmodellen ist der CFO dies in den meisten Unternehmen mittlerweile. Mit dieser Entwicklung ist auch die Position des CFO im Vorstand und den Aufsichtsgremien wesentlich gestärkt. Etwa zwei Drittel der CFOs geben an, dass sich ihr Einfluss im Vorstand und die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat intensiviert hat.
Für den 25. deutschen Deloitte CFO Survey wurden vom 20. März bis 10. April 2024 199 Finanzvorstände deutscher Unternehmen befragt. 49 Prozent der Unternehmen erzielen einen Umsatz über 500 Millionen Euro, dreizehn Prozent über fünf Milliarden Euro. Die häufigste Branche ist der Handel mit zwölf Prozent, gefolgt vom Maschinenbau und der Konsumgüterindustrie.