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ESRS-Update 2025

Die EFRAG präsentiert Entwurf zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsstandards – was Finanzunternehmen jetzt beachten sollten

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat mit dem am 31. Juli 2025 veröffentlichten Entwurf  zur Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) einen entscheidenden Schritt zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemacht. Vor dem Hintergrund der Omnibus Initiative verfolgt die EU-Kommission u.a. das Ziel, den administrativen Aufwand für Unternehmen deutlich zu reduzieren – durch weniger verpflichtende Datenpunkte, eine vereinfachte Struktur der Standards und mehr Flexibilität in der Berichterstattung. Dieser Beitrag gibt einen kompakten Überblick über die wesentlichen Anpassungen in den ESRS und den damit verbundenen Implikationen für Finanzunternehmen.

Hintergrund:

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet Unternehmen unter Anwendung der ESRS zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen. Die bisherigen ESRS (ESRS Set 1) wurde jedoch von Anwendern vielfach als zu komplex und ressourcenintensiv kritisiert – insbesondere aufgrund redundanter qualitativer Anforderungen. Mit dem Omnibus-Paket reagiert die EU-Kommission unter anderem auf diese Kritik und strebt eine Entlastung für Unternehmen an. Mit der „Stop-the-Clock“-Richtlinie wurde bereits die Verschiebung der Anwendungszeitpunkte beschlossen. Zudem stehen inhaltliche Änderung der CSRD im Raum (Content Directi-ve). Am 31. Juli 2025 veröffentlichte die EFRAG mit den Exposure Drafts (EDs) ihre Entwürfe der überarbeiteten ESRS, welche bis zum 29. September 2025 zur Konsultation freigegeben sind.

Aktuelle regulatorische Entwicklungen

Die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung befindet sich in einem kontinuierlichen Wandel. Seit der Verabschiedung der CSRD im Januar 2023 folgten bedeutende Meilensteine:

  • die Veröffentlichung des ersten ESRS-Sets im Dezember 2023
  • das Omnibus-Paket I im Februar 2025
  • die „Stop-the-Clock“-Richtlinie im April 2025 

Die EFRAG hat nun im Juli 2025 überarbeitete Entwürfe der ESRS zur öffentlichen Konsultation vorgelegt, die bis zum 30. November 2025 an die EU-Kommission übermittelt werden sollen. Die finale Annahme der neuen Standards ist im Rahmen eines delegierten Rechtsakts für das Jahr 2026 vorgesehen.

Parallel dazu kommt Bewegung in eine nationale Umsetzung der CSRD in Deutschland. Während zahlreiche EU- und EWR-Staaten die Richtlinie bereits in nationales Recht überführt haben, steht dieser Schritt in Deutschland noch aus. Mit dem am 10. Juli 2025 vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlichten Referentenentwurf wurde ein Gesetzesvorschlag präsentiert, der die Vorgaben der CSRD nahezu unverändert übernimmt – einschließlich der sogenannten „Stop-the-Clock“-Regelung. Die Stop-the-Clock Regelung verschiebt den Anwendungszeitpunkt der Unternehmen in der zweiten und dritten Welle um zwei Jahre, damit diese Zeit für die grundlegende Überarbeitung der CSRD gewinnen. Der Vorschlag zur nationalen Umsetzung geht darüber jedoch nochmal hinaus. Er sieht eine weitere Übergangsfrist von zwei Jahren für Unternehmen von öffentlichem Interesse zwischen 501 und 1.000 Beschäftigen vor. Damit würden 2025 nur Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 1.000 Beschäftigten berichtspflichtig werden, womit Deutschland von der Umsetzung der anderen EU- und EWR-Staaten abweichen würde.

Was hat sich geändert? Die Exposure Drafts der überarbeiteten ESRS im Überblick

Mit der Veröffentlichung der EDs hat die EFRAG einen bedeutenden Schritt zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemacht. Die Signale für Unternehmen sind klar: weniger Pflichtangaben (insbesondere qualitativ) sowie mehr Flexibilität und Praktikabilität in der Berichterstattung.

Die Entwürfe sehen eine Reduktion der verpflichtenden Datenpunkte um 57 Prozent und der Gesamtdatenpunkte (verpflichtend und freiwillig) um 68 Prozent vor. Freiwillige Datenpunkte wurden entweder gelöscht oder in die neue Non-Mandatory Illustrative Guidance (NMIG) überführt, die eine freiwillig anwendbare Hilfestellungen zur Umsetzung bietet. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob die NMIG separat bleibt oder in den ESRS verankert wird, was die NMIG rechtlich bindend machen würde.

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Neustrukturierung der Application Requirements (ARs). Diese wurden reduziert, vereinfacht und visuell unter den jeweiligen Disclosure Requirements (DRs) dargestellt, was die Lesbarkeit und Anwendbarkeit deutlich verbessern soll. Auch der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse wurde mit dem Fokus auf eine bessere Praktikabilität überarbeitet. Die vereinfachten Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse zielen darauf ab, den Aufwand für Unternehmen deutlich zu reduzieren – ohne das grundlegende Prinzip der doppelten Wesentlichkeit zu beeinträchtigen. Allgemein sehen die EDs nun vor, dass Unternehmen sich auf Bereiche konzentrieren können, in denen wesentliche IROs wahrscheinlich auftreten. Auch Informationen zu unwesentlichen Themen dürfen im Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen werden – etwa, wenn Stakeholder wie Ratingagenturen diese explizit anfordern.

Die neuen Entwürfe verbessern zudem die Kompatibilität mit internationalen Standards, insbesondere durch die stärkere Ausrichtung an den IFRS Sustainability Disclosure Standards. Damit wird nicht nur die Vergleichbarkeit verbessert, sondern auch die Integration in bestehende Reporting-Prozesse erleichtert sowie doppelte Berichtspflichten vermieden.

Insgesamt markieren die überarbeiteten EDs mit der möglichen Einführung des „Fair Presentation“-Prinzips einen Paradigmenwechsel: Weg von der reinen Compliance, hin zu mehr Flexibilität und Relevanz in der Berichterstattung. 

Wesentliche Änderungen: Ein Auszug aus den überarbeiteten Standards

  • ESRS 1 Allgemeine Anforderungen:
    Neben der Einführung des „Fair Presentation“-Prinzips wurden die Anforderungen an die doppelte Wesentlichkeitsanalyse vereinfacht. Hier wurde das Brutto/Netto-Prinzip verdeutlicht (Appendix C), eine Vereinfachung beim Ausschluss von Kennzahlen zu nicht wesentlichen Aktivitäten eingeführt sowie das Prinzip der praktischen Überlegungen eingeführt. Beim Prinzip der praktischen Überlegung soll der Fokus bei der Ermittlung von Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) auf den relevanten Bereichen des eigenen Geschäftsmodells (inkl. der Wertschöpfungskette) liegen. Die Liste mit Nachhaltigkeitsthemen (nun Appendix 1, ehemals AR 16) wurde deutlich gekürzt und hat nur noch einen illustrativen Charakter.
    Durch die Möglichkeit eine „Executive Summary“ am Anfang des Nachhaltigkeitsberichts einzufügen, soll zusätzlich Flexibilität geschaffen werden. Zudem wurden Erleichterungen („Reliefs“ ) für die Erstanwendung definiert, etwa bei der Einbeziehung von Joint Ventures und assoziierten Unternehmen in die Wesentlichkeitsanalyse und Berichtsgrenzen – ein Aspekt, der insbesondere für Finanzinstitute von Bedeutung ist.

  • ESRS 2 Allgemeine Angaben:
    Die bisherigen „Minimum Disclosure Requirements“ (MDRs) heißen nun General Disclosure Requirements (GDRs), welche deutlich weniger Pflichtangaben umfassen als die MDRs. Gleiche Angaben zu Konzepten, Maßnahmen und Zielen können für mehrere wesentliche IROs zusammengefasst werden und einmalig offengelegt werden, um Doppelungen zu vermeiden.
    Darüber hinaus wurden bestimmte Offenlegungspflichten, die zuvor in themenspezifischen Standards verortet waren – etwa SBM-2 zur strategischen Steuerung – in ESRS 2 integriert und dort punktuell ergänzt. Dies soll die Kohärenz zwischen allgemeinen und themenspezifischen Angaben verbessern und die Berichtsstruktur vereinheitlichen. Eine weitere Neuerung stellt die Streichung der dezentralen IRO-1-Anforderungen dar. Einige der damit verbundenen Angabepflichten wurden in andere Disclosure Requirements überführt, um Redundanzen zu vermeiden.

  • E1 Klimawandel:
    Unternehmen sind nach aktuellem Vorschlag künftig verpflichtet, ihre Emissionsdaten nach dem Financial Control-Ansatz offenlegen. Damit folgt die EFRAG zwar dem ISSB, innerhalb des Finanzsektors sorgt dieser Ansatz jedoch zu Schwierigkeiten in der Abgrenzung des eigenen Geschäftsbetriebs. Eine Ergänzung durch den Operational Control-Ansatz ist jetzt nicht mehr verpflichtend, sondern nur notwendig, wenn es für eine faire Darstellung der THG-Emissionen erforderlich ist.

  • E2 bis E5:
    Auch die Standards E2 bis E5 wurden inhaltlich und strukturell überarbeitet. Beispielsweise konzentriert sich der E3 nun auf das Thema Wasser; das bisher enthaltene Unterthema Meeresressourcen entfällt und wurde in den anderen Umweltstandards integriert. Der ESRS E4 sieht künftig eine konkrete Standortanalyse vor, die eine einheitlichere Darstellung von Umweltauswirkungen an geografischen Standorten ermöglicht.

  • S1 Arbeitskräfte des Unternehmens:
    Der Standard zur eigenen Belegschaft wurde von 17 auf 16 Disclosure Requirements gekürzt, bleibt aber weiterhin der umfangreichste Standard. In seinen Grundzügen bleiben viele Angabepflichten bestehen, u.a. zum Gender Pay Gap oder der Integration von Menschen mit Behinderungen. So bleiben zum Beispiel der bereinigte Gender Pay Gap sowie der Remuneration Ratio Teil der Offenlegung. Dahingegen wird die freiwillige Offenlegung eines unbereinigten Gender Pay Gaps nicht mehr erwähnt. Reduziert wurden neben qualitativen Angaben insbesondere Disaggregationen, d.h. Aufteilungen von Indikatoren nach bspw. Altersgruppen oder Geschlecht. Diese wurden entweder gestrichen oder in die NMIG überführt.
    Stattdessen liegt der Fokus stärker auf wesentliche Aspekte wie angemessener Entlohnung, sozialer Absicherung und Gesundheitsschutz. Eine weitere Änderung ist der Wegfall der Offenlegung zu Beschwerdekanälen. Die Menschenrechtsberichterstattung wurde zentral in ESRS 2 verlagert, um Doppelungen zu vermeiden.

  • S2 bis S4:
    Diese Standards wurden klarer voneinander abgegrenzt und thematisch geschärft. Die Anforderungen zur Berichterstattung über menschenrechtliche Risiken und Auswirkungen entlang der Lieferkette wurden konkretisiert. Zudem wurden Schnittstellen zu bestehenden Sorgfaltspflichten (z. B. Lieferkettengesetz) besser integriert, um Überschneidungen zu vermeiden und Synergien zu ermöglichen.

  • G1 Unternehmensführung:
    Der überarbeitete Standard ESRS G1 wurde entlang der Disclosure Requirements Konzepte, Maßnahmen und Ziele neu gegliedert. Das Konzept risikobehafteter Funktionen im Zusammenhang mit Korruption und Bestechung wurde präzisiert. Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, Verhaltenskodizes gegenüber Lieferanten direkt in ESRS 2 zu referenzieren. Neue Offenlegungspflichten zu Zielen im Bereich Unternehmenspolitik (z.B. Ziele zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung) ergänzen die Berichterstattung.

Was sind die nächsten Schritte?

Die EDs der überarbeiteten ESRS befinden sich derzeit in der öffentlichen Konsultation, die noch bis zum 29. September 2025 läuft (ESRS Exposure Draft July 2025 Public Consultation Survey). Im Anschluss wird EFRAG die finalisierten Standards bis zum 30. November 2025 an die EU-Kommission übergeben. Die Verabschiedung der neuen ESRS im Rahmen eines delegierten Rechtsakts ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Die Erstanwendung wird vermutlich für das Geschäftsjahr 2027 angedacht. 

Was sind die Implikationen für Finanzunternehmen?

Für Unternehmen bedeuten die überarbeiteten ESRS und die damit verbundenen Vereinfachungen, dass bereits bestehende Prozesse zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nochmals überarbeitet und neu ausgerichtet werden müssen. Es gilt, die neuen Anforderungen strategisch in die Berichtsprozesse zu integrieren, relevante Inhalte gezielt herauszufiltern und die interne Daten- und Prozesslandschaft entsprechend an die neuen Anforderungen anzupassen. Gerade die Einführung des Fair Presentation Prinzips bietet zwar mehr Flexibilität und Relevanz, bringt aber zusätzliche Prozessschritte auf Unternehmensseite mit sich.

Für Finanzinstitute stellt sich weiterhin die Frage, welche branchenspezifischen Berichtspflichten mit den überarbeiteten ESRS bestehen. Mit dem Wegfall der ursprünglich geplanten sektorspezifischen Standards erhalten die unternehmensspezifischen Themen (Entity Specific Disclosures, ESDs) einen höheren Stellenwert. Spezifika für Finanzinstitute, wie Versicherungen und Banken, sind in dieser Form in die Berichterstattung zu integrieren. Die EFRAG verweist hierzu auf etablierte Sektorstandards wie der Global Reporting Initiative (GRI) und Sustainability Accounting Standards Board (SASB). Diese überarbeiten gerade parallel ihre Rahmenwerke, so dass auch diese Entwicklung eng verfolgt werden sollte. 

Trotz der dynamischen Entwicklung des regulatorischen Umfelds ist es wichtig, dass Unternehmen sich frühzeitig mit den Implikationen einer nationalen Umsetzung der CSRD sowie den überarbeiteten ESRS auseinanderzusetzen.

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