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Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA): Studie zum Status quo und zu den Chancen für gesetzliche Krankenkassen

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind seit knapp einem Jahr in der Versorgung des deutschen Gesundheitswesens – welches Resümee lässt sich ziehen und welche Chancen entstehen für gesetzliche Krankenkassen? Für die aktuelle Studie haben wir dazu Patienten, Ärzte, Hersteller und Vertreter von gesetzlichen Krankenkassen befragt.

Mit der Einführung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und dem dazugehörigen „Fast-Track“ Verfahren hat Deutschland eine weltweit einzigartige Zugangsmöglichkeit für Digital Health in die Gesundheitsversorgung geschaffen. Andere Länder wie z.B. Frankreich haben bereits angekündigt, diesen Weg zu kopieren1 . Doch welches Zwischenfazit lässt sich nach nun einem Jahr DiGA generell und speziell für Gesetzliche Krankenversicherungen ziehen?

Es war bereits bei der Ankündigung von DiGA klar, dass nicht alles gleich beim ersten Aufschlag perfekt sein würde und der Prozess daher agil weiterzuentwickeln sei. Hier besteht u.a. ein wichtiger Weiterentwicklungsbedarf bei der Preisfindung für DiGA hin zu einem partnerschaftlichen Verfahren zwischen Herstellern und Kostenträger mit einem klaren Fokus auf den Patientennutzen. GKVs stehen momentan vor der Wahl etwaige Anpassungen abzuwarten oder proaktiv die entstehenden Chancen zu nutzen. Insbesondere die Integration in bestehende Behandlungspfade kann am besten durch Kassen übernommen werden.

Dr. Gregor-Konstantin Elbel, Partner, HC Payer bei Deloitte

Der Stand nach einem Jahr DiGA

 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die "Gesundheitsapps" in der Versorgung zu etablieren beginnen. Zwar sind die absoluten Verordnungszahlen noch gering (ca. 45.000), aber ein deutliches Wachstum über das Jahr hinweg ist durchaus erkennbar. Auch die Professionalisierung z.B. im Studiendesign (v.a. RCT-Studien) der Hersteller (vorwiegend Start-ups) wird deutlich. Allerdings wird auch klar, dass noch Optimierungsbedarf zur Etablierung im Gesundheitswesen besteht. So ist die Integration in Versorgungspfade derzeit noch nicht erkenntlich, da auch eine vertragsärztliche Einbindung für die Mehrheit der DiGA nicht vorgesehen ist. Hier bestehen aus unserer Perspektive die größten Hebel für eine effektivere Nutzung von DiGA durch Patienten und Ärzte.

Die Zahlen zeigen jedoch nur die eine Seite – für eine ganzheitliche Perspektive haben wir mit allen beteiligten Stakeholdern Interviews geführt: mit Patienten, Ärzten, Herstellern und Vertretern von gesetzlichen Krankenkassen. Die Erkenntnisse aus den Interviews haben wir durch Informationen aus Gesprächen mit Branchenexperten, Vorträgen und Diskussionen in Konferenzen sowie Analysen von Sekundärquellen ergänzt.

Patienten

 

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Sehen den Nutzen von DiGA insbesondere in der Flexibilität (Orts- und Zeitunabhängigkeit) der Durchführung und der Schaffung von neuen, ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten zur analogen Behandlung

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Noch fehlen vielen Patienten die Informationen zu DiGA – diese erwarten sie sowohl von Ärzten als auch von Krankenkassen. Auch wurde häufig bemängelt, dass die Lösungen stark unabhängig vom bestehenden Behandlungsprozess genutzt werden und die Interaktion mit dem behandelnden Arzt in vielen Fällen nicht gegeben ist

Hersteller

 

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Sehen den „DiGA Fast-Track“ grundsätzlich als großen Fortschritt, was dazu geführt hat, dass viele Innovationen erst durch das neue Verfahren entstanden sind

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Für viele Hersteller sind die Anforderungen immer noch recht hoch, insbesondere bzgl. Studiendesign und Datenschutz. Auch wird der Verordnungsprozess als schwierig eingeschätzt, da die Ressourcen für Marketing und Aufklärung bei Ärzten generell gering sind

Ärzte

 

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Es besteht Offenheit bei einem Teil der Ärzte, insbesondere bei den Jüngeren (<44 Jahre) hinsichtlich des Potenzials von DiGA – dies liegt vor allem an der Einschätzung, dass DiGA wirksam sind und/oder entsprechend eine „Win-Win“ Lösung darstellen, da einige leichtere Fälle nicht mehr vom Arzt selbst behandelt werden müssen

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Es gibt große Unterschiede unter den Ärzten in ihrer Positionierung gegenüber DiGA. Dies kann z.T. mit dem Alter begründet werden, aber in vielen Fällen auch an der grundsätzlichen Einstellung zu digitalen Anwendungen liegen. Da die Anwendungen durch den „Fast-Track“ in den meisten Fällen noch nicht final erprobt sind, fehlt vielen Ärzten noch die Evidenz. Darüber hinaus ist das Thema „Vergütung“ umstritten und wurde vielfach kritisiert

Gesetzliche Krankenkassen

 

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Einige Vertreter gesetzlicher Krankenkassen sehen das Potenzial darin, momentan rein analoge Behandlungspfade mit digitalen Angeboten zu ersetzen und „Brüche“ entlang von Behandlungspfaden zu vermeiden. Auch wird grundsätzlich von einigen positiv angemerkt, dass es nun eine Möglichkeit gibt, endlich ausreichend Evidenz herzustellen, ob DiGA tatsächlich positive Effekte durch die größere Reichweite als vorher vorwiegend genutzte Selektivverträge nach §140a SGB V haben

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Uns gegenüber wurden große Bedenken hinsichtlich DiGA geäußert, was insbesondere mit der mangelnden Evidenz und dem Mangel an Vertrauen in digitale Anwendungen, den hohen Preisen (und Preissprüngen gegenüber dem Selbstzahlermarkt) sowie der fehlenden Integration in Behandlungspfade begründet wird

Mehr Details zu unseren Ergebnissen – und vor allem, welche Ansatzpunkte für die gesetzlichen Krankenkassen entstehen – entnehmen Sie bitte unserer vollständigen Studie „Ein Jahr DiGA“.


1 https://www.healthcareitnews.de/frankreich-zieht-nach

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