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Deloitte Life Sciences & Health Care Predictions 2025: Die Zukunft des Gesundheitswesens

Datengetrieben, Vorsorge-orientiert, Patienten-zentriert: Die neuen Branchen-Prognosen von Deloitte zeigen, wohin sich die Gesundheitsversorgung entwickelt.

Von Telemedizin über Künstliche Intelligenz bis zu innovativen Kollaborationen: Das Gesundheitswesen befindet sich in einem technologischen und organisatorischen Umbruch, von dem alle Beteiligten profitieren werden – Patienten ebenso wie Gesundheitsdienstleister. Das zeigt die neue Deloitte Studie „Life Sciences & Health Care Predictions 2025“. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist dabei durch die aktuelle COVID-19-Pandemie stark beschleunigt worden, hatte aber auch zuvor schon deutlich an Fahrt zugenommen. Neue Entwicklungen in Deutschland wie das vor kurzem in Kraft getretene Krankenhauszukunftsgesetz werden diese Trends beschleunigen.

Krisen sind Katalysatoren der Veränderung. Diese Tatsache hat die COVID-19-Pandemie bekanntlich einmal mehr unter Beweis gestellt. Das gilt für die Digitalisierung im Allgemeinen, die dadurch einen Schub bekommen hat, aber ganz besonders auch im Gesundheitswesen. Einerseits erfordert die Bekämpfung der Pandemie selbst innovative medizinische Methoden, andererseits wurde in der Health-Care-Branche durch Lockdown und Kontaktbeschränkungen auch eine verstärkte Umstellung auf Ansätze wie Telemedizin notwendig. Experten von Deloitte haben diese Entwicklungen mit den großen Trends der Branche abgeglichen und daraus in den Life Sciences & Health Care Predictions 2025 zehn wegweisende Prognosen für das Jahr 2025 abgeleitet. 

Die Ergebnisse dieses Reports haben auch für Deutschland hohe Relevanz, insbesondere im Hinblick auf fünf ausgewählte Bereiche, die im Folgenden näher dargestellt werden sollen – jeweils ergänzt um erste Beispiele aus der Gegenwart, bei denen sich die neuen Paradigmen schon abzeichnen. Einen positiven Rahmen für diese Entwicklungen stellt dabei in Deutschland das neue Krankenhauszukunftsgesetz  dar: Bund und Länder stellen seit 1.1.2021 insgesamt 4,3 Milliarden Euro für Investitionen in Kliniken bereit. Gedacht ist das Budget für moderne Notfallkapazitäten, Maßnahmen zur Digitalisierung im Sinne der Patientenversorgung und zur Verbesserung der IT-Sicherheit.

1. Paradigmenwechsel in der Medizin:

Innovative Diagnostik, neue Therapieformen Der zentrale Treiber des transformativen Wandels im Gesundheitswesens ist laut der Studie in den neuen Dimensionen der Datengewinnung und -verarbeitung zu sehen. Der Schritt hin zur „4P-Medizin“ (predictive, preventative, personalized, participatory) wird bis 2025 durch eine Vielzahl von digitalen Innovationen ermöglicht. Digitale Therapien, KI-Auswertung diagnostischer Daten mit entsprechenden Tools zur Entscheidungsunterstützung oder innovatives Patienten-Monitoring (Remote Patient Monitoring, RPM) sind nur einige Beispiele. In Deutschland wäre hier als digitaler Backbone die elektronische Patientenakte (ePA)  zu nennen, die seit 1.1.2021 nach und nach den gesetzlich Versicherten zur Verfügung gestellt wird. Die interoperablen Daten der unterschiedlichen Behandlungspunkte und Geräte werden in Zukunft durch die neuen Technologien zunehmend strukturiert zusammengeführt werden können, vom Krankenhausaufenthalt bis zum Fitness-Tracker. Die große Menge an hochwertigen Daten ermöglicht dabei ganz neuen Einsichten. Auf der anderen Seite ermöglichen individuelle Daten zugleich auch hochgradig personalisierte Therapieansätze und Transparenz für einzelne Patienten.
Dazu kommen Fortschritte in Bereichen wie Nanotechnologie, Epigenetik,
3D-Gewebedruck und Quantum Computing, die diese Entwicklung unterstützen. Neben der dramatisch verbesserten Versorgung haben viele der Technologien außerdem auch das Potenzial, die traditionellen Kosten deutlich zu senken, sowohl durch direkte Effizienzpotenziale in der Versorgung als auch durch indirekte Einsparungen dank besserer allgemeiner Gesundheit. Mehr dazu lesen Sie im Deloitte Report „Breaking the Curve“.  

Beispiele aus der Gegenwart

  • In der Online-Patientengemeinschaft PatientsLikeMe, die heute zu United Health gehört, halten über 800.000 Mitglieder ihre individuellen Gesundheitserfahrungen fest. Durch intelligente Datenauswertung können sie erfahren, wie andere Betroffene mit demselben Leiden umgehen. Mit dem digitalen Avatar DigitalMe können z.B. neue Medikationen virtuell „ausprobiert“ werden, um die effektivste Versorgung zu ermitteln.
  • Der App-basierte Dienst ADA Health (Sitz: Berlin) ermöglicht es Patienten, durch KI-Auswertung ihre Symptome mit denen von anderen Nutzern zu vergleichen und vertrauenswürdige medizinische Informationen zur Unterstützung der Diagnostik zu erhalten. Inzwischen nutzen 10 Millionen Menschen die App, 20 Millionen Symptombewertungen wurden schon abgeschlossen. 

2. Patienten-zentriertes Gesundheitswesen: Neue Formen der Versorgung

Bislang mussten sich Patienten an die Strukturen des Gesundheitssystems anpassen – etwa was die örtliche Verfügbarkeit von Diensten angeht. Das wird sich in Zukunft ändern: Die Gesundheitsversorgung orientiert sich 2025 genau andersherum an den Patienten, an ihrem Aufenthaltsort und ihren zeitlichen Vorgaben. Das Gesundheitspersonal erfasst je nach Fall per RPM kontinuierlich Gesundheitsdaten über Sensoren und versorgt Patienten bestimmter Indikationsfelder mit hyper-personalisierten Therapien. Telemedizin
(ob ambulant oder stationär) ist ein entscheidender Enabler für die Entwicklung hin zu dieser Prognose, der durch die COVID-Krise schon stark beschleunigt wurde. In der Bevölkerung ist angesichts der Pandemie das Interesse und die Bereitschaft gestiegen, z.B. an RPM teilzunehmen oder eigene Daten zur Verfügung zu stellen. Verbesserte 5G-Netzwerke und neue Ansätze wie Digital Twins unterstützten den Wandel zusätzlich.

Beispiele aus der Gegenwart

  • In Großbritannien eröffnete 2019 der Bradford Teaching Hospitals NHS Foundation Trust (BTH) eine digitale Kommandozentrale. Die Krankenhausaktivitäten werden dabei in Realtime überwacht, eine „Wall of Analytics“ verarbeitet Daten aus Quellen wie den Krankenakten oder Patientensensoren. Die Erkenntnisse daraus verbessern klinische, betriebliche und finanzielle Entscheidungen.
  • Das israelische Sheba Medical Center schuf 2019 den Innovations-Hub ARC (accelerate, redesign, collaborate). Dieser Inkubator kooperiert mit Start-ups und bündelt Gesundheitsdaten, die in Virtual-Reality-Formaten aufbereitet werden. - Forscher entwickelten ein neuronales Netzwerk zur Analyse von Diabetes-Daten. Diese sollen mit einer neuartigen Biomarker-Methode per Smartphone erfasst werden. 

3. Mehrwert in der Gesundheitsversorgung: Vernetzte MedTech-Geräte 

Die Hersteller medizinischer Geräte verbauen im Jahr 2025 immer mehr smarte Sensoren, vernetzen ihre Produkte im Internet of Medical Things (IoMT)  und wandeln sich vom Hardware-Erzeuger zum Software-Produzenten. Innovative Geräte führen zu einer verbesserten Qualität der Versorgung, etwa durch Fähigkeiten wie drahtloser Verbindungen zur elektronischen Patientenakte, Übermittlung und Überwachung von Vitalparametern in Echtzeit bei erhöhter Messgenauigkeit und Unterstützung von Workflows. Data Analytics, kognitive Methoden und Robotik können damit ihre volle Wirkung entfalten. Datenbasierte Ansätze ermöglichen personalisierte Therapien und gezieltere Prävention, Kooperationen mit Technologieunternehmen helfen z.B. bei der Einführung neuer Customer Engagement Strategien. Ebenso generieren Med-Tech-Devices nun Datensätze, die für Neuentwicklungen als Real World Evidence (RWE) genutzt werden können. Darüber hinaus schafft die neue Datenbasis aber auch ganz andere Möglichkeiten der Steuerung und Vergütung von Gesundheitsleistungen im Sinne von Value-Based Health Care (VBHC) Modellen sowie Population Health Ansätzen und schafft damit die Grundlage für neue Geschäftsmodelle. Der Fokus verschiebt sich bei VBHC von einem Prozeduren-orientierten Modell hin zu einem ganzheitlichen, Ergebnis-fokussierten Budget-Ansatz. Definition und Überprüfung von sinnvollen Ergebniskriterien stellen hier bislang oftmals eine praktische Hürde dar – genau dabei helfen nun die neuen vernetzten Geräte mit ihren Messdaten: Die grundsätzliche Messbarkeit von immer mehr „Patient Outcomes“ macht eine präzisere Bewertung möglich. Unterm Strich verbessert der Ansatz sowohl die Ergebnisse als auch die Kostenstruktur. Deutschland hat hier im internationalen Vergleich zwar teilweise noch Nachholbedarf, mit Maßnahmen wie dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) wurden aber schon wichtige Meilensteine erreicht.

Beispiele aus der Gegenwart

  • Die US-Firma Bruin Biometrics hat einen portablen Scanner für Druckgeschwüre entwickelt. Die durch diese Technologie erfassten Daten wurden teilweise als Grundlage für die Ausgestaltung von Vergütungsvereinbarungen mit den britischen Leistungsträgern verwendet.
  • Deloitte führte eine Crowdsourcing-Simulation mit MedTech-Partnern durch. Dabei wurde ein Trend vom traditionellen Hardware-Fokus vieler Firmen hin in Richtung Software und digitale Dienstleistungen festgestellt. Auch verstärkter Konkurrenzdruck durch große Technologiekonzerne mit Verbraucher-Orientierung wird vorausgesagt.
  • Die Minddistrict Plattform, ein Projekt der Asklepios Kliniken, bietet Nutzern fortschrittliche e-Mental-Health-Anwendungen. Experten haben wissenschaftlich fundierte Module entwickelt, mit denen Patienten in Eigenregie ihr Wohlbefinden steigern können.

4. Die medizinische Lieferkette der nächsten Generation: Das Digital Health Care Supply Network

2025 haben fortgeschrittene digitale Ansätze die Transparenz und Effizienz der medizinischen Lieferketten signifikant verbessert. Sie folgen nun nicht mehr dem bisherigen linearen Ablauf, sondern einer datengetriebenen, dynamischen und flexiblen End-to-End-Logik. Die Grundlage dieses Digital Supply Networks (DNS) sind Schlüsseltechnologien wie Internet of Things (IoT), Blockchain und KI, die u.a. Realtime-Datenverarbeitung und -Entscheidungen ermöglichen. Advanced Analytics helfen bei der Kostensenkung durch Nachfrageprognosen, intelligentes Lagermanagement, optimierte Logistik und Beschaffung sowie bessere Workforce-Planung. Auch biopharmazeutische Unternehmen profitieren von diesen Trends und erzielen dadurch ein deutlich effizienteres regulatorisches Compliance-Management. 

Beispiele aus der Gegenwart

  • Das deutsche Life-Sciences-Unternehmen Merck KGaA baute ein Projekt für automatisierte Nachfrage-Prognosen auf. Auf der Grundlage von maschinellem Lernen (ML) wird die Effizienz der Lieferkette verbessert, was bei 75 Prozent der erfassbaren Produkte eine nachweisbare Optimierung bewirkt.
  • Das US-Startup RxAll hat eine KI-basierte Plattform für das Aufspüren gefälschter Medikamente entwickelt. Mit einem Spektrometer werden in einem nicht-destruktiven Test Wirkstoffsignaturen geprüft und mit einer Datenbank abgeglichen. Mit dem neuesten Gerät dauert der Vorgang 20 Sekunden und hat eine Genauigkeit von 99,9 Prozent. 

5. Partnerschafts-Cluster und Kollaborationen: Gemeinsam mehr erreichen

Neuartige Kollaborationen haben sich 2025 als zielführende Strategie zur Beschleunigung des Fortschritts im Bereich Health Care bewährt. Organisationsformen wie Centers of Excellence (CoE) oder Forschungsnetzwerke führen Akteure aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und wirtschaftlichen Sektoren zusammen. Die Partnerschaften überschreiten die bisherigen Grenzen von staatlichen und privaten Institutionen wie Universitäten, Gesundheitseinrichtungen und Unternehmen.
Diese Kollaborationen werden mit neuen Finanzierungsmodellen budgetiert und von Regierungen bzw. Regulatoren unterstützt. Digitale Transformation, offene Plattformen und neu etablierte Standards für den Datenaustausch fördern die Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien und verbessern die Qualität der Gesundheitsversorgung aller Bürger. 

Beispiele aus der Gegenwart

  • In Deutschland haben sich die Universitätskliniken zum nationalen „Netzwerk Universitätsmedizin“ zusammengeschlossen. Darin werden die Bemühungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie bundesweit gebündelt. Eine Interaktion von Forschung und Krankenversorgung führt zu effizienteren Abläufen und besseren Ergebnissen.
  • Das CARE-Konsortium (The Corona Accelerated R&D in Europe) koordiniert europaweit die Entwicklung von Behandlungsmethoden für COVID-19. Diese cross-sektorale Partnerschaft von 37 akademischen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie von Unternehmen verfügt über ein durch die EU finanziertes Budget von 77 Millionen Euro. 
  • Der Vodafone-Konzern betreibt in Kooperation mit der Universitätsklinik Düsseldorf einen 5G Campus. Technologien wie 5G, Mobile Private Network (MPN) und Multiaccess Edge Computing (MEC) ermöglichen Anwendungen wie Telemedizin oder virtuelle Expertenkonsultationen mit 3D-Visualisierungen. 

Ausblick: Hürden, Lösungen, Kompetenzen

Die aktuelle COVID-19-Krise hat die transformativen Trends im Gesundheitswesen maßgeblich beschleunigt. Doch das alleine wird nicht ausreichen, um die beschriebenen Errungenschaften bis 2025 zur Regel zu machen. Aus Sicht der Experten von Deloitte sind in den kommenden Jahren daher gezielte Anstrengungen in vier zentralen Bereichen nötig: 

  • Fachkräfte: Für die neuen Technologien hinter vielen der vorhergesagten Innovationen ist eine entsprechende Befähigung der Mitarbeiter der wesentliche Erfolgsfaktor. Die Führung ermöglicht mit einem digitalen Mindset und gezieltem Change Management den Ausbau der Skill Sets. Im Jahr 2025 sind die digitalen Fähigkeiten der Belegschaft weit fortgeschritten, digitale Inklusion sorgt für breiteren Zugang.
  • Neue Finanzierungsformen und Geschäftsmodelle: Public Health-Ansätze werden einen wachsenden Anteil der Gesundheitsausgaben ausmachen. Dafür sind besondere Anstrengungen in der Finanzierung nötig. Ein positiver Faktor hierfür ist, dass die Kosten für Sensoren und Tests bis 2025 deutlich sinken werden. Neue Ökosysteme schaffen neue ökonomische Anreize, was die datengetriebene Innovation der Unternehmen fördert und leistungsstarke Angebote auf den Markt bringt. Auch neue Finanzierungsmodelle etwa im Sinne von Value-Based Health Care eröffnen vielversprechende Lösungen für zukunftsweisende Investitionen. Entlang der ganzen Wertschöpfungskette werden Effizienzverbesserungen erzielt.
  • Das neue regulatorische Paradigma: Die Regulatorik stellt die Transformation vor Herausforderungen. In Zukunft wird der Ansatz allerdings flexibler, Kooperation mit Regulatoren führt zu einer besseren Balance von Risikovermeidung und Innovation. Die Regulatoren arbeiten effizienter und erzielen zunehmend internationale Konvergenz. Das ermöglicht Unternehmen eine Optimierung ihrer kommerziellen Zielsetzungen und führt zu besseren Ergebnissen für die Patienten. 
  • Neue Daten-Lösungen: Datenschutz, Cyber Security und Interoperabilität – auf diesen Gebieten muss bis 2025 noch weiterer Fortschritt stattfinden. Data Science und Cloud-Technologien helfen dabei. Nutzerdaten können nun nach internationalen Standards erhoben, geteilt und ausgewertet werden. Dabei wird die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen proaktiv sichergestellt. Die Mitarbeiter sind auch in den ethischen Implikationen von KI-Lösungen geschult. 

 

Die vier genannten Themen zeigen jene Bereiche auf, auf die sich die Branche auf dem Weg in die Zukunft der Gesundheitswirtschaft besonders konzentrieren sollte. Der Anreiz dafür liegt auf der Hand: Unterm Strich zeichnen Deloittes LSHC Prognosen für 2025 ein durchweg positives Bild, denn die neuen Paradigmen nützen allen Stakeholdern des Gesundheits-Ökosystems – vom Patienten bis zum Klinikbetreiber. Laden Sie hier die Deloitte Life Sciences & Health Care Predictions 2025 herunter und lesen Sie alle Ergebnisse der Studie im Original.

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