Die zentralen Treiber der Transformation und die Folgen für das Krankenhaus der Zukunft
Zentrale Treiber für deutliche Veränderungen im Gesundheitswesen sind ein durch die Pandemie verändertes Patientenverhalten, signifikante Fortschritte im Bereich Innovation und Digitalisierung sowie Veränderungen in der Arbeitswelt im Sinne von Future of Work.
Patienten treiben die Etablierung dieser digitalen, on-demand Interaktion zwischen Kliniker und Patient als elementaren Anteil eines umfassenden Versorgungsangebotes voran.
2. Innovation und Digitalisierung
Innovation und Digitalisierung werden zum zentralen Hebel, um die Lücke zwischen Angebot und Bedarf in zahlreichen Bereichen des Gesundheitswesens zu schließen. Durch Big-Data eröffnet sich die Möglichkeit einer datengetriebenen Patientenversorgung.
Durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und mit den Finanzmitteln aus dem Krankenhauszukunftsfonds hat sich der deutsche Gesetzgeber eingebacht, die Digitalisierung der Krankenhäuser zu fördern.
Digitale Transformation kombiniert mit radikaler Interoperabilität von Daten ist das Schlüsselprinzip zur Generierung eines signifikanten Mehrwerts für Patienten, Behandler und das Gesundheitssystem.
3. Future of Work
Fachwissen und innovative Technologien müssen zusammengebracht werden, um dem Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich zu begegnen. Unmittelbare Folge ist die Neuordnung der Arbeitswelt. So entstehen Chancen durch neue Technologien und Berufsgruppen. Die Förderung von Diversität und Inklusion ist das zentrale Paradigma. Neue agile Arbeitsplätze entstehen durch neuartige, virtuelle Behandlungskonzepte. Im Zuge von Digitalisierung sowie Implementierung neuer Technologien entstehen neue, häufig hybride Arbeitsplätze. Die Unterstützung der Tätigkeit von Fachkräften durch neue Technologien z. B. beim Einsatz von Telemedizin, Robotik und künstlicher Intelligenz wird sich ausweiten.
Veränderung des Leistungsangebots
Durch die oben beschriebenen Verschiebungen und Mechanismen im Gesundheitswesen verändert sich auch das Leistungsangebot der Krankenhäuser der Zukunft. Es wird eine Verschiebung hin zu mehr Prävention, ambulanter Versorgung und Virtual Care erkennbar. In einer Versorgungswelt mit einem Schwerpunkt auf „Virtual Care“ bildet der Patient den Mittelpunkt. In Kombination mit der gesteigerten Verfügbarkeit und Nutzung von Daten ist die personalisierte Medizin einer der maßgeblichen Trends der nächsten Jahre. Der Rückgang der klassischen stationären Versorgung und die Entstehung neuer Versorgungsmodelle führen zu einem hohen Anpassungsdruck bei den ambulanten und stationären Gesundheitsanbietern.
Die Entstehung neuer Versorgungsmodelle sowie der Rückgang der klassischen stationären Versorgung setzt ambulante und stationäre Gesundheitsanbieter unter Druck:
Auf Basis unseres Future of Health-Prognosemodells gehen wir davon aus, dass in den kommenden Jahren mit einem durchschnittlichen, jährlichen Verlust von ca. einem Prozent der stationären Patientenzahlen zu rechnen ist. In 2025 ist so von rund 19 Millionen stationären Fällen auszugehen, das heißt einem Rückgang um fünf Prozent bzw. ca. 920.000 Fällen im Vergleich zu 2019.
(Ibo Teuber, Partner)
Entwicklung der stationären Fallzahlen 2000 – 2025: Nach Einführung der G-DRG in 2003 kam es zunächst zu einem kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen. 2017 waren mit einem Minus von 0,47 Prozent erstmals sinkende stationäre Fallzahlen zu verzeichnen. Dieser Trend setzte sich 2018 mit einem weiteren Rückgang um 0,26 Prozent fort. In 2019 ist ein leichtes Plus von 0,12 Prozent zu verzeichnen, direkt gefolgt vom Einbruch im Zuge der COVID-19 Pandemie in 2020. Auf Basis des Deloitte Future of Health Prognosemodells gehen wir in den kommenden Jahren von einem weiteren jährlichen Verlust von rd. -1 Prozent aus.
Wirtschaftlichkeit
Durch reduzierte stationäre Patientenzahlen wird der Druck auf die Krankenhäuser signifikant zunehmen. Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit wird daher weiter von großer Bedeutung sein. Wer es nicht schafft, den Wandel als Chance zu sehen und sich mit neuen Businessmodelle zu platzieren, wird in naher Zukunft im Gesundheitsmarkt nicht mehr existieren können.
Bereits 2019 hatten fast 29 Prozent der Kliniken in Deutschland einen Jahresverlust zu verzeichnen. Seit dem Ausbruch von COVID-19 sind die Auslastungen in vielen Krankenhäusern deutlich zurückgegangen. Zwar hat der im Zuge der Pandemie aufgespannte Rettungsschirm den Strukturwandel zunächst aufgehalten, allerdings werden viele Krankenhäuser 2021 nicht das Erlösniveau von 2019 erreichen. Sie müssen sich und ihre Geschäftsmodelle neu erfinden, um weiterhin erfolgreich zu bestehen.
Neue Businessmodelle
Durch neue Player im Ökosystem werden die Grenzen des Krankenhausbetriebes zunehmend verschwimmen. Technologieriesen wie Amazon oder Google etablieren sich bereits im Gesundheitsmarkt und haben durch ihr digitales und technisches Know-how Zugang zu Patienten, den Kunden von morgen, und ihren Daten, sowie bewährte Analyseexpertise und -funktionen. Dadurch können Sie das „nahtlose“ Patientenerlebnis mit radikal interoperablen Daten und offenen, aber sicheren Plattformen ermöglichen. Krankenhäuer müssen sich entscheiden, wo sie zukünftig ihren Platz finden.
Angelehnt an die „Zehn erfolgreichen Healthcare-Archetypen der Zukunft“ der Deloitte Future of Health Initiative werden wir in der Zukunft zwei große Bereiche sehen, innerhalb derer sich die Krankenhäuser einsortieren werden:
1. Daten und Plattformen: Hier wird (Daten-)Wissen generiert, das für eine personalisierte Medizin notwendig ist. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Akteuren:
2. Prävention und Krankenversorgung: Neue virtuelle und physische Player, die patientenorientiert agieren und Angebote von Wellness, Lifestyle und Prävention bis hin zu Behandlung und Nachsorge abdecken. Dies wird von kleinen, lokalen Gesundheitshubs in der Fläche bis hin zu großen, auf komplexe Krankheitsbilder spezialisierte Maximalversorger reichen.
Durch die Neuordnung des Gesundheitssystems werden marginale Anpassungen der Krankenhäuser, wie sie in der Vergangenheit erfolgt sind (z.B. ambulante Angebote, Erwerb von MVZ´s, Kooperationen), nicht ausreichen. Die neuen Businessmodelle müssen nicht nur über die Sektorgrenzen, sondern auch über die Industriegrenzen (z.B. Technologieindustrie) hinaus gedacht werden. Welche Rolle ein Krankenhaus in Zukunft im Ökosystem einnimmt, kann und muss variieren.
Konsekutiv mit der Veränderung der Businessmodelle ist auch eine Neuerung der Vergütungsmodelle und Finanzierung essentiell. Es muss ein Anreiz geschaffen werden, für neue patientenzentrierte und digitale Businessmodelle im Krankenhaus der Zukunft ausreichend vergütet zu werden.
Vergütungsmodelle und Finanzierung
Die Ziele einer optimalen Krankenhausfinanzierung sind zahlreich: von der bedarfsgerechten Versorgung, der Qualität der Versorgung hin zur Effizienz der Leistungserbringung und Fairness sowohl gegenüber Leistungserbringern als auch Kostenträgern.
Doch welches System kann alle Ziele unter einen Hut bringen? Capitation Modelle, Value Based Healthcare, eine Dreiteilung der Krankenhausfinanzierung (bedarfsnotwenige Strukturen, Fallpauschalen, Qualitätskriterien), Hybrid-DRGs oder Bundled Payments? Klar ist, die traditionellen Sektorgrenzen werden aufbrechen und hier muss und wird die Politik reagieren müssen. Eine Vergütung orientiert am Patientenpfad über die ambulant/ stationäre Grenze hinweg unter Berücksichtigung von Qualität, Versorgungsbedarf und Effizienz scheint ein zielführender Ansatz zu sein.
Innovationen, die Veränderung der Versorgungslandschaft und des Patientenverhaltens sind mit dem DRG-System in der aktuellen Form nicht vereinbar. Ein Krankenhausfinanzierungssystem mit Fokussierung auf den Patientenpfad über die Sektorgrenzen hinweg wird die Zukunft gestalten.