Zum Hauptinhalt springen

Steuerung digitaler Geschäftsmodelle

Neue Geschäftsmodelle erfordern adäquate Steuerungsansätze

Die digitale Revolution setzt heute viele etablierte Unternehmen unter Zugzwang, innovative Geschäftsmodelle aufzubauen. Doch nicht nur zukunftsträchtige Produkte und Dienstleistungen sind gefragt. Damit die Entwicklung der neuen Geschäftsfelder gelingt, muss sich auch die Finanzfunktion anpassen. Denn das Digitalgeschäft folgt ganz eigenen Prinzipien, die entsprechende Steuerungsmechanismen verlangen. Der neue Deloitte CFO Insight zeigt auf, worauf es beim Controlling digitaler Geschäftsmodelle ankommt. Ein Überblick über die Highlights.

 

In der Weltwirtschaft hat sich eine fundamentale Umwälzung ereignet. Die Unternehmen mit der größten Börsenkapitalisierung sind längst nicht mehr Energiekonzerne oder Industriekonglomerate. Heute geben stattdessen die globalen Tech Giganten den Ton an den Märkten an, während viele etablierte Unternehmen etwa in der verarbeitenden Industrie langsam ins digitale Hintertreffen geraten. Für viele von ihnen wird die Entwicklung neuer datengetriebener Geschäftsmodelle daher immer mehr zur Überlebensfrage.

Um so riskanter wäre es, bei Digitalinitiativen die Eigenheiten dieses Geschäfts zu übersehen und bei der Steuerung auf überkommene Mechanismen zu vertrauen. Denn Digitale Geschäftsmodelle haben viel kürzere Entwicklungs- und Produktzyklen, sind ungleich dynamischer, kundenzentrierter und oftmals mit einer hohen Unsicherheit konfrontiert. Und vor allem weist es auf der Finanzseite ganz andere Kosten- und Bilanzstrukturen auf. Was bedeutet das für CFOs, Finanz- und Controlling-Entscheider, die maßgeblich den Aufbau und Erfolg von digitalen Geschäftsmodellen begleiten sollten?

Digital ist anders: Neue Ökosysteme, neue Steuerungsansätze, neue Finanzansätze

 

Immaterielle Vermögensgegenstände statt physischer Bestände, dynamische Service-Angebote statt starrer Preismodelle, gleichberechtigter Austausch in Plattform-Modellen statt hierarchischer Partnerschaften: Mit digitalen Geschäftsmodellen wandelt sich ein Großteil der konventionellen Eckpfeiler des unternehmerischen Wirtschaftens. Dabei ergeben sich zunächst schon erhebliche Unterschiede der erforderlichen Steuerungsmechanismen je nach Reifegrad des digitalen Geschäftsmodells eines Unternehmens – und auch im Hinblick auf den jeweiligen Typus des angestrebten Geschäftsmodells: Ein Content-Provider benötigt andere Mechanismen als der Betreiber einer E-Commerce-Plattform. Statt in klassischen Lieferketten spielt sich die Wertschöpfung heute außerdem in mehrdimensionalen, dynamischen Ökosystemen ab, basierend auf Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg. Das erfordert eine Ausweitung des Steuerungsfokuses auf die Stakeholder im Ökosystem, von Zulieferern und Partnern bis hin zum Endkunden. 

Flexiblere Top-Line Steuerung, zielgerichtete und adäquate KPIs

 

Digitale Produkte sind meist sehr komplex und werden oft im Paket vermarktet. Die Abrechnung erfolgt z.B. durch Abos oder nach Nutzung. Durch diese Umstände ändert sich beispielsweise bei einem Autobauer, der sich zum Mobilitätsdienstleister entwickelt, die Umsatzstruktur fundamental, in der Häufigkeit ebenso wie in der Höhe der einzelnen Transaktionen. Die Unternehmenssteuerung muss dies durch die Auswahl geeigneter Parameter berücksichtigen. Auch neue Bilanzrichtlinien sind zu beachten (z.B. IFRS 15). Darüber hinaus können individuelle Kundeninformationen für Optimierungen eingesetzt werden, natürlich immer gemäß geltender Vorschriften wie der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). Steuerungsmechanismen sollten sich insgesamt von der kurzfristigen Perspektive lösen und zunehmend den Customer Lifetime Value in den Blick nehmen. Damit einher gehen neue nicht-finanzielle und kundenzentrierte KPIs wie täglich aktive Nutzer, Kündigungsraten und die Kundenzufriedenheit, wobei die eingesetzten Kennzahlen grundsätzlich auf den jeweiligen digitalen Reifegrad des Geschäftsmodells abgestimmt werden müssen. Nichts wäre schließlich fataler, als eine digitale Wachstumsgeschichte durch eine verfehlte Anreizsetzung zu beenden. 

Kosten, Bilanzen und Planung

 

Dass sich die Erzeugung digitaler, datenbasierter Produkte von der Produktion physischer Waren und Dienstleistungen grundlegend unterscheidet, liegt auf der Hand. Das schlägt sich natürlich auch in der Profitabilitätsanalyse nieder, die entsprechend angepasst werden muss. Etwa im Bereich der deutlich höheren IT-Aufwendungen, die z.B. bei einem Plattform-Geschäft vermehrt zu den Produktionskosten gezählt werden. Zugleich erlangen immaterielle Vermögensgegenstände im Rahmen der Bilanzierung einen bedeutend höheren Stellenwert. Die Planung wird an diese veränderten Strukturen angepasst. Generell folgt sie bei der Steuerung digitaler Geschäftsmodelle idealerweise eher den kurzfristigen Allokationsmethoden eines Venture Capital Funds als den starren etablierten Ansätzen. Mit einer Orientierung an von Start-ups bekannten Stage-Gate-Modellen entspricht die Steuerung den viel kürzeren Entwicklungs- und Produktzyklen im dynamischen und volatilen Digitalgeschäft. 

Voraussetzungen: Digitales Backend und digital befähigte Controller

 

Damit adäquates steuern für digitale Geschäftsmodelle funktioniert, muss natürlich eine entsprechend leistungsstarke IT-Basis vorhanden sein. Ein zeitgemäßes ERP-System sorgt für end-to-end-Transparenz und eine adäquate zeitliche Verfügbarkeit von Informationen. Mit einem zentralen Data Lake, der sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten integriert, können fortgeschrittene Analytics-Ansätze hochwertige Insights generieren. Das alles nützt wenig, wenn solche Erkenntnisse nicht auch in die Entscheidungsprozesse und Management-Meetings einfließen. Es bietet sich an, die Frequenz der Dialoge zu erhöhen, bis hin zu täglichen Performance Stand-ups. Eine weitere grundsätzliche Erfolgsbedingung für die künftige Unternehmenssteuerung ist der Faktor Mensch, denn ohne entsprechende Fähigkeiten können die Finanz-Mitarbeiter den Wandel nicht umsetzen. Dem entsprechen Unternehmen durch Trainings und einen Fokus auf digitale Fähigkeiten beim Recruiting von Controllern.

Fünf Schritte zur Umsetzung

 

Steuerungsmechanismen, die auf das neue Digitalgeschäft zugeschnitten sind: Für Unternehmen unter Innovationsdruck hat dieses Feld im Finanzbereich höchste Priorität. Für die Umsetzung empfehlen wir ein Vorgehen in mehreren Schritten, wobei der Startpunkt der individuellen Roadmap je nach dem Reifegrad des Geschäftsmodells ausgewählt werden sollte:

  1. Ableitung der Implikationen des digitalen Geschäftsmodells auf die Finanzfunktion 
  2. Gezielte Fokussierung und Entwicklung eines Zielbilds zur Steuerung, abgestimmt mit den relevanten Unternehmensfunktionen
  3. Aufsetzung eines Pilotprojekts mit neuen Steuerungsmechanismen für ein ausgewähltes digitales Geschäftsmodell
  4. Systematische Übertragung des erfolgreichen Steuerungsansatzes in ähnliche digitale Geschäftsmodelle
  5. Befähigung der Mitarbeiter zur nachhaltigen Umsetzung

Steuerung digitaler Geschäftsmodelle – ein komplexes Thema, und zugleich ein fundamentaler Erfolgsfaktor der digitalen Transformation. Wenn Sie mehr über die Gestaltungsprinzipien für passende Steuerungsmechanismen erfahren wollen, lesen Sie unseren neuen CFO Insights Artikel "Steering of Digital Businesses".

Fanden Sie dies hilfreich?

Vielen Dank für Ihr Feedback

Wenn Sie helfen möchten, Deloitte.com weiter zu verbessern, füllen Sie bitte folgendes aus: 3-min-Umfrage