Im Juni 2024 hat Deloitte im Rahmen der aktuellen Studie Digital Banking Maturity 500 Bankkund:innen in Deutschland zu ihren Präferenzen im digitalen Banking befragt. Die erhobenen Daten wurden mit den Umfrageergebnissen aus dem Jahr 2022 verglichen. Ein Schwerpunkt der Befragung liegt mit knapp 75 Prozent aller Teilnehmenden auf der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen sowie einer gewissen digitalen Affinität, die sich in der Kundengruppe „Direktbankkunden“ widerspiegelt. Die Umfrageergebnisse bilden somit das überwiegende Nutzerverhalten jener Kundengruppe im Privatkundengeschäft ab, die aufgrund ihres Alters und ihrer digitalen Affinität stark im aktuellen Interessensbereich der Banken liegt. Auf Basis der Ergebnisse wurden drei zentrale Trends rund um die Themen Kundenverhalten und -erwartungen einer überwiegend digital-affinen Kundengruppe abgeleitet, die für Banken in Deutschland von hoher Relevanz sind. Zum Abschluss wird ein Ausblick gegeben, was sich Kund:innen von einer mobilen Banking App wünschen.
Trend 1: Kundeninteraktion auf Höchststand
Heutzutage überprüfen 40 Prozent der Befragten täglich ihren Kontostand – und mit 91 Prozent tun dies ein Mal wöchentlich fast alle. Noch nie zuvor hatten Banken die Möglichkeiten, so viel mit ihrer Kundschaft zu interagieren wie heute. Bis vor wenigen Jahren beschränkte sich der Kontakt mit der Bank im Wesentlichen auf den Besuch der Filiale, das Abheben von Bargeld am Geldautomaten und gegebenenfalls das Telefonat mit Bankberater:innen. Dabei bieten Banken ihren Kund:innen heutzutage zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten, insbesondere was die digitalen Kanäle betrifft. Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, dass Kund:innen ihre täglichen Bankgeschäfte primär über diese digitalen Kanäle abwickeln – mit steigender Tendenz (s. Abb. 1).
Unter den Top-12-Bankgeschäften, die bevorzugt über den mobilen Kanal (Banking App) abgewickelt werden, ist im Vergleich zum Jahr 2022 für alle eine Zunahme zu beobachten. Während vor zwei Jahren noch 80 Prozent der Teilnehmenden angaben, dass sie am liebsten ihren aktuellen Kontostand oder ihre Transaktionshistorie mobil abrufen würden, waren es 2024 bereits 88 Prozent. Besonders auffällig ist: Je transaktionaler das Bankgeschäft ist, desto eher handelt es sich um einen Anwendungsfall für die mobile App im Vergleich zu den beiden anderen untersuchten Kanälen „Desktop (Web)“ oder „Filiale“. Der größte Anstieg seit 2022 ist im Bereich aktives Investieren (+14 Prozentpunkte) zu beobachten, was wenig überraschend die steigende Beliebtheit von Investmentprodukten in den letzten Jahren widerspiegelt, gefolgt von der Durchführung von Währungsumtausch/-kursüberprüfung (+ 10 Prozentpunkte) und Zahlung bzw. Überweisung (+9 Prozentpunkte) – beides Handlungen, die im Banking schnell, einfach und am besten mobil, also überall und jederzeit, erledigt werden.
Vor dem Hintergrund des ersten Trends lautet die Handlungsempfehlung für Banken, sich zu fragen, ob sie das Potenzial der neuen Interaktionsfreude ihrer Kund:innen bereits voll ausschöpfen oder ob ein Großteil davon noch brachliegt. Eine Überprüfung der tatsächlich vorhandenen digitalen Touchpoints ist daher unerlässlich.
Je komplexer ein Bankprodukt ist, desto eher suchen Kund:innen die Filiale auf, um sich persönlich beraten und informieren zu lassen – dies zeigen sowohl die Ergebnisse unserer Umfrage als auch die der Deloitte-Studie Building Trust in Digital Banking. Beim Vergleich der Umfrageergebnisse von 2024 mit denen von 2022 wird deutlich, dass der Anwendungsfall „Filiale“ als analoger Kommunikationskanal mit der Bank zwar in der Regel komplexere Bankprodukte betrifft, jedoch über die zwei Jahren hinweg bei allen Produkten bzw. Anwendungsfällen rückläufig ist.
Während beispielsweise für den Anwendungsfall „Hypothek beantragen“ im Jahr 2022 noch rund 41 Prozent aller Befragten den Weg in die Filiale bevorzugten, sind es im Jahr 2024 nur noch 33 Prozent. Ähnlich verhält es sich mit dem Anwendungsfall „Konsumentenkredit“, für den im Jahr 2022 noch 31 Prozent aller Befragten eine Filiale aufsuchen würden – im Jahr 2024 sind es nur noch 23 Prozent. Auch der Anwendungsfall „Kontoschließung“ gehört mit einem Rückgang von acht Prozentpunkten zu den Vorreitern, was aus Sicht der Kund:innen jedoch durchaus nachvollziehbar ist – denn wenn die Entscheidung für eine Kontoschließung bereits gefallen ist, kann zumindest der Gang in die Filiale dafür entfallen.
Insbesondere digital-affine Kund:innen bevorzugen zunehmend eine digitale Beratung und Abwicklung, und zwar über alle Bankprodukte hinweg – unabhängig vom Komplexitätsgrad. Was vor diesem Hintergrund überraschend wirken mag, sind die Ergebnisse rund um das Thema Kundenservice. Denn bei der Befragung einer digital-affinen Kundengruppe wäre zu erwarten, dass diese überwiegend selbstständig zurechtkommt – vorausgesetzt, digitale Self-Services sind vorhanden und funktionieren einwandfrei. Doch Institute, die das Thema Kundenservice nicht prioritär behandeln, laufen Gefahr, ihre Kundenbeziehungen zu beschädigen oder gar zu verlieren.
Aus den Umfrageergebnissen wird deutlich, dass auch der digital-affinen Kundengruppe Support durchaus wichtig ist – und zwar über alle Kanäle hinweg. Dabei nimmt diese die Betreuung durch die Bank unterschiedlich häufig in Anspruch, aber wenn es dazu kommt, ist eine positive bzw. negative Kundenerfahrung entscheidend für die Kundenbeziehung. Dies geht sowohl aus der Deloitte-Studie Building Trust in Digital Banking als auch aus unserer aktuellen Umfrage hervor.
Während 2024 noch rund 6 Prozent der Befragten angeben, mindestens einmal im Monat Kundensupport1 in Anspruch zu nehmen, sind es mit 12 Prozent bereits doppelt so viele, die dies alle drei Monate und mit 30 Prozent mindestens einmal im Jahr tun. Die Antwortoption „mindestens einmal jährlich“ verzeichnet mit acht Prozentpunkten den größten Anstieg im Vergleich zu den Angaben aus dem Jahr 2022. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass rund zwei Drittel der Befragten mindestens einmal im Jahr Kundensupport benötigen, während nur ein Drittel keinen entsprechenden Bedarf in den letzten zwölf Monaten angibt.
Im Hinblick auf diesen Trend lässt sich für Banken folgende Handlungsempfehlung ableiten: Ein Zuwachs an digital-affinen Kund:innen bedeutet nicht automatisch eine sinkende Nachfrage nach Kundenservice. Vielmehr sollte in digitale Funktionen rund um den Kundensupport investiert werden, die auf eine optimierte Cost-to-Serve Ratio abzielen und gleichzeitig ein positives Kundenerlebnis ermöglichen.
Die Nachfrage nach klassischen Anlage-, Kredit- und Sparprodukten ist im Vergleich zu 2022 deutlich gestiegen. Dies zeigen die Angaben der Befragten. Sparen liegt wieder im Trend: 2024 geben elf Prozentpunkte mehr als 2022 an, mindestens einmal im Jahr „ein Sparprodukt (z.B. Sparkonto, Einlage)“ zu eröffnen. Auch die „Informationssuche zu Sparprodukten“ hat zugenommen. Die Investmentfreude der Kund:innen lässt nicht nach, im Vergleich zu 2022 informieren sich immer mehr von ihnen (+7,4 Prozentpunkte) jährlich über Anlageprodukte. Auch das „Eröffnen eines Anlageprodukts“ nimmt bei den jenen, die dies mindestens einmal pro Jahr tun, um 5,4 Prozentpunkte zu. Bei der Nachfrage nach Kreditprodukten ist der Anstieg zwar vorhanden, aber nicht so stark wie bei den Anlage- und Investmentprodukten. Im Jahr 2024 informiert sich jeder Dritte mindestens einmal jährlich über Kreditprodukte, das sind rund fünf Prozentpunkte mehr als 2022.
Die Abbildung 3 zeigt, dass aktuell ein „Comeback“ klassischer Bankprodukte im Privatkundengeschäft in Deutschland zu beobachten ist. Für die Institute bedeutet dies, dass sie sich wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren müssen. Dabei ist der schnelle und einfache Zugang zu verständlichen Produktinformationen für Kund:innen eine wichtige Voraussetzung für den Produkterwerb. Denn insbesondere digital-affine Kundengruppen wünschen sich zunehmend mehr Autonomie und Übersichtlichkeit, was ihre Bankgeschäfte betrifft.
Für den dritten Trend lässt sich folgende Handlungsempfehlung für Banken formulieren: Die Institute in Deutschland müssen sich stärker auf ihr „Kerngeschäft“ konzentrieren, um dem aktuellen Verbraucherverhalten besser gerecht zu werden.
Vergleicht man die Ergebnisse der tatsächlich am häufigsten genutzten Funktionalitäten einer mobilen Banking App (siehe Abb. 1) mit den Antworten der Befragten, was sie sich von einer mobilen Banking App wünschen (siehe Abb. 4), so fällt auch hier der transaktionale Charakter sowohl der genutzten als auch der gewünschten Funktionalitäten auf: bezahlen, verwalten, Kontakt aufnehmen. Der größte Anstieg ist mit acht Prozentpunkten bei der gewünschten Funktion „Mit Ihrem Mobilgerät in Geschäften bezahlen“ zu verzeichnen. Im Jahr 2022 gaben dies noch 73 Prozent der Befragten an, 2024 sind es bereits 81 Prozent. Dies zeigt, dass die mobile Banking App immer mehr die klassische Geldbörse ablöst und den Kund:innen gleichzeitig die Verwaltung der eigenen Daten, Finanzen und Debit-/Kreditkarten ermöglicht. Darüber hinaus birgt eine mobile Banking App für digital-affine Kund:innen auch das Potenzial, künftig den „unerwünschten“ Filialbesuch in Zukunft gänzlich zu ersetzen, denn immerhin 43 Prozent aller Befragten wünschen sich die Funktionalität „Kontaktaufnahme mit dem Kundenservice der Bank per Chat/Video-Chat“.
Als Handlungsempfehlung kann festgehalten werden, dass Banken ihre mobilen Banking Apps mit den Kundenbedürfnissen abgleichen und im Zweifelsfall punktuell nachrüsten sollten, um die Kundenbeziehung zu stärken.
Die aktuellen Kundenpräferenzen geben einen spannenden Einblick in die diesjährige Studie Digital Banking Maturity 2024 von Deloitte. Die Ergebnisse dieser Befragung zu den Kundenpräferenzen im deutschen Bankgeschäft bilden die Grundlage für die Gewichtung von digitalen Funktionalitäten entlang der Customer Journey, die aus der Studie hervorgeht.