Die Jahre des starken Wachstums bei Subscription-Video-on-Demand (SVoD) sind vorbei. Der Anteil der Haushalte, in denen mindestens ein Abonnement für Netflix & Co. genutzt wird, ist 2023 in Deutschland erstmals zurückgegangen. Nach dem Boom der Corona-Jahre hinterfragen Mediennutzer zunehmend die von ihnen abonnierten Bezahlangebote und ordnen diese neu. Unser aktuelles Media Briefing klärt auf, warum der Trend für Anbieter kein Alarmsignal sein muss und wie diese reagieren sollten.
SVoD ist in eine neue Marktphase getreten. Dies zeigen die Ergebnisse des aktuellen Deloitte Digital Consumer Trends Survey, für den im August dieses Jahres 2.000 Konsumenten1 in Deutschland sowie 27.000 weltweit zu ihrem digitalen Nutzungsverhalten befragt wurden. Nach einem geradezu rasanten Anstieg der Nutzerbasis während der COVID-19-Pandemie hat diese inzwischen ein Plateau erreicht. 64 Prozent der Befragten geben aktuell an, Zugriff auf ein Video-on-Demand-Abonnement zu haben. Vor zwölf Monaten lag der Anteil noch einen Prozentpunkt höher (s. Abb. 1). Die Entwicklung hatte sich bereits im Vorjahr angedeutet, als hierzulande das SVoD-Wachstum spürbar an Kraft verlor und im Vergleichsmarkt Großbritannien der Nutzeranteil sogar erstmal zurückging.
Die neuen Zahlen bedürfen aber unbedingt der Einordnung, denn von einer Erosion der Video-on-Demand-Kundenbasis kann keine Rede sein. Stattdessen ist der Rückgang überaus moderat. Dennoch ist die veränderte Dynamik im Markt unübersehbar, zumal diese bei Musik-Streaming ähnlich und bei Abos für Nachrichten-Bezahlinhalte sogar in noch stärkerem Maße zu beobachten ist.
Abb. 1: Verbreitung digitaler Media-Abonnements (Deutschland)
Große Unterschiede in den Alterssegmenten
Zusätzliche Einblicke ermöglicht die Betrachtung des aktuellen SVoD-Entwicklungstrends in den unterschiedlichen Altersgruppen. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Mediennutzern. Während fast neun von zehn der unter 35-jährigen Zugriff auf ein Video-on-Demand-Abonnement haben, sind es in der Generation 65+ gerade einmal ein Drittel (s. Abb. 2). In den vergangenen zwölf Monaten hat sich diese Schere sogar noch weiter geöffnet. Denn während in den jüngeren Segmenten der ohnehin hohe Nutzeranteil sogar weiter gestiegen ist, entwickelt er sich bei Verbrauchern über 65 Jahren rückläufig. Noch größer war das Minus bei Konsumenten zwischen 35 und 44 – einer Bevölkerungsgruppe, die beruflich häufig stark eingebunden ist und deren Zeitbudget mit dem Ende von Homeoffice und wieder zunehmenden Freizeitaktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände kleiner geworden ist. Folglich gibt im Rahmen der Studie fast jeder Dritte in dieser Altersgruppe an, seine VoD-Abonnements nicht hinreichend genutzt zu haben.
Abb. 2: Verbreitung SVoD nach Altersgruppe (Deutschland)
Kostenbewusste Mediennutzer
Warum werden Video-on-Demand-Abonnements hierzulande gekündigt? Der alles überstrahlende Auslöser sind die anfallenden Kosten. Sechs von zehn der Befragten nehmen die Angebote als teuer wahr, haben zu hohe Ausgaben für zu viele Abonnements oder sind durch gestiegene Kosten in anderen Bereichen zum Sparen gezwungen (s. Abb. 3). Das Kostenbewusstsein der deutschen Mediennutzer war bereits im Vorjahr ähnlich ausgeprägt und zieht sich damals wie heute gleichermaßen durch alle Alterssegmente.
Abb. 3: Warum haben Sie in den letzten zwölf Monaten einen Video-Streaming-Dienst gekündigt? (Deutschland)
Fokus auf ältere Kundensegmente notwendig
Die Studienergebnisse verdeutlichen: Die Gewinnung neuer SVoD-Kunden ist im Jahr 2023 kein Selbstläufer mehr. Denn Verbraucher sehen sich einem zunehmend breiten SVoD-Angebot aus unterschiedlichen Subsegmenten gegenüber: Premium-Anbieter zeigen exklusiven Live-Sport, internationale Streamer halten Serien und Filme bereit, deutsche Privatsender bieten für vergleichsweise wenig Geld Zugang zu Previews, Catch-Up-Inhalten und Live-Streams. Gleichzeitig sind die Budgets deutscher Konsumenten für Video-on-Demand-Dienste endlich. Das trifft sowohl für die Preisgestaltung als auch die Zahl der in den Haushalten genutzten Abos zu. Auch deren Zahl stagniert und liegt in Deutschland wie im Vorjahr bei durchschnittlich 2,3 Abonnements. Damit droht SVoD mehr und mehr ein Verdrängungsmarkt mit hoher Wettbewerbsintensität zu werden.
Vor diesem Hintergrund sind neue Strategien gefragt, um die Marktdurchdringung von Video-on-Demand-Abonnements wieder nachhaltig anzukurbeln. Dafür müssen Preisgestaltung und Content-Angebot von den einzelnen Nutzern gleichermaßen als stimmig wahrgenommen werden. Denn weiteres Potenzial bei Video-on-Demand Abonnements ist zweifellos vorhanden. Wachstumsmöglichkeiten bestehen sowohl in den einzelnen Subsegmenten des SVoD-Marktes als auch in bestimmten Altersgruppen.
Der Blick zurück auf die Verbreitung von VoD-Abonnements nach Alterssegmenten liefert hierbei einen probaten Ansatzpunkt. Denn das Potenzial für weiteres Wachstum speziell bei älteren Mediennutzern ist offensichtlich. Bislang haben Anbieter auf die spezifische Ansprache der in Deutschland rund 30 Millionen Verbraucher über 55 Jahre weitgehend verzichtet. Um die Entwicklung der Nutzerzahlen weiter zu beleben, muss hier ein Umdenken erfolgen.
Dass bei älteren Konsumenten Interesse an Video-Abrufdiensten vorhanden ist, zeigt der enorme Erfolg der öffentlichrechtlichen Mediatheken. Diese werden von 60 Prozent der Befragten in der Altersgruppe 65+ genutzt, mehr als in jedem anderen Alterssegment. Doch um das dort vorhandene Interesse zu monetarisieren, reicht das vorrangige Angebot ehemals erfolgreicher Serien-Klassiker allein nicht aus. Stattdessen bedarf es hochwertiger, altersspezifischer Eigenproduktionen, ebenso wie Markenbotschafter, die gezielt ältere Zuschauer ansprechen. Dies muss mit Preismodellen einhergehen, welche an die Zahlungsbereitschaft der Zielgruppe angepasst sind.
Blick nach Großbritannien zeigt Handlungsbedarf
Die aktuelle Entwicklung nur als kurzfristige „Wachstumsdelle“ zu betrachten, wäre zu kurz gegriffen. Die im Rahmen der Studie erhobenen Zahlen im Vergleichsmarkt Großbritannien zeigen, dass SVoD nicht schnell und von selbst wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren wird. Der erstmalige Rückgang der Nutzerbasis um zwei Prozentpunkte im Vorjahr setzte sich dort 2023 mit einem weiteren Minus von einem Prozentpunkt fort. Der Vergleich mit UK liefert aber auch Fakten, die das weitere Potenzial von SVoD untermauern: In Großbritannien, mit seiner deutlich ausgeprägteren Content-Bezahlkultur, nutzen weiterhin altersübergreifend 73 Prozent der Mediennutzer Video-on-Demand-Abonnements – beachtliche neun Prozentpunkte mehr als hierzulande.
Eine Analyse auf Grundlage der Zahlen des Digital Consumer Trends Survey legt nahe, dass SVoD am Ende des Jahrzehnts einen altersübergreifenden Nutzeranteil deutlich oberhalb von 80 Prozent erreichen kann. Schon heute ist diese Größenordnung bei Mediennutzern unter 35 Jahren erreicht. Mittels zielgruppenspezifischer Strategieansätze werden Anbieter die Lücke in den grundsätzlich offenen, älteren Segmenten absehbar schließen können.
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit gelten sämtliche Personenbezeichnungen in dieser Unterlage gleichermaßen für alle Geschlechter.
Die Deloitte Industry Briefings analysieren Themen, die die Branchen bewegen, um kurzfristig und agil auf aktuelle Markentwicklungen und Branchenthemen reagieren zu können.