Zwei Drittel der Deutschen spielen elektronische Games. Sie sind Teil einer außerordentlich großen und hetrogenen Nutzergruppe, die Gelegenheitsspieler ebenso umfasst wie Hardcore-Gamer. In allen Altersklassen und unabhängig vom Geschlecht wird gespielt. Jedoch zeigen die Ergebnisse des aktuellen Deloitte Digital Consumer Trend Survey auch, dass längst nicht alle Konsumenten1 bereit sind, für Games Geld auszugeben. Die Zahlungsbereitschaft konzentriert sich vorrangig auf den männlichen Nutzeranteil.
Im Rahmen dieser jährlich durchgeführten Deloitte Studie wurden weltweit 38.150 Verbraucher – davon 2.000 in Deutschland – zu ihrem digitalen Konsum befragt. Die Ergebnisse bieten auch aktuelle Einblicke in Demographie und Nutzungsmuster von Gamern. Deren Zahl ist enorm: 66 Prozent der Konsumenten in Deutschland über 18 Jahren vertreiben sich die Zeit mit elektronischen Spielen (s. Abb. 1). In der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren spielen sogar neun von zehn der Befragten. Bemerkenswert ist auch die Nutzung am anderen Ende der Altersskala: In der Generation 65+ zählt inzwischen jeder Zweite zu den Gamern. Damit verfügt die Games-Industrie in Deutschland über eine riesige Zielgruppe, die längst nicht nur aus Männern besteht. Denn auch 62 Prozent der Frauen spielen hierzulande. Damit liegt ihr Nutzeranteil nur unwesentlich unter dem Durchschnitt.
Abb. 1: Nutzeranteil Games (geräteübergreifend, nach Alterssegmenten)
Gamer ist nicht gleich Gamer. Stattdessen sind die Nutzungsmuster höchst unterschiedlich und umfassen keinesfalls nur die Erscheinungsformen von Gelegenheitsspielern und Hardcore-Gamern, sondern in erster Linie das breite Spektrum dazwischen. Weitere Einblicke in die Typologie deutscher Gamer erlaubt der Blick auf die verwendeten Endgeräte. Hierbei darf vorausgesetzt werden, dass Konsolen und VR-Brillen als dedizierte Games-Hardware in der Regel von erfahrenen Gamern genutzt werden. Anders das Bild bei Smartphones und Tablets. Diese werden häufig von Gelegenheitsspielern für Casual Games verwendet. Einen Sonderfall stellt der PC dar. Als leistungsfähiger Gaming-PC ist dieser bei Hardcore-Gamern weiterhin beliebt. In seinen Standard-Varianten kommt der PC dagegen primär für einfache Games wie Skat oder Solitär zum Einsatz.
Abbildung 2 illustriert, welche Games-Hardware in Deutschland von welchen Altersgruppen präferiert wird. Hierbei wird deutlich, dass in den jungen und mittleren Segmenten auf allen Plattformen gespielt wird. Ältere nehmen den PC und das Tablet überdurchschnittlich stark an. Dafür begeistert sich die Generation 65+ deutlich weniger für das Spielen per Smartphone und Konsole. Konsolen werden von Erwachsenen bis Mitte vierzig stark angenommen. VR-Brillen werden verstärkt von jüngeren Gamern genutzt und spielen dementsprechend in den anderen Altersgruppen (noch) keine Rolle.
Abb. 2: Auf welchen der genannten Endgeräte spielen Sie (nach Alterssegmenten, nur Games-Nutzer)?
Weibliche Gamer lieben das Spielen per Smartphone und Tablet. Während der Nutzeranteil von Frauen bei Konsolen, PCs und VR-Brillen deutlich unterdurchschnittlich ausfällt, liegt er bei Smartphones und Tablets sogar vor dem der Männer (s. Abb. 3). Frauen schätzen offensichtlich das entspannte Spielen auf den ohnehin vorhandenen Geräten als Zeitvertreib zwischendurch. Dagegen ist bei Männern der Anteil ambitionierter Spieler, die für ihr Hobby leistungsfähige Konsolen oder PCs verwenden, deutlich höher.
Abb. 3: Auf welchen der genannten Endgeräte spielen Sie (nach Geschlecht, nur Games-Nutzer)?
Fast folgerichtig unterscheiden sich auch die geschlechterspezifischen Präferenzen bei den verwendeten Game-Genres erheblich (s. Abb. 4). So geben 28 Prozent aller im Rahmen der Studie befragten Frauen an, Casual Games zu spielen. Bei Männern beträgt der Nutzeranteil von Candy Crush, Monument Valley & Co. dagegen gerade einmal 18 Prozent. Auch bei Kartenspielen wie Solitaire haben die weiblichen Gamer die Nase vorn. Auf der anderen Seite vertreiben sich Männer viel häufiger als Frauen die Zeit mit Action Games (z.B. Fortnite) und Strategie- (z.B. Clash of Clans) oder Sportspielen (z.B. FIFA).
Abb. 4: Welche der genannten Arten elektronischer Games spielen Sie (häufigste Nennungen, geräteübergreifend)?
Auch bei der Zahlungsbereitschaft für Games unterscheiden sich Männer und Frauen. Dies zeigt sich nicht zuletzt bei der Verwendung von Games-Abonnements wie PlayStation Plus, Apple Arcade oder Amazon Prime Gaming. 47 Prozent der männlichen Gamer nutzen mindestens eines dieser Angebote. Bei Frauen liegt der Anteil mit 23 Prozent nicht einmal halb so hoch (s. Abb. 5). Noch deutlicher sind die Unterschiede bei der Nutzung von Ingame-Währungen. 27 Prozent der Männer haben diese in den vergangenen zwölf Monaten gekauft, bei Frauen sind es gerade einmal 10 Prozent. Diese enormen Unterschiede belegen einmal mehr den deutlich höheren Anteil ambitionierter Gamer unter Männern.
Abb. 5: Verwenden Sie einen Abonnement-Service für Games (nur Games-Nutzer)?
44 Millionen Konsumenten über 18 Jahre nutzen elektronische Spiele. Damit widerlegen die Studienergebnisse das Klischee, Gamer seien in erster Linie jung und männlich. Stattdessen haben elektronische Spiele längst ein viel breiteres Publikum erobert. Dennoch steckt in dem alten Vorurteil ein Stück Wahrheit – zumindest mit Blick auf die Zahlungsbereitschaft. Deutlich mehr Männer als Frauen nutzen Games-Abos und Ingame-Währungen, und auch unter den Jüngeren sind diese kostenpflichtigen Dienste und Features überdurchschnittlich populär. In der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren nutzen 73 Prozent der Befragten mindestens einen Abodienst, 38 Prozent haben Ingame-Währungen erworben. Mit vier bzw. zwei Prozent liegen diese Anteile in der Generation 65+ am anderen Ende der Altersskala bemerkenswert viel niedriger.
Die Demographie deutscher Gamer zeigt, dass ohne differenzierte Kommunikations- und Monetarisierungsstrategien die riesige und entsprechend heterogene Zielgruppe nur partiell und pauschal zu erreichen ist. Um weitere Nutzer an Bezahlangebote heranzuführen, bedarf es einer möglichst spezifischen Ansprache. Dabei sind unterschiedliche Consumer-Cluster hilfreich, die sich aus den Daten der Studie recht präzise ableiten lassen. So verfügen die Gruppen der weiblichen Smartphone-Gamer, älteren PC-Spieler, jüngeren Hardcore-Gamer oder innovativen VR-Pioniere über jeweils charakteristische Eigenschaften, an denen Produkte und Vermarktungsmodelle gezielt ausgerichtet werden können. Auf diese Weise werden Anbieter den spezifischen Wünschen und Zahlungsbereitschaften gerecht und können das große Interesse an Games in zusätzliche Umsätze konvertieren.
Mittelfristig verspricht ein neuer Megatrend weiteres, enormes Erlöspotenzial: das Metaverse. Für die Games-Industrie ist die Verknüpfung von virtueller und realer Welt ein geradezu ideales Spielfeld. Wenig überraschend lassen Publisher bereits Elemente des Metaverse in ihre Produkte einfließen – zumal sie mit Technologien wie XR, Blockchain und 3D-Rendering vertrauter sind als Akteure aus anderen Branchen. Vielleicht können Konsumenten schon bald Items und Avatare über Games-Grenzen hinweg verwenden und handeln. Auch sollen virtuelle Spielewelten zu digitalen Kommunikations- und Interaktionsforen werden, in denen regelmäßig virtuelle Events stattfinden. Damit würde sich die Games-Branche Reichweiten erschließen, die deutlich über ihr Kerngeschäft hinausgehen – und damit auch umsatzseitig in neue Sphären vorstoßen.
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Autor:
Wanja Giessen
Manager | Deloitte Garage
Die Deloitte Industry Briefings analysieren Themen, die die Branchen bewegen, um kurzfristig und agil auf aktuelle Markentwicklungen und Branchenthemen reagieren zu können.