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Economic Trend Briefing: Zölle drücken Unternehmensstimmung – Flash-Ergebnisse des Deloitte CFO Survey Frühjahr 2025

 

Die Verkündung der reziproken Zölle durch die US-Administration am 2. April hat einen leichten konjunkturellen Aufwärtstrend in Deutschland umgekehrt. Die Ergebnisse des aktuellen CFO-Surveys für das Frühjahr 2025 zeigen, dass die Geschäftsaussichten der deutschen Unternehmen in Folge der Zoll-Ankündigungen deutlich abfielen. An der Umfrage, die vom 20. März bis 10. April durchgeführt wurde, nahmen 216 Finanzvorstände deutscher Großunternehmen teil (135 davon vor dem "Liberation Day" und 81 danach). 

Während sich die Geschäftsaussichten der befragten Unternehmen bis zum 2. April noch leicht erholten, ließ die Neuigkeit von potentiell hohen Zöllen aus den USA die Geschäftsaussichten scharf abfallen. Geopolitische Risiken sind in der Risiko-Wahrnehmung der Unternehmen noch einmal deutlich gestiegen, nur die Gefahr einer schwächelnden Inlandsnachfrage wird insgesamt als noch wichtiger gesehen.

Auf die Investitionsneigung hatten die Zölle einen überraschenden Effekt: Die Unternehmen, die nach dem 2. April befragt wurden, wollten tendenziell mehr investieren. Dies könnte mit erhöhten Ausgaben für Resilienz zusammenhängen, aber auch mit einer Neuaufstellung der Wertschöpfungskette.

 

Geschäftsaussichten schwenken um


Bis zur Ankündigung der reziproken Zölle zeigten sich die CFOs in Bezug auf ihre Geschäftsaussichten vorsichtig optimistisch. Der Indexwert – die Differenz aus positiven und negativen Einschätzungen – lag bei vier Prozent und damit sehr deutlich über den Geschäftsaussichten des Herbst CFO Surveys (siehe Abb. 1). Nach der Ankündigung der Zölle am 2. April brachen die Geschäftsaussichten dagegen deutlich ein. Der Index für die nach dem 2. April befragten Unternehmen fiel auf -25 Prozent.
 

Abbildung 1: Geschäftsaussichten


Insbesondere die Großunternehmen (> 1 Mrd. € Umsatz) schätzen die Aussichten seit dem 2. April schlechter ein (Index -27%). Nur noch neun Prozent der großen Unternehmen geben seitdem an, dass sich ihre Aussichten verbessert haben.

Über den gesamten Befragungszeitraum betrachtet gibt es auch zwischen den Sektoren deutliche Unterschiede. Nachdem sich der Dienstleistungssektor im letzten Jahr noch positiver entwickeln konnte, liegen die Erwartungen nun mit einem Indexwert von -16 Prozent, deutlich unter dem insgesamten Durchschnitt. Weiterhin schlecht ist die Situation in der Konsumgüterindustrie (Index: -47%) und der Automobilbranche (Index: -20%). Überraschend positiv entwickelt sich dagegen die Maschinenbauindustrie. Nach schlechten Aussichten im Herbst letzten Jahres steigt der Index in diesem Frühjahr leicht ins Positive (9%).

 

Geopolitik dominiert Risiken zunehmend


Auch die Risiken spiegeln das schwierige geo- und handelspolitische Umfeld wider. Über den gesamten Befragungszeitraum hinweg bleibt die schwache Inlandsnachfrage der wichtigste Risikofaktor für die deutschen Unternehmen – 64 Prozent der Teilnehmenden schätzt dies als wichtiges Risiko ein. Im Vergleich zum Herbst 2024 haben geopolitische Risiken aber deutlich an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile sehen 60 Prozent der CFOs in den geopolitischen Veränderungen einen wichtigen Risikofaktor für ihr Unternehmen.

Abbildung 2: Risiken


Aber auch hier haben sich die Prioritäten seit dem 2. April verschoben. In den Antworten seit der Verkündung der reziproken Zölle sind die geopolitischen Risiken an die erste Stelle der Risikofaktoren gerückt.

Auch für Großunternehmen und exportorientierte Unternehmen, die mehr als zwei Drittel ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften, sind geopolitische Risiken über den gesamten Befragungszeitraum hinweg der wichtigste Faktor. Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Geopolitik ebenfalls der kritischste Risikofaktor. Dagegen hat der Fachkräftemangel im Durchschnitt deutlich an Bedeutung verloren. Lediglich in der Technologie- und Real Estate-Branche bleibt dieses Risiko nach wie vor relevant.

Auch das Inflationsrisiko wird weniger wichtig bei den Unternehmen. Im Durchschnitt rechnen die CFOs für die kommenden 12 Monate mit einer Preissteigerung von 2.7 Prozent. Damit steigen die Preise zwar stärker als das 2-Prozent-Ziel der EZB, aber wesentlich moderater und erwartbarer als noch in den Vorjahren.

 

Schub für Investitionen


Die Unsicherheit in Folge der geopolitischen Spannungen spiegeln sich auch in den Kennzahlen der Unternehmen. Während die Erwartungen für die Entwicklung der Margen vor der Verkündung der reziproken Zölle noch positiv waren, fiel der Index in den Antworten nach der Ankündigung deutlich ins Negative. Die Erwartungen für Umsätze blieben dagegen stabil.
Die Pläne für Investitionen hingegen wurden von der Verkündung der Zölle positiv beeinflusst. Bereits vor dem 2. April wollten die deutschen Unternehmen im Durchschnitt wieder mehr investieren. Abbildung 3 zeigt, dass die Unternehmen seit dem 2. April noch einmal hochgefahren haben, der Indexwert für Investitionen stieg von acht Prozent auf 13 Prozent.

Abbildung 3: Investitionsplanung


Vor allem die Großunternehmen planen seit dem 2. April expansiver. Während die großen Unternehmen vor dem Liberation Day zwar überdurchschnittlich, aber noch verhalten investieren wollten, sind ihre Pläne im Zuge der Verkündigung der Zölle wesentlich ambitionierter geworden.

Über den gesamten Befragungszeitraum gesehen, sollen aus Branchenperspektive Investitionen vor allem in der Technologiebranche und in der Transport- und Logistik-Branche verstärkt werden. Beschäftigung soll außerdem im Bankenwesen aufgebaut werden. Nach wie vor defensiv sind die Pläne in der Automobilbranche. Fast 50 Prozent der Befragten wollen weniger investieren und 73 Prozent wollen weniger einstellen. Damit sind die schweren Zeiten für diese Branche noch nicht überstanden.

 

Keine kurzfristige Erholung


Die weiter zunehmenden geopolitischen Spannungen treffen die deutsche Wirtschaft in einer nach zwei Rezessionsjahren weiterhin schwierigen konjunkturellen Situation. Kernindustrien wie der Automobilsektor leiden schon länger unter der schwachen Nachfrage und härterem Wettbewerb im In- und Ausland. Die Zölle verschlechtern die Aussichten für das laufende Jahr entsprechend weiter.

Zwei Faktoren geben jedoch Anlass zur Hoffnung. Zum einen die Erholung der Geschäftsaussichten vor dem 2. April. Diese dürften mit der Aussicht auf eine baldige Regierungsbildung und die beschlossenen Fiskalpakete zu erklären sein. Geringere innenpolitische Unsicherheit und fiskalische Impulse dürften der Konjunktur helfen. Zum anderen haben sich die Investitionsabsichten der Unternehmen trotz der schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Lage gebessert. Insofern dürfte die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland davon abhängen, ob diese positiven Faktoren die negativen Effekte der Handelskonflikte überlagern können.

 

Anprechpartner Research:

Samuel Günther

Senior | Economics

samguenther@deloitte.de

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