Eine knappe Woche vor der Deadline für neue Handels-Deals wurde am 27. Juli 2025 ein umfassender Handelskompromiss zwischen der EU und den USA gefunden. Dieser Deal verhindert eine Eskalation des Handelsstreits, jedoch mit signifikanten Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Nach Deloitte-Berechnungen dürften die Exporte in die USA mittelfristig um 20 Prozent zurückgehen, was einem Verlust von 31 Milliarden Euro pro Jahr entspricht. Besonders stark betroffen sind die Maschinenbau- und Pharmaindustrie.
Deloitte hat mit einem globalen Handelsmodell die Auswirkungen aller jüngsten Zolländerungen auf die Handelsströme zwischen Deutschland und den USA modelliert. Die Einführung eines einheitlichen Zollsatzes von 15 Prozent auf EU-Güter verteuert importierte Waren in den Vereinigten Staaten erheblich, was zu einer geringeren Nachfrage auf dem US-Markt führt.
Nach den Berechnungen von Deloitte könnten die deutschen Exporte in die USA mittelfristig um 31 Milliarden Euro zurückgehen. Insgesamt dürfte es zu einem Anstieg der Exporte in Länder wie Indonesien, Südkorea oder auch innerhalb der EU kommen, was dazu beitragen kann, den Verlust teilweise auszugleichen. Dennoch bleibt unter dem Strich ein Nettoverlust von 7,1 Milliarden Euro bei den Gesamtexporten für die deutsche Industrie.
Abbildung 1: Ausblick auf die deutschen Exporte in die USA unter den neuen Zollregelungen (in %)
Quelle: Deloitte Trade Foresight
Der Maschinenbau, traditionell eine der stärksten deutschen Exportindustrien, wird nach unserer Analyse mit einem Rückgang von 23 Prozent konfrontiert, was einem Minus von 7,2 Milliarden Euro entspricht. Auch die Pharmaindustrie ist erheblich betroffen: Ihre Exporte in die USA sinken um knapp 20 Prozent, was einem Rückgang von 5,1 Milliarden Euro entspricht.
Etwas glimpflicher kommt die Chemiebranche davon, die bei einem Exportrückgang von 16 Prozent einen Verlust von 2 Milliarden Euro verzeichnen dürfte. Für die Automobilindustrie, die ursprünglich mit 25-prozentigen Zöllen rechnen musste, ergibt der neue 15-Prozent-Tarif zwar eine Erleichterung, dennoch führt dieser immer noch zu einem Rückgang von 12 Prozent, was Exporte im Wert von 4 Milliarden Euro betrifft.
Die Elektroindustrie scheint im Branchenvergleich am wenigsten stark betroffen zu sein. Der Rückgang der Exporte beläuft sich hier auf 6 Prozent oder etwa 1 Milliarde Euro. Ein Grund dafür könnte der Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Staaten, insbesondere aus Asien, sein, die viele elektrische Produkte exportieren, jedoch weiterhin von noch höheren US-Zöllen belastet sind. Dennoch bleibt der Druck auf die exportorientierten deutschen Industrien substanziell und erfordert strategische Anpassungen.
Der neue Zollkompromiss zwischen der EU und den USA mildert die ursprünglich befürchteten Worst-Case-Szenarien für deutsche Unternehmen ab, sorgt aber weiterhin für erhebliche Herausforderungen im wichtigsten deutschen Exportmarkt. Maßgebende Handlungsfelder für deutsche Exporteure sind eine Überprüfung und der potenzielle Umbau ihrer Lieferketten und Verflechtungen im Lichte des neuen handelspolitischen Umfelds.
Die Berechnungen basieren auf einem maßgeschneiderten Berechenbaren Allgemeinen Gleichgewichtsmodell basierend auf GTAP. Die GTAP-Datenbank beinhaltet Millionen von Datenpunkten, welche Details zur Produktion, zum Verbrauch und zum Handel einfangen. Insgesamt beinhaltet GTAP 141 Länder, was 99 Prozent des weltweiten BIP und 96 Prozent der Weltbevölkerung repräsentiert. Das Modell unterteilt die wirtschaftliche Aktivität in 65 unterschiedliche Sektoren für jedes Land. Für die Analyse der 50 wichtigsten Länder wurden diese Sektoren weiter zu 24 Sektoren kondensiert.
Das GTAP-Modell basiert auf Daten aus dem Jahr 2017. Als erster Schritt wurde das Modell auf das Jahr 2023 aktualisiert, indem die BIP-Zahlen für alle Länder an das Jahr 2023 angepasst wurden. Diese BIP-Werte stammen von der Weltbank und Oxford Economics. Unter der Annahme der angekündigten Zölle wurden die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft entsprechend modelliert.
¹ WTO (2025), Bilateral trade relations, https://ttd.wto.org/en/analysis/bilateral-trade-relations/show?member1=U918&member2=C840, abgerufen am 29.07.2025.
Ansprechpartner Research:
Dr. Timo Walter
Manager | Economics
Die Economic Trend Briefings analysieren die wichtigsten kurz- und langfristigen Herausforderungen sowie die relevantesten Trends für die deutsche Wirtschaft.