Die Technologie-Industrie hat große Bedeutung für die europäische Wirtschaft. Mit einem Umsatz von 1,5 Billionen Euro ist sie für mehr als 8 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Darüber hinaus erfüllt die Tech-Industrie aber auch eine entscheidende Rolle als Katalysator für neue Ansätze und Geschäftsmodelle in anderen Branchen. Die Digitalisierung ist in Bereichen wie dem Automobil- und Maschinenbau in vollem Gange, und hierfür sind die Produkte der europäischen Tech-Industrie unverzichtbar. Im Gegensatz zu den Tech-Sektoren der USA oder Asiens liegt der Fokus dabei weniger auf großen Software- oder Internet-Konzernen. Die Stärke der europäischen Tech-Unternehmen besteht vielmehr in einer spezialisierten, symbiotischen Partnerschaft mit traditionellen Wirtschaftszweigen.
Für den Zeitraum bis 2030 berechnen die Autoren der neuen Deloitte Studie ein durchschnittliches jährliches Wachstum der Branche von 5,1 Prozent (CAGR) voraus. Das ist zwar weniger als im Zeitraum von 2014 bis 2021, als die Wachstumsrate der Tech-Branche 8,4 Prozent pro Jahr (CAGR) betrug. Vor dem Hintergrund der vielfältigen aktuellen Krisen muss die Prognose aber durchaus als positiv bewertet werden.
Dabei ist auch ein Comeback des Hardware-Bereichs zu erwarten, der in den letzten zwei Jahrzehnten im Vergleich zu Software kaum gewachsen ist. Gleichwohl bleiben Software und Services auch zukünftig die dominanten Tech-Sparten. Die höchsten Software-Umsätze – sowohl absolut als auch in Relation zu Hardware – erzielt die Branche derzeit in der Finanzindustrie. Es folgen der öffentliche Sektor, der Handel sowie der Gesundheits- bzw. Sozialbereich. Bei Automobilbau und Maschinenbau spielen Hardware-Umsätze tendenziell eine größere Rolle, entsprechend den vielfältigen branchenspezifischen Initiativen wie etwa Industrie 4.0. Wie leistungsstark die Tech-Industrie ist, wird im Vergleich mit der allgemeinen Wirtschaft Europas noch deutlicher. Bemerkenswert ist insbesondere die Entkoppelung des Tech-Wachstums vom Wachstum des Bruttosozialprodukts ab 2015. Bis 2030 wird die Tech-Industrie viermal so stark wachsen wie die europäische Wirtschaft insgesamt.
Die weiterhin starken Wachstumsaussichten im laufenden Jahrzehnt werden von mehreren Mega-Trends getrieben. Dabei handelt es sich keinesfalls um ferne Zukunftsszenarien, sondern um Faktoren, die schon heute nachweislich wirksam sind. Die folgenden Treiber werden in der Studie als wesentlich identifiziert:
1. Vernetzung von Alltag und Business
Die Zahl der vernetzten Geräte hat in Europa bereits die Schwelle von 1,5 Milliarden überschritten. Bis 2030 könnte sich diese Zahl fast verdoppeln. IoT-Anwendungen verknüpfen Branchen, 5G und Glasfasernetzwerke sind wichtige Enabler-Technologien. Niedrige Latenzen machen neue Anwendungsfelder wie autonomes Fahren möglich. Die Tech-Branche profitiert von der Hardware-Nachfrage und von der Implementierung neuer Software-Lösungen.
2. Analytics und künstliche Intelligenz (KI)
Die Datenmenge wächst in der digitalen Ära massiv. Neue Analytics-Ansätze und KI sind in der Lage, aus diesem Potenzial konkreten Nutzen zu generieren. Von Verkehrsmanagement über medizinische Bildanalyse bis hin zu Predictive Maintenance: Europas Unternehmen investieren in zukunftsweisende Datenfähigkeiten, und die Tech-Industrie liefert sie.
3. XaaS
Viele Geschäftsmodelle durchlaufen gegenwärtig einen Wandel. Abo-Modelle setzen sich auf breiter Front durch, und in der Software-Industrie sind solche „As-a-service“-Geschäftsmodelle längst Alltag. Für Technologie-Unternehmen liegen hierin große Chancen. So eröffnen zum Beispiel AI-as-a-service-Angebote auch kleineren Unternehmen zukunftsweisende Fähigkeiten im Bereich KI.
4. Digitalisierungsschub infolge der COVID-19-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat den Digitalisierungsprozess in Europa deutlich beschleunigt. In vielen Bereichen wurde Nachholbedarf sichtbar, etwa im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich und in der Verwaltung, aber auch in den Prozessen, Services und Kundenkanälen der Unternehmen. Im Medienbereich gab es ebenfalls Zuwächse zu verzeichnen, etwa bei Streaming-Abonnements. Die dafür nötige Hardware wird vermehrt nachgefragt, was sich noch geraume Zeit fortsetzen dürfte.
5. Neue Ansätze bei den Lieferketten
Die Störungen der globalen Lieferketten sind derzeit offensichtlich. U.a. durch die Pandemie, die Chip-Krise und den Ukraine-Krieg sind neben Halbleitern auch andere Bauteile und Grundstoffe der Hardware-Industrie betroffen. Um eine resilientere Aufstellung zu erreichen, wird kritische Hardware absehbar wieder verstärkt innerhalb Europas produziert, wobei sich diese Entwicklung erst ab Mitte des Jahrzehnts spürbar auswirken wird.
6. Metaverse
Viele Software- und Internet-Unternehmen investieren schon heute in das Metaverse. Sollte sich die Technologie durchsetzen, könnte sie sich als enormer Wachstumstreiber für die Tech-Industrie herausstellen. Auch XR-Hardware wird dann für neue Umsätze sorgen. Ob dieser Trend Zukunft hat, lässt sich jedoch weniger eindeutig abschätzen als bei den anderen Entwicklungen.
Um das dargestellte Wachstumspotenzial der Branche tatsächlich zu realisieren, müssen Europas Tech-Unternehmen auf geeignete Strategien und Schwerpunkte setzen. Die Studie empfiehlt dafür Schritte in sechs wichtigen Bereichen:
Deloitte hat mithilfe einer modellgestützten Simulation die Umsätze der europäischen Technologiebranche quantifiziert und prognostiziert. Darüber hinaus wurden in einer Input-Output-Analyse Interdependenzen zwischen den verschiedenen Sektoren ermittelt.
Lesen Sie hier die vollständige Studie Europe’s tech industry plugged in for cross-industry success und erfahren Sie alle Ergebnisse im Detail.