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Corporate Real Estate Management und ESG

Handlungsfelder einer erfolgreichen ESG-Strategie

Nachhaltigkeit und die damit verbundene Transformation gewinnen zunehmend an Bedeutung. Auf Vorstandsebene gibt es mit rund 58 Prozent in mehr als jedem zweiten Unternehmen direkte Zuständigkeiten für Nachhaltigkeit [1]. Da Gebäude und deren Betrieb weltweit für 37 Prozent aller energiebezogenen Emissionen verantwortlich sind, kommt dem Corporate Real Estate Management (häufig auch Facility Management, Real Estate Management oder Immobilienmanagement genannt) beim Thema ESG in Unternehmen eine besondere Rolle zu. [2] Dabei machen externe Handlungstreiber wie Regulatorik, aber auch interne Handlungstreiber wie ambitionierte Nachhaltigkeitsziele, deutlich, dass für Unternehmen und deren Corporate Real Estate Management dringendes Handeln geboten ist.

Externe und interne Handlungstreiber


Aus externer Sicht machen Politik und Regulatorik, ausgehend vom EU Green Deal und der daraus resultierenden EU-Taxonomie, proaktives und unverzügliches Handeln erforderlich. Mit der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) kommt zudem eine Erweiterung der nichtfinanziellen Berichtspflicht, was rund 49.000 der in Europa tätigen Unternehmen betrifft, die zusammen rund 75 Prozent des Gesamtumsatzes aller in der EU tätigen Unternehmen ausmachen. [3] Die Auswirkungen der Regulatorik bringen nicht nur eine komplexer werdende Berichtslandschaft mit sich, sondern werden vermutlich mittelfristig in Risikoaufschlägen auf Kredite von Banken und Investoren bei Nichteinhaltung bestimmter ESG-Kriterien münden. Hier ist das Corporate Real Estate durch den Immobilienbestand in besonderem Maße betroffen.

Auch die EPBD (Energy Performance Building Directive) unterstreicht den regulatorischen Einfluss auf Corporate Real Estate. Diese besagt, dass ab 2030 alle Neubauten einem Nullenergiehaus entsprechen müssen. Für bestehende Nichtwohngebäude gilt mit dem Jahr 2030, dass der Primärenergiebedarf dieser Gebäude unter dem Schwellenwert der schlechtesten 15 Prozent des nationalen Bestands liegen muss. Bis zum Jahr 2034 müssen die entsprechenden Werte unter dem Schwellenwert von 25 Prozent liegen. [4] Wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird, sind selbst vermeintlich kurzfristige Maßnahmen zum Erreichen dieser Meilensteine nicht mehr möglich. Insbesondere die Verfügbarkeit und Lieferzeiten von Baustoffen und technischen Anlagen, aber auch die Verfügbarkeit von Fachkräften machen eine frühzeitige Umsetzungsplanung zwingend notwendig.

Beispiele für interne Treiber sind ambitionierte Nachhaltigkeitsziele sowie daraus resultierender Handlungsdruck für Unternehmen. Beispielhaft zu nennen sind hier Ziele wie alle Standorte bis 2030 klimaneutral zu stellen oder auch eine klimapositive Bilanz für z.B. Produktionsstandorte bis 2030 aufzuweisen (nach Scope 1 & 2 Emissionen). Einige Unternehmen gehen mit dem Ziel Klimaneutralität des gesamten Konzerns noch einen Schritt weiter. Diese Ziele, deren Umfang einer Herkulesaufgabe gleichkommt, sind ohne eine strategische Ausrichtung des Corporate Real Estate Managements nicht zu erreichen. Es werden jedoch nicht nur ökologische Ziele, sondern auch soziale sowie Governance-Ziele adressiert. Diese umfassen z.B. neue Arbeitsmodelle, aber auch Themen der Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeitskriterien bezüglich der Lieferkette werden berücksichtigt.

Corporate Real Estate Management wird zu häufig nicht aktiv eingebunden


Im Hinblick auf das Immobilienmanagement werden die zuvor genannten Treiber oftmals nicht ausreichend berücksichtigt. Aktuell nehmen laut einer Studie der ZIA nur 8,7 Prozent der deutschen Unternehmen eine Vorreiterrolle in Bezug auf den ESG Reifegrad der eigenen Immobilien ein. [5]   

Unklare und dezentrale Immobilienverantwortlichkeiten und -strukturen sowie fehlende oder veraltete digitale Immobilienmanagementsysteme und Daten erschweren eine unternehmensweite Transparenz von ESG-relevanten Immobiliendaten. Mehr als 60 Prozent der Unternehmen nehmen schlechte Datenqualität und veraltete Software als größte Herausforderungen im Immobilienmanagement wahr. [6] Vielfach wird das Corporate Real Estate Management deshalb gar nicht, zu wenig oder zu spät in die übergeordnete ESG-Strategie eingebunden.

Daher reduzieren sich aktuelle Diskussionen rund um das Thema Immobilien noch zu stark auf die Transparenz von CO2 Verbräuchen, auch weil diese Daten meist relativ gut verfügbar sind. Eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie für Immobilien sieht jedoch anders aus, und ohne Berücksichtigung der Immobilien lassen sich die Nachhaltigkeitsziele kaum erreichen. 

Handlungsfelder einer erfolgreichen ESG Strategie für das Corporate Real Estate Management


Das Corporate Real Estate Management befindet sich dabei in einem Spannungsfeld aus zwei Handlungsfeldern.

Handlungsfeld 1: Top Down

Auf übergeordneter Unternehmensebene wird eine Nachhaltigkeitsstrategie ausgearbeitet. Diese wird dann sukzessive über die Unternehmensbereiche umgesetzt und betrifft auch die Unternehmensimmobilien. Das Corporate Real Estate Management hat dabei maßgeblichen Anteil an der Umsetzung der zugehörigen Nachhaltigkeitsziele. Durch Kenntnis über die Immobilien ist beispielsweise die Reduktion von Emissionen durch die Optimierung von Betrieb und Flächenauslastungen möglich. Dabei ist es jedoch erforderlich, dass auch Immobilienverantwortliche ein Budget erhalten oder aktiv in die unternehmensweiten Nachhaltigkeitsprojekte eingebunden werden, um die notwendige Datentransparenz der Immobilien und ESG-Kennzahlen herzustellen und darauf basierend konkrete Maßnahmen im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten und umzusetzen.Beispielhafte Kernfragen, die Unternehmen beantworten sollten:

  • Welche ESG-Kriterien sind für das Immobilienportfolio von Relevanz?
  • Unterstützen aktuelle Unternehmensstrukturen eine Transformation hin zu Nachhaltigkeit?
  • Können digitale Lösungen die ESG-Performance verbessern?
  • Welche Daten werden für eine Ermittlung der ESG-Performance benötigt bzw. liegen bereits vor?
  • Wir werden digitale Lösungen erfolgreich implementiert und durch wen?
  • Wie sehen die nächsten Schritte der Transformation aus?

Handlungsfeld 2: Bottom Up

Ist das Corporate Real Estate Management nicht maßgeblich in die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele eingebunden, muss die Relevanz der Immobilien auf Top Level des Unternehmens anhand von konkreten Einzelobjekten deutlich gemacht werden. Eine ESG Due Diligence an ausgewählten Einzelobjekten ist eine gute und niederschwellige Möglichkeit, Aufmerksamkeit für nachhaltigkeitsbezogene Immobilienthemen im Unternehmen zu platzieren. Neben dem Abgleich der Einzelobjekte mit ESG-Kriterien sowie der Aufnahme von Nachhaltigkeitsrisiken kann im Rahmen der Due Diligence ein erstes objektscharfes Maßnahmenpaket definiert werden, um eine Verbesserung des ESG-Standards zu erreichen.Beispielhafte Kernfragen, die Unternehmen beantworten sollten:

  • Welche Objekte des Immobilienportfolios spiegeln die unterschiedlichen Charakteristika des Portfolios wider und dienen als Referenzobjekte?
  • Sind relevante Daten (z.B. Verbräuche, Energieausweis) der Gebäude verfügbar?
  • In welchem Zustand befinden sich die Gebäude (z.B. TGA, Infrastruktur, Barrierefreiheit)?
  • Welche Maßnahmen müssten für eine Taxonomie-Konformität umgesetzt werden?
  • Ist der notwendige Aufwand zur Implementierung der Maßnahmen skalierbar und auf das Gesamtportfolio übertragbar?

Ausblick


Die proaktive Gestaltung einer künftigen ESG-Strategie auf allen Unternehmensebenen im Einklang mit der Kerngeschäftsstrategie ist zwingend erforderlich. Dies geht weit über das Thema ökologische Nachhaltigkeit hinaus, auch soziale und auf Governance bezogene Aspekte sind zu adressieren. 

Dem Corporate Real Estate Management kommt dabei die entscheidende Rolle bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu. Ohne ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Immobilienportfolio samt optimiertem Betrieb werden zahlreiche Aspekte, von Emissionsreduktion bis hin zu einem gesetzeskonformem Reporting, nicht erreicht werden. Eine aktive Einbindung des Corporate Real Estate Managements ist dabei unerlässlich und bestimmt über Erfolg oder Misserfolg der Nachhaltigkeitsstrategie mit. 

Für das Management bedeutet dieses komplexer werdende Marktumfeld, dass die Bewältigung der Transformation in Richtung Nachhaltigkeit einen radikalen Wandel der bisherigen Denkweise und Ausrichtung voraussetzt. Das wird einen bedeutenden Einfluss auf die gesamte Unternehmenskultur haben, um Nachhaltigkeit ganzheitlich gedacht als Identität des Unternehmens und des Corporate Real Estate Managements zu verstehen. 

Deloitte Real Estate Consulting

Unser globales Netzwerk sowie diverses Team an ESG, Industrie und Immobilien Experten und Expertinnen ermöglicht eine schnelle und passende Lösungsfindung Ihrer Fragestellung im ESG Kontext. Wir beraten unsere Kunden ganzheitlich von der Real Estate ESG Due Diligence über digitale ESG Lösungen bis zur (Corporate) Real Estate ESG Strategie. Interesse geweckt? Sprechen Sie uns gerne an. 

[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2021/november/nachhaltigkeit-wird-fuer-deutsche-unternehmen-immer-wichtiger
[2] https://globalabc.org/resources/publications/2021-global-status-report-buildings-and-construction
[3] https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/ie/Documents/sustainability/Corporate-Sustainability-Reporting-Directive.pdf
[4] „Fit für 55“: Rat einigt sich auf strengere Vorschriften für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden - Consilium (europa.eu)
[5] ZIA 2022; Report ESG und Digitalisierung
[6] ZIA/EY 2022, Digitalisierungsstudie 2022: Das Digitale Quartier

 

Autoren
 

Tobias Neumann
Manager | Real Estate Consulting
toneumann@deloitte.de

Sebastian Rohloff
Consultant | Real Estate Consulting
srohloff@deloitte.de

Philipp Tetzlaff
Senior Consultant | Real Estate Consulting
ptetzlaff@deloitte.de

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