Best-Practice-Beispiele um die Arbeit so effektiv wie möglich zu gestalten.
Bereits vor COVID-19 haben viele Büros und Arbeitsplatz-/Flächenkonzepte erhebliches Optimierungspotenzial aufgezeigt und sich als nicht mehr zeitgemäß erwiesen. Denn ca. 88 Prozent der Büroflächen sind traditionell (fest zugewiesener Arbeitsplatz) genutzt. Lediglich 12 Prozent der Flächen sind mit flexiblen Arbeitsplatzkonzepten (z.B. flexible Platzwahl, Mobile Working) bespielt. Die Auslastung der Arbeitsplätze in traditionellen Arbeitsplatz-/Flächenkonzepten lag schon vor COVID-19 durchschnittlich nur zwischen 50-60 Prozent (z.B. wegen Urlaub, Krankheit, Meetings, Dienstreisen), was ein erhebliches Optimierungspotenzial aufzeigt.
Vor allem die Generationen Y und Z wünschen sich in Zukunft nicht nur beim Arbeitsplatz im Büro ein flexibleres Arbeitsmodell, sondern auch beim Arbeitsort (z.B. Arbeiten von überall bzw. Homeoffice) und der Arbeitszeit.[2] Dieser Trend hat sich durch COVID-19 weiter verstärkt und Unternehmen müssen vor allem verstehen, wie sich die Arbeit (Work) und die Ansprüche der Arbeitskräfte (Workforce) zukünftig verändern werden. Hieraus können Unternehmen entsprechende Anforderungen an das Büro der Zukunft und den Flächenbedarf (Workplace) ableiten und umsetzen.
Die Arbeit an sich befindet sich aktuell im drastischen Wandel. Ein Kerntreiber ist neben der Pandemie v.a. die Automatisierung der Arbeitsprozesse. Gemäß eines aktuellen Berichts des World Economic Forum werden bis 2025 ca. 50 Prozent der aktuellen Tätigkeiten auf dem weltweiten Arbeitsmarkt von Maschinen absolviert werden.[3] Als Resultat der Automatisierung erwarten globale Führungskräfte einen Anstieg der Produktivität um ca. 27 Prozent.[4] In den nächsten fünf Jahren könnten 85 Mio. Stellen weltweit obsolet werden. Gleichzeitig birgt die Automatisierung Potenzial für bis zu 100 Mio. neue Stellen mit veränderten Anforderungen an die Arbeitskräfte.[5] Aber sind die Arbeitskräfte bereit für die neuen Tätigkeitsfelder?
Durch einen Wandel der Arbeitskultur verändert sich auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern. Neben der traditionellen und langfristigen Vollzeitbeschäftigung gewinnen flexiblere Anstellungsverhältnisse (z.B. Outsourcing, Freelancer, Managed Services) zunehmend an Bedeutung. Unternehmen müssen daher umdenken und ihre Organisationsstruktur an die zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen. Eine neue Generation von Talenten reagiert auf die Veränderungen des Arbeitsmarktes und stellt neue Ansprüche an den Arbeitgeber. Anstelle der klassischen Karriere rückt vor allem das Verständnis von Selbstverwirklichung und Spaß im Job. Besonders wichtig sind hier für deutsche Arbeitnehmer das Team (59%), Gehalt (54%) und flexible Arbeitszeiten (42%).[6] Auf dem Weg zur flexiblen Organisation planen 66 Prozent der deutschen Unternehmen das mobile Arbeiten bzw. Home-Office auch nach der COVID-19-Pandemie dauerhaft zu etablieren.[7]
Das Büro der Zukunft stellt die Bedürfnisse der Nutzer aber auch das effiziente Immobilienmanagement in den Fokus. Aktivitätsbezogene Flächenkonzepte ermöglichen die Reduzierung der Fläche pro Person um bis zu 20 Prozent, bei gleichzeitiger Erhöhung der Flächenqualität. Der Büroraum passt sich ideal dem Tagesablauf der Mitarbeiter an und fördert bewusst die kreative Zusammenarbeit durch dedizierte Workshop- und Teambereiche sowie digitale Kollaborationswerkzeuge (z.B. Video-Walls, Surface Hubs, Screens).
Zusätzlich unterstützen intelligente Technologien (z.B. mobile Office-Apps) die Mitarbeiter bei der Nutzung der Büroflächen sowie das Facility Management bei der bedarfsgerechten Steuerung der Dienstleister (z.B. Cleaning on-demand). Eine intelligent vernetzte Gebäudeinfrastruktur (z.B. Sensorik, Smart Meter) ermöglicht darüber hinaus das kosteneffiziente und nachhaltige Management der Kernfunktionen des Gebäudes (z.B. Auslastung, Energetische Verbräuche). Diese Flexibilisierung der Fläche erlaubt den Unternehmen die Reduzierung der Bürofläche auf die Kernbürostandorte, ergänzt durch flexible Co-Working Flächen bei Bedarf.
Das Büro der Zukunft wird also vielmehr eine Begegnungsstätte für kreativen und innovativen Austausch, anstelle eines Ortes für das reine Abarbeiten von Aufgaben. Dabei muss natürlich jedes Unternehmen für sich das richtige Maß an visionärem Denken berücksichtigen (siehe Abbildung 1). Klar ist jedoch, dass die Transformation der Büroflächen spätestens seit COVID-19 nicht mehr umzukehren ist und traditionelle Arbeitsplatz-/Flächenkonzepte zunehmend kritisch hinterfragt werden müssen.
Gleichwohl stehen die Unternehmen bei der Umstellung des traditionellen Flächenkonzepts meist vor großen internen und externen Herausforderungen. Wie können Unternehmen sich also bestmöglich auf das Büro der Zukunft vorbereiten?
1. Vision und strategische Ziele festlegen
Erarbeitung einer Vision und Ableitung konkreter Ziele (z.B. Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit um 25 Prozent, Reduktion der Flächenkosten um 30%) für eine gemeinsame Ausrichtung.
2. Stakeholder, Bürosituation, Kosten analysieren und Baseline definieren
Analyse der Stakeholder, um deren Einbeziehung festzulegen, sowie der bestehenden Flächen, Prozesse und Kosten zur Identifikation von Ineffizienzen im bestehenden Flächenkonzept (z.B. hohe Betriebskosten, geringe Auslastung, veraltete Technologien) und zur Bestimmung der Baseline.
3. Jobprofile, Zukünftige Nutzertypen und Anforderungen erarbeiten
Analyse, wie einzelne Jobprofile durch Automatisierung, alternative Beschäftigungsmodelle sowie eine ortsunabhängige Leistungserbringung heute und in Zukunft beeinflusst werden, um die Auswirkungen und Chancen der Zukunft der Arbeit im Unternehmen zu identifizieren. Um die Anforderungen der Nutzer an das zukünftige Flächenkonzept besser zu verstehen, müssen zukünftige Nutzerprofile (z.B. „Digitaler Nomade“, „Fokussierter Büronutzer“) im Detail erarbeitet werden. Die jeweiligen Nutzerprofile werden hinsichtlich ihrer Bedürfnisse (z.B. Mobile Working, Kollaboration, Technologie/IT) bewertet und relevante Anforderungen werden abgeleitet.
4. Leitlinien für das Flächenkonzept und Anwendungsfälle ableiten
Ableitung von Leitlinien für das Flächenkonzept und relevanten Anwendungsfällen („Use Cases“) als Basis für die Design- und Fachplanung. Aktivitätsbasierte Flächenkonzepte sehen z.B. unterschiedliche Arbeitszonen vor, welche die Nutzer nach Bedarf (z.B. konzentrierte Einzeltätigkeit, Meeting) flexibel über den Tag nutzen können.
5. Voraussetzungen für das Büro der Zukunft definieren
Um die Interaktion mit den Flächen so einfach wie möglich zu gestalten, können digitale Tools unterstützend eingesetzt werden. Für die neuen Systeme müssen klare Anforderungen und zukünftige Zuständigkeiten mit der IT-Abteilung abstimmt werden. Darüber hinaus müssen Führungs- und Arbeitskräfte bei der Veränderung der Unternehmens-/ Arbeitskultur aktiv unterstützt werden. Nur eine bewusste Gestaltung des Veränderungsprozesses (Change Management) ermöglicht es, alte Strukturen zu durchbrechen und ein langfristiges Umdenken zu erzeugen.
6. Business Case berechnen
Das Büro der Zukunft sollte neben klaren Vorteilen für die Nutzer auch einen quantifizierbaren Return on Investment (ROI) für das Unternehmen ermöglichen. Daher muss vor jeder Umstellung auf ein neues Arbeitsplatz-/Flächenkonzept ein ganzheitlicher Business Case in Bezug auf die gesamte Nutzungsperiode errechnet werden. Dieser beinhaltet auch qualitative Aspekte (u.a. Mieterarbeiterzufriedenheit, Well-Being), die zu einer höheren Arbeitsproduktivität führen und nicht immer einen direkt messbaren monetären Beitrag leisten.
7. Implementierung planen
Neben einem detaillierten Umsetzungsplan, welcher die einzelnen Abhängigkeiten und Zuständigkeiten der Arbeitspakete und Stakeholder (z.B. IT, Bau, Facility Management, Business Vertreter, Management) klar festlegt, sollte ein umfassendes Change- & Kommunikationsplanung erstellt werden. Denn neben einem reibungslosen operativen Ablauf während der Umsetzung macht vor allem die Akzeptanz der späteren Nutzer den Erfolg des Projekts aus.
Das Büro der Zukunft ist weit mehr als ein reines Immobilienthema und die Veränderung darf nicht unterschätzt werden. Unserer Erfahrung nach ist für die erfolgreiche Transformation zwingend ein ganzheitlicher Blick aus HR, IT/Technologie und Immobilienexpertise notwendig. Fehlt ein Puzzleteil, erhöht sich das Risiko eines Misserfolgs mit negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiter und das Unternehmen.
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[1] DAK (2020): Digitalisierung und Homeoffice in der Corona-Krise. Studie, S. 25.
[2] Deloitte (2020): Future of Workplace - Deutsche Büros und die Zukunft der digitalen Arbeitswelt. Studie, S. 22.
[3] World Economic Forum (2020): The Future of Jobs Report. Studie, S.6.
[4] Deloitte Insights (2019): Automation with intelligence. Studie, S.3.
[5] World Economic Forum (2020): The Future of Jobs Report. Studie, S.5.
[6] Indeed (2020): Meaning of Work Report Deutschland. Studie, S.15.
[7] Deloitte (2020): Strategien für die neue Realität – CFO Survey Herbst 2020. Studie, S. 15.
Tobias Linzmaier
Senior Manager | Real Estate Consulting
tlinzmaier@deloitte.de
Tobias Neumann
Manager | Real Estate Consulting
toneumann@deloitte.de