Das deutsche Gesundheitssystem steht vor der großen Herausforderung, sowohl eine qualitativ hochwertige Versorgung in der Fläche als auch den Zugang zu innovativen Therapien zum Wohle der Bürger:innen sicherzustellen. Dabei beobachten wir seit Jahren, wie die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung immer weiter auseinander geht. In den letzten Jahren wurden einige Maßnahmen diskutiert und auch umgesetzt. Die Finanzsituation hat sich in diesem Jahr jedoch stark zugespitzt und steht auch kurz- bis langfristig vor großen Herausforderungen. Mit der Publikationsreihe zeigen wir anhand eines Projektionsmodells die Signifikanz der Herausforderung und geben Impulse, welche Maßnahmen die Stakeholder im Gesundheitswesen in einem sich verändernden Umfeld ergreifen können.
Das deutsche Gesundheitssystem steht aus verschiedenen Gründen finanziell stark unter Druck. Zum einen durch den demographischen Wandel, der in den nächsten Jahrzehnten noch eine spürbar größere Dynamik entfalten wird. Dieser Wandel resultiert nicht nur in einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen der älteren Versicherten, sondern auch in der gleichzeitigen Verknappung des medizinisch-pflegerischen Fachpersonals auf Seiten der Leistungserbringer. Darüber hinaus beeinflusst die geringere Zahl an Beschäftigten in Deutschland auch die Einnahmenseite.
Ein weiterer wichtiger Faktor, ist der medizinisch-technische Fortschritt. Viele der neuen Therapien sind für kleine Patientengruppen (z.B. Orphan Drugs) oder gar personalisiert (z.B. Zell- & Gentherapien). Was für die einzelnen Patient:innen ein Segen ist, belastet die Solidargemeinschaft mit Therapiekosten oft im hohen sechsstelligen Bereich.
Makroökonomische Sonderfaktoren, wie z.B. die Covid-19 Pandemie, sowie Auswirkungen geopolitischer Krisen (z.B. Ukraine, Naher Osten) belasten das System zusätzlich, z.B. in Form steigender Lohnkosten, Energie- und Lieferantenpreise.
In der Konsequenz wachsen die Gesundheitskosten in Deutschland seit mehr als zehn Jahren schneller als das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) oder die beitragspflichtigen Einnahmen aus der solidarischen Finanzierung.
Es stellt sich also für alle Akteure im Gesundheitswesen - aber natürlich auch für die Beitragszahler:innen und versicherten Bürger:innen - eine Reihe von spannenden Fragen, zum Beispiel:
Zu diesen und weiteren Fragen publizieren wir fortlaufend Insights rund um das Thema, wie eine nachhaltige Gesundheitsfinanzierung in Deutschland aussehen könnte.
Zu Beginn beschäftigen wir uns mit der wichtigen Frage, wie sich die Finanzen im deutschen Gesundheitswesen in Zukunft entwickeln werden. Dafür haben wir bei Deloitte ein eigenes Modell entwickelt, und damit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite der gesetzlichen Krankenversicherung bis ins Jahr 2050 projiziert.
Langfristig wird die Lücke für die gesetzlichen Kassen deutlich größer werden. Lag die Unterdeckung im vergangenen Jahr noch bei rund 24 Milliarden Euro, so wird sie nach Deloitte-Berechnungen bis 2050 auf mindestens 380 Milliarden Euro steigen (2040: 183 Mrd. Euro). Während die Einnahmen bis 2050 um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr wachsen, werden die Ausgaben um 4,5 Prozent oder mehr zunehmen. Geht man davon aus, dass nicht nur die alternde Gesellschaft in Deutschland die Kosten steigen lässt, sondern auch innovative Therapien z.B. zur Behandlung von Alzheimer oder Fettleibigkeit („Abnehmspritzen“) sowie individualisierte Zell- und Gentherapien, liegt die Unterdeckung nach Deloitte-Berechnungen bei rund 590 Milliarden Euro (2040: rund 234 Mrd. Euro).
Unser Projektionsmodell berücksichtigt zusätzlich zu den makro-ökonomischen Parametern auch die Auswirkungen des demographischen Wandels und des medizinisch-technischen Fortschritts durch einen innovativen Ansatz: Es ergänzt klassische, etablierte Projektionsansätze – die üblicherweise mit durchschnittlichen Werten für die Ausgaben einer versicherten Person arbeiten – um die Nutzung von Gesundheitsausgabenaltersprofilen. Dies trägt unserer Beobachtung Rechnung, dass historisch betrachtet die Ausgaben für höhere Lebensalter in den letzten Jahrzehnten überproportional gestiegen sind.
Unsere Projektionsergebnisse (Stand September 2024) zur kurz- (nächste 1-2 Jahre) und langfristigen Entwicklung (bis 2050) der Finanzsituation im deutschen Gesundheitswesen haben wir in dieser Publikation für Sie zusammengefasst.
Unsere Ergebnisse geben Akteuren aus allen Bereichen des Gesundheitswesens wichtige Impulse, z.B. in der langfristigen strategischen Planung und für Themenbereiche wie Budgetierung, Preisbildung und innovative Erstattungsmodelle.
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