Die Versicherungsindustrie ist durch Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) einem starken Wandel unterworfen. Neben dem European Green Deal, der den Versicherern eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Klimaneutralitätsziele der EU zuweist, war die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die umfassende Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung formuliert, von zentraler Bedeutung. Deloitte hat Anfang 2024 eine internationale Benchmark Studie mit 16 führenden Erst- und Rückversicherern durchgeführt, die den Umsetzungsstand der CSRD knapp elf Monate vor dem ersten Berichtsstichtag aufzeigt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde im zweiten Halbjahr 2024 ein Fortschrittsbericht erstellt. Im Vergleich zum Frühjahr zeigt die erneute Befragung deutliche Fortschritte der Branche, aber auch die vielfältigen Herausforderungen auf, denen Versicherer sich bei der Umsetzung der CSRD stellen müssen.
Die Mehrzahl der befragten Versicherungsunternehmen wird Anfang 2025 erstmals einen CSRD-Bericht für das Geschäftsjahr 2024 veröffentlichen. Dabei wurden unabhängig vom individuellen Geschäftsmodell und Portfolio von allen Häusern die europäischen Berichtsstandards zum Klimawandel (ESRS E1) und zu Mitarbeitenden (ESRS S1) als wesentlich klassifiziert. Die Standards zu Verbrauchern und Endkunden (S4) und zum Geschäftsgebaren (G1) gelten zumindest bei über 80 Prozent der Befragten als wesentlich und fließen in den Nachhaltigkeitsbericht ein. Biodiversität erachten aktuell nur rund ein Drittel der Versicherer als wesentlich. Die Erleichterungsbestimmungen, die eine zeitversetzte Umsetzung einiger Berichtsstandards ermöglichen, werden von fast allen Versicherern ausgeschöpft.
Als besonders herausfordernd hat sich die Umsetzung der neuen europäischen Umweltberichtsstandards (ESRS E1) erwiesen, vor allem die
Berichterstattung zu Treibhausgasemissionen, die nicht in der unmittelbaren Einflusssphäre des Unternehmens entstehen. Das sind bei Versicherern insbesondere die sog. Financed Emissions und Insurance Associated Emissions, also indirekte Emissionen der gehaltenen Investments und der Treibhausgasausstoß von versicherten Kunden und Objekten. Sie machen in der jeweiligen Klimabilanz ein Vielfaches der direkt verursachten Treibhausgasemissionen aus. Während die Fähigkeit zur Ermittlung der Emissionen in der Kapitalanlage in der Branche bereits weit entwickelt ist, wird die Messung von Emissionen aus der Versicherungstätigkeit aktuell kontrovers diskutiert. Die Hälfte der befragten Versicherer hatten sich zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht festgelegt, ob und wenn ja wann Insurance Associated Emissions berichtet werden sollen
Trotz aller Schwierigkeiten bei der Ermittlung akkurater Emissionswerte plant bereits die Hälfte der Befragten in den nächsten beiden Jahren einen Transitionsplan in Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens zu veröffentlichen. Jedes dritte Unternehmen plant konkrete Klimaschutzstrategien, Maßnahmen und Zielsetzungen bereits nach dem ersten Berichtsjahr (Abb. 1).
Über 80 Prozent der Unternehmen gaben an, dass die CSRD-Umsetzung zumindest zum Teil in der Verantwortung des Finanzbereichs liegt, bei über 40 Prozent liegt sie in dessen alleiniger Verantwortung (Abb. 2). Dies verdeutlicht die Schlüsselrolle der Finanzfunktion, die diese aufgrund ihrer Erfahrung mit vergleichbaren regulatorischen Berichtsanforderungen einnimmt.
In allen Fällen sind Vorstand und Aufsichtsgremien mittelbar oder unmittelbar in Programmentscheidungen eingebunden.
Bereits in der ersten Auflage der Deloitte Benchmark Studie zur Umsetzung der CSRD im Versicherungssektor zeigte sich, dass bei der systemseitigen Umsetzung des ersten CSRD-Nachhaltigkeitsberichts taktische Übergangslösungen im Vordergrund stehen. Diese bergen erfahrungsgemäß ein hohes Fehlerrisiko und sind zudem mit hohem manuellem Aufwand im Berichtsprozess verbunden. Auch erfüllen sie oftmals nicht die langfristigen Anforderungen an eine präzise und revisionssichere Berichterstattung. Dabei wird deutlich, dass eine Investition in robuste und automatisierte Prozesse unerlässlich ist, um den vergleichsweisen hohen Ansprüchen der Wirtschaftsprüfer gerecht zu werden, die bereits heute an die Finanzberichterstattung gestellt werden. Die befragten Unternehmen streben an, ihren Nachhaltigkeitsbericht spätestens nach vier Jahren mithilfe einer strategischen Reporting-Architektur erstellen zu können. Nur etwa jedes fünfte Unternehmen hat diesen Anspruch schon für das erste Berichtsjahr formuliert.
Indem sie die Offenlegung strategischer Ziele und Maßnahmen in Zusammenhang mit den zu berichtenden Nachhaltigkeitsmetriken fordert, wird die CSRD auch in Zukunft Treiber für Veränderungen in der Branche sein. Somit stehen die Versicherungsunternehmen vor der Aufgabe, wesentliche Elemente der CSRD in Abläufe und Geschäftsentscheidungen zu integrieren und mit ihrer übergreifenden geschäftsstrategischen Ausrichtung in Einklang zu bringen.
Deloitte berät weltweit Versicherungsunternehmen bei der Umsetzung der CSRD und bei der Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien in allen Bereichen des Unternehmens. Gerne stellen wir Ihnen die Ergebnisse unserer CSRD-Studie im Detail vor und zeigen Ihnen Umsetzungstrends in der Branche auf.