Sechs Monate bevor große Versicherer erstmalig nach CSRD berichten, ist die Umsetzung in der Branche bereits weit fortgeschritten: Die Mehrheit der untersuchten Versicherer hat die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse abgeschlossen und befindet sich in der Umsetzung des ersten CSRD-Berichts für das Geschäftsjahr 2024. Vor allem die andauernde und finale Umsetzung von IFRS17 innerhalb der Branche hat Ressourcen und Kapazität gebunden, sodass das Non-Financial Reporting erst jetzt voll in den Fokus rücken konnte.
Im internationalen Vergleich sind deutsche Versicherungsunternehmen mit der CSRD-Umsetzung am weitesten fortgeschritten.
Die CSRD erfasst neben Daten aus dem Rechnungswesen auch vielfältige Informationen aus anderen Bereichen, wie Underwriting, HR, Risikomanagement und dem Facility Management. Eine klare Governance für das CSRD Reporting ist also notwendig. Lag die Nachhaltigkeitsberichterstattung bisher vornehmlich im Verantwortungsbereich der Nachhaltigkeitsbeauftragten, verschiebt sich die Verantwortung für die CSRD-Berichterstattung nun zunehmend hin zur CFO-Funktion: 76 Prozent der Versicherungsunternehmen geben an, dass die CSRD-Berichterstattung dem CFO allein (53%) oder diesem gemeinsam mit dem Chief Sustainability Officer (CSO) obliegt (23%).
Für die CSRD-Berichterstattung haben die meisten Versicherungsunternehmen dauerhafte Teams von bis zu 10 Vollzeitmitarbeitenden aufgebaut. Die Implementierung des gänzlich neuen Berichtsstandards erfordert jedoch häufig eine vorübergehende Aufstockung dieser Teams um bis zu 200 Prozent, in der Regel durch Rückgriff auf externe Berater.
Die beobachteten Versicherer haben in der Regel zwischen drei und acht Themen als wesentlich identifiziert, abhängig von der Unternehmensgröße und vom jeweiligen Produkt- und Anlageportfolio. Neben den generell verpflichtenden European Sustainability Reporting Standards ESRS 1 und ESRS 2, sind häufig E1 – Klimawandel und S1 – Eigene Mitarbeiter wesentlich. S4 – Konsumenten und Endanwendende sowie G1 – Unternehmerisches Verhalten wurden von 92 Prozent (S4) bzw. 85 Prozent (G1) der Erst- und Rückversicherer als wesentlich erachtet. Der Standard E4 – Biodiversität und Ökosysteme gewinnt zunehmend an Relevanz.
Die Wesentlichkeit der anderen ESRS sind abhängig von dem Geschäftsmodell und der versicherten Portfolien. So kann E2 – Umweltverschmutzung bei einem Fokus auf Real Estate und den Immobiliensektor relevant sein. E3 – Wasser- und Meeresressourcen wird im Zusammenhang mit Marine- und Transportversicherung genannt; E5 – Ressourcennutzung und zirkuläre Wirtschaft mit Investmentportfolien und nicht-Lebensversicherung.
Analog zur Finanzberichterstattung unterliegt das CSRD Reporting einer Prüfpflicht durch einen externen Wirtschaftsprüfer. Perspektivisch ist eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit (Reasonable Assurance) verpflichtend. Für das erste Berichtsjahr nutzen die meisten Versicherer jedoch die erleichternde Bestimmung zu einer Prüfung mit begrenzter Prüfungssicherheit (Limited Assurance). Diese erfordert oft einen geringeren Dokumentationsaufwand für angewandte Methodik, Governance, Prozesse und Kontrollen seitens der Unternehmen.
Die meisten der beobachteten Versicherer setzen für den ersten CSRD-Bericht auf taktische Umsetzungen, die vielfach aus einer Kombination von manuell erstellten Datenquellen und Berechnungen sowie vorhandenen IT-Systemen bestehen. Im Vergleich zu gängigen Finanzarchitekturen bringen diese einen deutlich höheren manuellen Aufwand und im gleichen Zuge auch ein erheblich höheres Fehlerrisiko mit sich. Mit Blick auf eine zukünftige Prüfung unter hinreichender Sicherheit weisen einige der beobachteten taktischen Lösungen noch deutliches Verbesserungspotential auf.
Mittel- bzw. langfristig plant die Mehrheit der Erst- und Rückversicherer strategische Lösungen für die Zukunft, u.a. die bestehende IT- und Prozess-Architektur zukünftig wiederzuverwenden, auszubauen und bei Bedarf "Best-of-Breed“-Einzellösungen zu integrieren.
Inhaltlich fokussieren sich viele der Versicherer bei der Umsetzung des ersten CSRD-Berichts auf die Erfüllung der Mindestanforderungen und nehmen die Option einer zeitlich abgestuften Berichterstattung („phased-in“) einzelner Berichtsinhalte in Anspruch.
Nicht nur die Reportingpflichten zu E1 – Klimawandel stellen aufgrund des erforderlichen Detaillierungsgrades der Informationen und der Komplexität der Berechnungen bzw. Schätzungen aktuell eine der größten Herausforderungen für Versicherer dar. Gerade für international tätige Versicherungskonzerne erweist sich das Reporting zu den Mitarbeitenden (S1) als herausfordernd, da einer akkuraten Berichterstattung vielfach eine konzernweite Vereinheitlichung und Vervollständigung der Personaldaten vorausgehen muss.
Durch die Verpflichtung zur Festlegung verbindlicher, messbarer Nachhaltigkeitsziele ist die CSRD mehr als ein reiner Berichtsstandard. Für Versicherungsunternehmen wird es zur transformativen Notwendigkeit, Nachhaltigkeitsaspekte in Geschäftsentscheidungen mitzudenken und die langfristige Wirkung auf die gesetzten Nachhaltigkeitsziele über CSRD-konforme Kennzahlen zu steuern. Mit zunehmender Erfahrung der Branche und Vergleichbarkeit der Unternehmen über deren CSRD-Berichte wird die Versicherungsbranche selbst nachhaltiger und leistet darüber hinaus einen zunehmend wichtigen Beitrag zur Transformation ihrer Kunden und Investments hin zu nachhaltigerem Wirtschaften.
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