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Kundenbindung im Zeichen steigender Lebenshaltungskosten

Die Konsumlaune in Deutschland leidet unter hoher Inflation und steigenden Preisen

Die zunehmenden Lebenshaltungskosten führen zu einem veränderten Kaufverhalten, insbesondere auch zu einer stärkeren Nutzung von Onlinekäufen und Preisvergleichen, sowie zur Zurückstellung von größeren Anschaffungen. Um die fortlaufende Kundenbindung in einem sich ändernden Verbraucherumfeld zu sichern, müssen Konsumgüterunternehmen die Preistransparenz zur Vertrauensbildung weiter vorantreiben, ihren KYC-Ansatz («Kenne deinen Kunden») intensivieren, das Online-Kundenerlebnis verbessern und ihre ESG-Agenda weiterverfolgen.

Die Daten aus dem Deloitte Global Consumer Pulse Survey geben einen guten Einblick, wie Verbraucher die aktuelle wirtschaftliche Lage wahrnehmen. Aufgrund der hohen Inflation und der steigenden Preise bereiten derzeit finanzielle Belastungen den Menschen weltweit die größten Sorgen. In Deutschland sind im Oktober 2022 fast die Hälfte der befragten Verbraucher (44%) aufgrund der finanziellen Belastung besorgt (Abbildung 1). Dies sind höhere Werte als beispielsweise in Frankreich, Italien, UK, China oder den USA. Für deutsche Verbraucher mit niedrigem Haushaltseinkommen erweist sich die eigene finanzielle Situation als größere Sorge (52% der Befragten) als für solche mit mittlerem (46%) oder hohem Haushaltseinkommen (39%). Jüngere Menschen zeigen sich ebenfalls besorgter als die Älteren.

Neben der zunehmenden finanziellen Belastung nennen die in Deutschland Befragten die politischen Unsicherheiten als zweitgrößte Sorge, in weit stärkerem Maße als in den meisten Vergleichsländern (mit Ausnahme von Italien). Demgegenüber spielt in Deutschland die Sorge über Beruf und Beschäftigungslage im internationalen Vergleich nur eine untergeordnete Rolle. Gesundheitliche Befürchtungen bezüglich COVID-19 sind zudem mit der Lockerung der Schutzmaßnahmen in vielen Ländern in den Hintergrund getreten (mit Ausnahme von China).

Weiter steigende Lebenshaltungskosten und Zurückstellung größerer Anschaffungen

 

Grundsätzlich befürchten 72 Prozent der deutschen Verbraucher im Oktober 2022 mögliche Preiserhöhungen von Konsumgütern aufgrund der steigenden Inflation. Im internationalen Vergleich liegt das gefühlte Preisempfinden der deutschen Verbraucher damit klar über dem globalen Durchschnitt von 65 Prozent. Deutschland bildet mit Irland, Südafrika, Spanien, UK, Frankreich und Belgien eine Spitzengruppe von sieben Ländern, in denen die Menschen seit anfangs Jahr weit stärker unter steigenden Lebenshaltungskosten leiden. Insgesamt stellen Preiserhöhungen unabhängig vom Haushaltseinkommen eine Belastung für alle deutschen Konsumenten dar. Über alle Konsumgütergruppen hinweg (Nebenkosten, Lebensmittel, Benzin, Restaurants, Bekleidung/Schuhe etc.) erwarten Konsumenten höhere Preise im nächsten Monat als im Oktober 2022. Die deutlichsten Preisanstiege werden von den Befragten bei den Nebenkosten und bei Benzin/Kraftstoff erwartet (Abbildung 2).

Verbraucher mit niedrigem Haushaltseinkommen finden weit stärker als solche mit hohem Haushaltseinkommen, dass die Preisanstiege für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke sowie alkoholische Getränke/Tabakwaren künftig höher ausfallen werden. Mit Ausnahme von Lebensmitteln, Bekleidung/Schuhen sowie Nebenkosten, wo ältere Menschen deutlich höhere Preisanstiege erwarten als die Jüngeren, sind bei den anderen Konsumgütern keine wesentlichen Wahrnehmungsunterschiede nach Altersgruppen festzustellen.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass fast jeder zweite Konsument (43%) größere Anschaffungen aufgrund persönlicher finanzieller Sorgen verschiebt (Februar 2022: 31%) (siehe Abbildung 3). Für Verbraucher mit niedrigem Haushaltseinkommen liegt dieser Wert noch höher und ist seit Februar 2022 stark gestiegen. Dieser zunehmende Trend lässt sich auch bei Verbrauchern mit hohem Haushaltseinkommen feststellen, wo derzeit rund ein Drittel der Befragten größere Anschaffungen zurückstellt.

Stärkere Nutzung von Onlinekäufen

 

Verschoben hat sich seit Februar 2022 auch das Verhältnis zwischen physischen Einkäufen vor Ort und Online-Einkäufen. Im Vergleich zu Anfang des Jahres sind deutsche Verbraucher in der aktuellen Krise preissensitiver und tätigen ihre Einkäufe vermehrt online anstatt offline. Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung dürfte die einfachere Möglichkeit sein, im Internet Preise zu vergleichen und so günstigere Angebote zu finden als im stationären Handel. Verstärkte Online-Einkäufe lassen sich im September vor allem für die Bereiche Arzneimittel, Essen zum Mitnehmen, Wohnungseinrichtung, Bekleidung/Schuhe sowie elektronische Geräte feststellen (Abbildung 4). Nur Lebensmittelkäufe wurden weiterhin fast ausschließlich vor Ort getätigt.

Nach Altersgruppen betrachtet, kauften jüngere Konsumenten deutlich häufiger als ältere Verbraucher alltägliche Haushaltswaren, Essen zum Mitnehmen, Wohnungseinrichtungen, Bekleidung/Schuhe und elektronische Geräte online. Für die Bereiche Arzneimittel und Körperpflegeprodukte hingegen gab es keine Unterschiede nach Altersgruppen. Arzneimittel und Körperpflegeprodukte, wie auch Wohnungseinrichtungen und Bekleidung/Schuhe, wurden aber häufiger von Frauen online gekauft als von Männern.

Handlungsoptionen für Unternehmen aus dem Konsumgüterbereich

 

Im Zeichen von Inflation und steigenden Lebensmittel-, Kraftstoff- und Energiepreisen ist das Verbrauchervertrauen weiter gesunken. Diskretionäre Ausgaben sind rückläufig, da immer mehr Haushalte Schwierigkeiten haben, sich das Lebensnotwendige zu leisten. In dieser aktuellen Lebenshaltungskostenkrise und angesichts des sich ändernden Verbraucherumfeldes sind Konsumgüterunternehmen gezwungen, ihre bestehenden Strategien zur Kundenbindung anzupassen und neue Maßnahmen zu definieren. Folgende vier Strategien können ihnen helfen, künftig zu den Gewinnern in einem härter umkämpften Einzelhandelssektor zu gehören.

  1. Preistransparenz zur Vertrauensbildung weiter vorantreiben: Wenn übliche Kostenhebel wie beispielsweise Lean Operations nicht mehr ausreichen und Konsumgüterunternehmen gezwungen sind, Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, ist Preistransparenz gefordert (siehe auch Deloitte Artikel «Preissteigerungen gefährden das Verbrauchervertrauen»). Denn die Konsumlaune der Verbraucher leidet zunehmend unter der steigenden Inflation. Zudem glauben viele Menschen, dass Unternehmen die historisch hohen Inflationsraten ausnutzen, um überhöhte Preissteigerungen durchzusetzen. Viele Verbraucher sind auch verstört, weil sich Produzenten und Händler die Verantwortung für Preiserhöhung gegenseitig zuschieben. Preistransparenz zur Vertrauensbildung ist im aktuellen Wirtschaftsklima ein wichtiger Erfolgsfaktor für Konsumgüterunternehmen.
  2. KYC-Ansatz («Kenne deinen Kunden») intensivieren: Um in der Lebenshaltungskostenkrise die Kundenbindung weiter zu gewährleisten und wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten Konsumgüterunternehmen künftig auch ihren KYC-Ansatz überdenken und verbessern. Wichtig ist dabei die proaktive Beobachtung von Entwicklungen im sich verändernden Kaufverhalten, das heißt die Kundenpräferenzen besser zu verstehen und die Angebote darauf anzupassen. Die Neuorganisation und Analyse von Kundendaten erlauben neue Möglichkeiten, Kundenpräferenzen zu identifizieren und gezielt in Produkte zu investieren, die Konsumenten auch kaufen möchten (zum Beispiel Bereitstellung von geldsparenden Angeboten, günstigen Alternativen und/oder Mehrwert von Produkten). Nicht alle Verbraucher haben aber die gleichen Bedürfnisse oder sind durch den Preis motiviert. Deshalb sind für die erfolgreiche Kundenbindung auch eine klare Segmentierung und Personalisierung der Preise sowie kundenspezifische Werbeaktionen und Kommunikation gefragt.
  3. Online-Kundenerlebnis verbessern: Um sich stärker zu differenzieren und sicherzustellen, dass Kunden nicht zu anderen Anbietern abwandern, ist eine Verbesserung des Online-Kundenerlebnisses nötig. Damit Konsumgüterunternehmen im Online-Bereich erfolgreich bleiben, müssen sie einerseits ihren Fokus stärker auf optimalen Service und schnelle Auslieferung legen (zum Beispiel Mikro-Logistikzentren, intelligente Logistik). Andererseits sind der Umgang mit unterschiedlichen Bestellmengen (zum Beispiel mehrere Bestellungen in einem Paket oder Rabatt bei Selbstabholung im Laden/Lager) und ein effizientes Retourenmanagement gefragt, um Kosten zu reduzieren. Unabdingbar ist auch eine ganzheitliche Betrachtung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, das heißt eine hohe Lieferketten-Resilienz ist angesichts zunehmender Zulieferengpässe ebenso wichtig wie kundenzentrierte Bestellprozesse.
  4. ESG-Agenda weiterverfolgen: Zu guter Letzt sollten Konsumgüterunternehmen jetzt auch nicht ihre ESG-Agenda vernachlässigen, nur weil Konsumenten weniger Geld zur Verfügung haben. Im Gegenteil: Nun ist nicht nur eine gute Gelegenheit, Ineffizienzen in der Lieferkette zu reduzieren, um Preise niedrig zu halten und Margen zu schützen. Konsumgüterunternehmen sollten proaktiv handeln und sich in der aktuellen Lebenshaltungskostenkrise mit Nachhaltigkeitsthemen abheben, weil diese im Zeichen steigender Heizkosten, Benzinpreise etc. stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt sind. Zudem dürften Nachhaltigkeitsthemen auch künftig weitgehend von Verbrauchern/Konsumenten und nicht nur von der Politik getrieben werden (siehe hierzu auch Deloitte Studie «Nachhaltigkeit und Verbraucherverhalten: Stimmungen, Trends, Potenziale»).

 

Fazit:

Da in nächster Zeit nicht mit einer raschen Erholung der Konsumlaune und -ausgaben in Deutschland zu rechnen ist, sollten Konsumgüterunternehmen diese Strategien zur nachhaltigen Kundenbindung in Betracht ziehen.

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