Im Rahmen der digitalen Transformation und der Erschließung neuer Geschäftsmodelle nehmen immer mehr Unternehmen Abo-Modelle in den Blick. Die Vorteile dieses Ansatzes sind erheblich, wie die jüngste Erfolgsgeschichte vieler großer Content- und Technologiekonzerne zeigt. Um die strategischen Chancen langfristig nutzen zu können, ist allerdings ein realistischer Blick auf die tatsächlichen Präferenzen und Verhaltensweisen der Verbraucher nötig. Und die Ergebnisse der neuen Studie von Deloitte zeigen, dass durch den großen Hype um das Thema auch einige Mythen entstanden sind, die das Bild verzerren.
Tatsächlich geht der Trend zum Abo-Modell weniger auf Konsumentenwünsche zurück, wie oft angenommen, sondern vielmehr auf Initiativen der Anbieter. An sich bevorzugen Kunden nämlich nach wie vor einmalige Anschaffungen oder verbrauchsbasierte Modelle. Und entgegen einer weit verbreiteten Annahme sind den Verbrauchern Preisvorteile wichtiger als der Komfort. Für Anbieter leitet sich daraus ab, einen Schwerpunkt auf attraktive Bepreisung zu legen. Außerdem kann sich je nach Branche ein frühzeitiges Engagement auszahlen, um als First Mover einen Vorsprung im Wettbewerb zu erzielen. Da Abo-Modelle oft weitere Ausgaben der Kunden in einem bestimmten Segmenten nach sich ziehen, sind sie ein sinnvoller Ersatz für Kundenkarten und Loyalitätsprogramme. Perspektivisch ist ein Ausbau der Angebote in einem nahtlos verzahnten Ökosystem anzustreben, um zukünftig steigenden Erwartungen der Kunden gerecht zu werden, etwa in Bezug auf eine nahtlose Kundenerfahrung bei der Nutzung verschiedener Services.
Abo-Modelle existieren schon mindestens seit dem 17. Jahrhundert. Etabliert wurden sie ursprünglich für Bücher und Versicherungen, später dann für TV oder Telekommunikation. Im Zeitalter von Digitalisierung und Internet hat die Zahl von Abo-Angeboten aber noch einmal deutlich zugenommen. Für viele Anbieter – von Medien bis Software – ist dabei besonders der Skalierungseffekt attraktiv. Die Studienautoren unterscheiden drei Typen von Abo-Modellen:
Außerdem existieren Unternehmen, die mehrere oder alle Modelle zugleich nutzen. Bekanntestes Beispiel ist der Onlinehändler Amazon: Er bietet Abos sowohl für Produktlieferungen (Spar-Abo) als auch für Dienstleistungen (Medien-Streaming: Video, Audio) und E-Commerce-Leistungen (Gratisversand).
An Beispielen für erfolgreiche Abo-Modelle herrscht kein Mangel. Doch um auf diesem Gebiet erfolgreich zu sein, ist ein genaues Verständnis der tatsächlichen Verbrauchermotivation entscheidend. Die Studie hinterfragt deswegen typische Fehlannahmen und Mythen. Dazu gehört die Ansicht, der Hauptfaktor für Kunden sei der überlegene Komfort von Abo-Modellen. Die detaillierte Konsumentenbefragung ergibt demgegenüber, dass vielmehr finanzielle Vorteile quer durch alle Abo-Kategorien mit Abstand das wichtigste Motiv für Kunden darstellen. Dies geben 45 Prozent der Befragten an, und ihnen ist dieses Motiv im Schnitt um das 1,6fache wichtiger als andere Vorteile. Am geringsten fällt der Abstand bei digitalen Dienstleistungen aus, besonders ausgeprägt ist er dagegen bei Produkt-Abos. Interessant auch: Im Schnitt 42 Prozent der Befragten sind sich gar nicht bewusst, dass sie Abo-Modelle nutzen (z.B. bei Versicherungen, Telekommunikation, TV).
Auch bestehende Hemmschwellen wurden erfragt. 49 Prozent kaufen bevorzugt nur dann, wenn sie auch ein konkretes Bedürfnis haben. 46 Prozent sehen keinen Mehrwert in Abo-Modellen. Außerdem existiert auch eine nennenswerte Gruppe, die Abo-Modelle grundsätzlich ablehnt. Im Schnitt sind dies 21 Prozent, unter den älteren Verbrauchern sogar 39 Prozent (Baby Boomers – ab 57 Jahren). Anbietern ist daher zu empfehlen, ihre Abos mit einem besonders attraktiven Mix aus Preis- und Komfort-Benefits auszustatten. Freemium-Ansätze sind hierfür ein geeigneter Weg (z.B. YouTube, Google One).
Besonders reizvoll an Abo-Modellen ist, dass Unternehmen durch diese die Kundenbindung stärken und die Kaufbereitschaft steigern können. Hierin ähneln Abo-Modelle den verbreiteten Kundenkarten und Loyalitätsprogrammen, die sie aber in vielen Fällen ersetzen können. Denn Abo-Modelle übertreffen Kundenkarten noch – durch ihre besonders unmittelbaren und kurzfristigen Vorteile, auf die Konsumenten heutzutage immer größeren Wert legen. Die Studienergebnisse untermauern dabei die Attraktivität von Abo-Modellen für Anbieter: 40 Prozent der Kunden verringerten nach Abo-Abschluss die Nutzung von Konkurrenzangeboten, und 57 Prozent steigerten ihre Ausgaben. Andererseits erhöhten immerhin 29 Prozent die Nutzung von Drittangeboten. Der Abschluss scheint hier das Interesse an der Service-Kategorie zu steigern. Neugier auf Konkurrenzprodukte und ein Gewöhnungseffekt an das Abo-Modell sind die Folge, besonders bei E-Commerce Abos und Streaming-Abos.
Um starke Kundenbeziehungen aufzubauen, sollten Unternehmen ihre Angebote möglichst personalisiert ausgestalten. Nutzungsdaten aus langfristigen Kundenbeziehungen können mit KI-Methoden automatisiert auf Nutzungsmuster und Präferenzen hin ausgewertet werden, um das Angebot entsprechend auszurichten. Solche Investitionen in maßgeschneiderte Kundenzentriertheit sind langfristig sehr rentabel, da es bis zu fünf Mal kostspieliger ist, einen neuen Kunden zu akquirieren, als einen bestehenden zu erhalten. Der Musikdienst Spotify ist ein gutes Beispiel für KI-gestützte Personalisierung (durch automatisierte Analyse des Musikgeschmacks).
Deloitte hat für die Studie 9.000 Personen in acht europäischen Ländern sowie in der Türkei im Zeitraum Oktober 2021 bis März 2022 von einem unabhängigen Institut befragen lassen.
Neben ausführlichen Analysen zu den angeführten und weiteren Aspekten liefert die Studie eine Reihe von Best Practice-Beispielen und Hinweise zur Umsetzung für Abo-Anbieter. Laden Sie hier die vollständige Studie mit allen detaillierten Ergebnissen herunter.
Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.