Der Konsumgüterhersteller Henkel blickt auf eine fast 150-jährige Geschichte zurück. In der Produktion setzt das traditionsreiche Unternehmen aber auf modernste Industrie-4.0-Methoden – und geht dabei jetzt noch einen Schritt weiter. Gemeinsam mit Deloitte entwickelte und implementierte Henkel eine innovative IIoT-Plattform für datengetriebene Produktionsanwendungen. Vernetzte Anlagen und Sensoren schaffen nun eine viel breitere Datengrundlage, KI und Echtzeit-nahe Daten ermöglichen eine verbesserte und schnellere Entscheidungsfindung vor Ort im Werk. Konkrete Use Cases mit messbarem Wertbeitrag wurden schon an vier Standorten umgesetzt. Und als Enabler für KI-gestützte Innovation hat das Projekt langfristige strategische Bedeutung für Henkel.
In einer typischen Produktionslinie im Bereich Consumer Brands von Henkel werden Waschmittel und Haarpflegeprodukte hergestellt, in Flaschen abgefüllt, etikettiert, verpackt und auf Paletten gestapelt. Wie können diese Prozesse verbessert werden? Woran lassen sich Störungsrisiken erkennen, welche Wartungsintervalle für die Maschinen sind optimal? Das industrielle Internet of Things (IIoT) ermöglicht es, solche Fragen präzise zu beantworten. Daten aus verschiedenen Quellen – vernetzten Sensoren im Werk, dem Manufacturing Execution System (MES) – fließen in eine zentrale IoT-Plattform, die als Single Source of Truth dient. Über diese können sie für Echtzeitanalysen und andere datengetriebene Anwendungen, etwa auf der Basis von künstlicher Intelligenz (KI), genutzt werden. Arbeitskräfte nutzen diese Tools vor Ort in der Fabrik für die Optimierung von Produktionsabläufen: Ein zukunftsweisender Ansatz, der sich unmittelbar auszahlt.
Entsprechend hat Henkel IIoT als zentrales Element seiner digitalen Transformationsstrategie identifiziert und gemeinsam mit Deloitte bereits vor einigen Jahren eine IIoT-Plattform als Pilotprojekt entwickelt, um neue Anwendungen zu erforschen und zu innovieren. Für diese wurde im nächsten Schritt ein technisches Refactoring mit Fokus auf technischer und operativer Skalierbarkeit umgesetzt, und weitere produktive Use Cases für die Produktion an mehreren Standorten entwickelt und implementiert, mit denen sich operative KPIs verbessern lassen – robust genug für die industrielle Umgebung und mit konkretem finanziellem Mehrwert in der Produktion.
Die erfolgreiche Implementierung unserer IoT-Plattform bei Henkel ist das Ergebnis außergewöhnlicher Teamarbeit, technischer Exzellenz und eines gemeinsamen Verständnisses für Verfügbarkeit als Schlüssel zur Wertschöpfung. Nur durch die Professionalität aller Beteiligten konnte eine Lösung entstehen, die nicht nur zuverlässig ist, sondern auch die produktionsgetriebene Realität eines auf Output fokussierten Unternehmens nachhaltig unterstützt.
Britta Mitlefeldt, Partner Deloitte
In der oben erwähnten Pilot Produktions- und Abfüllstrecke werden durch die IIoT-Plattform nun mehr als 5.000 Datenpunkte erfasst ¬ eine massive Vervielfachung gegenüber dem Ausgangszustand. Es sind allerdings entsprechende Business Use Cases nötig, um die Vielzahl an Daten produktiv zu nutzen. Dafür schafft die neue, skalierbare IIoT-Plattform die Grundlage. In enger Zusammenarbeit mit Henkel realisierten die Deloitte-Expert:innen sie auf PTC ThingWorx und mit Microsoft Azure.
Die Integration von Actility in Azure IoT Hub stellt sicher, dass alle LoRaWAN-Sensordaten zuverlässig übertragen und verwaltet werden. Gleiches gilt für die Maschinendaten, die über PTC Kepware übertragen werden. Azure IoT Hub fungiert als zentraler Hub und bietet eine sichere und skalierbare Konnektivität. Er ermöglicht die Erfassung, Überwachung und Verwaltung von Sensor- und OT-Daten aus mehreren Produktionsanlagen und stellt sicher, dass die Daten für Analysen und Entscheidungen jederzeit verfügbar sind. Azure Data Explorer dient als Backbone für die Echtzeit-Datenerfassung und -abfrage und ermöglicht schnelle Einblicke und Entscheidungen.
Alle im Azure IoT Hub erfassten Daten werden an Azure Data Explorer weitergeleitet, wo sie verarbeitet und für weitere Analysen gespeichert werden. Azure Synapse Analytics bietet eine einheitliche Plattform für Big Data und Data Warehousing und erleichtert die Entwicklung von Modellen für maschinelles Lernen. Die Modelle für maschinelles Lernen wurden von Deloitte anhand historischer Daten trainiert, um ideale Centerline-Werte vorherzusagen und Anomalien zu identifizieren, die für die Aufrechterhaltung einer optimalen Produktionseffizienz und -qualität von entscheidender Bedeutung sind. Die Visualisierung und Auswertung der Daten erfolgt in der IIoT-Plattform, die auf PTC ThingWorx basiert. ThingWorx dient als zentrale Plattform für die Verwaltung von Assets, das Alert Management sowie die Datenvisualisierung und -analyse. Durch individuell konfigurierbare Dashboards und Echtzeit-Monitoring können Produktionsprozesse effizient überwacht und potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden.
Die State-of-the-Art-Ressourcen in der Smart Factory Düsseldorf dienten Deloitte als Sandbox-Umgebung für die Entwicklung und Erprobung. Deloitte betreute das achtmonatige Projekt end-to-end von der Erarbeitung der Roadmap für die Strategie und die Use Cases, der Definition des Operating Model, über die Umsetzung und den Rollout bis zum fortlaufenden Betrieb. Teams aus Deutschland, Belgien und Indien arbeiteten dabei durchgängig eng mit den Henkel Teams zusammen. Beide Seiten brachten kombinierte IT-, Technologie- und Business-Expertise in das Projekt ein – ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Umsetzung der IIoT-Plattform und Use-Cases und für die Sicherung des Wertbeitrags von Innovationen. Nötig war außerdem eine Cybersecurity-Strategie, da die neuen Datenströme potenzielle Einfallstore für Bedrohungen darstellen. Die Cyber-Spezialist:innen von Deloitte Risk Advisory validierten das Sicherheitskonzept durch Pentests.
Umgesetzt wurde die Datenerfassung mit einem Netzwerk nach dem Low-Power-Wireless-Protokoll LoRaWAN sowie der Anbindung von Maschinendaten über Kepware. Das System gibt Monitoring-Alerts aus und kann für weitergehende Automatisierungsschritte in Richtung autonomer Selbstoptimierung genutzt werden. Die erste neue Anwendung verbessert die Einstellung von Maschinen, die einen kontinuierlichen Output produzieren (Centerlining). Fortlaufende Anpassung sorgt dabei dafür, dass die Anlage stets im optimalen Bereich läuft und eine bessere Qualität, Verfügbarkeit und Performance der Maschinen erzielt wird. Bei dieser Aufgabe unterstützen nun leistungsstarke KI-Algorithmen.
Der zweite Use Case fokussiert auf die Erkennung von Anomalien durch KI für die Fehler-Ursachen-Analyse. Bei Tausenden von Sensoren und Datenpunkten fallen sehr viele Anomalien an, die von jeweils unterschiedlicher Relevanz sind. Die Herausforderung besteht darin, darunter die kritischen zu identifizieren. Sobald die Maschine einen echten Fehler gemeldet hat, leitet die Anomalie-Erkennung (im Training des KI-Modells durch die Deloitte-Expert:innen wurden historische Anomalie-Daten mit tatsächlichen Störungen statistisch korreliert) Maschinenführer- und Wartungssteams in die richtige Richtung, damit das Problem schneller identifiziert und behoben werden kann. Ein weiterer Use-Case zielt auf die Erfassung und Verarbeitung von Klimadaten aus den Werkhallen (Temperatur und Feuchtigkeit) – ein sehr wichtiger Input für die Qualitätskontrolle chemischer Produktionsprozesse. Diese drei Use Cases wurden zunächst an vier europäischen Henkel Produktionsstandorten in Deutschland, der Türkei, Serbien und Slowenien umgesetzt.
Neue Anwendungen mit KI-Funktionen zu programmieren, stellt an sich schon eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Noch deutlich herausfordernder ist es aber, damit in der Praxis auch greifbaren Business-Mehrwert zu generieren. Um diesen Impact durch eine breite Annahme der Tools in den Teams zu gewährleisten, flankierte Deloitte das Projekt von Anfang an mit einer umfassenden Strategie für das Change-Management. Der Ansatz war ein voller Erfolg: Datenexpert:innen und Produktionskräfte bei Henkel sind nun in der Lage, bessere Daten- und KI-gestützte Entscheidungen zu treffen.
Die operative Effektivität der Anlagen wird dadurch in vielerlei Hinsicht optimiert. Verbesserte Maschinenparameter erhöhen Leistung und Qualität, Ausfallzeiten und Produktionskosten werden reduziert, Technikteams arbeiten effizienter dank digitalen Tools. Durch ein Tool-basiertes und wesentlich vereinfachtes Onboarding neuer Sensoren und Maschinen können die Henkel Teams den Rollout unkompliziert vorantreiben.
Auch weitere neue Use Cases und Piloten werden gemeinsam von Henkel und Deloitte entwickelt, beispielsweise eine Lösung für die KI-basierte Bestimmung von Füllmengen, um Einbußen durch Overfill zu reduzieren. Dabei geht es um die Optimierung der üblichen Praxis, zu niedrige Füllmengen durch ein generelles Zusatzvolumen präventiv auszuschließen. Da diese KI-Anwendung lokal effizienter läuft (Überwachung und Anpassungen in der Produktionslinie müssen nahezu in Echtzeit erfolgen), liegt der springende Punkt hier in der Umsetzung des dezentralen Betriebs bei gleichzeitiger Vernetzung mit der zentralen Plattform. Ein überaus rentabler produktionsnaher Use Case auf KI-Basis – und nur einer von vielen in der Innovations-Pipeline für die neue IIoT-Plattform von Henkel.
Real connections. Real impact.
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