Neben der Elektrifizierung des Antriebsstrangs von Fahrzeugen soll die Reduzierung des Verkehrsaufkommens auf den Straßen dazu beitragen, dem Ziel emissionsfreier Städte näherzukommen. In den Debatten um das Klima und die Gestaltung (sub)-urbaner Mobilität rücken deshalb sogenannte Mobilitätsökosysteme zunehmend in den Fokus. Damit gemeint sind digitale Serviceangebote, über die Kunden aus gleich mehreren Mobilitätsdienstleistungen wie Sharing-Diensten von PKWs, E-Bikes und Elektrorollern sowie Ride-Hailing aus einer Hand wählen und diese buchen können. Doch trotz ihres Potenzials ist das Angebot an diesen viel diskutierten Mobilitätsökosystemen noch verschwindend gering. Ziel der vorliegenden Deloitte-Studie zur IAA 2021 ist es, Transparenz zu schaffen über die Anbieterseite und den Aufbau von Mobilitätsökosystemen. Die analytische Betrachtung erfolgreicher privatwirtschaftlicher Mobilitätsdienstleister legt Treiber der teilweise sehr hohen ökonomischen Bewertungen offen und lässt Rückschlüsse über deren Aufbau zu.
Deloitte hat in einer umfassenden Untersuchung zahlreiche Mobilitätsökosysteme und -dienstleister aus dem In- und Ausland systematisch analysiert. In einem kombinierten Verfahren wurde anhand einer klassischen Analystenbewertung und einem explorativen, auf künstlicher Intelligenz basierenden Studiendesign untersucht, welche Relevanz solchen Konzepten zukommt und welche Faktoren ausschlaggebend für deren Erfolg sind.
1. Mobilitätsökosysteme führend beim globalen Investitionsvolumen in Start-ups der weiteren Mobilitätslandschaft
Knapp 38 Mrd. Euro wurden in den vergangenen zwölf Jahren in Mobilitätsökosysteme des Business-to-Business- und des Business-to-Consumer-Bereichs investiert. Ein Viertel der investierten Gelder in Unternehmen der weiteren Mobilitätslandschaft floss somit in Mobilitätsökosysteme.
2. Ride-Hailing- und Mikromobilitätsanbieter bei Bewertungen führend
Die potenziellen Wachstumsraten, relativ geringen Forschungs- und Entwicklungsanforderungen sowie eine mittlere Vermögensbasis führen dazu, dass Mikromobilitätsanbieter unter den betrachteten Mobility-as-a-Service Unternehmen die höchsten Bewertungen erhalten.
3. Kooperationen beschleunigen den Weg in die Profitabilität
Erfolgreiche Mobilitätsökosysteme gehen deutlich mehr Kooperationen ein als ihre weniger erfolgreichen Wettbewerber. Best-Practice-Mobilitätsökosystem fokussieren sich zudem verstärkt auf die Generierung von Einnahmen.
4. Breite des Serviceangebots entscheidend
Die Breite des Serviceangebots von erfolgreichen Mobilitätsökosystemen hat über die Jahre hinweg zugenommen. Ein schlankes Serviceportfolio erleichtert den raschen Markteintritt. Die schrittweise Verbreiterung der Services erhöht in der Folge die Kundenreichweite und steigert die Nutzerfreundlichkeit für Verbraucher.
5. App-Exzellenz als Erfolgskriterium
Erst die App ermöglicht Mobilität auf Abruf, damit Nutzer die Mobilitätsdienstleistungen flexibel und ortsunabhängig buchen können. Mit Ausnahme von Ride-Hailing sind Apps die einzig direkte Schnittstelle der Mobilitätsökosysteme zum Kunden. Eine benutzerfreundliche Oberfläche und die intuitive Handhabung der Apps sind daher wesentlich. Die Anbieter sollten Gestaltung, Umsetzung und Weiterentwicklung der App priorisieren, um eine ausgezeichnete User Experience zu erzielen.
6. Erfolgreiche Mobilitätsökosysteme setzen auf eine Asset-Light-Strategie
Um verschiedene Mobilitätsdienstleistungen anbieten zu können, müssen Mobilitätsökosysteme mehrere Fahrzeugtypen aggregieren und/oder orchestrieren. Erfolgreiche Mobilitätsökosysteme fokussieren sich verstärkt auf Assets in ihrem Fahrzeugportfolio, die ein geringes Anlagevermögen erfordern, wodurch die Chance auf eine schneller eintretende wirtschaftliche Rentabilität steigt.
7. Mehrwert für den Kunden als wesentlicher Ausgangspunkt
Was benötigen Verbraucher? Diese Frage muss beim Aufbau neuer Geschäftsmodelle an erster Stelle stehen. Erfolgreiche Mobilitätsökosysteme richten ihr Geschäftsmodell auf den Mehrwert für Kunden aus, den sie generieren wollen. Daran anschließend gilt es zu klären, was zum Decken dieser Nachfrage benötigt wird und wie eine entsprechende Wertarchitektur geschaffen werden kann.
Die starke Nachfrage nach flexibler Mobilität und dem Angebot verknüpfter Mobilitätsservices, die es in den kommenden Jahren zu decken gilt, bietet nicht nur Chancen und Potenziale für etablierte Unternehmen des Automobilsektors, sondern auch für Start-ups und Technologieunternehmen. Insbesondere für Automobilzulieferer tun sich neue Möglichkeiten auf: Durch Investitionen in den Mobility-as-a-Service Markt können Verlusteffekte durch die Transformation zur Elektromobilität und den damit einhergehenden Nachfragerückgang an Komponenten des klassischen Antriebsstrangs erheblich abgemildert werden. Dies ist allerdings mit enormen Umstrukturierungen und Investitionen verbunden. Die wachsende Nachfrage nach mehr Flexibilität und sauberen, verkehrsärmeren Städten erfordert ein steigendes Angebot an Mobilitätsökosystemen. Pragmatische, schlanke Lösungen sollten dabei die Grundlage für den Markteintritt bilden, um zu vermeiden, dass weitere Mobilitätsvisionen entworfen werden, die in der Praxis nicht oder nur sehr eingeschränkt umsetzbar sind.
Laden Sie hier die ausführliche Studie „Nachfrage sucht Angebot“ herunter, die neben den sieben Erkenntnissen und Annahmen noch eine Fülle an weiteren interessanten Ergebnissen bereithält. Außerdem finden Start-ups, Unternehmen aus der Automobilindustrie und Unternehmen angrenzender Branchen konkrete Handlungsempfehlungen, die sich aus den Ergebnissen unserer Analysen ergeben.
Deloitte hat in einem explorativen Studiendesign mithilfe einer auf künstlicher Intelligenz basierenden Software-Lösung den Mobilitätsökosystemmarkt umfassend analysiert. Für die Studie wurden mehr als 60 Unternehmen im globalen Markt für Mobilitätsdienstleistungen und -ökosysteme betrachtet. Vier davon wurden als Best-Practice identifiziert und werden in der Studie den weniger erfolgreich agierenden Unternehmen gegenübergestellt. Viele der Unternehmen veröffentlichen nur sehr wenige Daten und Informationen. Das systematische Sammeln und Auswerten von Informationen liefert eine breite Datengrundlage zur Beantwortung der relevanten Fragen. In einer umfassenden Analyse haben wir auf mehr als 90.000 Medienquellen aus Nachrichten, Blogs und wissenschaftlichen Veröffentlichungen der vergangenen zehn Jahre zurückgegriffen. Zudem wurden über 120 Millionen Patentveröffentlichungen betrachtet. Die Artikel wurden mittels NLP (Natural Language Processing) analysiert und relevante Informationen wurden extrahiert und verarbeitet. Den daraus abgeleiteten Hypothesen liegt die Triangulation der unterschiedlichen Analysen zugrunde.