Die schnelle Entwicklung von Ökosystemen stellt Finanzdienstleister vor grosse operative und strategische Herausforderungen. Diese Ansicht wird durch unsere Studie bestätigt, die auf den Ergebnissen einer Umfrage unter Schweizer und deutschen Finanzdienstleistern beruht. Die Umfrage befasst sich insbesondere mit der aktuellen und zukünftigen Positionierung der Finanzindustrie in Ökosystemen, der Nutzung digitaler Plattformen für den Datenaustausch, dem notwendigen Know-how der Mitarbeiter, der Unternehmenskultur und der Regulierung.
Ökosysteme im Sinne der Umfrage sind sich dynamisch entwickelnde Gemeinschaften von Unternehmen, Verbrauchern und Institutionen, die auf einem gemeinsamen Markt (z. B. über eine Plattform) Ressourcen gemeinsam nutzen und in einem gemeinsamen Geschäftsmodell Mehrwert schaffen.
Für Finanzdienstleister stellt sich die Frage, ob und wie sie sich in neu entstehenden Ökosystemen positionieren und wie sie ihre Produkte und Dienstleistungen gestalten wollen. Die Teilnahme an Ökosystemen bietet ihnen erhebliche Vorteile, darunter eine stärkere Kundenbindung und -orientierung, neue Formen der Umsatzgenerierung, die Integration mit spezialisierten Partnern und die gemeinsame Nutzung von Kosten. Allerdings müssen auch erhebliche Risiken berücksichtigt werden, wie der Verlust von Kundenschnittstellen, Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit, geringere Gewinnspannen, Kontrollverlust und Verlust der Markenidentität.
Der Bericht enthält sechs Hauptergebnisse:
Ökosysteme, an denen Finanzunternehmen beteiligt sind, sind bereits Realität, und es ist zu erwarten, dass sie sich in Zukunft rasch weiterentwickeln werden. In der Schweiz werden branchenfremde Unternehmen - insbesondere BigTechs - durch ihren direkten Zugang zu einer grossen Zahl von Endkunden und ihren hohen Bekanntheitsgrad zunehmend in das Ökosystem der Finanzindustrie eindringen. Im Extremfall können Ökosysteme sogar die Rolle von Finanzdienstleistern in Frage stellen, was Finanzdienstleister vor grundlegende strategische Herausforderungen stellt.
Finanzdienstleister können diese strategischen Herausforderungen meistern, indem sie:
Um die notwendigen Massnahmen strukturiert zu analysieren, hat das Business Engineering Institute St. Gallen in Zusammenarbeit mit Deloitte einen Rahmen für die wichtigsten Entscheidungsbereiche und strategischen Optionen für Finanzdienstleister entwickelt.
Es wird sich bald zeigen, inwieweit Finanzdienstleister diese grossen Herausforderungen, von denen viele kultureller Natur sind, überwinden können, um erfolgreich in Ökosystemen zu operieren.
Die Ergebnisse dieser Studie basieren auf einer Online-Befragung von Schweizer und deutschen Finanzdienstleistern, die durch ausgewählte Tiefeninterviews mit Vertretern der Finanzindustrie in beiden Ländern ergänzt wurden.
Drei Viertel der ausgewerteten Ergebnisse bestehen aus Rückmeldungen von Banken und Versicherungen, mehr als die Hälfte davon sind regionale und lokale Finanzdienstleister. Weitere 15% der Umfrageteilnehmer sind IT-Infrastrukturanbieter. Ungefähr 90% der Vertreter, die an der Online-Umfrage teilgenommen haben, sind in der Schweiz oder in Deutschland als Mitglieder des Vorstands, der Geschäftsleitung oder des Managements beschäftigt.