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Arbeitsmarktdynamik für nachhaltiges Wachstum überdenken

Alternde Schweiz

In unserer Studie «Alternde Schweiz: Arbeitsmarktdynamik für nachhaltiges Wachstum überdenken» untersuchen wir, welche Auswirkungen die demografische Alterung auf den Schweizer Arbeitsmarkt und seine Arbeitskräfte hat. Der Bericht hebt wichtige Erkenntnisse hervor und enthält umsetzbare Empfehlungen, die Unternehmen und politisch Verantwortliche in ihrem Bestreben, die demografischen Herausforderungen effizient zu meistern, unterstützen sollen.

 

Der demografische Wandel stellt eine der grössten strukturellen Herausforderungen dar, mit denen die Schweiz in den kommenden Jahren und Jahrzehnten konfrontiert sein wird. Die hohe Zuwanderung der vergangenen Jahre hat zum Bevölkerungswachstum beigetragen und den Arbeitsmarkt positiv beeinflusst, doch die zunehmende Alterung der Gesellschaft wird langfristig erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Der Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand und die rückläufigen Geburtenraten führen zu einem Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung, während der Bedarf an Arbeitskräften gleichzeitig steigt. In vielen Sektoren herrscht zudem ein verschärfter Fachkräftemangel.

Unternehmen haben ebenfalls erkannt, dass sie sich unbedingt mit den langfristigen Auswirkungen des demografischen Wandels auseinandersetzen müssen. Wir haben mehr als 350 Verwaltungsratsmitglieder schweizweit zu diesem Thema befragt. Sie gehen mehrheitlich davon aus, dass der demografische Wandel erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – und somit auf ihre eigene Belegschaft – haben wird.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Handlungsempfehlungen für den Staat

Inländerpotenzial aktivieren durch Arbeitsanreize
 

Flexibilisierung des Rentenalters:
 

Eine schrittweise Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung und die Möglichkeit eines flexiblen Rentenbezugs schaffen Anreize, um das Wissen und die Erfahrung älterer Arbeitskräfte länger zu nutzen und Arbeitsmarktengpässe zu reduzieren.


Individualbesteuerung:


Eine Umstellung auf eine individuelle Besteuerung, bei der jeder Ehepartner separat besteuert wird, würde die negativen Anreize für Frauen reduzieren, weniger zu arbeiten oder überhaupt nicht in den Arbeitsmarkt einzutreten.

Technologische Bildung stärken und Unternehmertum fördern


Stärkung technologischer und digitaler Fähigkeiten:


Der Staat könnte Weiterbildungsinitiativen fördern, die Arbeitnehmende aller Altersgruppen helfen, technologische und digitale Kompetenzen zu erwerben und weiterzuentwickeln. Diese Fähigkeiten sind essenziell, um die Produktivität zu steigern und dem Arbeitskräftemangel in Schlüsselbranchen entgegenzuwirken.


Reform des Bildungssystems:


Eine stärkere Ausrichtung des Bildungssystems auf Berufe mit Fachkräftemangel, insbesondere in den MINT-Fächern ist wünschenswert. Bedarfsorientierte Berufsberatung sollte zur Norm werden.


Sicherung des Dualen Bildungssystem:
 

Das einzigartige schweizerische Duale Bildungssystem muss gezielt weiterentwickelt werden. Es sichert – gerade auch bei den Jungen – faktische Vollbeschäftigung und sichert in allen nicht übermässig akademisch geprägten Berufen die nötigen Arbeitskräfte.


Förderung von Selbständigkeit:
 

In Schulen und Weiterbildungs-einrichtungen sollte verstärkt unternehmerisches Denken und die Attraktivität des Unternehmertums vermittelt werden, als Option zum Angestelltensein, um langfristig die Innovationskraft und Resilienz der Wirtschaft zu stärken.

Potenziale älterer Arbeitskräfte besser nutzen
 

Reduktion von Hürden für die Weiterbeschäftigung nach dem Rentenalter:

Anpassungen im Steuer- und Sozialversicherungssystem verringern finanzielle Nachteile für Pensionierte, die weiterarbeiten möchten. Unternehmen werden gleichzeitig ermutigt, diese Arbeitskräfte gezielt einzusetzen.


Flexiblere Arbeitsgesetze: 


Weniger strenge Regulierungen sollen es Unternehmen erleichtern, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen, was insbesondere zur Arbeitsmarktintegration beiträgt und die Fachkräftelücke schliessen kann.

Gezielte Zuwanderung von High Potentials in Schlüsselberufen


Bedarfsorientierte Zuwanderung: 
 

Diese soll weiterhin qualifizierte Fachkräfte aus allen Weltregionen ins Land holen, um Engpässe zu mildern. Dazu zählen auch Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen für ausländische Hochschulabsolventen nach dem Studienabschluss in der Schweiz.

Bürgerengagement und Freiwilligenarbeit stärken
 

Stärkung des Milizprinzips und der Freiwilligenarbeit:
 

Das schweizerische Milizprinzip und die Freiwilligenarbeit übernehmen in Politik, Militär und Gesellschaft die Arbeit von zehntausenden von Funktionen, bis in höchste Behördenämter. Durch die gezielte Unterstützung des Milizprinzips und der Freiwilligenarbeit durch den Staat – primär durch wenig administrative Belastung und steuerliche Anreize – sichert sich die Schweiz diese meist hoch motivierten und gleichwohl meist sehr günstigen Arbeitskräfte.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Reputation der Wirtschaft stärken
 

Öffentliches Vertrauen und die Wahrnehmung festigen:
 

Gelingt es der Wirtschaft, ihr Ansehen in der breiten Bevölkerung wieder zu stärken und als inspirierendes Umfeld für lebenslanges Lernen und spannende Interaktionen wahrgenommen zu werden, steigt dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeitende über das Pensionsalter hinaus im Erwerbsleben verbleiben - zumindest in Teilzeit - insbesondere angesichts der deutlich gestiegenen Lebenserwartung.

Strategische Personalplanung entwickeln
 

Strategische Ausrichtung im Talentmanagement:


Unternehmen sollten eine strategische Perspektive in ihre Personalplanung einbinden. Dazu gehört die kontinuierliche Überprüfung der Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden, um Qualifikationslücken frühzeitig zu erkennen und die vorhandenen Fähigkeiten gezielt an die Geschäftsanforderungen anzupassen. So lässt sich sowohl der aktuelle Talentbestand als auch der zukünftige Personalbedarf besser verstehen und steuern.

Strategische Talentstrategien vorantreiben

Interne Talententwicklung priorisieren:


Anstatt sich hauptsächlich auf externe Rekrutierung zu konzentrieren, sollten Unternehmen verstärkt die Entwicklung interner Talente in den Fokus rücken. Klare Karrierepfade und Strategien wie „Quiet Hiring“ - die gezielte Weiterqualifizierung der bestehenden Mitarbeitenden - können die Attraktivität von Arbeitsplätzen erhöhen und die Abwanderung von Fachkräften verhindern.

 

Flexible Arbeitsmodelle umsetzen:

Die Integration moderner Arbeitsformen wie Freelancing, Crowdworking und hybrider Modelle ermöglicht es Unternehmen, effektiver auf den Fachkräftemangel zu reagieren. Diese Ansätze bieten Flexibilität, indem sie den Zugang zu einem breiteren Talentpool erleichtern und eine Anpassung an die sich wandelnden Anforderungen der Arbeitswelt ermöglichen. Darüber hinaus kann ein ganzheitlicher Talent-Ökosystem-Ansatz – durch strategische Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen und Branchenverbänden – dazu beitragen, Kompetenzlücken zu schliessen und eine nachhaltige Talentpipeline sicherzustellen.

 

Frauen fördern und ältere Talente binden:


Die Stärkung der Arbeitsmarktpartizipation ist entscheidend, um den demografischen Herausforderungen zu begegnen. Unternehmen können dies erreichen, indem sie Anreize wie schrittweise Karriereübergänge und Jobsharing-Modelle schaffen, um Frauen in Teilzeitpositionen zu ermutigen, allmählich in Vollzeitrollen zu wechseln. Darüber hinaus können flexible Beschäftigungsmodelle und massgeschneiderte Programme dazu beitragen, erfahrene ältere Mitarbeitende zu motivieren und langfristig an das Unternehmen zu binden – und so deren wertvolles Know-how zu sichern.
 

Flexiblere Einstellungspraktiken: 


Unternehmen sollten flexible Rekrutierungsansätze entwickeln, anstatt an starren „Zero-Gap“-Strategien festzuhalten.40 Dies kann dazu beitragen, Arbeitskräftemangel zu entschärfen und eine kontinuierliche Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte sicherzustellen.
 

Ausbildungsprogramme neu gestalten, um junge Talente zu gewinnen und zu binden:


Um frühzeitig Talente zu sichern, sollten Unternehmen die Attraktivität von Ausbildungsprogrammen steigern, indem sie diese an die Interessen, Werte und Erwartungen junger Menschen anpassen. Es ist entscheidend, potenzielle Auszubildende bereits früh in ihrer beruflichen Entscheidungsfindung anzusprechen. Dies kann durch gezielte Informationsveranstaltungen und massgeschneiderte Programme erfolgen, die besser auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zugeschnitten sind. Solche Massnahmen steigern nicht nur die Zahl der Bewerbungen, sondern führen langfristig zu besseren Rekrutierungsergebnissen und einer nachhaltig starken Pipeline qualifizierter Fachkräfte.


Mentoring nutzen, um die Fähigkeiten der Belegschaft zu stärken:
 

Mentoring-Programme machen sich das Fachwissen erfahrener Mitarbeitender zunutze, um wertvolles Wissen und Fähigkeiten an jüngere Generationen weiterzugeben. Dies sichert nicht nur den Erhalt des vorhandenen Wissens im Unternehmen, sondern beschleunigt auch die Entwicklung junger Talente, indem ihnen praxisnahe Einblicke und gezielte Unterstützung geboten werden. Mentoring fördert die generationsübergreifende Zusammenarbeit, steigert das Engagement der Mitarbeitenden und trägt dazu bei, eine Kultur des kontinuierlichen Lernens im Unternehmen zu etablieren.

Lernstrategien fördern
 

Eine lernorientierte Unternehmenskultur fördern:


Die Förderung einer Kultur des lebenslangen Lernens befähigt Mitarbeitende, sich an zukünftige Herausforderungen anzupassen und gleichzeitig die Innovationskraft des Unternehmens zu stärken. Indem kontinuierliches Lernen fest in der Unternehmenskultur verankert wird, können Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und sich zukunftssicher aufstellen.
 

In Re-Skilling und agile Lernmodelle investieren:


Gezielte Weiterbildungsprogramme mit Fokus auf technologische und digitale Kompetenzen ermöglichen es Mitarbeitenden, den sich wandelnden Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden. Agile Lernmodelle gewährleisten, dass neue Fähigkeiten schnell und effizient erworben werden, sodass die Belegschaft flexibel auf Veränderungen im Markt reagieren kann.
 

Digitalisierung vorantreiben:

Um dem Fachkräftemangel und Kompetenzlücken zu begegnen, müssen Unternehmen eine digitale Kultur etablieren, die über die blosse Implementierung von Technologien hinausgeht. Weiterbildungsprogramme sollten darauf abzielen, Mitarbeitende mit digitalen und KI-bezogenen Fähigkeiten auszustatten, damit sie Automatisierung und andere neue Technologien effektiv nutzen können. Durch die Automatisierung routinemässiger Aufgaben steigern Unternehmen nicht nur ihre Produktivität, sondern verringern auch Engpässe in der Personalgewinnung, indem sie vorhandene Talente besser für komplexere Herausforderungen einsetzen.

Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden priorisieren
 

Ganzheitliches Gesundheitsmanagement fördern: 


Um eine widerstandsfähige Belegschaft zu erhalten, sind umfassende Gesundheitsprogramme, die sowohl das mentale als auch das physische Wohlbefinden berücksichtigen, unerlässlich. Durch die Bereitstellung von mentaler Unterstützung, flexible Arbeitsregelungen und Initiativen zur Förderung der allgemeinen Gesundheit können Unternehmen Stress bei Mitarbeitenden reduzieren, Burnout vorbeugen und krankheitsbedingte Ausfallzeiten minimieren. Diese Massnahmen tragen dazu bei, die Produktivität der Mitarbeitenden über ihre gesamte Karriere hinweg zu erhalten, das Engagement zu stärken und längere sowie gesündere Erwerbsbiografien zu unterstützen – und so eine stabile und leistungsfähige Belegschaft zu sichern.

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