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Solvency-II-Review

Überarbeitung der Solvabilität-II-Richtlinie: Bedeutung und Auswirkungen für Versicherungsunternehmen

Seit der Einführung hat Solvency II gezeigt, dass das Aufsichtssystem gut funktioniert. Mit dem in der Rahmenrichtlinie verankerten Solvency-II-Review werden in ausgewählten Aspekten Nachjustierungen vorgenommen. Dies betrifft sowohl die quantitativen Anforderungen als auch die qualitativen Prinzipien sowie den Umfang der Berichterstattung. Im vorliegenden Beitrag, der auf dem Ergebnis der verabschiedeten Richtlinie zur Änderung der Richtlinie „Solvabilität II“  basiert, geben wir einen Überblick zu ausgewählten Aspekten des Reviews sowie Umsetzungsimplikationen. Die Änderungsrichtlinie wurde am 08.01.2025 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt somit 20 Tage später in Kraft. Erstmals anzuwenden sind die neuen Vorschriften zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten am 30.01.2027

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Die Richtlinie zielt darauf ab, das Finanzsystem in der Europäischen Union zu stärken und Versicherungs- sowie Rückversicherungsunternehmen widerstandsfähiger zu machen. Insgesamt sind in diesem Solvency-II-Review Anpassungen in Bezug auf Verhältnismäßigkeit, Qualität der Aufsicht, Berichterstattung, Maßnahmen zur langfristigen Garantie, makroprudenzielle Instrumente, Nachhaltigkeitsrisiken sowie Gruppen- und grenzüberschreitende Aufsicht in der Änderungsrichtlinie enthalten. Das bedingt mehr Transparenz, geschärfte Kapitalanforderungen und Berichtspflichten. Die Implikationen für die Unternehmen sind individuell zu bewerten, die Komplexität und die Flexibilität der Systeme stellen die entscheidenden Treiber dar.

Die Überarbeitung der Solvabilität-II-Richtlinie fordert Versicherer heraus, eröffnet aber auch Möglichkeiten zur Stärkung von Stabilität und Nachhaltigkeit. Durch frühzeitige Planung, präzise Umsetzung und den Fokus auf Nachhaltigkeitsstrategien können Versicherer nicht nur die regulatorischen Anforderungen erfüllen, sondern auch ihre Marktposition festigen. Die Reform ist nicht nur eine regulatorische Pflicht, sondern eine Chance, den Versicherungssektor resilienter und zukunftsfähiger zu gestalten.

Im Nachfolgenden wird ein Überblick über wesentliche Änderungen der Rahmenrichtlinie für (Rück-)Versicherungen und ein Ausblick auf die weiteren offenen Änderungen auf den darunterliegenden Ebenen gegeben. 

1. Langfristige Garantien (LTG)-Maßnahmen und Aktienrisiko

  • Extrapolation der risikofreien Zinsstrukturkurve: Für die Zinskurve zur Bewertung der vt. Rückstellungen wird künftig eine neue Extrapolationsmethode vorgegeben, bei der der Extrapolationsbeginn durch den neuen eingeführten „First Smoothing Point“ (FSP) definiert wird. Darüber hinaus wird bzgl. der Konvergenzgeschwindigkeit festgelegt, dass die Ultimate Forward Rate (UFR) ab einer Laufzeit von 40 Jahre nach dem FSP mindestens ein Gewicht von 77,5 Prozent in den extrapolierten Forward Rates haben soll. Diese Vorgabe entspricht einem Konvergenzparameter α von ca. 11 Prozent. Phasing-In: Bis zum Jahr 2032 wird es diesbezüglich eine Phasing-In-Übergangsphase geben. Gleichwohl haben die Unternehmen die Auswirkungen auch ohne Phasing-In offenzulegen. Die Anwendung der Phasing-In-Regelungen ist in Anlehnung an die bestehenden Übergangsmaßnahmen bei der Aufsicht zu beantragen und bedarf der Genehmigung durch diese.
  • Volatilitätsanpassung: Die maximale Anrechenbarkeit des Credit-Spreads auf die risikofreie Zinskurve wird von 65 auf 85 Prozent erhöht. Zudem wird ein optionaler „Quality-Overshooting“-Faktor eingeführt, der normalerweise unter 100 Prozent liegt und maximal zwei Quartale lang bis zu 105 Prozent betragen kann. Weitere Details sind im Rahmen der Änderungen auf Ebene 2 jedoch noch weiter zu spezifizieren.
  • Aktienrisiko: Der Korridor der symmetrischen Anpassung zur Verhinderung von prozyklischen Effekten im Rahmen der SCR-Berechnung wird von +/- 10  auf +/- 13 Prozent ausgeweitet. Die Bedingungen, unter denen Aktieninvestitionen als langfristig eingestuft werden können, werden angemessen vereinfacht. Dies ermöglicht die Anwendung des verringerten Schocks mit einem reduzierten Risikofaktor in Höhe von 22 Prozent (statt 39 oder 49 %), welcher nun direkt in der Rahmenrichtlinie festgelegt ist.

Wirkung: Die Maßnahmen für langfristige Garantien (LTG-Maßnahmen) haben insbesondere für den deutschen Lebensversicherungsmarkt eine große Bedeutung, vor allem die Extrapolation der risikofreien Zinsstrukturkurve, die Volatilitätsanpassung sowie die Übergangsmaßnahme bei den versicherungstechnischen Rückstellungen. 

Ziel der neuen Extrapolationsverfahren ist eine höhere Marktkonsistenz. Bzgl. der Auswirkungen ist insbesondere für Lebensversicherer anzumerken, dass die Auswirkungen der Änderungen vom jeweiligen Kapitalmarktzustand abhängen. Dies kann insbesondere im Niedrigzinsumfeld zu deutlichen Unterschieden zu der bisherigen Smith-Wilson-Extrapolation führen, die für Lebensversicherer mit langfristigen Garantien belastend wirken können.

Durch die Änderungen im Aktienrisiko wird die die langfristige Natur des Versicherungsgeschäfts stärker berücksichtigt, und es werden Anreize für verstärkte langfristige Investitionen gesetzt. 

2. Versicherungstechnische Rückstellungen

  • Geringer Kapitalkostensatz für die Risikomarge: Die Senkung des Kapitalkostensatzes von 6 auf 4,75 Prozent führt zu einer unmittelbaren Verringerung der Risikomarge und damit c.p. (ceteris paribus, unter sonst gleichen Bedingungen) zu einer Erhöhung der SCR-Quoten.
  • Einführung Lambda-Faktor für die Risikomarge: Über die delegierte Verordnung auf Ebene 2 soll zudem ein exponentieller und zeitabhängiger Lambda-Faktor eingeführt werden, der die Höhe sowie die Volatilität der Risikomarge für das langfristige Geschäft reduzieren würde.

Wirkung: Wir erwarten in den ausstehenden Änderungen der Ebene 2 weitere Konkretisierungen hinsichtlich des Lambda-Ansatzes. Durch die bereits jetzt feststehenden Änderungen wird die Langfristigkeit des Geschäftsmodells stärker berücksichtigt. Insgesamt werden die Änderungen reduzierend auf die Risikomarge wirken, was sich positiv auf die Solvency-II-Ergebnisse – insbesondere für Versicherer mit langfristigem Geschäft – auswirkt.

3. Solvabilitätskapitalanforderungen (SCR)

  • Zinsänderungsrisiko: Einführung eines relativen Shift-Ansatzes im Rahmen der SCR-Berechnung. Details zur Rekalibrierung des Zinsänderungsrisikos auf Ebene 2 noch final zu spezifizieren.
  • Phasing-In: Eine schrittweise Einführung der geänderten Methodik über einen Phasing-In-Zeitraum von fünf Jahren sieht eine sukzessive Anpassung vor. 
  • Eigenmittel: Die Anrechenbarkeit zusätzlicher Instrumente bei der Bestimmung der Eigenmittel und der jeweiligen Einteilung in die Tier Klassen („Tiers“) wird präzisiert sowie die Bestimmungen in Bezug auf ring-fenced-(own)-funds.
  • Crypto-Assets: Die EU-Kommission wird Maßnahmen zur Integration von Crypto-Assets in die Marktrisikobewertung erarbeiten.

Wirkung: Die neuen Vorgaben setzen auf eine genauere Risikomodellierung und eine präzisere Risikobewertung des Zinsänderungsrisikos – die Phasing-In-Methodik wird einen moderaten Übergang auf diese Risikobewertung sicherstellen. Nichtsdestotrotz ist insbesondere im Niedrigzinsumfeld ähnlich wie bei der Änderung der Extrapolationsmethode eine gewisse Belastung – insbesondere für Lebensversicherer mit langfristigen Garantien – zu erwarten. Zudem werden Vorschriften zur Berücksichtigung von Kryptowerten in der SCR-Berechnung entwickelt, um diese Anlageklasse und die damit einhegenden Marktrisiken adäquat zu berücksichtigen.

4. Reporting und Offenlegung

  • Own Risk and Solvency Assessment (ORSA): Das Own Risk and Solvency Assessment (ORSA) wird im Umfang der Berichterstattung und Dokumentation erweitert (u.a. Nachhaltigkeitsrisiken, makroökonomische Risken, Liquiditätsrisiken, Cyberrisiken), die eine tiefere Analyse des Risikoprofils einschließlich makroökonomischer und finanzieller Entwicklungen und spezifischer makroprudenzieller Faktoren verlangen, bspw. Zinsniveau, Finanzmarktindizes, Inflation, Pandemie, Klimawandel.
  • Solvency and Financial Condition Report (SFCR): Der SFCR wird zukünftig aus zwei empfängerspezifischen Teilen (für Versicherungsnehmer, für professionelle Markteilnehmer) bestehen. Zudem wird eine explizite Integration von wesentlichen klimawandelbezogenen Risiken (detaillierte Infos s. Kapitel „Nachhaltigkeit und Klimarisiken“) sowie die Erweiterung um Informationen bzgl. Übergangsmaßnahmen bzw. Phasing-In-Aspekte für die Rückstellungsbewertung erfolgen. Darüber hinaus wird die externe Prüfungspflicht der Solvenzbilanz des SFCRs (bspw. durch den Abschlussprüfer) eingeführt.
  • Quantitative Reporting Templates (QRTs): Für einige QRTs erfolgt eine Überarbeitung, Streichung, Vereinfachung und Harmonisierung der Datenfelder. Hinzu kommt die Einführung neuer QRTs zur Berücksichtigung von Klimarisiken und nachhaltigen Investments (z.T. bereits in der Taxonomie Version 2.8.0 seit Ende 2023 enthalten).
  • Fristen: Verlängerung der Einreichungsfrist für SFCR und RSR (Regular Supervisory Report) auf 18 Wochen
  • Erleichterungen: Reduzierung der Häufigkeit und des Umfangs von Berichten für kleine und nicht-komplexe Unternehmen, u. a. RSR-Erstellung für Small Non-Complex Undertakings (SNCU, kleine, nicht komplexe Unternehmen) bis mindestens alle drei Jahre (maximal fünf Jahre bei Genehmigung der Aufsichtsbehörde)

Wirkung: Diese Änderungen zielen darauf ab, die Berichtsanforderungen zu vereinheitlichen und gleichzeitig eine gewisse Flexibilität zu bewahren, um den unterschiedlichen Größen und Komplexitätsgraden der Unternehmen und Gruppen Rechnung zu tragen. Kleinere Versicherer profitieren von geringeren Anforderungen, größere Unternehmen müssen umfassendere und spezifischere Analysen vorlegen. Die Berichterstattungsanforderungen werden insgesamt differenzierter gestaltet und erhöhen die Verständlichkeit / Transparenz für Versicherungsnehmer. Die externe Prüfungspflicht der Solvenzbilanz impliziert die Sicherstellung der Auditierbarkeit der Reportingprozesse. Weitere Anpassungen bzw. Konkretisierungen der Berichterstattung (SFCR, RSR, ORSA, QRTs) werden auf den regulatorischen Ebenen 2 und 3 erwartet. 

5. Proportionalität 

  • Anhebung der Schwellenwerte: Erhöhung der Bruttoprämien-Grenze auf 15 Mio. € und der versicherungstechnischen Rückstellungen auf 50 Mio. €.
  • Vereinfachte Anforderungen: SNCU (kleine, nicht komplexe Unternehmen) können eine weniger häufige Überprüfung schriftlicher Leitlinien (in Bezug auf Risikomanagement, interne Kontrollen, interne Revision, Vergütung und ggf. Outsourcing) vornehmen. Diese Überprüfung muss mind. alle 5 Jahre erfolgen anstatt jährlich. Weiterhin profitieren sie von längeren Intervallen beim RSR-Reporting und können vereinfachte Modelle anwenden.

Wirkung: Entlastung kleiner Versicherer und Förderung des Proportionalitätsprinzips im Regulierungsrahmen. Langfristig kann dies zu Kosteneinsparungen führen. Zunächst werden Versicherer ihre Materialitätskonzepte reflektieren müssen, um die Eligibility Kriterien zu prüfen, Begründungen potenzieller Vereinfachungen abzuleiten und dabei die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Erwartungen sicherzustellen.

6. Makroprudenzielle Instrumente

  • Liquiditätsrisikomanagement: Einführung von Plänen für Liquiditätsrisiken sowie regelmäßige Aktualisierung
  • Aufsichtsbefugnisse für außergewöhnliche Umstände: In Krisenzeiten können Ausschüttungen von Dividenden ausgesetzt werden, um die finanzielle Stabilität zu sichern.

Wirkung: Versicherungsunternehmen werden höhere regulatorische Anforderungen im Hinblick auf makroprudenzielle Instrumente und das Liquiditätsrisikomanagement erfüllen müssen. Langfristig wird eine Stärkung der Stabilität des Versicherungsmarktes durch verbesserte Reaktion auf sektorweite Schocks erzielt.

Die EIOPA wird technische Standards (Regulatory Technical Standards - RTS) entwickeln, um eine konsistente Anwendung makroprudenzieller Instrumente in Bezug auf (Rück-) Versicherungsunternehmen sowie Gruppen sicherzustellen. Die RTS können zu einem erweiterten Reporting-Aufwand in Bezug auf makroprudenzielle Informationen führen, da sie möglicherweise zusätzliche Angaben erfordern.

7. Nachhaltigkeit und Klimarisiken

  • Integration von Nachhaltigkeitsrisiken: Der Betrachtungshorizont hat explizit den kurz-, mittel- und langfristigen Zeitraum bei der Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken abzudecken sowie Verpflichtung zur Entwicklung quantifizierbarer Ziele zur Risikobewältigung und Integration in den ORSA-Prozess.
  • Berichterstattung: Die im SFCR zu veröffentlichenden Informationen werden um eine Darstellung der erstellten Pläne und Angaben zu wesentlichen Klimawandelrisiken sowie eine kurze Beschreibung der Nachhaltigkeitsrisiken erweitert.
  • Szenarioanalyse zum Klimawandel im ORSA: Unternehmen mit einer wesentlichen Exposition gegenüber Klimarisiken werden verpflichtet, ausdrücklich mindestens zwei langfristige Szenariobewertungen als Teil des ORSA-Prozesses durchführen. Dabei ist ein Klimaszenario zu betrachten für globale Temperaturanstiege unter und über 2 °C.
  • Spezifische Pläne: Versicherungsunternehmen werden verpflichtet, spezifische Pläne aufzustellen und deren Umsetzung zu überwachen. Die Pläne beinhalten quantifizierbare Ziele und Verfahren, um die finanziellen Risiken, die sich kurz-, mittel- und langfristig aus Nachhaltigkeitsfaktoren zu überwachen und zu bewältigen, einschließlich der Risiken, die sich aufgrund des Anpassungsprozesses und der Trends beim Übergang ergeben.
  • Der EIOPA obliegt zusätzlich:
    • Alle fünf Jahre zu prüfen, ob durch Klimarisiken eine Anpassung des NatCat Risikomoduls und seiner Parameter erforderlich ist.
    • Eine Bewertung vorzunehmen, wie die Unternehmen mit dem Risiko des Verlusts an biologischer Vielfalt umgehen.
    • Die Erforschung, wie soziale und Governance-bezogene Risiken in Stress-Tests integriert werden können, insbesondere mit Blick auf einen langfristigen Zeithorizont.

Wirkung: Nachhaltigkeitsrisiken sind nun integraler Bestandteil des Risikomanagements. Versicherer müssen ihre Strategien auf Klimarisiken und ESG-Kriterien ausrichten, um nachhaltige Investitionen und eine zukunftsfähige Marktposition zu fördern. Dies wird nicht nur von den Regulierungsbehörden, sondern auch von Versicherungsnehmer:innen zunehmend gefordert. Versicherungsunternehmen können sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Die EIOPA ist beauftragt, weitere technische Standards in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken festzulegen. Darunter Mindestanforderungen und Methoden zu der Identifikation, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Nachhaltigkeitsrisiken. Dies ist frühestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie zu erwarten.

8. Gruppenaufsicht

  • Präzisierungen: Definitionen einer Gruppe, insbesondere in Bezug auf Versicherungsholdinggesellschaften und ihre Tochterunternehmen, einschließlich Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen aus Drittländern
  • Vereinfachte Methoden: Einführung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Gruppenaufsicht und Kriterien der Verhältnismäßigkeit für „kleine und nicht komplexe Gruppen“
  • Liquiditätsrisikomanagement: Einführung einer Anforderung für Liquiditätsrisikomanagementpläne auf Gruppenebene und die Möglichkeit von Ausnahmen für einzelne Unternehmen innerhalb der Gruppe
  • Aufsichtsbefugnisse: Erweiterung der Anforderungen an die Gruppenaufsicht sowie erweiterte Befugnisse der Aufsichtsbehörden, Klärung der Aufsichtsbefugnisse und -pflichten, einschließlich der Möglichkeit für Aufsichtsbehörden, strukturelle Anpassungen von Gruppen zu verlangen. Die Gruppenaufsicht ist zukünftig auch befugt in die Strukturen der Mutter/-Tochterunternehmen einzugreifen und Änderungen durchzusetzen, die eine Durchführung behindern.
  • Gruppensolvabilität: Einführung von vereinfachten Ansätzen im Rahmen der Bestimmung der Gruppensolvabilität zum Einbezug von verbundenen Unternehmen, deren Größe für die Gruppensolvabilität unwesentlich ist, wenn ansonsten Methode 1 Anwendung findet (Hinweis: nach vorheriger aufsichtlicher Genehmigung).

Wirkung: Insgesamt verfeinern die Änderungen die Kriterien zur Identifizierung von Versicherungsgruppen, klären den Umfang und die Durchführung der Gruppenaufsicht, verbessern die allgemeine Governance von Versicherungs- und Rückversicherungsgruppen und führen zu verbesserter Transparenz und konsistenteren Regulierungen grenzüberschreitender Gruppen.

Empfehlungen und nächste Schritte zur Umsetzung

Unternehmen sollten:

  • Gap-Analyse durchführen: Bewertung der Unterschiede zwischen bestehenden Prozessen und den neuen Anforderungen und Prüfung der Auswirkungen auf Geschäftstätigkeiten, Berechnungen sowie Berichtsanforderungen
  • Projektplanung und Umsetzung: Um die Anforderungen der neuen Richtlinie sowie weiteren Anpassungen aus dem Solvency II Review zu erfüllen, wird eine strukturierte Projektplanung und Umsetzung der Änderungen erforderlich
  • Strategische Prioritäten setzen: ESG-Kriterien und Nachhaltigkeitsziele integrieren, da diese zunehmend relevant für die Risikobewertung werden
  • Interne/externe Kommunikation: Frühzeitige Einbindung von Stakeholdern, einschließlich Aufsichtsbehörden, ist essenziell

Mit dem Solvency II Review wird die Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (IRRD) eingeführt. Betroffene Unternehmen müssen umfassende Sanierungs- und Abwicklungspläne entwickeln. Detaillierte Informationen dazu finden Sie hier.

Ausblick

Nach der erfolgten Veröffentlichung im EU-Amtsblatt trat die Richtlinie 20 Tage später, somit am 29. Januar 2025 in Kraft. Erstmals anzuwenden sind die neuen Vorschriften damit zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten am 30. Januar 2027. Die Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinien in diesen zwei Jahren nun in nationales Recht umzusetzen. Weitere Details zur überarbeiteten Richtlinie finden Sie im offiziellen Dokument vom 08.01.2025 im Amtsblatt der Europäischen Union (hier). Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass damit in den nächsten nicht mal 2 Jahren die Umsetzung bzw. Implementierung der Änderungen durch die Versicherer zu erfolgen hat und die Uhr zur Umsetzung bereits tickt.

Die Delegierte Verordnung 2015/35 auf Ebene 2 des Solvency-II-Rahmenwerks und weitere technische Standards sind während dieser Zeit ebenfalls anzupassen bzw. neu zu entwickeln. EIOPA wird eine größere Anzahl neuer Instrumente bereitstellen: Leitlinien (GLs), technische Standards (ITS/RTS), Berichte und technische Beratung. EIOPA wird zudem etwa 60 bestehende Instrumente überprüfen, um sicherzustellen, dass sie auf dem neuesten Stand sind und mit dem geänderten Rechtsrahmen übereinstimmen.

Die ersten Konsultationen dazu hat EIOPA seit Anfang Oktober 2024 (hier, hier und hier) bereits veröffentlicht. Die Fristen laufen bzw. liefen jeweils bis zum bis zum 02.01.2025, 09.01.2025 und 26.02.2025. Die Konsultationen betreffen unter anderem das Liquiditätsmanagement, die Krisenbewältigung, die grenzüberschreitende Aufsicht und das Nachhaltigkeitsrisikomanagement von Versicherungsunternehmen sowie das Markt- und Gegenparteienrisiko in der Standardformel. Die Entwürfe der EIOPA sollen der Europäischen Kommission in mehreren Phasen vorgelegt werden. Der Zeitplan für die öffentlichen Konsultationen ist wie folgt vorgesehen:

Die Konsultationen zur IRRD sollen Anfang 2025 beginnen. Weitere Informationen zur IRRD finden Sie hier.

Chance für Innovation und Resilienz

Die Überarbeitung der Solvabilität-II-Richtlinie stellt einen weiteren Meilenstein für die europäische Versicherungsbranche dar. Versicherungsunternehmen sollten die Übergangsphase aktiv nutzen, um sich strategisch und operativ auf die neuen Anforderungen einzustellen. Durch eine frühzeitige Planung und Investition in Ressourcen können sie nicht nur regulatorische Risiken minimieren, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile sichern.

Trotz aller Herausforderungen bleibt festzuhalten, dass die überarbeitete Solvabilität-II-Richtlinie nicht nur eine regulatorische Pflicht darstellt, sondern auch eine Chance, die Branche widerstandsfähiger und nachhaltiger zu gestalten. Versicherungsunternehmen sollten die Änderungen nicht als Bürde, sondern als Möglichkeit sehen, ihre Strukturen zu modernisieren und sich langfristig auf die Zukunft vorzubereiten. Mit einer klaren Strategie, engagierten Teams und der Bereitschaft, in Prozesse und Technologien zu investieren, können die neuen Anforderungen erfolgreich gemeistert werden.

Wir beobachten und analysieren die Entwicklungen des Solvency-II-Reviews laufend. Wir werden an dieser Stelle regelmäßig über den aktuellen Stand bzw. über Änderungen und den daraus resultierenden Herausforderungen berichten.

Deloitte als starker internationaler Partner

Den entstehenden Anpassungsbedarf können wir wirksam mit Ihnen gemeinsam bewerten, planen und effizient umsetzen. Mittels unseres internationalen und funktionsübergreifenden Teams - bestehend aus Aktuar:innen, Wirtschaftsprüfer:innen, Rechts-Expert:innen, Risikomanager:innen und Solvency-II-Expert:innen vereinen wir alle Aspekte des Solvency-II-Reviews.

Auf Basis unserer Expertise und internationaler Präsenz im Versicherungsumfeld unterstützen wir Sie mit traditionellen sowie innovativen und digitalen Ansätzen. Dies ermöglicht Ihnen, stets intelligente Lösungen für aktuelle Anforderungen zu entwickeln und diese länderübergreifend umzusetzen. Unsere erfahrenen Versicherungsexpert:innen ermitteln gemeinsam mit Ihnen im Rahmen eines Impact-Assessments Ihren Status quo, priorisieren die bevorstehenden Änderungen und zeigen auf Ihre Bedürfnisse angepasste Lösungsoptionen auf. Gemeinsam bereiten wir Sie für die Zukunft von Solvency II vor.

Für einen persönlichen Austausch zu den konkreten Umsetzungsimplikationen für Ihr Haus geben Sie gerne Bescheid – wir kümmern uns um einen Gesprächstermin.

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