Kunststoffe sind in ihrer Funktionalität strapazierfähig und langlebig. Diese wertvollen Eigenschaften können jedoch auch ein Problem darstellen, insbesondere, wenn Plastik als Verpackungsmaterial für schnelllebige Waren verwendet wird.
Laut einer Studie der Ellen MacArthur Foundation werden weltweit 86% der Kunststoffverpackungen nach einmaliger Verwendung einfach weggeworfen (Ellen MacArthur Foundation, New Plastics Economy). Dadurch fallen immense Mengen von Abfall an, mit gravierenden Auswirkungen für aktuelle und künftige Generationen. Die Gesundheit von immer mehr Lebewesen wird durch Mikroplastik beeinträchtigt. Bis zum Jahr 2050 wird laut Prognosen in den Weltmeeren genauso viel Plastik schwimmen wie Fisch. Neben den resultierenden Umweltschäden gehen auch enorme Materialwerte und der Rohstoff an sich verloren.
Die Sensibilisierung der Verbraucher hinsichtlich der Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Plastik erhöht den Handlungsdruck auf Unternehmen. Zudem zwingt die zunehmende Menge an Kunststoffverpackungen und hoher Margendruck zum Umdenken, insbesondere den Groß- und Einzelhandel. Innovationen im Hinblick auf Plastiksubstitution und Zirkularität von Materialien werden zunehmend attraktiv. Alternative Materialien und Prozessinnovationen können der strategischen Differenzierung der eigenen Produkte dienen, Kosten sparen und Risiken reduzieren.
Die Umstellung von Maschinen und Produktionsprozessen im Hinblick auf veränderte Materialien, gerade im Bereich der Kunststoffe, benötigt signifikanten zeitlichen Vorlauf und erfordert eine Vielzahl unterschiedlicher Kapazitäten. Frühzeitiges Handeln und strategische Kooperationen mit innovativen Partnern machen sich hier bezahlt.
Auch der Gesetzgeber reagiert: die EU verfolgt mit der Einführung der Plastikstrategie unter anderem den Plan, dass bis 2030 alle Plastikverpackungen recyclingfähig sein sollen. Die Änderung der EU Abfallrichtlinie aus dem Jahr 2015 und deren deutsche Umsetzung setzt klare Reduktionsziele: in einem ersten Schritt soll der jährliche Verbrauch von Plastiktüten pro Einwohner bis 2025 stark gesenkt werden. Der EU Vorschlag für eine Plastikrichtlinie geht sogar noch weiter und plant das Verbot bestimmter Einwegplastik-Produkte wie beispielsweise Strohhalme, Wattestäbchen und Plastikgeschirr.
Mit der Einführung des neuen Verpackungsgesetzes („VerpackG“) zum Januar 2019, das die aktuelle Verpackungsverordnung ersetzt, setzt der Gesetzgeber ein klares Zeichen hin zu mehr Zirkularität auf dem deutschen Markt. Für sogenannte „Erstinverkehrbringer“ von mit Produkten befüllten Verpackungen besteht hiermit eine Registrierungspflicht bei einer zentralen Registrierungsstelle. Zusätzlich wurde die Gebührenstruktur nachgeschärft, um die deutlich angezogenen Recycling-Quoten zu erreichen, welche zudem nur noch das werkstoffliche Recycling beinhalten. Dadurch werden Unternehmen, die recyclingfähige Materialien, Rezyklate und nachwachsende Rohstoffe in ihren Verpackungen verwenden, finanziell belohnt.
Ein weiterer Hinweis für einen verschärften Kurs der deutschen Regierung ist auch der im November 2018 vom Bundesumweltministerium veröffentlichte „5-Punkte-Plan für weniger Plastik und mehr Recycling“. Dieser plädiert unter anderem für eine deutsche Umsetzung des EU Vorschlags für eine Plastikrichtlinie bereits im Jahr 2019 statt erst in 2020.
Unternehmen können proaktiv auf diese Herausforderungen reagieren, indem sie zunächst ihren Einsatz an Plastik besser verstehen. Dabei hilft es, die eigenen Plastik- und Verpackungsströme sowie die komplexe regulatorische Landschaft zu analysieren, um mögliche Handlungsfelder zu identifizieren. Anschließend gilt es, zirkuläre Handlungsoptionen wie Reduktion oder Recycling sowie geeignete Materialien und disruptive Technologien, aber auch völlig neue Geschäftsmodelle, zu evaluieren. Bei der Entwicklung einer Kunststoff-Strategie stehen die Erwartungshaltung des Endkonsumenten mit Hinblick auf Funktionalität und Handhabung der Verpackung, sowie die Beschaffungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten innovativer, umweltschonender Materialien im Fokus. Des Weiteren ist für eine wirksame Implementierung einer Kunststoff-Strategie ein kontinuierlicher Austausch mit den richtigen Stakeholdern entscheidend.