Der deutsche Mittelstand ist derzeit von einer Vielzahl negativer externer und teilweise existenzbedrohender Faktoren betroffen. Mit Blick auf die erheblich gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten, dem demografischen Wandel und dem damit verbundenem Fachkräftemangel sowie die steigenden Personalkosten sieht der deutsche Mittelstand oftmals nur die „Flucht nach vorne“ und die Lösung in einer Standortverlagerung. Diese erfordert Fingerspitzengefühl, die Auswahl der entscheidenden Faktoren in der Analysephase und den nötigen Pragmatismus bei der finalen Auswahl des Standortes. Doch auch wenn dieses Unterfangen mit hohem Risiko verbunden ist, sind die Chancen zur Bewältigung der Herausforderungen mindestens ebenso groß und vielversprechend. Das hohe Erfolgspotenzial kann sich durch eine pragmatische Herangehensweise unter Berücksichtigung der entscheidenden und oftmals nicht nur offensichtlichen Faktoren ausgeschöpft werden.
Im Deloitte Supply Chain Pulse Check 2023 nannten 59 Prozent der Befragten die oben angeführten Faktoren als Hauptmotivation für ihre Entscheidung, im Ausland zu investieren. In diesem Zusammenhang wurden China und die USA als bevorzugte Standorte für neue Produktionsvorhaben der deutschen Industrie genannt.
Gerade für Unternehmen in Krisensituationen ist eine Standortverlagerung mit enormen Risiken verbunden. Zum einen verschärfen die hohen Verlagerungskosten eine bereits kritische Situation. Zum anderen können die damit verbundenen Veränderungen in der Produktion sowie der Lieferkette zu einer vorübergehenden weiteren Destabilisierung des Unternehmens führen.
Das hohe Risiko sollte demnach nur dann in Kauf genommen werden, wenn eine Verlagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem langfristigen Erfolg, bzw. zu einer Stabilisierung der Unternehmenssituation führt.
Hierbei führt, unserer Erfahrung nach, eine konzentrierte und pragmatische Herangehensweise zum Erfolg. Das Motto lautet also: „Fokussierung auf die wesentlichen Schlüsselfaktoren!“. Offensichtliche Schlüsselfaktoren wie Miet- und Personalkosten liegen bei der Betrachtung auf der Hand.
Wir sehen folgende Schlüsselfaktoren als entscheidende Grundlage bei der Standortanalyse:
Eine Krisensituation erfordert eine genaue Validierung der zu verlagernden Produkte und Dienstleistungen. Dabei ist häufig eine vorgelagerte Portfoliobereinigung unabdingbar, um eine Verlagerung von „Problemen“ in Form von defizitären Produkten bzw. Prozessen zu vermeiden. Detaillierte Kostenstrukturanalysen (Cost-Break-Downs - CBDs) unterstützen diese Analyse. Unsere Projekterfahrung der letzten Jahre untermauert die Aussage: OEMs und insbesondere deren Einkaufsabteilungen lassen sich auf Zahlen- und Faktenbasis gezielter davon überzeugen, dass eine Verlagerung für den Fortbestand des Unternehmens und folglich auch für die Sicherstellung der Lieferfähigkeit gegenüber dem OEM unumgänglich ist. Die aufwändige Suche und Akkreditierung einer „Second Source“ kann entfallen. Vielversprechende und gewinnträchtige Produkte werden verlagert, Produkte mit geringer oder negativer Marge werden, sofern möglich und für beide Parteien umsetzbar, aus dem Portfolio gestrichen und nicht verlagert. Die Portfolio- und Ursachenanalyse sollte nicht nur die aktuellen und potenziellen zukünftigen Kosten beachten, sondern auch die noch verbleibende Absatzmenge und die Kosten des Anfahrens in der neuen Produktion inkludieren.
Die Entscheidung für oder gegen eine Standortverlagerung und die damit verbundene Auswahl des optimalen Standorts sollten datenbasiert und zügig getroffen werden. Nicht die Anzahl der Analysen, sondern deren entscheidungsrelevante Aussagen erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit. An dieser Stelle bewährt sich häufig der klassische 80:20-Ansatz (siehe Grafik unten). Die unten genannten Fragestellungen und die damit verbundenen Diskussionen stellen aus unserer Sicht eine wesentliche Grundlage für den richtigen Analysefokus dar:
Die oben dargestellten Schlüsselfaktoren unterstützen insbesondere die Auswahl bzw. Analyse des geeigneten Standortes und zeigen nur einen Bruchteil der möglichen Einflussfaktoren. Der tatsächliche Aufwand der physischen und organisatorischen Verlagerungsumsetzung findet dann erst (noch) statt. Eine anschließende pragmatische und effiziente Umsetzung wird in unseren Augen insbesondere durch eine frühzeitige, adressatengerechte und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern erreicht.
Um unsere Einschätzung zu allen oben genannten Schlüsselfaktoren zu erhalten, laden Sie das PDF herunter.
Zusammenfassend ist erkennbar, dass die Standortverlagerung in Krisenzeiten für den deutschen Mittelstand große Chancen eröffnet, jedoch auch mit erheblichen operativen und finanziellen Risiken behaftet ist. Krisensituationen sind durch begrenzte finanzielle Mittel und Zeitdruck geprägt. Eine erfolgreiche Standortverlagerung erfordert daher einen pragmatischen, langfristig ausgerichteten Ansatz, der Aspekte wie Nachhaltigkeit, Kostenstabilität und Geschwindigkeit berücksichtigt. Mit umfassender Expertise und Projekterfahrung bei Standortverlagerungen und im Krisenmanagement kann Deloitte bei der Bewältigung dieser Aufgaben substanzielle Unterstützung leisten. Der ganzheitliche Ansatz, das weltweite Netzwerk und der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit qualifizieren Deloitte als einen verlässlichen Partner für Ihr Unternehmen, Ihre Herausforderungen sowie die Planung und Umsetzung einer möglichen Standortverlagerung.
Laden Sie unseren PoV zum Thema Standortverlagerung in Krisenzeiten beim deutschen Mittelstand hier herunter, um unsere Einschätzung zu allen oben genannten Schlüsselfaktoren zu erhalten.