Was machen wir mit dem Cashflow? Auch wenn es so klingen mag, ist das alles andere als ein Luxusproblem. Denn die Planung des internen Kapitaleinsatzes hat entscheidende Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Entsprechend knifflig gestaltet sich die Umsetzung. Es handelt sich um einen komplexen Entscheidungsprozess, der von Interessenkonflikten, Trade-offs und folgeträchtigen Festlegungen geprägt ist. Zugleich finden sich CFOs aktuell in einem unübersichtlichen und wandelbaren Umfeld, das immer wieder eine kurzfristige Anpassung von Plänen erzwingt. Umso wichtiger einen genaueren Blick auf das Thema Kapitalallokation zu werfen.
Die COVID-19-Krise hat verdeutlicht, wie kurzfristig neue Pläne nötig werden können. Eine der vielen Folgen der Pandemie ist, dass nun auch übergeordnete Trends wie Nachhaltigkeit und Klimawandel verstärkt auf ihre potenziell disruptiven Implikationen für Investitionen untersucht werden. Der Einfluss von Entwicklungen in der Steuerpolitik muss bei der Kapitalallokation ebenfalls berücksichtigt werden. Zur Debatte steht nicht nur die Maximierung der Kapitalrendite als solcher, sondern auch die Erfassung des Ertrags von einzelnen internen Investments sowie eine ausreichende Sicherstellung des zukünftigen Cashflows, ohne den jede Geschäftsstrategie Makulatur wird.
Diese Gemengelage an Faktoren macht es für den CFO nicht einfacher, die konkurrierenden Wünsche der involvierten Stakeholder zu moderieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vor dem Hintergrund dieser Faktoren ist es aber umso dringender, denn Fehler bei der Kapitalallokation können existenzbedrohende Folgen für das Unternehmen haben. Sie schwächen die Performance, rufen möglicherweise aktivistische Investoren auf den Plan und lösen schlimmstenfalls den Versuch einer feindlichen Übernahme aus.
In dieser Situation ist es für den CFO hilfreich, sich zunächst die unterschiedlichen Stakeholder im Unternehmen, ihre Interessen und vor allem auch ihre typischen Voreingenommenheiten zu vergegenwärtigen. Wer will was – und warum? Solcher „Bias“ existiert in einer Reihe von Varianten: etwa ein Beharren auf historischen Gepflogenheiten, ein zu enger Blickwinkel, übermäßiger Optimismus oder unkritisches Vertrauen auf Expertenmeinungen.
Die erste wichtige interne Stakeholder-Gruppe sind die Shareholder. Aktionäre erwarten strategische Klarheit und vorhersehbare Kapitalverwendung, sind skeptisch gegenüber Langzeitvisionen und haben ihre eigenen Vorstellungen über die Allokation von freiem Cashflow (Aktienrückkauf, Dividende). Der Aufsichtsrat dagegen legt sein Augenmerk auf die Integrität des Entscheidungsverfahrens. Er will sicherstellen, dass alle vorliegenden Optionen ausreichend geprüft werden, und verlangt darüber Rechenschaft. Besonders, wenn sich eine Entscheidung im Nachhinein als falsch herausstellen sollte, die zugrundliegenden Probleme zuvor aber nicht offen angesprochen wurden.
Der Vorstand wiederum entwickelt die strategische Vision und die konkreten Ziele der Kapitalallokation. Dabei versucht er, die Kapitalverwendung mit den Erwartungen der externen Stakeholder aus dem geschäftlichen Ökosystem in Einklang zu bringen. Die Finanzfunktion stellt die nötigen Informationen und Analysen für Entscheidungen zur Verfügung. Projektmanager setzen sich typischerweise leidenschaftlich für ihre kapitalintensiven Vorhaben ein.
Wie können CFOs diesen vielstimmigen Chor dirigieren, die unterschiedlichen Optionen fürs Portfolio richtig bewerten und im Dialog mit den Stakeholdern die bestmögliche Aufstellung herbeiführen? CFOs haben einen umfassenden Einblick in die Organisation, die Prioritäten und die Finanzen. Daher sind sie auch in der idealen Position, vorhandenen Bias abzubauen, indem sie einen objektiven, möglichst an messbaren Größen ausgerichteten Maßstab an die Forderungen und Projekte der Stakeholder anlegen.
Bei diesem „Messen“ geht es aber nicht nur um finanzielle Kennzahlen. Es empfiehlt sich vielmehr, eine Vielzahl an Kriterien und Blickwinkeln heranzuziehen. Für sehr große Projekte – „big bets“, die womöglich in die Milliarden gehen, sollte vor einer Entscheidung derselbe Aufwand getrieben werden wie bei der Akquisition eines Unternehmens gleicher Größenordnung. Dazu gehören auch eine Analyse und eine Optimierung der eigenen Entscheidungsprozesse, etwa durch zusätzliche Tools oder die Hinzuziehung externer Expertise. Bei kleineren Entscheidungen müssen die verschiedenen Optionen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
Um sie besser vergleichbar zu machen, können sie in einer Matrix verortet werden, die sie auf die Dimensionen Finanzen, Risiko und Strategie bezieht (Value Architecture). Dies macht die Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternativen für alle Stakeholder nachvollziehbar und verbessert so den Prozess. Zugleich schafft ein solches Vorgehen eine solide Grundlage für die Entwicklung eines zukunftsweisenden Portfoliomanagements, auch unter Einbindung technischer Hilfsmittel.
Kapitalallokation ist und bleibt ein komplexes Thema. Doch wenn CFOs es mit ihrer spezifischen Kompetenz richtig anpacken, verwandeln sie die Herausforderung in eine Chance und erzeugen einen echten Wettbewerbsvorteil. Ein durchdachtes Portfolio ermöglicht zukünftige Wachstumschancen und sichert zugleich ein robustes Fundament. Voraussetzung ist, dass CFOs ihre Stakeholder mit offenen, durchaus auch harten Fragen konfrontieren – aber eben auch deren eigene Belange ernst nehmen. Zusätzlich müssen CFOs die Risiken und Benefits der Projekte für die Führung transparent machen. Bei der Kapitalallokation können folgende Punkte hilfreich sein:
Mit den Schritten dieser – nicht abschließenden – Checkliste kommen CFOs schon ein gutes Stück des Weges voran. Was das Ziel ist, das sie dadurch erreichen können, ist jedenfalls klar: transparentere, effektivere und effizientere Prozesse für die Kapitalallokation, die zu besseren Entscheidungen führen und den Unternehmenserfolg nachhaltig sichern.
Weitere Informationen zum Thema Kapitallokation erfahren Sie aus unserer Crunch time Publikationsreihe sowie finden Sie unsere CFO Insights Artikel zu dem Thema hier.
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