Immer mehr Arbeitgeber ordnen eine Rückkehr ins Büro an – über einzelne Tage oder sogar die gesamte Arbeitszeit. Parallel übernehmen vor allem Frauen wieder einen wachsenden Anteil der Kinderbetreuung und kümmern sich deutlich mehr als Männer auch um die häusliche Pflege anderer Erwachsener. Die Women @ Work Studie 2024 zeigt: In dieser Zwickmühle aus zunehmenden beruflichen und privaten Verpflichtungen sind zahlreiche Arbeitnehmerinnen extrem belastet. Viele fühlen sich unzufrieden, entfremdet von ihrem Job, und sind mitunter gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Damit haben letztlich beide Seiten das Nachsehen, die Frauen und ihre Arbeitgeber.
Das Ende der Corona-Pandemie hat für Arbeitnehmerinnen in Deutschland neue berufliche Herausforderungen und Belastungen gebracht. Besonders auffällig ist dies bei angeordneter Präsenzpflicht im Büro. Das belegt die aktuelle Deloitte-Studie "Women @ Work", für die im vierten Jahr in Folge 5.000 Arbeitnehmerinnen aus zehn Ländern befragt wurden.
Zum Einstieg zeigt die Studie unter 500 Teilnehmerinnen in Deutschland, wie weit verbreitet eine derartige Büropflicht ist. So gab jede Fünfte an, dass ihr Arbeitgeber sie verpflichtet habe, an einigen Arbeitstagen ins Büro zu kommen; bei fast jeder Sechsten galt eine solche Verpflichtung für sämtliche Arbeitstage.
Von den Frauen mit einer teilweisen Verpflichtung, im Büro zu arbeiten, berichten 22 Prozent, dass sich dies negativ auf ihre Stressbelastung oder ihr psychisches Wohlbefinden ausgewirkt habe. In der zweiten Gruppe mit vollständiger Büropflicht berichteten sogar 37 Prozent von derartigen Folgen. Weltweit liegen die entsprechenden Zahlen etwas niedriger, bei 16 beziehungsweise 26 Prozent.
Zugleich zeigt die Studie, dass solche Vorgaben auch negative Auswirkungen für Arbeitgeber bringen – vor allem im Fall der vollständigen Büropflicht. Unter den Studienteilnehmerinnen mit einer derartigen Präsenzpflicht baten 32 Prozent um eine Reduktion ihrer Arbeitszeit. 29 Prozent sehen ihren Arbeitgeber aufgrund der Büropflicht negativer. 19 Prozent von ihnen schätzen sich selbst als weniger produktiv ein, und 22 Prozent sahen sich gezwungen, umzuziehen, um im Idealfall günstiger zu ihrem Bürostandort zu wohnen.
Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sind derartige Folgen für Arbeitgeber nicht zu vernachlässigen. „Je mehr Flexibilität der Arbeitgeber bietet, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich, insbesondere für Frauen“, erklärt Sandra Mühlhause, Chief People Officer bei Deloitte Deutschland. „Hybride Arbeitsmodelle sollten zusätzliche Freiräume schaffen, um Arbeitszeit und -ort je nach Bedarf an die individuelle Situation anzupassen.“
Die Studie bietet auch eine mögliche Erklärung, weshalb eine Büropflicht so problematisch für viele Frauen ist. So zeigt sie, wie viele Frauen sich neben ihren beruflichen Pflichten auch um Kinderbetreuung und häusliche Pflege kümmern – und wie ungleich diese Aufgaben verteilt sind.
Zum einen wächst der Anteil der Studienteilnehmerinnen, die die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung in ihrem Haushalt übernehmen, von 41 Prozent im Vorjahr auf 45 Prozent. Weltweiten stieg dieser Anteil ebenfalls um vier Prozentpunkte von 46 Prozent im Vorjahr auf 50 Prozent.
Noch stärker ist das Ungleichgewicht bei der Betreuung von Erwachsenen, wie etwa von pflegebedürftigen älteren Verwandten. Weltweit stieg der Anteil der Frauen, die die Hauptverantwortung für diese Aufgabe tragen, von 44 Prozent im Vorjahr auf 57 Prozent. Zugleich übernehmen weltweit nur zehn Prozent der Männer hier die Hauptverantwortung – ein Unterschied von 47 Prozentpunkten zuungunsten der Frauen.
In Deutschland ist dieser Unterschied noch größer. Hier tragen bei 54 Prozent der Paare die Frauen die Hauptverantwortung, und nur bei drei Prozent die Männer. Dieser Unterschied von 51 Prozentpunkten ist um fünf Punkte höher als im Vorjahr.
Eine weitere häufige Erfahrung, die eine Büropflicht für Frauen besonders belastend macht, ist das Arbeiten trotz Schmerzen. Denn diese können im Büro noch unangenehmer sein als bei der Arbeit von zu Hause aus. So gaben 16 Prozent der Studienteilnehmerinnen in Deutschland an, gesundheitliche Probleme im Zusammenhang mit ihrer Periode zu haben, fünf Prozent berichteten dies im Zusammenhang mit Kinderwunsch oder Schwangerschaft und vier Prozent in den Wechseljahren.
Schaut man sich diese Gruppe von Frauen an, die über solche gesundheitlichen Probleme berichten, fällt auf, wie viele von ihnen trotz Schmerzen auf Pausen verzichten. So gaben 39 Prozent von ihnen an, dass sie trotz starker Regelschmerzen arbeiteten. 32 Prozent arbeiteten auch bei starken Beschwerden im Zusammenhang mit den Wechseljahren und 35 Prozent trotz starker Leiden im Zusammenhang mit Kinderwunsch und Schwangerschaft.