Zusätzlich können diese Risiken danach differenziert werden, ob sie unternehmensextern oder unternehmensintern begründet sind.
Unter Personalrisiken werden alle Risiken subsumiert, die mit negativen Konsequenzen für die Belegschaft verbunden sind oder bei denen die Belegschaft selbst ein Risiko für den Unternehmenserfolg darstellt.
Unternehmensexterne Personalrisiken
Insbesondere solche Risiken, die durch den demografischen Wandel sowie die voranschreitende Digitalisierung bedingt sind, wurden von vielen Unternehmen in der Vergangenheit bereits identifiziert und werden weiterhin stark diskutiert. Es besteht hier konkret das Risiko der mangelnden Gewinnung, Bindung und Entwicklung von ausreichenden sowie qualifizierten Mitarbeitenden. Erschwert werden Erstere durch die sich wandelnden und verstärkt individualisierten Erwartungen der Mitarbeitenden an ihren Arbeitgeber – beispielsweise hinsichtlich Compensation und Benefits, Work-Life-Balance, sozialer Verantwortung oder Arbeitsortflexibilität. Insbesondere das Bedürfnis nach Arbeitsortflexibilität wurde durch die Corona-Pandemie verstärkt, weshalb Unternehmen vermehrt Remote-Arbeit, hybrides Arbeiten oder Workation anbieten. Der Arbeitsort stellt jedoch aufgrund soziökonomischer (z.B. Einkommen, Sozialversicherung, Steuern), politischer (z.B. Demonstrationen, Machtkämpfe) oder umweltbedingter (z.B. Klimakrisen) Gegebenheiten oftmals ein Personalrisiko dar.
Ein weiterer Faktor in diesem Kontext ist die freie und offene Kommunikation der Mitarbeitenden über ihren Arbeitgeber in sozialen Netzwerken wie LinkedIn, Twitter oder Instagram. Die Stimme der Mitarbeitenden ist dadurch global sichtbar, wird gehört und beeinflusst die Reputation eines Unternehmens.
Unternehmensinterne Personalrisiken
Im Zusammenhang mit den unternehmensexternen Risiken stehen die unternehmensinternen Risiken. Ein mangelndes und generisches Portfolio an Compensation, Benefits und Well-Being-Formaten sowie ungelebte kulturelle Werte wie Mitarbeiterpartizipation, Vertrauen oder Inklusion stellen Risiken insbesondere hinsichtlich der Gewinnung, Bindung und Leistung von Mitarbeitenden dar. Für die Leistung sind vor allem auch ein breites Angebot an Entwicklungsmöglichkeiten sowie die Definition und Umsetzung von Re-Skilling- und Up-Skilling-Konzepten erfolgskritisch. Übergeordnet ist eine strategische, quantitative und qualitative Personalplanung aufzustellen, die an den Business-Anforderungen ausgerichtet ist und Flexibilität zulässt, um schnell auf Marktanforderungen reagieren zu können. Hierzu kann zum Bei-spiel dynamisch auf externe Experten zurückgegriffen werden. Zudem ist es für Unternehmen zur Sicherstellung nachhaltiger finanzieller Investitionen sowie ihre positiver Reputation auf dem (Arbeits-)Markt entscheidend, ökologische und soziale Verantwortung zu übernehmen. Die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) sind hierbei zur transparenten Chancen- und Risikoidentifizierung heranzuziehen: Die umweltbezogenen Kriterien beziehen sich auf Auswirkungen auf die Umwelt (z.B. Ressourcenverbrauch, Verschmutzungen, Klimawandel oder Artenschutz). Die sozialen Kriterien umfassen Auswirkungen auf Mitarbeitende, Kunden:innen und Lieferanten (z.B. Menschenrechte, Weiterbildung, Arbeitsbedingungen und -sicherheit oder Vielfalt und Inklusion).Die Kriterien bezüglich der Governance subsumieren die Unternehmensführung und -kontrolle (z.B. ethische Richtlinien, Compliance oder Abwehr von Korruption).
Ein weiteres Personalrisiko, bedingt durch den verstärkten Einsatz (smarter) Technologien am Arbeitsplatz, besteht in einem verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit mitarbeiterbezogenen Daten. Bestehende Mitarbeiterdaten dürfen nicht willkürlich und unwissentlich verarbeitet werden. Ein intransparenter Einsatz von Technologien sowie eine unklare Verwendung von Daten oder Metriken können bei den Mitarbeitenden ein Gefühl der Arbeitgeberkontrolle auslösen und zu Misstrauen führen. Die Einhaltung der EU-Datenschutzgrundverordnung sowie nationaler Richtlinien ist sicherzustellen.
Um den Unternehmenserfolg nicht zu gefährden, ist es notwendig Personalrisiken als feste Komponente in das unternehmensspezifische Risikomanagement zu integrieren. Aufbauend auf der Identifikation und konkreten Definition dieser Risiken ist es wichtig, diese proaktiv zu managen und zu steuern. Hierzu sollten sie regelmäßig in verschiedenen Management Boards sowie HR-Gremien analysiert und diskutiert werden. Zusätzlich ist es von hoher Relevanz, die identifizierten Risiken bei der Definition der Un-ternehmensstrategie zu berücksichtigen. Die Grundlage zur Steuerung der Personalrisiken bilden entsprechend abgeleitete Metriken. Es sollten dabei nicht nur wirkungsbezogene Kennzahlen wie beispielsweise die Fluktuationsrate oder Personalkosten betrachtet werden, sondern vor allem auch die zugrundeliegenden Ursachen sowie verschiedene Szenarien. Eine immer bedeutendere Metrik stellt zum Beispiel der ESG-Score dar. Zur Definition der Metriken gehört vor allem auch die Beschreibung geeigneter Maßnahmen, um Risiken (pro)aktiv mindestens zu reduzieren.