Mit Neurobranding, bestehend aus der Deloitte NeedSphere als universeller Karte impliziter menschlicher Bedürfnisse und den Methoden der angewandten Neurowissenschaft zur objektiven Messung derselben in unterschiedlichen Kontexten, steht endlich auch ein Ansatz bereit, der es ermöglicht, Kreativprozesse in der Markengestaltung zu quantifizieren, zu objektivieren und somit zielgerichtet zu steuern. Der Prozess der Markenbildung folgt dabei einem festgelegten Schema mit fünf Schritten:
Im ersten Schritt werden sowohl die impliziten Bedürfnisse der Zielgruppe (Persona NeedSphere) als auch die Marke (Marken NeedSphere) auf derselben Karte verortet.
Im zweiten Schritt gilt es zu klären, welches Potenzial die eigene Marke aufweist. Wie weit kann sie in die Richtung eines bestimmten impliziten Bedürfnisses entwickelt werden, ohne sich zu weit von ihrer aktuellen Ausrichtung zu entfernen, da dies dazu führen könnte, dass andere, bestehende Kundengruppen verloren gehen? Anhand des Vergleiches zwischen Persona NeedSphere und Marken NeedSphere können mögliche Positionierungsräume der Marke abgesteckt und mit der Positionierung der Konkurrenz abgestimmt werden. Welche Differenzierungen von Mitbewerben wird angestrebt, welche Überschneidungen sind akzeptabel? Das Ergebnis dieser Vorüberlegungen liefert den strategischen Teil der Markenpositionierung und mit ihr eine Art „Sprungbrett“ für die anstehende kreative Arbeit.
m dritten Schritt ist daher festzulegen, mit welchen impliziten Bedürfnissen die Marke besonders in Verbindung gebracht werden soll. Manche Zielgruppen zeigen z.B. ein besonders ausgeprägtes Bindungs- und Stabilitätsbedürfnis, das weit über dem liegt, was im Markt bedient wird. Die Markenkommunikation sollte diese Bedürfnisse dann besonders in den Vordergrund stellen und beispielweise mittels Marketingmaterialien Werte wie Freundschaft, Zusammenhalt und Verlässlichkeit kommunizieren, um Needs wie Fürsorge, Geselligkeit und Sicherheit zu aktivieren. Andere Märkte weisen beispielsweise Kunden auf, deren wichtigste Bedürfnisse durch das Angebot bereits gut bedient sind, während andere Dimensionen, beispielsweise das Dominanz- oder Autonomiemotiv, kaum oder gar nicht bedient werden. In diesen Märkten steckt großes Wachstumspotenzial durch Abwerbung unzufriedener Kunden mit ausgeprägtem Dominanz- und Autonomiemotiv, z.B. durch rasante, schnell geschnittene und bildlich aufregende Werbung, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Erfolgssymbole enthält (z.B. ein prestigeträchtiges Haus). Und damit sind wir auch schon beim vierten Schritt, der eigentlichen kreativen Umsetzung und Kommunikation.
Die in Schritt drei identifizierten, besonders relevanten Bedürfnisse müssen über die gesamte Customer Journey kommuniziert werden, sodass alle Markenerfahrungen an sämtlichen Kontaktpunkten damit übereinstimmen und ein konsistentes Markenbild ergeben. Um den Schritt von der Identifikation der relevanten Needs zur Ansprache und Aktivierung derselben zu erleichtern, wurde ein Set von zwölf NeedSphere Markenarchetypen entwickelt, die jeweils zwei der NeedSphere Bedürfnissen entsprechen: beispielsweise der Archetypus „Ruler“ mit den impliziten Bedürfnissen Führung und Ordnung. Damit haben Kreativgestalter eine Art symbolische, charakterliche Casting-Liste z.B. für Protagonisten der Werbekampagne an der Hand, die zugleich dabei hilft, die Brandstory zu schärfen. Es ist aber auch in anderen Gestaltungsbereichen hilfreich, die sich mit der allgemeinen „Brand Story“ der Marke abgleichen lassen.
Bevor es an die konkrete Produktion geht, bietet sich deshalb grundsätzlich die Entwicklung dieser Brand Story als einer übergeordneten „Ur-Erzählung“ der Marke an. Sie setzt sich zusammen aus den relevanten Archetypen (idealerweise zwei), sowie den „Antagonisten“ der Marke, dem inneren „Purpose“ der Marke und schließlich ihren „Superpowers“, also ihrem Daseinszweck und ihren ganz besonderen Fähigkeiten. Der NeuroBrand Ansatz gibt hier spezifische Anleitung und Orientierung, die als ein reichhaltiger, sinnstiftender Hintergrund fungieren und so beim Kreativprozess inspirieren und helfen kann.
Der letzte Schritt des Prozesses, der zusammen mit der Umsetzung eine Einheit bildet und beliebig oft wiederholt werden kann, besteht dann darin, die Ergebnisse des Kreativprozesses mittels impliziter Onlinetests auf der Deloitte NeedSphere zu verorten, um sicherzustellen, dass auch wirklich alle relevanten Bedürfnisse abgedeckt und die in Schritt drei identifizierten Kernbedürfnisse adressiert wurden. Zudem können mittels angewandter neurowissenschaftlicher Verfahren wie EEG und Eyetracking jene Stellen in der Umsetzung identifiziert werden, die aus Sicht des Kunden weiteren Handlungsbedarf erkennen lassen. Pain-Points und Störelemente in Kreativkonzepten, Marketingstrategien oder Re-Branding-Konzepten werden so bereits im Vorfeld eines Launches identifiziert.
Entsprechende Refinements spielen insofern eine wichtige Rolle, da darauf aufbauende strategische Entscheidungen ergebnisbasiert getroffen werden können. Plant beispielsweise ein globales Getränkeunternehmen die Einführung eines neuen Produkts, um eine neue Kundengruppe anzusprechen, hat das Produkt dafür in der Regel nur einen Anlauf. Missglückt der Launch, weil z.B. die impliziten Bedürfnisse der Zielgruppe nicht ausreichend angesprochen wurden, schafft es das Produkt in der Regel auch nicht mehr auf den Markt.Der Neurobrand Ansatz macht dieses Risiko sichtbar und erlaubt dadurch aktives Management des Prozesses.