Deutsche Unternehmen sind nach wie vor zurückhaltend mit Ausrüstungsinvestitionen, die deutlich unter dem Vor-Pandemie-Niveau liegen. 2025 ist dank sinkender Zinsen von einer allmählichen Erholung auszugehen, die strukturellen Herausforderungen lassen aber keine dynamische Entwicklung erwarten.
Moderne Maschinen, Geräte und Technologien sind aus vielen Gründen wichtig für Unternehmen, aber auch für die gesamte Volkswirtschaft. Sie tragen zu einer effizienteren Produktion bei, unterstützen die Erweiterung von Produktionskapazitäten, steigern die Innovationsfähigkeit und helfen Unternehmen in Summe, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Daher ist es besorgniserregend, dass private Investitionen in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge seit einigen Jahren in Deutschland stocken (Abbildung 1). Bis Anfang 2019 investierten die Unternehmen noch kontinuierlich in Ausrüstungen. Die damals schon beginnende Schwäche in der Industrie sorgte jedoch dafür, dass sich die Investitionsdynamik im Laufe des Jahres, also bereits vor der Pandemie, verlangsamte. Während der Pandemie brachen die Investitionen ein, erholten sich jedoch mit der schrittweisen Belebung der Wirtschaft und öffentlichen Förderung der Investition moderat. Der Ukraine-Krieg und die hohen Preissteigerungen brachten diese Erholung jedoch wieder zum Stocken.
2024 ging es nach einem schwachen zweiten Halbjahr 2023 weiter bergab. Aktuell scheint der Abwärtstrend der privaten Ausrüstungsinvestitionen jedoch vorerst gestoppt zu sein. Die Unternehmen haben im dritten Quartal 2024 wieder etwas mehr investiert als in den Vormonaten. Insgesamt liegen die privaten Investitionen von Unternehmen in Ausrüstungen aber nach wie vor deutlich (c.-10%) unter dem Vor-Pandemie-Niveau.
Abbildung 1: Die langjährige Schwächephase fing schon Anfang 2019 an
Nicht-staatliche Ausrüstungsinvestitionen (2019Q4 = 100), preis-, kalender- und saisonbereinigt, Kettenindex
Quelle: Statistisches Bundesamt, Deloitte Berechnungen
Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass in Deutschland in den letzten Jahren weniger investiert wurde als in anderen europäischen Ländern (Abbildung 2). Der Abstand zu anderen großen EU-Ländern nimmt außerdem seit 2020 tendenziell zu, was darauf hindeutet, dass Deutschland-spezifische Einflussfaktoren auf die Investitionen an Bedeutung gewonnen haben.
Abbildung 2: Deutsche Unternehmen investieren weniger als ihre europäischen Pendants – Abstand zunehmend
Brutto-Investitionsrate der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften als Prozent der Bruttowertschöpfung
Quelle: Eurostat
Die Gründe für die Investitionszurückhaltung der deutschen Firmen sind vielfältig. Grundsätzlich sind für Investitionsentscheidungen vor allem die mittel- und langfristigen Wachstumsperspektiven wichtig, aber auch Faktoren, die die Finanzierbarkeit und Planbarkeit der Investitionen beeinflussen. Während die Wachstumsperspektiven von strukturellen Faktoren abhängen, beeinflussen die konjunkturelle Faktoren die Finanzierung und Planung.
Hinsichtlich der Wachstumsperspektiven bereitet die Attraktivität des Standortes Deutschland den hiesigen Firmen schon eine Weile Kopfzerbrechen. Der hohe Bürokratie-Aufwand, zunehmende Regulierung, Energiepreise sowie der Stand der Infrastruktur beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts negativ. Dies zeigt sich auch in verschiedenen Rankings und Umfragen. Im IMD World Competiteveness Ranking ist Deutschland in den vergangenen zwei Jahren deutlich nach unten gerutscht: Im Jahr 2022 belegte es noch Platz 15, aktuell Platz 24 von 671. Zudem betrachten die Unternehmen in Deutschland laut dem Deloitte CFO Survey die zunehmende Regulierung als den zweitwichtigsten Risikofaktor für ihr Unternehmen2.
Neben den strukturellen Einflüssen haben zuletzt auch konjunkturelle Faktoren die Investitionstätigkeiten gebremst. Höhere Leitzinsen führten in den letzten Jahren zu höheren Finanzierungskosten für Unternehmen. Die restriktive Geldpolitik hat die Investitionen in den kapitalintensiven Industriesektoren insgesamt stärker gedrosselt als in den Dienstleistungsbrachen, was Deutschland als Industrienation deutlich gespürt hat.
Insgesamt hat dies dazu geführt, dass die (wirtschaftspolitische) Unsicherheit nach wie vor auf einem hohen Niveau liegt. Ein von Ökonomen der Universität Stanford entwickelter Unsicherheitsindex, der Economic Policy Uncertainty Index, zeigt, dass die Unsicherheit im wirtschaftlichen Umfeld seit 2022 hier zu Lande sehr viel höher ist als in Europa oder in den USA (Abbildung 3). Die Nähe zum Krieg in der Ukraine und die Energiekrise tragen sicherlich dazu bei. Das kontinuierlich deutlich höhere Niveau der Unsicherheit in Deutschland legt jedoch nahe, dass die (wirtschafts)politischen Rahmenbedingungen ebenfalls eine Rolle spielen.
Abbildung 3: Unsicherheit in Deutschland deutlich höher als in Europa³ oder in den USA
Quelle: www.PolicyUncertainty.com
In naher Zukunft ist von einer allmählichen Erholung der privaten Investitionstätigkeiten in Bezug auf Ausrüstungen auszugehen. Niedrigere Finanzierungskosten sollten die privaten Investitionen stützen. Laut der Bank Lending Survey von EZB erholt sich die Kreditnachfrage der Unternehmen in Deutschland bereits leicht⁴ . Der entsprechende Index ist vom ersten zum zweiten Quartal 2024 (von -12,9 auf +16,1) gestiegen und hat im dritten Quartal leicht nachgelassen. Dennoch verharrt er mit +13,3 im positiven Bereich seit Ende 2022 und das nun den zweiten Monat in Folge. Die Abwärtstendenz bei den Kapitalkosten wird sich wohl in den kommenden Quartalen mit weiteren geldpolitischen Lockerungen fortsetzen und somit dürfte die Nachfrage nach Krediten weiter steigen.
Allerdings ist eine dynamische Entwicklung wenig wahrscheinlich. Ergebnisse des Deloitte CFO Survey geben nur wenig Hoffnung auf einen starken Aufschwung. Der Indexwert der Investitionsabsichten liegt weitgehend unverändert nahe der Nulllinie. Das heißt, die Unternehmen wollen ihre Investitionsvolumen etwa gleich halten. Es gibt jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Branchen: während im verarbeitenden Gewerbe die Pläne zurückgegangen sind, wollen die Dienstleistungsfirmen wieder etwas mehr investieren5.
Insgesamt ist zu erwarten, dass die wirtschaftliche Aktivität im Inland sowie im EU-Ausland allmählich anzieht. Folglich dürfte die Kapazitätsauslastung wieder leicht steigen, was sich wiederum positiv auf die Investitionen in Ausrüstungen auswirken sollte. Die Jahreswachstumsrate der privaten Ausrüstungsinvestitionen dürfte nach einem erheblichen Rückgang von circa 6 Prozent in 2024 im nächsten Jahr bei 0,2 Prozent6 liegen, und sich in 2026 auf 1,8 Prozent erhöhen.
Dies ändert allerdings nichts daran, dass ein sehr viel höherer Anstieg der Investitionen erforderlich wäre, um den Rückgang der letzten Jahre wettzumachen, das Wachstum anzukurbeln und sich für Herausforderungen wie den demographischen Wandel und die Innovationslücke gegenüber den USA aufzustellen. Kurzfristig bleibt zu hoffen, dass sich neben den sinkenden Zinsen auch die Unsicherheit nach den Bundestagswahlen verringert und dies positive Effekte hat. Allerdings müssen auch die strukturellen Herausforderungen adressiert werden, ansonsten werden von der Investitionsseite wenig Impulse für das Wirtschaftswachstum kommen. Diese wären aber umso wichtiger, da über den traditionellen Wachstumstreibern der deutschen Wirtschaft – den Exporten – viele geopolitische Fragezeichen stehen.
1 IMD, World Competitiveness Ranking
2 Deloitte CFO Survey Herbst 2024 | Deloitte Deutschland
³ Europa-Index beinhaltet folgende Länder: Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, UK
4 Bank Lending Survey für Deutschland | Deutsche Bundesbank
5 Deloitte CFO Survey Herbst 2024 | Deloitte Deutschland
6 Deloitte Research (2024)