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Dekarbonisierung bis 2030: Eine strukturelle Herausforderung

Neue Studie von Deloitte: Wie kann der Energie- und Natürliche Resourcen-Sektor seine Klimaziele erreichen?

Der Abschied von fossilen Kohlenwasserstoffen als Brenn- und Rohstoffe ist ein zentrales Handlungsfeld im Kampf gegen den Klimawandel. Viele Unternehmen und Sektoren haben sich verpflichtet, ihre Dekarbonisierung bis 2050 vollständig umzusetzen – auch solche aus dem Bereich Energie & Natürliche Resourcen. Doch für sie ist diese Zielsetzung naturgemäß besonders anspruchsvoll. Von der Chemiebranche bis zu den Energieversorgern: Eine neue Studie von Deloitte zeigt auf, wie Unternehmen dieser Branchen die Dekarbonisierung umsetzen und bis 2030 wichtige Zwischenziele erreichen können.

Die Energiewende ist in vollem Gange. Der globale Energiemix verschiebt sich unaufhaltsam von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien. Die COVID-19-Pandemie hat durch eine Krisen-bedingte „Verschnaufpause“ für das Klima noch einmal ein neues Schlaglicht auf die Thematik geworfen. Angesichts des Klimawandels müssen sich auch Unternehmen aus dem Sektor Energien & Natürliche Ressourcen (E&R) den Weg der Dekarbonisierung einschlagen. Und zwar nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch schon aus geschäftlichen Überlegungen. Wie die neue Studie von Deloitte zeigt, schaffen diverse Treiber massiven Handlungsdruck. Klimapolitische Proteste sind an der Tagesordnung, Kunden verlangen zunehmend „grüne“ Produkte, Beschäftigte wollen bei nachhaltigen Arbeitgebern tätig sein. Politik und Regulatoren reagieren mit neuen Regelungen, zum Beispiel die EU, die bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen will. Auch Investoren legen immer größeren Wert darauf. So hat Larry Fink, CEO des Vermögensverwalters BlackRock, angekündigt, zukünftig nicht mehr in Firmen zu investieren, die mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes aus Kohleenergie bestreiten (Quelle). Zugleich erhöhen neue, erschwinglichere Technologien, etwa im Bereich der Energiespeicherung, die geschäftliche Attraktivität der Dekarbonisierung. Doch wie soll der E&R-Sektor diese Impulse umsetzen, dessen Geschäft bisher auf fossilen Materialien gründet? Die neue Deloitte-Studie gibt hierauf eine Vielzahl von Antworten, indem sie die Handlungsoptionen verschiedener Branchen untersucht – z.B. Chemieindustrie, Öl- und Gasindustrie oder Energiewirtschaft und -versorger. Die Lösung liegt dabei nicht nur in der Steigerung der Energieeffizienz, sondern vor allem auch im Aufbau „dekarbonisierter“ Geschäftsmodelle und in der Zusammenarbeit in neuen Ökosystemen. 

Ein wichtiger Schritt ist die Steigerung der Effizienz des Ressourcen- und Energieeinsatzes in der Produktion – ein Feld, auf dem die Branche langjährige Erfahrung hat. Datengetriebene Lösungen können hier zusätzliche Effizienzgewinne freisetzen. Eine weitere Option liegt im Umstieg auf nachhaltige Rohstoffe wie etwa Pflanzenfette, Lignin, Zellulose, Zucker oder Abfälle. Da diese aber oft weniger effizient sind und auch von anderen Branchen nachgefragt werden, ist die Wirksamkeit solcher Maßnahmen begrenzt. Ein dritter Bereich ist der verstärkte Verzicht auf die Erzeugung von Neumaterial mit großem CO2-Fußabdruck (Polymere, Verpackungen, Lösungsmittel usw.) und die Einführung einer Kreislaufwirtschaft, z.B. durch mechanisches oder chemisches Recycling von Plastikabfällen.

Zusammen können die drei genannten Optionen bis zu 40 Prozent zur Dekarbonisierung der Branche beitragen – notwendig, aber nicht ausreichend zur Erreichung der Klimaziele. Weitergehende Einsparungen erfordern eine umfassende Umstellung auf erneuerbare Energiequellen, etwa durch die Verwendung von „grünem“ Wasserstoff. Hierfür sind allerdings noch einige Herausforderungen zu bewältigen, da z.B. die nachhaltige Erzeugung dieses Energieträgers selbst sehr energieintensiv ist. Eine andere Option ist ebenfalls noch nicht völlig ausgereift, hat aber Potenzial: Blauer Wasserstoff, und damit der Rückgriff auf Produkte aus der CO2-Abscheidung und -Weiterverarbeitung (Carbon Capture & Usage). Generell muss sich die Chemieindustrie auch bewusstmachen, dass Konsumenten zukünftig nachhaltigere Substitute nachfragen werden. Beispiele dafür sind Rezyklate, Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe oder sonstige Alternativen.

Zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks in der Wertschöpfungskette stehen zwar viele Optionen zur Verfügung: Elektrifizierung und erneuerbare Energiequellen, Effizienzsteigerung, verbesserte Logistik oder Digitalisierung der Produktion. Langfristig werden diese Unternehmen aber nicht darum herumkommen, auch ihre Geschäftsmodelle fundamental umzubauen. Ein naheliegender Weg ist die Diversifizierung in andere Formen der Energieerzeugung. Öl-Multis setzen auf Kompetenz in erneuerbaren Energien und erwerben wachstumsstarke Unternehmen etwa aus der Solarbranche. So hat der Konzern BP sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2050 CO2-neutral zu werden und sich vom Ölproduzenten zum Anbieter nachhaltiger Energie und entsprechender Dienstleistungen zu entwickeln. Dafür sollen 50 Gigawatt nachhaltige Kapazität aufgebaut werden. Teil der Strategie ist die enge Zusammenarbeit im Ökosystem, im Fall von BP etwa durch Kooperation mit Großstädten sowie eine Ausweitung der Kundeninteraktionen. Der spanische Energiekonzern Repsol wiederum hat sich mit Automobilhersteller Kia zusammengetan und den nachhaltigen Carsharing-Dienst WiBLE gegründet. Ein zweiter Pfad für neue Geschäftsmodelle liegt in den schon erwähnten Ansätzen, CO2 abzuscheiden. Das Massachusetts Institute of Technology entwickelte z.B. ein System, das der Luft CO2 entzieht und als wertvollen Rohstoff nutzbar macht.

Öl- und Gasunternehmen müssen sich allerdings damit auseinandersetzen, dass erneuerbare Energien oft geringere Margen aufweisen als das angestammte Geschäft. Andererseits können dadurch auch typische Industrierisiken verringert werden, etwa durch Verzicht auf Offshore-Förderung. Für die Finanzierung der Transformation bietet es sich an, die Kapitalallokation für Investitionsausgaben neu zu justieren und z.B. Ausgaben für große Explorationsprojekte zurückzufahren. Auch die Dividendenpolitik sollte kritisch überprüft werden.

Neben dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung sind auch für Versorger neue Geschäftsmodelle und Kooperationen im Ökosystem notwendig. Viele Versorger investieren in Microgrids oder sie fördern lokale Solaranlagen und Peer-to-Peer-Energiehandel. Naheliegend sind außerdem Angebote zur Elektromobilität und neue Dienstleistungen, die dem Verbraucher helfen, seinen CO2-Beitrag zu senken.

Attraktiv sind für die Branche besonders datengetriebene Ansätze, mit denen das Endkundengeschäft, das Netzwerk-Management und die Erzeugung verbessert werden kann. Der erste Bereich ist von großer aktueller Relevanz, da derzeit verstärkt neue Wettbewerber den Markt betreten. Auch wenn es sich dabei teils um Start-ups handelt, stehen hinter ihnen oft finanzstarke Konzerne aus anderen Branchen. Wie eine Deloitte-Studie zum Retail-Power-Segment darlegt, ist eine nähere Beschäftigung mit den Bedürfnissen privater und gewerblicher Kunden durch verstärkte digitale Interaktion und die Entwicklung entsprechender Angebote ratsam. Zugleich kann Digitalisierung bei der Kostensenkung helfen. Auch im Netzwerkbereich sind innovative Lösungen gefragt, etwa zum Thema Smart Grid und dezentrale Energieerzeugung (z.B. durch privaten Solarstrom). Hier sollten Unternehmen auch auf Regulatoren zugehen, um faire Lösungen und Vergütungen zu erreichen. In der Argumentation kann auf Kenngrößen wie Kundenzufriedenheit oder Versorgungssicherheit hingewiesen werden. In der Energieerzeugung sind neben dem Einsatz neuer smarter Technologien verstärkt regionale Überlegungen sowie das Abschalten von Kohlekraftwerken mit einzubeziehen.

Risiken und Chancen der Dekarbonisierung

 

Erfolg in der Energie-Transformation setzt neben Effizienzsteigerung, erneuerbaren Energien und neuen Geschäftsmodellen auch eine konsequente Beachtung der Transformations- und Klimarisiken voraus. Denn dies wird von Stakeholdern immer stärker verlangt. Finanzielle Risiken ergeben sich durch die zukünftige Abwertung fossiler Assets, die derzeit noch als lukrative Infrastruktur gelten, etwa Gas-Pipelines. Auch ungewollte ökologische oder soziale Folgen von Dekarbonisierungsmaßnahmen sind denkbar. So könnten Kohlekraftwerke, die von Konzernen veräußert wurden, zu Firmen übergehen, für die Sustainability-Kriterien eine geringere Rolle spielen. Microgrids wiederum erhöhen zwar die Versorgungssicherheit. Sie könnten aber auch gesellschaftliche Spaltung bewirken, wenn sozial benachteiligte Gebiete ausgeschlossen bleiben. Dazu kommen physische Risiken durch den Klimawandel, wie zum Beispiel vermehrte Stürme und Dürreperioden. 

Auch wenn der Druck zur Dekarbonisierung auf E&R-Unternehmen derzeit von allen Seiten steigt: Zugleich eröffnen sich auch neue, langfristige Wachstumspfade, mit denen sie diese Situation erfolgreich bewältigen können. Eine nachhaltige Energiewirtschaft wird immer machbarer und von Regulatoren zunehmend gefördert, neue Ökosystem-Partnerschaften und Märkte entstehen. 

Deloitte unterstützt Ihr Unternehmen bei der Erreichung der Klimaziele

 

Wir helfen Unternehmen, realistische Dekarbonisierungsziele zu definieren und Wege aufzuzeigen, wie man diese Ziele erreichen und in die Strukturen, Systeme und Prozesse von Unternehmen abbilden kann. Dies reicht von einer nachhaltigen Lieferkette über eine dekarbonisierte Produktion bis hin zu neuen, nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen. Wir helfen bei der Finanzierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, bei der Kommunikation mit den Finanzmärkten und bei der nicht-finanziellen Berichterstattung entlang der sich gerade entlang von 50 Indikatoren entwickelnden EU-Taxonomie und Offenlegungspflichten.

Deloitte Sustainability Update

 

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