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Verhaltens­ökonomie & Innovations­management

Neue Strategie der Entscheidungs­findung

Komplexe Zukunftsfragen und der harte Wettbewerb auf globalisierten Märkten machen Innovationen immer wichtiger. Doch bringen neuartige Entwicklungen zunächst unsichere Erfolgsaussichten und Spannungen zwischen kurz- und langfristigen Unternehmenszielen. Die Lösung: Ein weitsichtiges Management von Innovationen, das die Entscheidungsfindung über Investitionen in vielversprechende Ideen grundlegend verändert. Neue Handlungs- und Denkmuster sind vonnöten. Ansätze aus der Verhaltensökonomie schaffen dabei Abhilfe.

Von Nicolai Andersen, Chief Innovation Officer, und Dr. Alexander Börsch, Leiter Research

Geht es um Geldfragen, handeln Menschen wohl überlegt. Sie wissen, welche Risiken sie eingehen wollen, sammeln Informationen über Anlageoptionen und bauen ein diversifiziertes Portfolio von Wertpapieren auf. So weit die Kapitalmarkttheorie. In der Realität verhalten sich Anleger meistens irrational – sie fahren auf Sicht, hängen am Status quo und investieren zu wenig in die ferne Zukunft. Kurzfristige Erwägungen schlagen den langfristigen Nutzen. Der Grund: Emotionen, Verlustängste und mentale Modelle beeinflussen unsere Entscheidungen. Inwieweit lassen sich solche verhaltensökonomischen Erkenntnisse auf das Innovationsmanagement übertragen und was lernen wir daraus?

Unternehmen stehen vor einer ähnlichen Herausforderung wie Anleger: Auf lange Sicht ist der Geschäftserfolg stark von Innovationen abhängig. Kurzfristig gibt es aber viele Anreize, Geld anders zu investieren. Innovationserfolge sind mit Unsicherheit behaftet, ihre Erträge schwierig zu planen. Verstärkt wird der ökonomische Zwang durch den Konkurrenzdruck: Innovationen stehen in Wettbewerb mit Projekten, die kurzfristig verlässliche Profitoptimierung versprechen. Welche Lösung bietet sich an? Das Management sollte die Entscheidung über Innovationsbudgets und -ressourcen aus einer strategischen und langfristigen Perspektive heraus treffen. In der Konsequenz bedeutet das, Innovationsbudgets nicht in Konkurrenz zu den Budgets von Projekten mit kurzem Zeithorizont treten zu lassen. Stattdessen sollten sich Unternehmen auf ein bestimmtes dauerhaftes Niveau des Innovationsbudgets verpflichten, das ihre Wachstumsziele widerspielgelt und dies auch kommunizieren.

Ein weiteres Verhalten, das Investoren an den Tag legen: Sie halten oft zu lange an verlustreichen Wertpapieren fest, auch wenn sich ertragsreichere Alternativen für ihre Investments bieten. Die Erklärung liefert die Verhaltensökonomie. Der Besitz von etwas führt zu emotionaler Verbundenheit. Im Anleger-Beispiel wird der Verkauf von verlustreichen Wertpapieren als emotionaler Schmerz empfunden und daher vermieden. Hinzu kommt, dass Investoren oft die Kursentwicklung einzelner Wertpapiere in den Blick nehmen, statt die ihres gesamten Portfolios. Innovationsmanager können sich diese Erkenntnisse zunutze machen. Denn oft investieren Unternehmen zu lange in aussichtslose Projekte, in der Hoffnung, dass diese zumindest ihre Anfangsinvestitionen amortisieren. Ähnlich wie Investoren sind Manager gut beraten, bei Innovationsprojekten eine Portfolioperspektive einzunehmen. So stehen die Gesamtheit der Projekte und ihre Ergebnisse im Fokus – analog zu einem Investmentfonds, bei dem das Gesamtergebnis für die Investoren interessant ist. Einige Innovationsprojekte werden scheitern, während andere Erfolge nach sich ziehen werden. Unter dem Strich zählt aber das positive Gesamtergebnis. Das kann nur dann wirklich positiv werden, wenn das Portfolio auch aktiv gemanagt wird, d.h. die Zusammensetzung der Projekte regelmäßig überprüft wird.

Der zweite Punkt betrifft die Struktur und die Zusammensetzung des Innovationsportfolios. Innovationsprojekte unterscheiden sich nach Risikolevel und Ertragspotential. Ausgehend von diesen Kriterien sollten Innovationsmanager ihre Projekte nach Risiko und Renditeaussichten klassifizieren und auf ein Portfolio abzielen, das nicht nur nach klar definierten Zielen gesteuert und regelmäßig überprüft wird, sondern auch auf die Wachstumsambitionen des Unternehmens ausgerichtet ist. Fondsmanager kalibrieren ihr Portfolio je nach angestrebter Zielrendite und dem Risikobudget. Aggressive Renditeziele führen zu risikoreichen Investments, konservative Anleger setzen auf Sicherheit und haben geringere Gewinnaussichten. Verfolgen Unternehmen ambitionierte Wachstumsziele, sollten sie auf ein Innovationsportfolio aus radikalen, risikoreichen Innovationen mit hohen Ertragspotenzialen setzen.

Zukunftsorientierte Unternehmen brauchen eine neue Strategie der Entscheidungsfindung. Durch die Verknüpfung von Innovationsbudgets mit langfristigen strategischen Zielen öffnet sich der Blick für bahnbrechende Innovationen. Der Fehler, überwiegend inkrementelle Innovationen zu fördern und Verbesserungen des Bestehenden herbeizuführen, wird vermieden. Das macht Unternehmen auf Dauer wachstumsstark und zukunftsfähig.

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