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Factoring bei M&A-Transaktionen

Welche Formen von Factoring existieren und wie sind diese beim Net Debt Abzug zu behandeln?

Factoring stellt eine gängige Finanzierungsquelle von Unternehmen dar. Wirtschaftlich betrachtet stellt dabei ein Kreditinstitut bzw. ein Finanzdienstleistungsinstitut eine Kreditlinie zur Verfügung, die mit den offenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen des Unternehmens besichert ist. Dabei kommt bei M&A-Transaktionen regelmäßig die Frage auf, wie Factoring speziell bei der Frage des Net Debt Abzugs zu behandeln ist. Dieser Artikel verschafft einen Überblick über die gängigen Factoring-Formen sowie die übliche Behandlung im Rahmen einer Financial Due Diligence. Häufig in der Praxis auftretende Besonderheiten im Zusammenhang mit Factoring bei M&A Transaktionen werden ebenfalls erläutert (inkl. Reverse Factoring und Buy-Now-Pay-Later Angeboten).

Welche Formen von Factoring gibt es und wie werden diese bilanziert?

 

Üblicherweise wird zwischen unechtem Factoring und echtem Factoring unterschieden. Die Bilanzierung dieser beiden Formen differiert in der grundsätzlichen Darstellung nicht zwischen HGB und IFRS.

  • Unechtes Factoring (recourse factoring): Das Ausfallrisiko der als Sicherheit übertragenen Forderung verbleibt beim Unternehmen. Entsprechend werden die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen weiterhin bei diesem bilanziert. In Höhe der erhaltenen Finanzierung wird eine Verbindlichkeit gegenüber Kreditinstituten eingebucht.
  • Echtes Factoring (non-recourse factoring): Das Ausfallrisiko der übertragenen Forderung geht auf das Finanzinstitut über und somit wird das wirtschaftliche Eigentum auf dieses Institut übertragen. Daher wird das Factoring wie ein Verkauf der Forderungen bilanziert, d.h. die Forderungen werden gegen den entsprechenden Zugang an liquiden Mitteln aus der Finanzierung ausgebucht (Aktivtausch). 

Zudem existieren häufig auftretende Sonderformen des Factorings, wie beispielsweise das Reverse Factoring. Bei dieser speziellen Form wird die Factoring Linie nicht von der (Haus-)Bank des Unternehmens, welches Factoring betreibt, zur Verfügung gestellt. Stattdessen bietet der Unternehmenskunde mithilfe seiner Bank seinem Lieferanten die Möglichkeit, Forderungen gegen den Unternehmenskunden an die Bank im Rahmen eines Factorings abzutreten. Der Vorteil für den Factoring betreibenden Lieferanten ist, dass die Bank des Kunden deutlich günstigere Konditionen anbietet, denn diese kann das Ausfallrisiko aus den übernommenen Forderungen aufgrund der sehr guten Kenntnisse des Kunden besser einschätzen. Bilanziert wird dieses Konstrukt beim Unternehmen, das die Reverse Factoring-Facility seines Kunden in Anspruch nimmt, wie beim echten Factoring, d.h. (Zugang) Liquide Mittel an (Abgang4) Forderungen aus Lieferungen und Leistungen.

Im Online-Handel wird von diversen Zahlungsabwicklern (z.B. Klarna oder PayPal) häufig eine Buy-Now-Pay-Later Option angeboten. In diesem Fall erhält das verkaufende Unternehmen das Geld von dem Zahlungsabwickler üblicherweise direkt oder innerhalb von ein paar Tagen, jeweils nach Abzug der Gebühren, während der Kunde erst nach 30 oder mehr Tagen an den Zahlungsabwickler zahlt. Dieses Konstrukt ähnelt dem echten Factoring. Das Unternehmen, das seine Produkte verkauft, bilanziert nur eine kurzlaufende Forderung gegen den Zahlungsabwickler und nicht eine langlaufende Forderung gegen den Kunden. 

 

Wie ist die Behandlung bei der Net Debt Betrachtung und der Darstellung im Working Capital bei der Financial Due Diligence?

 

Im Rahmen der Net Debt Darstellung ist die Behandlung beim unechten Factoring meist unkritisch. Demnach wird die in der Bilanz ausgewiesene Verbindlichkeit gegenüber Kreditinstituten in aller Regel dem Net Debt zugewiesen. Auch im Working Capital sind keine Korrekturen notwendig, da die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen weiterhin bilanziert sind. Hingegen ist beim echten Factoring im Net Debt eine nicht bilanzierte Verbindlichkeit in Höhe der zugeflossenen Finanzierung aufzunehmen. Analog ist das Working Capital so darzustellen, als hätte kein Factoring stattgefunden. Daher sind die ausgebuchten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen als Anpassung wieder dem bilanzierten Working Capital hinzuzurechnen. 

Eine häufig in M&A Prozessen anzutreffende Argumentation des Verkäufers gegen einen Net Debt Abzug beim echten Factoring ist, dass ein Unternehmen sein Geschäft auch zukünftig weiterhin mit Factoring betreiben könne und somit ein niedrigeres Forderungsniveau nach Factoring nachhaltig sei. Üblicherweise wird dies mit dem Hinweis versehen, dass aber die Factoring-Kosten im EBITDA berücksichtigt werden müssen. Diese Argumentation greift aus den folgenden Gründen zu kurz:

  1. Die Entscheidung für das Factoring ist eine bewusste Finanzierungsentscheidung des Unternehmens, wie beispielsweise auch die Aufnahme von sonstigen Krediten und Finanzierungen. Folglich kann die Höhe der Finanzierung mittels Factoring vom Unternehmen je nach Bedarf angepasst werden.
  2. Es werden Zinsen für das Factoring bezahlt, in Form von Abschlägen auf den Nominalwert der Forderungen.
  3. Bei einem Stopp des echten Factorings muss der Kredit in der Form „zurückgezahlt“ werden, dass ein höheres Working Capital Volumen vom Unternehmen über andere Maßnahmen finanziert werden muss.

Grundsätzlich ist das Reverse Factoring als echtes Factoring zu betrachten und entsprechend als Net Debt abzuziehen. Auch hier liegt die bewusste (Finanzierungs-)Entscheidung über die Nutzung der vom Kunden angebotenen Facility beim Unternehmen. 

Ein gewisser argumentativer Graubereich ergibt sich dadurch, dass die Reverse-Factoring-Facility vom Kunden angeboten wird. Die mögliche Nutzung dieser Facility ist somit Teil der normalen Zahlungsmodalitäten mit dem Kunden. Wirtschaftlich ähnelt dieses Konstrukt einem klassischen Zahlungsziel mit Skonto, bei welchem dem Kunden bei einer früheren Zahlung ein Rabatt (Skonto) eingeräumt wird. Mit dieser Argumentation kann eine Behandlung von Reverse Factoring in Ausnahmefällen als Working Capital durchaus gerechtfertigt werden. Aber ein wichtiger Unterschied ist, dass im klassischen Skonto-Fall der Rabatt durch den Lieferanten eingeräumt wird und der Kunde über die Nutzung entscheidet. Beim Reverse Factoring entscheidet hingegen der Lieferant über die Nutzung der Factoring Facility und damit den Erhalt einer früheren Zahlung als Teil seiner Finanzierungsstrategie. 

Demgegenüber werden Buy-Now-Pay-Later Optionen üblicherweise nicht als Net Debt angesehen, sondern als Working Capital. Die Entscheidung über die Nutzung liegt allein beim Kunden und folglich außerhalb einer bewussten Finanzierungsentscheidung des Unternehmens. Für das Unternehmen sind diese Fälle als wirtschaftlich Käufe gegen sofortige Bezahlung (bzw. mit kurzem Zahlungsziel gegen die Zahlungsabwickler) anzusehen und werden als solche bilanziell im Working Capital abgebildet. Die Finanzierung findet allein im Verhältnis Zahlungsabwickler und Kunde statt. 

 

Welche Besonderheiten sind bei einer Transaktion zu beachten?

 

In der Praxis der Due Diligence ergeben sich häufig Komplexitäten in der Abbildung der Zahlen aufgrund folgender Sachverhalte:

  • Verbuchung von Sicherheitseinbehalten des Factors
  • Abrechnung von Provisionen
  • Erhalt von Zahlungen auf (verdeckt) abgetretene Forderungen, die das Unternehmen noch nicht an das Finanzinstitut weitergeleitet hat

Daher entsprechen sich die Werte von abgetretenen Forderungen (z.B. Korrekturwerte des Working Capitals beim echten Factoring) und erhaltener Finanzierung (Korrekturwerte beim Net Debt) nicht immer vollständig. 

Eine Factoring Übersicht sieht in der Praxis häufig wie im folgenden Beispiel aus:

Außerdem ist es hilfreich, bei beiden Factoring-Arten zu verstehen, wie hoch die Gesamt-Facility ist und in welcher Höhe noch weiteres Factoring-Potential besteht (d.h. ob noch Forderungen bestehen, die für Factoring verfügbar sind und damit für die Finanzierung genutzt werden können). 

Für weitere Informationen und Unterstützung bei Fragen zur Behandlung von Factoring bei M&A Transaktionen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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