Lernen aus der Krise: Worauf es dabei für Unternehmen ankommt, zeigen die Ergebnisse der neuen Deloitte Studie Building The Resilient Organization – Deloitte Global Resilience Report 2021. Während ein signifikanter Teil der Befragten ihre Organisation als resilient einschätzt, mangelt es der großen Mehrheit (70 Prozent) aber noch an Vertrauen in die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit ihres Unternehmens.
Für sie ist eine wichtige Botschaft der Studie: Es lassen sich Schritte und Ansätze identifizieren, mit denen Resilienz im Unternehmen gefördert werden kann, um für die Zeit nach der Pandemie ein „Better Normal“ zu schaffen und auf die erheblichen zukünftigen Herausforderungen besser vorbereitet zu sein. Zu den Ursachen dieser potenziellen Disruptionen gehört für viele Teilnehmer vor allem der Klimawandel und seine Folgen, den 44 Prozent weltweit als eine noch gravierendere Krise als die COVID-19-Pandemie ansehen; in Deutschland sind es sogar 48 Prozent der Führungskräfte. Für die neue Studie wurden 2.260 Teilnehmern auf CXO-Ebene oder in führender öffentlicher Funktion aus 21 Ländern und zahlreichen Branchen befragt, ergänzt um Einzelinterviews mit Experten.
Die Studie ergibt eindeutig, dass Resilienz von erheblicher Bedeutung ist: Resiliente Unternehmen geben drei Mal so häufig an, im Vergleich zu Mitbewerbern die herausfordernden Ereignisse des Jahrs 2020 gut gemeistert zu haben. Zur Resilienz gehören Aspekte wie Flexibilität, langfristige strategische Ausrichtung und ein Fokus auf Innovation. Diese Themengebiete lassen sich in einem Unternehmen gezielt fördern, wobei technologische Enabler eine zentrale Rolle spielen. Der Deloitte Report identifiziert fünf zentrale Attribute, die Organisationen beim Aufbau von Resilienz helfen: Grad der Vorbereitung, Anpassungsfähigkeit & Flexibilität, Zusammenarbeit im Team und im Unternehmen, Vertrauen, Verantwortung. Unter den Befragten waren auch 126 deutsche Führungskräfte, deren Einschätzungen hier jeweils im Fokus stehen.
Deutsche CXOs äußern im Vergleich ähnliche Prioritäten wie der globale Durchschnitt. Abweichungen ergeben sich aber u.a. beim Nachholbedarf in manchen digitalen Disziplinen und in einer noch ausgeprägteren Überzeugung, dass der Klimawandel langfristig noch problematischer ist als die Pandemie. Zudem halten 63 Prozent der deutschen CXOs den Klimawandel und Nachhaltigkeit (Sustainability) für eines der drei wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts (global: 47 Prozent).
Sowohl auf globaler als auch auf deutscher Ebene zeigt die Studie: Unternehmen, die schon vor COVID-19 Maßnahmen für mehr Flexibilität umgesetzt oder zumindest gestartet hatten, waren auf die Disruption besser vorbereitet und kamen mit den Herausforderungen des Pandemiejahres deutlich besser zurecht als andere Mitbewerber. Zu den Maßnahmen gehören Unterstützung für Remote Work (vor 2020 eingeführt: 62 Prozent in Deutschland vs. 68 Prozent global), flexible Arbeitsoptionen (50 Prozent vs. 65 Prozent), flexible Versetzungsprozesse (50 Prozent vs. 56 Prozent), Trainingsprogramme zur Weiterbildung und Umschulung (40 Prozent vs. 56 Prozent), Diversifizierung der Lieferketten (46 Prozent vs. 54 Prozent), Diversifizierungsstrategien für Umsatzströme (56 Prozent vs. 51 Prozent) sowie der Aufbau neuer Geschäftsmodelle (59 Prozent vs. 50 Prozent). Auffällig ist ein deutlicher Unterschied bei der Ausbalancierung von kurzfristiger und langfristiger Planung. Dieses Gleichgewicht schafft eine wichtige Voraussetzung für eine schnelle Anpassung an krisenhafte Lagen, doch nur 46 Prozent der deutschen CXOs geben an, ihrem Unternehmen sei das 2020 gut gelungen, global sind es 54 Prozent. Ein wichtiger Baustein, um zukünftige Herausforderungen besser antizipieren zu können, ist eine systematische strategische Szenario-Planung.
Für eine ausreichende Reaktionsfähigkeit in krisenhaften Situationen werden vielseitige und anpassungsfähige Mitarbeiter von den Befragten als sehr wichtig für ihre Organisation gesehen – in Deutschland sogar noch stärker als global (61 Prozent gegenüber 54 Prozent). Weitere in Deutschland höher eingestufte Top-3-Eigenschaften der Mitarbeiter sind Mut zur Hinterfragung des Status quo (37 Prozent vs. 28 Prozent) und kritisches Denken (37 Prozent vs. 28 Prozent). Außerdem wichtig: die technologischen Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter, zur Unternehmensphilosophie passende Werte, Fachwissen und Kreativität. Was die Maßnahmen der Firmen zur Kultivierung entsprechender Arbeitsweisen angeht, fallen einige Kontrast im internationalen Vergleich auf: Nur 51 Prozent der deutschen Unternehmen haben bereits Programme zur Flexibilisierung der Arbeitsmodelle realisiert oder zumindest aufgesetzt, weltweit sind es 65 Prozent. Beim wichtigen Thema Weiterbildung und Reskilling, um Mitarbeiter für die neue Arbeitswelt im Zuge der digitalen Transformation fit zu machen, sind die Unterschiede geringer (52 Prozent vs. 57 Prozent), aber auch hier besteht Handlungsbedarf.
Verstärkte Zusammenarbeit im Unternehmen beschleunigt laut der befragten CXOs die Entscheidungsfindung, verringert Risiken und führt zu mehr Innovation. Auch in Deutschland kamen Unternehmen, die schon vor 2020 interne Silos abgebaut haben, besser durch die Krise als ihre Mitbewerber. 54 Prozent haben solche Prozesse schon umgesetzt oder gestartet, immerhin 33 Prozent planen dies für die nächsten fünf Jahren. Technologie-Tools für Remote Work sind dabei wichtige Enabler: 29 Prozent der deutschen Unternehmen haben schon vor 2020 in derartige Technologien investiert (global: 22 Prozent). 81 Prozent davon gaben an, damit gut für die Reaktion auf die Pandemie gerüstet gewesen zu sein. Insgesamt zeichnet sich auch nach dem Ende der Krise ein erhöhter Anteil an Remote Work ab, wobei die Erwartungen der deutschen Entscheider geringfügig hinter denen ihrer internationalen Kollegen liegen (vor COVID-19: 14 Prozent Deutschland vs. 18 Prozent global; im Lockdown: 54 bzw. 58 Prozent, nach der Krise: 28 bzw. 32 Prozent).
Offene Kommunikation mit Stakeholdern und ein auf Empathie basierender Führungsstil helfen beim Aufbau von Vertrauen. Das wiederum wird von vielen Teilnehmern als wichtige Voraussetzung für resiliente Unternehmen gesehen. In einigen Metriken zur Angabe des Vertrauens hinken deutsche Unternehmen dem globalen Stand allerdings hinterher. Der Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter gelang 71 Prozent gut oder sehr gut, global waren es 76 Prozent. Ähnlich die Lage bei der Unterstützung der Mitarbeiter im Fall von psychischen Belastungen (Deutschland: 45 Prozent, global: 59 Prozent). Auch bei der digitalen Dimension der Vertrauensbildung existiert Nachholbedarf, etwa beim Thema Cyber Security: Nur 38 Prozent schätzten hier ihre umgesetzten Maßnahmen als erfolgreich bzw. sehr erfolgreich ein (global: 54 Prozent). Hier besteht Handlungsbedarf, denn 75 Prozent der in dieser Disziplin erfolgreichen deutschen Unternehmen verzeichneten insgesamt gute Ergebnisse in der Krisenbewältigung und können ihren Mitbewerbern hier als Vorbild dienen.
Ein Bekenntnis zur sozialen Verantwortung des Unternehmens über den reinen Profit hinaus korreliert laut der globalen Deloitte Studie eindeutig positiv mit der Fähigkeit zur Anpassung an Krisen. Doch auch auf diesem Gebiet stehen deutsche Unternehmen etwas schlechter da als der globale Durchschnitt. Nur 44 Prozent der deutschen Unternehmen haben aus der Perspektive der Befragten ihre sozialen Pflichten gut oder sehr gut erfüllt (global: 61 Prozent). Besser sehen die Zahlen zu ökologischen Verantwortlichkeiten aus. Unbefriedigend ist allerdings der Vergleich deutscher und globaler Unternehmen beim Punkt Inklusion und Diversität – sowohl bei der Einschätzung der Wichtigkeit als auch bei der Umsetzung. Weitere Abweichung: Nur 49 Prozent konnten Transparenz im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele erfolgreich kommunizieren (global: 69 Prozent).
Lesen Sie hier den vollständigen Report mit allen Studienergebnissen und die Auswertung der deutschen Resultate im englischsprachigen Original.
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