Hallo, ich bin Sophie und das Thema Nachhaltigkeit begleitet mich schon seit meinem dualen Studium in der Nachhaltigkeitsabteilung eines Kommunikationsunternehmens. Heute bin ich Senior Consultant bei Deloitte im Bereich Climate & Sustainability. Im Interview zeige ich euch, wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammengebracht werden können, um Unternehmen bei ihrer Transformation zu unterstützen.
Hallo Sophie! Mit welchen Themen beschäftigt sich dein Team im Bereich Climate & Sustainability und welchen Hintergrund bringst du mit?
Unser Team unterstützt Kunden bei ihrer Nachhaltigkeitstransformation – von regulatorischen Themen wie dem Etablieren von Reporting-Prozessen bis hin zu Business-Modell-Transformationen. Besonders spannend finde ich die Schnittstelle zwischen Technologie und Nachhaltigkeit. Wir nutzen digitale Technologien wie künstliche Intelligenz und Blockchain, um Prozesse effizienter zu gestalten und Synergien zwischen nachhaltiger und digitaler Transformation zu schaffen.
Mein persönlicher Weg begann mit einem dualen Studium in BWL bei einem Telekommunikationsunternehmen. Dort war ich in der Nachhaltigkeitsabteilung tätig und habe früh gemerkt, dass Nachhaltigkeit ein Thema ist, das mich begeistert. Nach meinem Bachelor habe ich direkt bei Deloitte angefangen und berufsbegleitend einen Master in strategischem Management gemacht. Diese Kombination aus klassischer Unternehmensführung und dem großen Transformationsthema Nachhaltigkeit hat meinen beruflichen Weg geprägt.
NetZero, Dekarbonisierung, Netto Null Emissionen: Wir alle hören diese Begriffe täglich, dennoch bleiben sie für die meisten von uns eher abstrakt. Hilf uns doch mal, das alles besser zu verstehen. Was bedeuten sie für Unternehmen ganz konkret, die jetzt und zukünftig an der Erreichung dieser Ziele arbeiten müssen?
Im Kern geht es darum, den Treibhausgaseffekt zu reduzieren und die Menge an Treibhausgasen, insbesondere CO₂, in der Atmosphäre zu verringern, um den Klimawandel einzuschränken. Dabei gibt es verschiedene Ansätze und Ziele, die Unternehmen verfolgen können, um ihren Beitrag zur Erreichung von international gesetzten Zielen zu leisten.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen verschiedenen Konzepten wie „Net Zero“ und „klimaneutral“. Klimaneutralität bedeutet, dass ein Unternehmen die Balance zwischen ausgestoßenem und entferntem CO₂ hält. Das heißt, es könnte beispielsweise 100 Tonnen CO₂ ausstoßen, diese Menge aber durch Maßnahmen wie Aufforstung oder Technologien zur CO₂-Entfernung aus der Atmosphäre kompensieren. Das Problem dabei: Es ändert nichts an der Tatsache, dass CO₂ weiterhin in den Produktionsprozessen entsteht.
„Net Zero“ geht einen Schritt weiter. Hier liegt der Fokus darauf, die tatsächlichen Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren, bevor die verbleibenden Emissionen kompensiert werden. Dafür müssen Unternehmen ihre Produktionsprozesse und Lieferketten überdenken und anpassen, um die Menge an ausgestoßenem CO₂ drastisch zu verringern. Das Ziel ist es, die Emissionen auf ein Minimum zu reduzieren und nur diese verbleibenden Emissionen auszugleichen. Das stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, da es ein Umdenken und eine Transformation in vielen Bereichen erfordert.
Ein zentraler Punkt ist die Unterscheidung zwischen den sogenannten Scope-Emissionen. Scope 1 umfasst direkte Emissionen, die durch das Unternehmen selbst entstehen, etwa durch eigene Gebäude oder Fahrzeuge. Scope 2 bezieht sich auf indirekte Emissionen, die durch eingekaufte Energie wie Strom oder Wärme verursacht werden. Besonders komplex sind jedoch die Scope-3-Emissionen, die entlang der gesamten Lieferkette entstehen – sowohl bei der Rohstoffgewinnung und Produktion, als auch in den Phasen von Nutzung und Entsorgung der Produkte. Scope 3 ist oft der größte Hebel für Unternehmen, da hier häufig die meisten Emissionen anfallen. Gleichzeitig ist es auch der schwierigste Bereich, da er eine umfassende Transparenz und Zusammenarbeit mit Lieferanten und Partnern erfordert.
Dekarbonisierung bedeutet für Unternehmen also, ihre Emissionen zu messen, zu managen und zu reduzieren. Das erfordert eine klare Datengrundlage, innovative Technologien und ein Umdenken in Produktionsprozessen und Lieferketten.
Welche Rolle spielen Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Blockchain bei der nachhaltigen Gestaltung von Produktionsabläufen und Lieferketten?
Künstliche Intelligenz, Blockchain und andere Technologien spielen eine ganz zentrale Rolle. Sie bieten Unternehmen die Möglichkeit, Prozesse effizienter zu machen, Transparenz zu schaffen und innovative Ansätze für die Dekarbonisierung zu entwickeln.
Ein Beispiel für den Einsatz von KI ist die Optimierung von Energieverbrauch und Ressourcennutzung. KI kann Muster in großen Datenmengen erkennen und darauf basierend Vorschläge machen, wie Produktionsprozesse energieeffizienter gestaltet werden können. So lassen sich nicht nur Kosten sparen, sondern auch der CO₂-Ausstoß reduzieren. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Simulation von Produktionsprozessen mithilfe von Digital Twins. Diese digitalen Abbilder von Produkten oder Anlagen ermöglichen es, unter realistischen Bedingungen zu testen, wie sich Änderungen in Materialien oder Designs auf die Nachhaltigkeit auswirken. So können Unternehmen in der Automobilindustrie durch Simulationen prüfen, wie sich z.B. eine erhöhte Sekundärrohstoffquote auf das Produkt und dessen Leistungsfähigkeit auswirkt, ohne physische Ressourcen zu verschwenden. Wenn ich beispielsweise die Zusammensetzung des Kunststoffs am Außenspiegel ändern möchte, kann ich an meinem digitalen Zwilling verschiedene Witterungsbedingungen, Geschwindigkeiten etc. testen und bekomme schnell Informationen, ob der neue Kunststoff standhält oder auseinanderfällt.
"Technologien wie KI und Blockchain spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Produktionsabläufe und Lieferketten nachhaltiger zu gestalten."
Um Unternehmen auf ihrem Weg zu unterstützen, hat Deloitte Greenlight entwickelt. Kannst du uns mehr darüber erzählen, was Greenlight ist und wie es eingesetzt wird?
Greenlight ist ein technologiebasierter Beratungsansatz, der klassische Nachhaltigkeitsberatung mit Digitalisierungsexpertise kombiniert. Es ist sozusagen ein Framework, das verschiedene Softwarelösungen integriert, um Unternehmen bei der Dekarbonisierung zu unterstützen. Der Prozess beginnt mit einer Baseline: Wir analysieren, wo die CO₂-Emissionen des Unternehmens überhaupt entstehen. Das ist ein entscheidender erster Schritt, denn ohne eine klare Datengrundlage können keine effektiven Maßnahmen geplant werden.
Im nächsten Schritt geht es um die Zielsetzung. Hier wird gemeinsam mit dem Unternehmen erarbeitet, welche Ziele realistisch und gleichzeitig ambitioniert sind. Das Besondere an Greenlight ist, dass dieser Prozess nicht nur theoretisch bleibt. Mithilfe von Simulationen können verschiedene Zielwege getestet werden – beispielsweise unter Berücksichtigung finanzieller Kennzahlen oder anderer strategischer Faktoren. Das Tool bietet eine eigenentwickelte Lösung, die Unternehmen dabei hilft, ihre Dekarbonisierungsstrategien datenbasiert zu planen und zu optimieren.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das Maßnahmen-Tracking. Hier kommen verschiedene Managementsysteme zum Einsatz, die den Fortschritt überwachen und sicherstellen, dass die definierten Ziele auch erreicht werden.
Was Greenlight besonders macht, ist zum einen die enge Zusammenarbeit mit unseren Allianzpartnern wie beispielsweise IBM, Salesforce oder Persefoni. So können wir unterschiedliche Technologien und Lösungen in das Framework integrieren. Zum anderen verknüpfen wir Technologie und Nachhaltigkeit mit Prüfungsstandards. Das bedeutet, dass wir nicht nur digitale Lösungen anbieten, sondern auch sicherstellen, dass diese den strengen Anforderungen einer Abschlussprüfung standhalten.
Du beschäftigst dich täglich mit Nachhaltigkeitsthemen. Färbt das eigentlich aufs Privatleben ab? Bist du sensibler geworden, z.B. bei der Planung von Urlaubsreisen oder beim Einkaufen?
Definitiv! Es passt einfach nicht zusammen, sich tagsüber mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen und dann abends in ein Auto mit 200 PS zu steigen und über die Autobahn zu rasen. Ich achte bewusst auf nachhaltige Optionen, sei es beim Kauf von Lebensmitteln und Kleidung oder auch beim Reisen. Aber ich finde, Extreme sind schwierig – es geht nicht darum, nie mehr zu fliegen oder keine Kleidung mehr zu kaufen. Es geht darum, eine Balance zu finden und das eigene Umfeld zu sensibilisieren. Niemand kann oder muss perfekt sein, aber jeder Schritt zählt.
Du hast ja schon einige Berufserfahrung gesammelt. Gibt es Karriere-Insights, die du teilen möchtest oder hast du einen Tipp für alle, die am Anfang ihres Berufsweges stehen?
Mein wichtigster Tipp ist: Seid neugierig und kommuniziert offen, was ihr möchtet. Es ist entscheidend, früh zu erkennen, was einem liegt und wo die eigenen Interessen und Stärken liegen. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Aber diese Chancen muss man aktiv nutzen. Ihr seid selbst am Steuer eurer Karriere. Ihr müsst in die Richtung lenken, in die ihr gehen wollt, und die Chancen ergreifen, die sich euch bieten. Das bedeutet auch, dass ihr klar sagen solltet, wohin ihr euch entwickeln wollt, und auch, was euch nicht liegt. Es ist völlig in Ordnung, nach einigen Projekten festzustellen, dass ein bestimmtes Thema nicht das Richtige für euch ist. Wichtig ist, dass ihr das offen kommuniziert, um euch auf die Bereiche zu konzentrieren, die euch wirklich begeistern und weiterbringen.
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