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"IT-Projekte und Ultraläufe erfordern beide Strategie, Planung, eine Form von Entwicklung und natürlich Tests."

Alexander, Senior Manager im Consulting bei Deloitte, erklärt, welche Parallelen es zwischen seiner Arbeit und seinem Hobby gibt.

Hallo, mein Name ist Alexander, ich bin Senior Manager im Consulting bei Deloitte und leidenschaftlicher Ultramarathon-Läufer.
Bei Deloitte arbeite ich im Bereich Banking Operations und betreue Projekte im Banken-IT-Umfeld. Am Wochenende schöpfe ich Kraft bei mindestens 50 Kilometer langen Landschaftsläufen. Wie ich diese beiden Welten vereinbare und wie sie sich gegenseitig beeinflussen, erzähle ich hier.

Dein Hobby ist das Laufen – sehr viel und sehr weite Strecken. Du begeisterst dich für den sogenannten „Ultramarathon“. Was können wir uns darunter genau vorstellen?
Im Prinzip ist es ganz einfach: Ein Marathon ist 42,195 Kilometer lang, ein Ultramarathon ist länger. Die Länge ist nicht näher festgelegt, aber richtig ernsthaft fängt es erst ab 50 Kilometer an. Es gibt ein paar typische Distanzen, zum Beispiel 50 Kilometer, 50 Meilen, 100 Kilometer oder 100 Meilen. Ein Maximum existiert nicht, aber die Distanz sollte auf einmal zu bewältigen sein. Üblicherweise sind es Landschaftsläufe, weswegen sie oft Ultra-Trailrunning genannt werden. Je weniger Straße und je mehr Trampelpfad, desto schöner sind die Strecken für mich. Durch die langen Distanzen, die Wegverhältnisse und die sich ansammelnden Höhenmeter beim Anstieg dauert der Ultramarathon auch entsprechend lange. Ich war bisher zwischen 6 und 20 Stunden unterwegs.

Wie bist du zu diesem Hobby gekommen?
Ein Freund von mir meinte, ich sei ihm noch etwas schuldig, weil ich ihn ein paar Jahre zuvor zu Hindernisläufen animiert hatte. Wir haben uns dann für einen 50-Kilometer-Lauf im Harz angemeldet und geplant, wenigstens 30 Kilometer oder die Marathondistanz zu schaffen und den Rest notfalls zu wandern. Der Lauf hat mich total begeistert, weil ich mich den Großteil der Strecke mehr mit der Landschaft beschäftigt habe und wir die Kilometer fast wie von alleine zurückgelegt haben. Am Ende sind wir entgegen aller Erwartung laufend ins Ziel gekommen. Seitdem laufe ich nur noch Trails und ein paar Mal im Jahr eine Ultradistanz.

Was macht dir so viel Spaß daran?
Der Weg ist hier wortwörtlich das Ziel. Es geht für mich nicht um Bestzeiten wie bei einem Stadtmarathon. Dafür sind die Strecken gar nicht geeignet. Die Läufe werden meist von ortskundigen Ultraläufer:innen veranstaltet, die damit die schönsten Seiten ihrer heimischen Landschaft zeigen wollen. Jede Veranstaltung und jede Strecke sind anders. Wenn eine Strecke zum ersten Mal gelaufen wird, kann jede:r bis zuletzt überrascht werden und sollte sich seine Kraft gut einteilen. Außerdem sind die Teilnehmerzahlen deutlich kleiner als bei Stadtläufen. Spätestens nach einer Stunde hat sich das Feld auseinandergezogen und ich laufe in Ruhe vor mir hin oder unterhalte mich entspannt mit bekannten Gesichtern. „50 Kilometer über Berge“ sieht auf dem Papier nicht nach Entspannung aus, aber für mich ist das ein eintägiger Mini-Urlaub, bei dem ich komplett vom Alltag abschalten kann.

Was war dein bisher größter Erfolg oder auch ein Rückschlag? Was hast du daraus für dich mitnehmen können?
Die größten Erfolge sind die ersten Male, wenn ich etwas Neues geschafft habe, zum Beispiel das erste Mal 100 Kilometer, der erste Ultramarathon in den Alpen, der erste Ultramarathon durch Schnee. Es gibt immer eine neue Herausforderung. In Zahlen bemessen war mein größter Erfolg gleichzeitig auch mein größter Rückschlag. Ich wollte endlich mal die 100-Meilen-Marke knacken, musste mich aber nach 127 Kilometern und 20 Stunden beim nächsten Versorgungspunkt geschlagen geben. Davon mitgenommen habe ich, dass jede:r bei jeder Zielsetzung und bei jedem Anspruch an sich selbst nicht abtun darf, was trotzdem auf dem Weg schon erreicht worden ist. Mit dem Ergebnis konnte ich sehr gut schlafen, auch wenn ich letztendlich nicht ins Ziel eingelaufen bin.

Wie bereitest du dich auf einen solchen Lauf vor? Wie trainierst du und in welcher Frequenz? Worauf gilt es besonders zu achten?
Das hängt von dem konkreten Lauf und der Strecke ab. Am Wochenende fahre ich oft ins Umland, um das Berglaufen zu trainieren. Minimum sind zwei Stunden, je mehr Höhenmeter Anstieg dabei zusammenkommen, desto besser. Je näher der Wettkampf rückt, desto länger die Einheiten. In der Winterzeit mache ich mehr Tempotraining, weil es so früh dunkel wird.

Ansonsten gehört zur Vorbereitung auch Planung. Das Equipment spielt zum Teil eine wichtige Rolle. Je nach Wetter und Verteilung der Versorgungspunkte muss mal mehr mal weniger Zusatzgewicht getragen werden – darunter die eigene Verpflegung, Wetterschutz und manchmal auch weitere Pflichtausrüstung, die durch die Veranstaltung vorgeschrieben ist. Ich trage beim Training also schon Sachen, die ich erst später beim Lauf wirklich brauche, um mich daran zu gewöhnen, wo ich was verstaut habe.

Solche Routinen und Rituale sind hilfreich, um den Kopf freizubekommen. Ein Ultramarathon dauert lange und kann stellenweise auch mal unangenehm werden, da müssen bestimmte Abläufe einfach während des Laufens funktionieren, ohne damit den Kopf zu belasten. 

Du bist Senior Manager im Consulting bei Deloitte. Was genau sind deine Aufgaben? Und musst du hier auch manchmal besonders ausdauernd sein?
Mein Tagesgeschäft bei Banking Operations sind Projekte im Banken-IT-Umfeld. Ich leite üblicherweise Teams, die sich aus Bankfachbereichen und Softwareentwicklern zusammensetzen. In diesen Teams entwerfen und entwickeln wir Prototypen und produktionsreife Anwendungen für neue Geschäftsideen bei Banken und FinTechs.

Je nach Produkt und Projektgröße ist das auch eine Frage der Kontinuität. Letztendlich sind an Entwicklungen in der IT immer sehr viele Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen und Erwartungen beteiligt, was eine vielschichtige, aber im Kern immer konsistente Kommunikation erfordert. In solchen Projekten ist es auch nicht ungewöhnlich, mit neuen Anforderungen oder unerwarteten Fehlern konfrontiert zu werden. Das gehört zum Job dazu wie Gegenwind beim Ultramarathon – weitermachen, das Ziel nicht aus den Augen verlieren und vorausschauen, ob nicht eventuell auch noch Regen ansteht. Dafür wurde letztlich geplant und geprobt.

IT-Projekte und Ultraläufe erfordern beide Strategie, Planung, eine Form von Entwicklung und natürlich Tests.

Wie schaffst du es, dein Hobby mit deinem anspruchsvollen Job unter einen Hut zu bekommen?
Der limitierende Faktor ist natürlich die Zeit. Für die langen Trainingseinheiten bleibt da nur das Wochenende, vor allem, wenn ich dafür auch noch die Stadt in Richtung Berge verlassen muss. Ansonsten ist aber jede kürzere Trainingseinheit besser als gar keine, die bekomme ich nach der Arbeit schon unter. Das ist eigentlich nicht schwer.

Beim Laufen habe ich auch Zeit und Gelegenheit, mit etwas Abstand die Dinge noch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Bisher hat es sich immer gelohnt, sich diesen Abstand zu nehmen, anstatt sich zu lange an etwas Ungelöstem festzubeißen.

Nicht zuletzt ist so ein Hobby natürlich auch ein guter Eisbrecher, wenn es die Situation gerade zulässt. In der Hälfte der Fälle bekomme ich als Reaktion: „Du machst WAS?“ – gefolgt von: „Ich laufe ja auch, aber …“

Inwiefern prägt dein Hobby dich als Person und deinen Arbeitsalltag bei Deloitte? Gibt es Parallelen oder Synergien?
Wie die meisten Menschen habe ich mein Hobby als Ausgleich zu meinem Arbeitsalltag. Viele Dinge, über die ich während der Arbeit aus Zeitmangel nicht nachdenken kann, fallen mir während eines Laufs wieder ein. Dann kann ich sie ungestört durchdenken und oft ist die Lösung einfacher als zunächst vermutet.

Außerdem sind die Herangehensweisen in den beiden Welten durchaus ähnlich. IT-Projekte und Ultraläufe erfordern beide Strategie, Planung, eine Form von Entwicklung und natürlich Tests.

Was würdest du allen Sportmuffeln da draußen mit auf den Weg geben wollen? Warum sollte jede:r den inneren Schweinehund überwinden und den ersten Schritt wagen?
Es gibt kaum eine Sportart, die vielseitiger und flexibler ist als Laufen. Es wird weder ein Fitnessstudio oder Verein benötigt, noch muss sich jemand an feste Kurszeiten halten und die minimale Ausrüstung hat vermutlich jede:r im Schrank. Es sind ja oft nur die ersten 10 Minuten, die wirklich Überwindung kosten.

Jede:r findet auch genügend Gleichgesinnte, um nicht alleine laufen zu müssen. Oder läuft bewusst alleine, um eben auch mal von allem anderen abschalten zu können. Und spätestens, wenn beim ersten Einlaufen ins Ziel mit eigener Startnummer, sagt jede:r sich: „Hätte ich das mal viel früher gemacht!“.