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"Ich bin nicht Partnerin geworden, weil das von mir erwartet oder gar verlangt wurde. Ich habe immer die nächste Karrierestufe angesteuert, weil ich das wollte."

Mit über 20 Jahren Big4-Erfahrung räumt Melanie mit Vorurteilen über gleichförmige Karrierepfade auf und gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen.

Hallo, ich bin Melanie, Partnerin im Bereich Tax und berate Unternehmen, deren Mitarbeitende grenzüberschreitend tätig sind. Warum Deloitte als international aufgestelltes Unternehmen mir dafür die besten Voraussetzungen bietet und wie ihr euch eine Karriere im Big4-Umfeld vorstellen könnt, erzähle ich euch hier. 

Du bist Steuerberaterin in der Service Line Global Employer Services im Bereich Tax. Klingt spannend, ist aber nicht unbedingt selbsterklärend ;-) Was antwortest du normalerweise auf die Frage, was du beruflich machst?
Zunächst antworte ich erstmal relativ allgemein und sage „Ich bin Steuerberaterin“. Damit kann tatsächlich jede:r etwas anfangen und meist bekomme ich auch eine Reaktion im Sinne von „Ich habe da mal eine Frage.“ ;-)

Ganz konkret bin ich bereits seit über 20 Jahren steuerlich unterwegs und dort einem Thema sehr treu. Den Begriff Expats oder Expatriates haben sicher viele schon einmal gehört und haben eine gewisse Vorstellung davon. Ich berate Unternehmen und deren Mitarbeitende, wenn es darum geht, in anderen Ländern tätig zu werden oder zu uns nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten. Dabei gibt es sehr viele verschiedene Arten von grenzüberschreitenden Tätigkeiten, die wir uns genau anschauen und zu denen wir jede Menge Expertise aufgebaut haben. Das ist mein Kerngeschäft und war es auch die letzten 20 Jahre schon.

Die Steuerberatung hat sehr viele Facetten. Wie kamst du genau zu diesem Thema und damit auch zu den Big4?
Die Steuerberatung hat mich immer schon interessiert, daher habe ich in dem Bereich auch eine Ausbildung gemacht und auch im Studium lag mein Fokus dort. Zu meinem Spezialthema Global Employer Services kam ich dann tatsächlich durch einen glücklichen Zufall. Während meines Praktikums in den USA bei einem großen Finanzdienstleister habe ich an einem Projekt für eine Relocation Managerin gearbeitet. Da hat mich das Thema der grenzüberschreitenden Tätigkeiten gepackt und nicht mehr losgelassen. Als es am Ende meines Studiums darum ging, den passenden Job für mich zu finden, wollte ich auf jeden Fall meine Begeisterung für HR- und Mobility-Themen mit meinem Interesse an der Steuerberatung verbinden. So bin ich auf die Big4 gestoßen, bei denen ich genau dieses Angebot gefunden habe. Thematisch konnte ich mich hier am besten wiederfinden. Wenn man Mitarbeitende und Unternehmen dabei berät, grenzüberschreitend tätig zu werden mit allen Konsequenzen, dann braucht man einen Counterpart auf der anderen Seite, der oder die sich mit den steuerlichen Gegebenheiten und Regularien des Ziellandes auskennt. In den USA sieht die steuerliche Gesetzgebung völlig anders aus als zum Beispiel in Nepal oder in Mexiko. Durch die große Internationalität der Big4 sind diese Unternehmen in der Lage, eine:n solche:n Gegenspieler:in in fast jedem Land der Welt zur Verfügung zu stellen.

Ich bin nicht Partnerin geworden, weil das von mir erwartet oder gar verlangt wurde. Ich habe immer die nächste Karrierestufe angesteuert, weil ich das wollte.

Viele haben Vorbehalte gegenüber einer Karriere in einer Big4-Gesellschaft wie Deloitte, weil sie befürchten, in ein Korsett gepresst zu werden und einem genau vorgezeichneten Karriereweg folgen zu müssen. Wie ist hier deine Erfahrung nach über 20 Jahren im Big4-Kosmos?
Wenn man von außen auf meinen CV schaut, könnte man wahrscheinlich auf die Idee kommen, dass es bei mir genau so war. Ich habe die klassischen Stufen von der Steuerassistentin (so hieß die Einsteigerposition damals) bis zur Partnerin in bestimmten zeitlichen Abständen durchlaufen. Wenn wir aber mal einen Blick hinter die Kulissen werfen, wird schnell deutlich, wie individuell jede Karriere und jede Laufbahn ist. Ich zum Beispiel bin nicht Partnerin geworden, weil das von mir erwartet oder gar verlangt wurde. Ich habe immer die nächste Karrierestufe angesteuert, weil ich das wollte. Das war meine Entscheidung, mein Anliegen. Dieses Engagement ist erfreulicherweise auf Gegenliebe gestoßen und ich wurde auf meinem Weg immer wieder gefördert. Auf jeder Stufe wurden mir unterschiedliche Möglichkeiten rechts und links des Karriereweges geboten. Unter anderem habe ich selber das Entsendungsprogramm nutzen können, um für einige Zeit in Chicago zu arbeiten. Darüber hinaus habe ich intern auch mal den Bereich gewechselt und ein eigenes Team aufgebaut. Diese Möglichkeiten und dieser Raum für Gestaltung sind es, die für mich die Big4 ausmachen.

Es gab viele Angebote, die ich genutzt habe, aber ich habe genauso gut auch mal Möglichkeiten abgelehnt. Nein zu sagen braucht manchmal ein bisschen Mut, aber mir war immer wichtig, dass das, was ich mache, auch zu 100 Prozent zu mir passt. Und dazu gehört dann auch, eine Gelegenheit auszuschlagen, die eben nicht zu mir passt. Geschadet hat es meiner Karriere jedenfalls nicht.

Ich denke, was viele in diesem Zusammenhang auch mit den Big4 verbinden, ist das sogenannte „Up or Out“-Prinzip. Das habe ich persönlich nie erlebt und das ist auch heute absolut nicht mehr zeitgemäß. Dieses stringente Verfolgen eines geraden Weges ist weder das, was wir wollen, noch das, was bei unseren Mitarbeitenden gefragt ist. Hier hat sich im Vergleich zu meinen Anfangsjahren sehr viel verändert. Allein schon, wenn ich mir anschaue, welche Sprachen, Nationalitäten und professionellen Hintergründe die Kolleg:innen bei mir im Team mitbringen, was sie studiert oder auch nicht studiert haben - das ist völlig anders als man sich das vielleicht vorstellt und als es sicherlich vor vielen Jahren noch war. Und das ist definitiv auch gut so.

Du bist inzwischen Partnerin bei Deloitte und hast damit die höchste Stufe auf der Karriereleiter erreicht. Was hat dir besonders dabei geholfen, dieses Ziel zu erreichen?
Zum einen war es das berühmte „Right Place, Right Time“, also zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Auch das spielt im beruflichen Fortkommen aus meiner Sicht eine Rolle. Ich hatte das Glück, dass zur richtigen Zeit die richtigen Leute da waren, die mich gefordert und gefördert haben. Das darf man nicht unterschätzen. Auf der anderen Seite stand meine eigene Zielstrebigkeit und mein Einsatz. Und natürlich gehört jede Menge Arbeit dazu, das sollte man an dieser Stelle auch erwähnen. Ich möchte aber hier direkt nochmal mit einem hartnäckigen Vorurteil aufräumen. Viele denken bei Big4 oft an Arbeit bis tief in die Nacht oder auch am Wochenende. Selbst als Partnerin bin ich absolut nicht regelmäßig mit 60 oder gar 80 Stunden auf der Uhr unterwegs. Natürlich gibt es immer mal Phasen, wo man mal mehr oder länger ran muss. Aber das gehört in fast jedem Job dazu, denke ich, sollte aber keinesfalls die Regel sein.

Gibt es etwas, was du Absolvent:innen mit auf den Weg geben möchtest, die sich gerade fragen, ob ein Einstieg bei einer Big4 wie Deloitte das Richtige für sie ist?
Ich glaube, bin ein ganz gutes Beispiel dafür, dass bei den Big4 eben nicht die genormten Karrieretypen rumlaufen, sondern dass wir wirklich Individuen sind mit ganz unterschiedlichen Karrierewegen und Geschichten. Mir war es immer wichtig, mir selbst treu zu bleiben. Ich wäre zum Beispiel nie glücklich geworden mit M&A Tax oder Corporate Tax. Das sind nicht meine Themen. Ich wollte vielmehr meine Nische finden und meine Themen verfolgen und dabei auch immer wieder Dinge anders machen – den Dingen quasi meinen persönlichen Stempel aufdrücken. Wenn man mit Leidenschaft und Begeisterung bei der Sache ist, dann glaube ich, zieht man andere in seinen Bann, gewinnt sie für die eigenen Themen und kommt so voran.