Zum Hauptinhalt springen

"Wir müssen Lösungen anbieten, die den Kundenbedürfnissen genügen und dem aktuellen Entwicklungsstand der Technologien entsprechen."

Kristiina, Lead der Tax & Legal Garage und Partnerin bei Deloitte, spricht über die digitale Transformation, insbesondere über deren Erfolgsfaktoren, das Metaverse und die Grenzen Künstlicher Intelligenz.

Kristiina ist Leiterin unserer Tax & Legal Garage, die gut mit einer kleinen "Höhle der Löwen" zu vergleichen ist, und die große Version einer digitalen und dennoch menschlichen Zukunft verfolgt.
Digitale Transformation beschreibt einen Prozess der stetigen Weiterentwicklung digitaler Technologien, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig prägen. So weit, so gut. Aber was genau bedeutet das? Und wie würde eine Person, die in diesem Bereich arbeitet, ihren Alltag beschreiben, sodass wir uns etwas darunter vorstellen können? Genau das möchten wir von Kristiina wissen.

Kristiina ist Partnerin und arbeitet seit 2011 bei Deloitte. Nachdem sie zunächst als Steuerberaterin multinationale Unternehmen beraten hat, leitet sie heute die Tax & Legal Garage. Zusammen mit ihrem Team treibt sie die Entwicklung von innovativen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen voran. Wie vermittelt sie Menschen in ihrem Umfeld, was genau sie in ihrem Beruf tut? „Es kommt immer darauf an, wem ich es erkläre. Kommt die Person aus der Branche oder ist sie fachfremd? Je nach Alter und beruflichem Hintergrund beschreibe ich es anders. Kristiinas Oma beispielsweise erklärt ihren Beruf so: „Sie ist Steuerberaterin und macht was mit Computern.”

Und was sagt Kristiina selbst? „Wir entwickeln in der Tax & Legal Garage neue Produkte (Steuersoftware), Dienstleistungen und Geschäftsmodelle für uns selbst und unsere Kunden. Dafür pitchen uns Start-ups, aber auch Kolleg:innen ihre Ideen in unserer „kleinen Höhle der Löwen“. Dort evaluieren wir, welche der Ideen einen Mehrwert für unsere Kunden stiften, ob diese wirtschaftlich sind und ob die Idee technisch umsetzbar ist.“

Erfolgsfaktoren für die digitale Transformation
In einer Deloitte Studie in Kooperation mit der Universität St. Gallen wurden sieben Erfolgsfaktoren für die digitale Transformation ermittelt. Konkret wurden sieben Managementpraktiken identifiziert, die die Erfolgschancen der Transformation deutlich steigern. In dieser Studie erzielen Unternehmen, die vier oder mehr dieser Managementpraktiken anwenden, eine Erfolgsquote von 87 Prozent, verglichen mit nur 55 Prozent bei Unternehmen, die nur eine oder keine dieser Maßnahmen nutzen.

Der erste Erfolgsfaktor „Ziele“ setzt die Wünsche von Kunden bzw. der Zielgruppe in den Fokus – denn der Mensch spielt bei der digitalen Transformation eine zentrale Rolle. „Im ersten Schritt“, weiß auch Kristiina, „müssen wir das Ziel verstehen. Was möchten unsere Kunden? Was sind derzeitige Herausforderungen? Wie kann ich diese lösen?“ Die zu entwickelnde Softwarelösung muss dabei so intuitiv sein, dass sie jede:r barrierefrei bedienen kann. „Eine Idee kann noch so gut sein: Wenn das Produkt nicht selbsterklärend und benutzerfreundlich ist, dann wird es nicht genutzt – und ist somit wertlos. Das Wichtigste also ist sich zu fragen: Was bietet den meisten Mehrwert für Kunden und wie kann ich die Lösung kostengünstig und nutzerfreundlich umsetzen?“

Herausforderungen in der Tax & Legal Garage
In der Tax & Legal Garage ergeben sich ganz eigene Herausforderungen: „Unsere Kunden befinden sich in einem Spannungsfeld verschiedener, miteinander in Verbindung stehender Entwicklungen: Kontinuierliche Forderung nach Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen, steigende und sich stetig verändernde regulatorische Anforderungen, Erwartung bzw. Notwendigkeit, auf den technologischen Fortschritt zu reagieren und die Digitalisierung der Steuerfunktion voranzutreiben.“

Die Garage hilft ihren Kunden dabei, diese Herausforderungen im Steuerbereich zu meistern. Kristiina erklärt, dass ihre Kunden am liebsten eine „eierlegende Wollmilchsau“ hätten: Ein Tool, das alles kann. „Wir müssen Lösungen anbieten, die nicht nur den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden genügen, sondern auch dem aktuellen Entwicklungsstand der Technologien entsprechen. Von KI wird beispielsweise oft mehr erwartet, als sie aktuell leisten kann. Wir zeigen Kunden die Möglichkeiten der Anwendungen und Technologien, die auf dem Markt existieren, auf und suchen gemeinsam die passenden Lösungen entsprechend ihren Bedürfnissen.“

Alle Seiten lernen voneinander
Für die Gen Z sind digitale Arbeitsprozesse, Lebenswelten und -wirklichkeiten nicht mehr wegzudenken. Bei Deloitte treffen sämtliche Generationen aufeinander. Kristiina schätzt diese Generationenvielfalt in ihrem Arbeitsalltag. „Es gibt Kolleg:innen, die komplett analog aufgewachsen sind, solche, die sehr früh mit digitalen Produkten in Berührung gekommen sind und schließlich welche, die komplett digital aufgewachsen sind. Generationsunabhängig sind Technologien aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wir haben gelernt sie zu nutzen, um unser Leben leichter zu machen. In der Zukunft werden die meisten monotonen Tätigkeiten von KI ausgeführt werden. Wichtig ist, dass wir uns alle an diese Veränderungen anpassen und uns neue Skills aneignen, um uns in der schnell veränderbaren Arbeitswelt zurechtzufinden. Gerade im Steuerbereich können so Alt und Jung hervorragend voneinander profitieren. Die „ältere“ Generation kann beispielsweise bei der Produktentwicklung Methoden- und Fachwissen beitragen und die „junge“ Generation kann dieses mit ihrem IT-Verständnis verschmelzen. So lernen alle Seiten voneinander und schaffen die Grundlage für ein erfolgreiches gemeinsames Arbeiten und das Erzielen von Erfolgen.“

Eine Idee kann noch so gut sein: Wenn das Produkt nicht selbsterklärend und benutzerfreundlich ist, dann wird es nicht genutzt – und ist somit wertlos. Das Wichtigste also ist sich zu fragen: Was bietet den meisten Mehrwert für Kunden und wie kann ich die Lösung kostengünstig und nutzerfreundlich umsetzen?

Zukunft = Metaverse?
Eine der großen Zukunftsvisionen liegt im Metaverse. Warum ist das eigentlich für Marken und Unternehmen, aber auch für Endverbraucher:innen so interessant?

Das Metaverse ist die aktuell meistdiskutierte Zukunftsvision des Internets, in der die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt immer weiter verschwimmen. Durch Virtual-Reality- (VR) und Augmented-Reality- (AR) Technologien entstehen dauerhafte virtuelle Räume, in denen sich Nutzer:innen in Gestalt von Avataren mit Freund:innen und Kolleg:innen treffen, gemeinsam arbeiten, spielen oder shoppen können. Derzeit hat das Metaverse das Look & Feel eines Computerspiels, allerdings mit dem Unterschied, dass man bei einem Computerspiel rausgehen und wieder genau da starten kann, wo man aufgehört hat. Das Metaverse hingegen verändert sich als digitale Welt ständig.

„Durch Brillen, Joysticks oder Handschuhe hat man als Nutzer:in die Möglichkeit, physische und virtuelle Produkte zu testen. Unternehmen haben dadurch den Vorteil, dass sie ihre Produkte direkt verproben können, um herauszufinden, wie diese bei Endverbraucher:innen ankommen. Automobilhersteller verlagern beispielsweise das Autohaus ins Metaverse und bieten virtuelle Testfahrten an. Und in der Textilindustrie könnte dieses Konzept dazu führen, dass es weniger Rücksendungen und Überproduktionen geben wird.“

Mehr Frauen in MINT-Berufen
Frauen im IT-Bereich sind noch immer in der Unterzahl. Wie sieht Kristiina das? Was rät sie Frauen, die Lust auf MINT-Berufe haben? „Es kommt ein bisschen darauf an, auf welche Altersgruppe diese Frage abzielt. Geht es um Schülerinnen, Frauen, die vor der Berufswahl stehen oder doch schon etwas weiter sind? Wenn es um die Berufswahl und Schülerinnen geht, fällt mir spontan ein: Erstmal nicht einschüchtern lassen, denn es lohnt sich! Nutzt die Initiativen, die es gibt. Mittlerweile existieren echt viele Programme für Frauen, die Networking in diesem Bereich unterstützen und dabei helfen, Skills auszubauen, beispielsweise Codingschulen. Wenn man vor der Berufswahl steht oder auch bereits begonnen hat zu studieren, empfehle ich Praktika zu machen, um sich zu orientieren und „Fuß zu fassen“. Ansonsten helfen Werkstudierendentätigkeiten und die Teilnahme an extra-curricularen Events, wie z.B. Hackathons. Da merkt man recht fix, dass man mit der männlichen Konkurrenz locker mithalten kann.“