München, 25. August 2023 - Der europäische Immobilienmarkt bleibt angesichts anhaltender Herausforderungen durch hohe Inflation, gestiegenen Zinsen und Energiekosten angespannt. In seinem neuen „Property Index 2023“ sieht Deloitte die Situation auf den europäischen Wohnimmobilienmärkten uneinheitlich und generell weiter unter Druck.
So legten die Immobilienpreise in einigen Ländern stark zu, andere Immobilienmärkte brachen regelrecht ein. Besonders starke Preiszuwächse beim Immobilienkauf verzeichneten südosteuropäische Länder wie Bosnien-Herzegowina, Ungarn und Kroatien mit jeweils weit über 20 Prozent, während die durchschnittlichen Transaktionspreise (auf EURO Basis) in Großbritannien (-18,8%) und Dänemark (-9,7%) zum Teil dramatisch sanken.
Bemerkenswert ist die Entwicklung in Israel: Dessen Metropole Tel Aviv löste mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 14.740 Euro Paris als teuerste Immobilienstadt ab. Zugleich verzeichnet auch Israel selbst mit einem Plus von 14,1 Prozent (auf Euro-Basis) einen Boom bei den Immobilienpreisen.
In Deutschland hingegen hat sich der Immobilienboom abgebremst, die Kaufpreise legten nur noch vereinzelt relevant moderat zu, während die Mieten infolge des Wohnungsmangels und der rückläufigen Bautätigkeit weiterhin deutlich anstiegen.
„Die Immobilienbranche war im vergangenen Jahr mit beispiellosen Herausforderungen konfrontiert, die die Entwicklung der europäischen Wohnungsmärkte stark beeinflusst haben“, erklärt Michael Müller, Partner und Sector Lead Real Estate bei Deloitte. „Dies dürfte auch die sehr unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Ländern erklären.“
Energiepreise setzen Immobilienbranche unter Druck
Im Jahr 2022 war der europäische Wohnungsmarkt vor allem mit steigenden Energiepreisen konfrontiert. Projektentwickler sahen sich gezwungen, alternative Energielösungen in ihre Projekte zu integrieren. Dasselbe gilt für Hausbesitzer, die ihre Häuser mit Sonnenkollektoren, geothermischen Systemen oder anderen Technologien für erneuerbare Energien aufrüsten.
„Generell unterscheidet sich 2022 in vielerlei Hinsicht von den vorangegangenen Jahren: Nicht zuletzt die steigenden Energiekosten haben den Immobiliensektor zum Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit gezwungen und einen Weg in Richtung ESG geebnet – insofern kann 2022 als Beginn der nachhaltigen Transformation bezeichnet werden“, so Müller.
Investoren in Wartestellung, ESG-Kosten treiben die Baukosten
„Aktuell sind Investoren wegen stagnierender oder sogar sinkender Verkaufspreise und der grundlegenden Unsicherheit in den Märkten, auch hinsichtlich der Zinsentwicklung, noch zurückhaltend “, sagt Müller. „Zudem haben klassische ‚sichere‘ Anlageklassen (z.B. Anleihen) aufgrund des veränderten Zinsumfelds für sie an Attraktivität gewonnen“. Der starke Anstieg der Energiekosten und der Kosten für die Umsetzung der ESG-Regulierungen haben Auswirkungen auf die Baukosten der Projektentwickler.“ Dies führe insbesondere in Bezug auf die ESG-Kosten zu einer stärkeren Preisdifferenzierung zwischen Neubauten und älteren Gebäuden am Markt. „Bei Letzteren sind entsprechend im Vergleich zu den Vorjahren größere Preisnachlässe zu erwarten“, so Müller.
Stagnierende Immobilienpreise in Deutschland
Die multizentrische und föderale Struktur des deutschen Wohnungsmarkts erzeugt seit Jahren ein immer größer werdendes Preisgefälle der Städte und Metropolregionen im Vergleich zum Umland bzw. Bundesdurchschnitt. Der Unterschied der Metropolen zum Bundesdurchschnitt hat sich 2022 abermals vergrößert, wenngleich nicht in allen deutschen Großstädten: So liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis in München inzwischen bei 11.400 Euro und damit 237,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Auch in Berlin und Hamburg stiegen die Immobilienpreise erneut leicht und liegen nun jeweils erstmals über 150 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt.
Deutsche Mieten weiterhin dynamisch
Auch die Mieten in den deutschen Großstädten stiegen weiter an. Wohnraummangel besteht unverändert, besonders in den Metropolregionen. Folge ist anhaltendes Mietpreiswachstum. Weiter verschärft wird dies wird durch die Zuwanderung infolge des Ukraine-Kriegs und die damit verbundene erhöhte Nachfrage, insbesondere im Bereich des sozialen Wohnungsbaus.
Zusätzlich unter Druck steht der Immobilienmarkt durch die erhebliche Erhöhung der Finanzierungskosten aufgrund der Anpassung der Zinssätze, die sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt – in einigen Fällen sogar verdreifacht haben. Für Projektentwickler bedeutet dies höhere Baukosten und erhebliche Finanzierungsrisiken für die Entwicklung neuer Wohnungen. Die Renditen der Entwickler verringern sich dadurch drastisch.
Michael Müller bleibt trotz allem optimistisch: „Das Marktumfeld für Wohnimmobilien wird in Deutschland aufgrund der verschiedenen exogenen Faktoren herausfordernd bleiben, wenngleich ab Ende des Jahres 2023 eine Stabilisierung auf dem Investitionsmarkt zu erwarten ist.“
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