Schon immer erfüllte Sport eine wichtige gesellschaftliche Funktion und schafft Begegnungsräume für Menschen verschiedenster Herkunft und sozialer Schichten. Soziales Engagement ist für zahlreiche Bundesliga-Clubs heute selbstverständlich und auch Umweltthemen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Deloitte wirft in einer aktuellen Studie einen genauen Blick auf das Thema Nachhaltigkeit im deutschen Profifußball.
In den vergangenen zehn Jahren konnten der deutsche Fußball und speziell die Bundesliga eine beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung vorweisen. Die Liga hat in diesem Zeitraum ihren Umsatz (exklusive Transfererlöse) nahezu verdoppelt und erreichte bis zur Saison 2016/17 ein Gesamtvolumen von rund 2,8 Milliarden Euro (inklusive Transfererlöse von 3,4 Milliarden Euro). Der durchschnittliche Umsatz der Clubs (inklusive Transfers) lag bei 187 Millionen Euro. Auch die Zahl der in der Bundesliga direkt Beschäftigten stieg seit 2007/08 um durchschnittliche 3,6 Prozent pro Jahr auf nunmehr 13.535 Personen.
Was Personalstärke und Umsätze angeht, sind die Bundesligisten wirtschaftlich durchaus mit mittelständischen Unternehmen vergleichbar. Doch mit dieser wirtschaftlichen Stärke gehen auch gestiegene Erwartungen einher: Die Clubs müssen heute nicht nur sportlichen Anforderungen gerecht werden. Fans, Mitglieder Sponsoren, Politik und andere Stakeholder erwarten zunehmend, dass die Bundesligisten auch gesellschaftlich Verantwortung übernehmen. Nachhaltigkeit in der Bundesliga spielt eine immer wichtigere Rolle.
„Diese Verantwortung wird dabei über verschiedene Strukturen wahrgenommen“, sagt Stefan Ludwig, Partner und Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte. „Viele Clubs haben eigene Stiftungen oder CSR-Abteilungen, die die Aktivitäten koordinieren. Für die Proficlubs sind die Identifikation und gezielte Auswahl der wesentlichen Inhalte aus einer Vielzahl an möglichen Themen besonders wichtig, da die Clubs tief in ihrer Region verwurzelt sind und regionale Gegebenheiten das Engagement entsprechend beeinflussen.“ So setzt sich beispielsweise Schalke 04 über eine CSR-Abteilung sowie mit der vereinseigenen Stiftung „Schalke hilft!“ in seiner strukturgeschwächten Heimatregion für Bildung und Chancengleichheit ein, um vor allem jungen Menschen zu fördern.
Für die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung bei den Bundesligaclubs wird häufig der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) oder auch nur Corporate Responsibilty (CR) verwendet. Beide Abkürzungen stehen dabei in der Regel gleichermaßen für verantwortungsvolles wirtschaftliches, soziales und ökologisches Handeln.
Einen Nachhaltigkeitsbericht über ihre Aktivitäten veröffentlichen derzeit laut Deloitte-Umfrageergebnissen rund die Hälfte der befragten Proficlubs. Ein Fünftel der Clubs berichtet bereits auf jährlicher Basis und sieben Prozent planen ebenfalls, in einem jährlichen Turnus einen strukturierten Bericht zu veröffentlichen. Im Gegensatz zu großen kapitalmarktorientierten Unternehmen, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, eine nicht-finanzielle Erklärung im Rahmen der sogenannten „CSR-Richtlinie“ zu veröffentlichen, berichten die Fußballclubs überwiegend auf freiwilliger Basis. Dementsprechend heterogen gestaltet sich die Kommunikation der Vereine zum Thema Nachhaltigkeit in der Bundesliga. Fast alle Clubs berichten auf unregelmäßiger Basis über ihr Engagement in verschiedenen Medienkanälen. Am häufigsten werden dafür Onlinemedien wie die Club-Homepage, soziale Medien, Pressemitteilungen oder Newsletter genutzt.
„Die Bundesligaclubs können durch ihre erhebliche wirtschaftliche Leistung die jeweilige Heimatregion nachhaltig stärken und dort einen langfristigen Mehrwert erzeugen“, erklärt Vinzenz Fundel, Senior Manager, Risk Advisory bei Deloitte. Zu den Maßnahmen, die unter ökonomische Wertschöpfung fallen, gehört zum Beispiel die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Sponsorenauswahl, im Einkauf und beim Eingehen von Partnerschaften mit Unternehmen oder sonstigen Einrichtungen. Vor allem aber können die Clubs am Standort ansässige Unternehmen aktiv in ihre Geschäftstätigkeiten einbinden und regionale Akteure miteinander vernetzen.
Auf einer Skala von 1 (gering) bis 10 (sehr hoch) wurde die Bedeutung der Maßnahmen hinsichtlich einer verantwortlichen ökonomischen Wertschöpfung durch die Clubs auffällig unterschiedlich priorisiert. 31 Prozent der Clubs gewichten dieses Handlungsfeld sowohl aktuell als auch in naher Zukunft mit Werten zwischen 8 und 10 als sehr hoch. Andererseits gaben 23 Prozent der Teilnehmer ökonomischen Maßnahmen nur eine Gewichtung von 1 oder 2.
Das Thema soziale Verantwortung stuften alle Umfrageteilnehmer als wichtig ein. In diesem Bereich sind viele Clubs bereits seit vielen Jahren aktiv. Dies spiegelt sich in der Reife des bestehenden Engagements und in den aktuellen Zielsetzungen der befragten Proficlubs wider. Häufig geht es nun darum, das bestehende soziale Engagement gezielt weiter auszubauen und stärker an dessen Wirkung zu orientieren. Maßnahmen werden inzwischen kontinuierlich systematisiert und gebündelt, um hierdurch das soziale Engagement zu intensivieren.
Inhaltlich besinnen sich die Bundesligisten hier auf sportliche Kernkompetenzen: Ein Drittel der befragten Clubs priorisiert vor allem Gesundheits- und Bildungsförderung zusammen mit der generellen Förderung von Kindern und Jugendlichen. 27 Prozent der Vereine sehen vor allem Integration als Top-Priorität.
Die Sorge um große Themen wie den Klimawandel oder Rohstoffknappheit macht auch vor dem Profifußball nicht Halt. Vor dem Hintergrund, dass Umweltbewusstsein in der Gesellschaft zunehmend wichtiger wird, gewinnt das Thema auch für die Bundesligisten an Bedeutung. Fans und damit Investoren bzw. Sponsoren fordern gerade in diesem Bereich gezielt mehr Verantwortung und Engagement. Daher setzen sich inzwischen immer mehr Fußballclubs konkrete Ziele, die auch auf das ökologische Bewusstsein einzahlen.
Dazu zählen beispielsweise die Optimierung der Frischwasserverbräuche, die Verminderung von Abfällen und deren Rückführung in den Wertstoffkreislauf. Aber auch der Aufbau von Solaranlagen und der Einsatz von LED-Technik für die Rasenpflege sowie die Stadionausleuchtung kommen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zum Einsatz. Die Aufstellung des ökologischen Engagements reicht inzwischen bis hin zum CO2-neutralen Stadion. Zukünftig wird wohl das gesamte Umsetzungspotenzial über alle Wertschöpfungsebenen ausgebreitet werden und das ökologische Bewusstsein abteilungs- und clubübergreifend gefördert.
Ökonomische Wertschöpfung, soziale Verantwortung und ökologisches Bewusstsein – in allen drei untersuchten Bereichen wollen die Bundesligisten ihr Engagement in Zukunft ausbauen. Auch die Professionalisierung des Nachhaltigkeitsmanagements schreitet bei nahezu allen befragten Proficlubs mit großen Schritten voran. Hier gewinnen künftig partnerschaftliche Ansätze und gemeinschaftliche Aktivitäten der Clubs einen deutlich höheren Stellenwert. Aber auch der Antrieb, die Positionierung in Gremien und die Vorreiterrolle bei Dachorganisationen wie dem DFB (Deutscher Fußball-Bund), dem NFV (Niedersächsischer Fußballverband) oder insbesondere der DFL (Deutsche Fußball Liga) und der DFL-Stiftung selber spielen diesbezüglich eine wichtige und motivierende Rolle.
„Zudem gibt es einen klaren Trend, die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Clubs in Zukunft nicht mehr im Rahmen von speziellen Handlungsfeldern oder Einzeldisziplinen zu betrachten, sondern vielmehr mit den anderen Geschäftsfeldern sinnvoll zu verschmelzen. Die Mischung macht's!“, stellt Stefan Ludwig klar. „Die Proficlubs der Bundesliga haben die besten Voraussetzungen, denn sie können nicht nur auf sozialer, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene Raum für Vernetzung, Austausch und vor allem Begegnungen öffnen.“