Aufzüge und Fahrtreppen halten uns in Bewegung: Für Wirtschaft und Gesellschaft können Ausfälle schnell zu gravierenden Problemen führen. Deshalb wollte Schindler, einer der weltweit führenden Aufzug- und Fahrtreppen-Hersteller, den Service Level und die Ersatzteilversorgung für seine Anlagen optimieren. Gemeinsam mit Deloitte hat das Unternehmen ein völlig neues Global Spare Parts Management (GSPM) Konzept entwickelt und umgesetzt. Damit konnten bereits erhebliche Verbesserungen in Bezug auf Service Level, Kosten und Nachhaltigkeit erzielt werden. Viele weitere werden folgen. Das Erfolgsrezept: eine intensive, vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Im Alltag erscheinen Aufzüge und Fahrtreppen oft als angenehme Komfort Technologie. Ihrer tatsächlichen Bedeutung wird diese Sicht aber nicht gerecht. Ein Beispiel aus dem Krankenhaus macht das deutlich: Ein Unfallopfer wird eingeliefert und muss schnellstmöglich operiert werden. Das Personal rollt den Patienten von der Notaufnahme zum Aufzug, um ihn in den OP-Saal zu bringen. Wenn der Lift jetzt defekt wäre, hätte das womöglich katastrophale Folgen. Das Szenario veranschaulicht, wie kritisch solche Anlagen für unsere Gesundheit und Sicherheit sind – und wie wichtig damit auch ihre zuverlässige Wartung und Reparatur ist. Dafür steht das Unternehmen Schindler mit Hauptsitz in Ebikon (Schweiz), dessen Aufzüge und Fahrtreppen tagtäglich gut anderthalb Milliarden Menschen weltweit transportieren.
Für Schindler hat das Thema aber auch noch eine andere Dimension: Wie für viele Maschinenbauer ist der Service von entscheidender geschäftlicher Bedeutung. Der wirtschaftliche Erfolg hängt damit wesentlich von der Kundenzufriedenheit und vom Service Level ab, einschließlich der schnellen und korrekten Lieferung von Ersatzteilen, die von den Service-Technikern vor Ort zum exakt richtigen Zeitpunkt für Reparaturen benötigt werden. In diesen Punkten hatte Schindler Verbesserungspotenziale identifiziert und die Optimierung des Service Levels als wichtiges Handlungsfeld ausgemacht.
Durch einen fundamentalen neuen strategischen Ansatz für das weltweite Ersatzteilmanagement können Wachstum und Kundenzufriedenheit weiter gesteigert werden. Gemeinsam mit den Experten von Deloitte hat Schindler daher vor drei Jahren einen solchen Ansatz entwickelt – das Global Spare Parts Management (GSPM). Das Ziel: Verfügbarkeit, Termintreue und Genauigkeit der Ersatzteillieferung auf ein neues Level zu heben.
Dabei waren zudem Aspekte der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Denn Nachhaltigkeit wird im Service oftmals übersehen – dabei ist dieser eines der zentralen Handlungsfelder für Industrieunternehmen, um nachhaltiger zu werden. Sustainability ist für sie längst kein Add-on mehr, sondern eine fundamentale strategische Dimension, die heutzutage von Gesellschaft, Wirtschaft, Investoren und nicht zuletzt den Kunden selbst verlangt wird. Und um deren Zufriedenheit dreht sich bei Schindler schließlich alles – und am Ende hat sich gezeigt, dass Schindler sich damit auch von seinen Mitbewerbern differenzieren kann und so Kunden gewinnt. Für das GSPM standen aber nicht nur die Endkunden, sondern auch Zehntausende von Service-Technikern weltweit im Fokus. Immerhin nutzen sie die Ersatzteillieferung im Alltag – und ihre Leistung bestimmt die Service-Qualität ganz unmittelbar.
Beim Ersatzteilmanagement kommt es ganz entscheidend auf die Techniker selbst an. Haben sie Zweifel bezüglich der Termintreue, dann bestellen sie vorsichtshalber per "Next-Day-Delivery", auch wenn es für den vorliegenden Einsatz eigentlich nicht nötig wäre. Sind sie unsicher, ob sie auch das richtige Teil bekommen, oder können sie es nicht eindeutig identifizieren, so ordern sie vorsorglich gleich mehrere Varianten. Das ist nachvollziehbar, für die Gesamt-Performance und den CO2-Fußabdruck der Ersatzteillieferung aber problematisch.
Letztlich muss der Service-Techniker vor Ort mit dem Ersatzteilmanagement happy sein – damit der Service Level stimmt, damit die Aufzüge fahren, und damit der Kunde zufrieden mit dem Service ist.
Oliver Bendig, Partner und Leiter für den Maschinenbausektor in EMEA bei Deloitte
Zentrale Aufgabe eines effizienten GSPM-Projekts musste also sein, das Vertrauen der Service-Techniker zu gewinnen. Wie gingen die Deloitte-Experten dabei vor? Durch Reifegradbewertungen, Marktumfragen und Interviews mit den Service-Technikern in 15 Landesgesellschaften sowie eine Algorithmus-gestützte Netzwerkanalyse wurden im ersten Schritt umfassende Erkenntnisse gewonnen. Diese dienten als Grundlage der Transformationsstrategie, deren Umsetzung im zweiten Schritt gestartet wurde.
Ein derartig komplexes Thema wie ein globales Spare Parts Management erfordert dabei einen mehrdimensionalen Ansatz. Besonders wichtig auf der Ebene des Netzwerks ist der richtige Standort der Ersatzteilverteilzentren. Bislang hielten die Landesgesellschaften selbst die Ersatzteile vor, mit uneinheitlicher Systematik. Kleinere lokale Läger werden zu größeren konsolidiert aufgelöst und zu kontinentalen Distributionszentren zusammengefasst (Europa, Nord-Amerika, Asien-Pazifik), in China werden sie zu RDC (Regional Distribution Center) konsolidiert. Das reduziert Lagerredundanzen, gebundenes Kapital und Durchlaufzeiten – bei gleichzeitig vergrößertem Teilesortiment, besserer Nachhaltigkeit und einem Betrieb rund um die Uhr. Bereits realisiert wurde das im europäischen Distributionszentrum in Düren (NRW).
Ein weiterer Schritt zur Reduktion der Komplexität liegt in der weltweiten Harmonisierung der Bestellvorgänge. Ein einheitlicher, anwenderfreundlicher Ansatz mit fünf Service-Stufen schafft Klarheit und Transparenz und steigert die Effizienz. Die intelligente Service-Harmonisierung ermöglicht zugleich globale Standards beim Tracking und Reporting der Distributions-Performance. Noch in der Entwicklung ist eine Visual-Recognition-Anwendung, mit der Techniker zukünftig Teile digital per Smartphone-App identifizieren und bestellen können. Innovative „Last Mile“-Logistikkonzepte runden das GSPM ab. Beispielsweise durch die Lieferung direkt in den Laderaum der Service Fahrzeug – oder auch durch einen kompletten Verzicht auf Service-Fahrzeuge, was derzeit im Pilotversuch in Sao Paolo (Brasilien) erprobt wird.
Solche Lieferkonzepte verbessern nicht nur den Service Level, sie tragen auch zur Erreichung der von den Kunden geforderten Nachhaltigkeitsziele bei, indem sie Fahrstrecken und somit den CO2-Fußabdruck verringern. Das GSPM setzt aber auch noch einen zweiten Sustainability-Aspekt um: die zirkuläre Ersatzteil-Wirtschaft (Return, Repair, Reuse, Remanufacture, Recycle, kurz: ReX). Dafür werden aktuell beispielsweise dedizierte Reparaturzentren aufgebaut und ein neues KPI-Modell eingeführt.
Natürlich ergaben sich auf der gemeinsamen Journey von Schindler und Deloitte auch einige Hürden. Manche lokalen Vorbehalte konnten nur durch intensive Kommunikation und stringente Effizienznachweise vor Ort ausgeräumt werden. Hinzu kamen die Disruptionen durch COVID-Pandemie. Auch wenn die Verbesserung des Service Levels und der Nachhaltigkeit im Vordergrund stand, sollte das Projekt auch Einsparpotenziale identifizieren.
Gerade bei der Überwindung dieser Hürden zeigte sich, worin der Erfolgsfaktor des Projekts liegt: in der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Schindler und Deloitte.
Die Zwischenergebnisse des GSPM können sich jedenfalls mehr als sehen lassen. Die WirtschaftsWoche hat dieses Projekt deshalb 2022 mit der Auszeichnung „Best of Consulting“ in der Kategorie Supply Chain Management gewürdigt. Der Erfolg belegt, dass auch bei der gemeinsamen Entwicklung des GSPM mit Deloitte das Motto von Schindler zum Tragen kam: „We elevate“ –das heißt, gemeinsam die Dinge auf das nächste Level zu heben.
Real connections. Real impact.
Ich bin sehr beeindruckt von der Qualität der Arbeit von Deloitte. Mithilfe ihrer breiten Industrie-, Supply-Chain- und Analytics-Expertise konnten sie sich schnell ein Verständnis über unsere Herausforderungen verschaffen. Zusammen mit einer „One-Team“-Mentalität hat dies zu beeindruckenden Ergebnissen geführt, und wir sind überzeugt, mit Deloitte den richtigen und langfristigen Partner für die Transformation des für uns so wichtigen globalen Ersatzteilmanagements gefunden zu haben.
Marcin Lowinski, Head Global Repairs & Spare Parts, Schindler