Die weltweiten Bemühungen um die Dekarbonisierung erfordern in den nächsten Jahrzehnten große Investitionen. Dies stellt eine große Chance für Private Equity Firmen dar, Kapital bereitzustellen und zur Finanzierung einer klimaneutralen Wirtschaft beizutragen. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften des Geschäftsmodells ist der PE-Sektor nicht nur bestens positioniert, um diese Transformation anzuführen, sondern kann den Imperativ der Dekarbonisierung auch zur Risikominimierung, zur Wertschöpfung und zur Gewinnung von Investoren nutzen.
Verstärkt erkennen Investoren, dass Klimarisiken auch Investitionsrisiken für ihre Anlagen bedeuten. Dementsprechend werden Nachhaltigkeitsaspekte in die Investitionsentscheidungen miteinbezogen. Laut einer aktuellen Studie haben sich fast die Hälfte der befragten institutionellen Investoren entweder bereits öffentlich zu einem Netto-Null-Ziel bis 2050 bekannt (31%) oder bereiten sich auf eine solche Ankündigung vor (16 %) [1]. Doch auch wenn CO2-Neutralität innerhalb des PE-Sektors bereits ein viel diskutiertes Thema ist, haben nur zehn Prozent der „Klima-Fonds“ (d.h. Fonds, deren Namen oder Beschreibung die Schlagwörter „Klima“, „Net Zero“, „Carbon“ etc. enthalten) ausreichend Maßnahmen gesetzt, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens – die globale Erwärmung auf „deutlich unter“ 2°C zu begrenzen – zu erreichen [2]. Der Weg zu Net-Zero ist folglich noch ein langer.
Einer der Hauptgründe dafür, dass PEs die Dekarbonisierung in ihre Investitionsstrategie aufnehmen, ist der externe Druck, der von Regulierungsbehörden, Stakeholdern und der breiteren Öffentlichkeit ausgeht. Alle fordern eine verstärkte Ausrichtung auf Klimaschutz. Neue Regulatorien verpflichten öffentliche und private Marktteilnehmer dazu, ESG-bezogene Daten zu veröffentlichen. Die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) verpflichtet Limited Partners (LP) dazu, Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Investitionsentscheidungen aufzunehmen und diese transparent zu berichten. LPs reichen diese Transparenzanforderung an ihre General Partners (GP) weiter, da diese näher an den Portfolio-Unternehmen sind, von denen die entsprechenden Daten benötigt werden. Auf Grundlage dieser und anderer rechtlicher Anforderungen werden LPs zunehmend nach Investitionsmöglichkeiten suchen, die z. B. ein geringes Klimarisiko und/oder geringe Emissionen aufweisen.
Einige Investoren sind zudem intrinsisch motiviert, durch Dekarbonisierung einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Dieses sog. Impact Investing – bei dem Kapital Unternehmen zugeführt wird, die einen ökologischen oder sozialen Nutzen erbringen – zieht immer mehr Private Equity Fonds an. Eine weitere intrinsische Motivation ist die Abschwächung von klimabezogenen Risiken innerhalb des Portfolios. PEs erkennen zunehmend die potenziellen Risiken der Klimaauswirkungen für die Investitionsperformance.
Die Auslöser für die Auseinandersetzung des PE-Sektors mit Dekarbonisierung sind vielschichtig. Während viele Motivationsfaktoren parallel laufen können, werden die Ziele jedes Investors entsprechend der Stakeholder-Prioritäten, der Unternehmenswerte, dem jeweiligen Marktkontext und den Kernkompetenzen variieren [3]. Ungeachtet der Beweggründe stellt sich jedoch die Frage, wie die Dekarbonisierung eines Portfolios erreicht werden kann.
Die Dekarbonisierung eines Portfolios kann auf zwei Arten erfolgen: Durch den Verkauf von Assets (sog. Divestment) bzw. den generellen Ausschluss von Sektoren/Assets mit hohen Emissionen (1) oder mittels Transformation dieser Assets, wobei Portfoliounternehmen bei der Emissionsreduktion unterstützt werden (2). Grundsätzlich ist die Strategie der Veräußerung eine kurzfristige, schnelle Lösung für individuelle Investoren mit dem Ziel, Emissionen des eigenen Portfolios zu verringern.
Jedoch trägt dies nicht zur Reduktion der globalen Emissionen bei, da diese viel emittierenden Assets im Markt bleiben. Hingegen trägt das Vorgehen, Portfoliounternehmen beim Transformationsprozess und damit bei der Reduktion der Emissionen zu unterstützen, dazu bei, das Net-Zero-Ziel bis 2050 zu erreichen.
Insbesondere zwei Herausforderungen erschweren die Dekarbonisierung für den Private-Equity-Sektor:
GPs und LPs stehen vor verschiedenen Herausforderungen, die es ihnen erschweren, Klimaüberlegungen umfassend in ihre Investitionsstrategien einzubeziehen. Eine der größten Barrieren ist der Mangel an konsistenten, verlässlichen und qualitativ hochwertigen Daten auf Ebene der LPs, GPs und der Portfoliounternehmen. Auf Portfolio-Ebene fehlt eine einheitliche Festlegung, welche Daten erhoben werden sollten. Auch allgemein anerkannte Klimakennzahlen, die eine effektive Offenlegung ermöglichen würden, sind nicht vorhanden. Das führt wiederum zu fehlenden Daten auf GP-Level. Die SFDR wird diese Schwierigkeiten wahrscheinlich zu einem gewissen Grad lösen, da sie institutionelle Investoren (LPs und GPs mit 500+ Mitarbeitenden) dazu verpflichtet, über umweltrelevante Kennzahlen wie THG-Emissionen, den CO2-Fußabdruck und die THG-Intensität der Unternehmen, in die sie investieren, zu berichten.
Datenverfügbarkeit und -qualität ermöglichen eine Wertschöpfung auf verschiedenen Ebenen. Nur wenn Daten über den Status quo und die Leistung eines (potenziellen) Portfoliounternehmens vorliegen, können PE-Unternehmen diese ausreichend auf Klimarisiken und -chancen analysieren und geeignete Maßnahmen für die Emissionsreduktion umsetzen. Diese Daten können auch für die Kommunikation mit institutionellen Investoren verwendet werden sowie bei späterer Veräußerung genutzt werden, um Nachhaltigkeitsprämien zu realisieren.
Doch selbst wenn GPs die erforderlichen Daten von Portfoliounternehmen erhalten, mangelt es oft an der Vergleichbarkeit der bereitgestellten Informationen, da derzeit keine universell anwendbaren Richtlinien oder Standards vorhanden sind. Diese fehlende Messuniformität verkompliziert die Analyse der gesamten Klimarisikoexposition von Portfolios, die Leistungsüberwachung sowie die Kommunikation der Fortschritte bei der Zielerfüllung. Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – die ab Januar 2024 für Unternehmen gilt, welche zudem unter die Richtlinie für die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) fallen, wird hier auf Unternehmensebene Abhilfe schaffen und ab 2026 auch kleinere Unternehmen zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichten.
Ein weiteres großes Hindernis ist die mangelnde interne Kompetenz sowohl unter Investoren als auch auf Unternehmensebene. Da die Dekarbonisierung erst seit kurzem auf der Agenda von PEs steht, existiert aktuell nur wenig Expertise, um die Dekarbonisierung effektiv in den allgemeinen PE-Prozess einzubeziehen. Auf Ebene der GPs fehlt die Kompetenz, die Dekarbonisierung in den Due-Diligence-Prozess einzubinden, den Markt auf Chancen für eine nachhaltige Transformation zu prüfen, und ambitionierte Programme umzusetzen.
Auch für die Analyse der berichteten Daten und deren effiziente Integration in Investitionsentscheidungen fehlen die erforderlichen Ressourcen und Fähigkeiten. Da die Dekarbonisierung nicht vollständig in den Investitionsprozess integriert ist, fehlt außerdem ein stringentes Verfahren für die Umsetzung von Emissionsreduktionszielen im Anschluss an die Investition in ein Portfoliounternehmen.
Zwar gibt es keine Universalmethode, um die Dekarbonisierung erfolgreich in den Investitionsprozess zu integrieren, dennoch existieren verschiedene Instrumente, um bestehende Barrieren zu überwinden. Neben der Erfüllung aller Verpflichtungen, die sich für die Organisation aus der SFDR und anderen gesetzlichen Vorschriften ergeben, empfehlen wir die folgenden Schritte :
Sowohl LPs als auch GPS müssen eine klare Net-Zero-Investitionsstrategie entwickeln, um den CO2-Fußabdruck von PE-Portfolios zu messen und zu transformieren. Die Strategie sollte sich auf zwei Ziele konzentrieren: Dekarbonisierung bestehender Investitionsportfolios entsprechend des globalen Net-Zero-Ziels bis 2050 (1) und bei Neuakquisition verstärkte Investition in Klimalösungen, die eine emissionsarme Wirtschaft ermöglichen (2).
Aufgrund der Integration des Themas Nachhaltigkeit in Unternehmenskultur, -struktur, -prozesse und -personal können sich LPs als auch GPs optimal positionieren, um das Dekarbonisierungs-Potenzial zu nutzen. Der Aufbau von Kompetenzen und einer Nachhaltigkeitskultur ermöglicht eine bessere Unternehmensführung und verstärkt internes Engagement, solidere klimarelevante Richtlinien und Vorgehensweisen sowie ein unternehmensweites Bewusstsein für Klimarisiken und -chancen. Dekarbonisierung ist ein komplexes Thema. Fortschritt und Erfolg hängen von fachlicher Kompetenz und dem Aufbau der erforderlichen Fähigkeiten ab, die durch Softwares, standardisierter Prozesse und ähnlichem unterstützt werden. Doch letztendlich kann die Dekarbonisierung nur dann erfolgreich sein, wenn das gesamte PE-Unternehmen diese Veränderung nicht als eine neue Verpflichtung, sondern als eine Chance für Wachstum und Risikominimierung sieht.
Für die Sicherung einer langfristigen Rendite, müssen Investoren evaluieren, wie gut (potenzielle) Portfoliounternehmen ESG-Risiken handhaben. Bei der Suche nach potenziellen Investitionszielen sollten PE-Unternehmen ESG- und Dekarbonisierungs-Themen in ihre Standard-Due-Diligence-Fragebögen integrieren, um die Risiken und Chancen des potenziellen Zielunternehmens hinsichtlich der Dekarbonisierung zu bewerten.
Um die festgelegten Dekarbonisierungs-Ziele zu erreichen und Fortschritte zu messen, muss die Investitionsstrategie in kurz- und langfristige Ziele aufgeteilt werden. Die wichtigsten Dekarbonisierungs-Meilensteine sowie ein Rahmen für die Verfolgung und Berichterstattung der Fortschritte sollten skizziert sein. Angesichts des langen Zeithorizonts, bis tatsächliche Resultate auf Ebene der Assets und Portfolios ersichtlich sind, ist es wichtig, dass GPs die Investitionsstrategie, den langfristigen Plan inklusive messbarer Meilensteine und Fortschritte gegenüber LPs (und weiteren Stakeholdern) transparent kommunizieren.
Damit die aktuelle Datenlücke geschlossen wird, müssen PE- und Portfoliounternehmen sowohl Transparenz als auch Berichterstattung verbessern. Die klimabezogene Berichterstattung im PE-Sektor sollte auf drei Säulen beruhen: Berichte über den eigenen Ansatz des PE-Unternehmens (1), Berichte des PE-Unternehmens, die an die Investoren gerichteten sind (2) und Berichte der Portfoliounternehmen, die an das PE-Unternehmen adressiert sind (3).
Dass einzelne Investoren Maßnahmen setzen, ist unerlässlich – dennoch wird dies nicht ausreichen, um den gesamten PE-Sektor zu verändern. Um die Dekarbonisierung im PE-Bereich zu beschleunigen, ist eine bewusste Zusammenarbeit aller Beteiligten notwendig. Wenn LPs, GPs, Industrieverbände und Regulierungsbehörden gemeinsam nach Lösungen für die komplexen Probleme suchen, können Anreize für die Dekarbonisierung gesetzt werden.
Die Anzahl an Richtlinien und Vorgaben für eine klimafreundlichere Wirtschaft nehmen verstärkt zu. Daher gelten kohlenstoffintensive Technologien und Geschäftsmodelle als überholt. Private Equity (PE) muss dieses Transitionsrisiko für jede Investition berücksichtigen und zu einem integralen Bestandteil des Entscheidungsprozesses machen. Die Datenverfügbarkeit für LPs ist eine notwenige Ressource hinsichtlich der Einhaltung der SFDR. Für GPs kann eine fundierte Dekarbonisierungs-Bilanz einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellen, da sie nicht nur ihr Engagement für das Net-Zero-Ziel demonstrieren, sondern auch Daten als Nachweis ihres Ansatzes vorlegen, welche für Investoren zunehmend attraktiver werden. Auch wenn die ganzheitliche Integration von Dekarbonisierung in die Investitionsstrategie keine einfache Angelegenheit ist, bietet diese dem PE-Sektor ein großes Potenzial und gleichzeitig einen wertvollen Hebel, um die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft voranzutreiben.
Laden Sie hier die gesamte Studie zum Thema Dekarbonisierung und Investitionsstrategien im Private Equity Sektor herunter.
[1] ROBECO (2022): Robeco’s climate survey shows continued momentum on climate change, increased focus on active ownership, and rising awareness for biodiversity, https://www.robeco.com/en/media/press-releases/2022/robecos-climate-survey-shows-continued-momentum-on-climate-change.html, 29.11.2022.
[2] S&P (2022). Green funds have a Paris alignment problem, https://www.robeco.com/en/media/press-releases/2022/robecos-climate-survey-shows-continued-momentum-on-climate-change.html, 29.11.2022.
[3] World Economic Forum (2022). Creating Value through Sustainability in Private Markets. White Paper April 2022, https://www.robeco.com/en/media/press-releases/2022/robecos-climate-survey-shows-continued-momentum-on-climate-change.html, 29.11.2022.