Klima, Technologie, Arbeitswelt sowie Erwartungshaltungen von Gesellschaft und Kundschaft – der Wandel in all diesen Bereichen findet mit noch nie dagewesener Geschwindigkeit statt. In Verbindung mit geopolitischen und makroökonomischen Unsicherheiten werden Unternehmen weltweit dazu gezwungen, technische Infrastruktur, Produkte und Dienstleistungen oder sogar ganze Geschäftsmodelle, umzugestalten. Hiervon ist auch die Versicherungsbranche nicht ausgenommen: Die neuen Marktkräfte eröffnen das Potenzial, ihren gesellschaftlichen Wert als Schutzschild vor finanziellen Schäden noch stärker auszubauen.
Die erhöhte Risikolage veranlasst viele Versicherer zu einem Umdenken, wenn es darum geht, Schäden zu handhaben, die durch eine sich verändernde Umwelt verursacht werden: Anstatt Zahlungen für den Wiederaufbau und die Wiederherstellung im Nachhinein zu leisten, unterstützen sie vielmehr ihre Kundschaft in allen Segmenten dabei, Risiken zu vermeiden oder zu abzuschwächen, bevor Schäden überhaupt eintreten. Selbst wenn viele der extremen Ereignisse unvermeidbar erscheinen, können Versicherungen mit einem proaktiven Risikomanagement dazu beitragen, die Auswirkungen auf betroffenen Personen oder Gruppen zu minimieren (Abbildung 1).
Für Versicherungsunternehmen, die gesellschaftliche Zielen verfolgen, eröffnen sich daher neue Chancen. Unter anderem können sie sich weg von einem auf Transaktionen beruhenden hin zu einem breiteren und ganzheitlichen Ansatz entwickeln, welcher einen stärkeren Fokus auf Kundenbeziehungen legt. Eine derartige Transformation des Geschäftsmodells steigert nicht nur die Wachstumsaussichten, sondern stärkt auch die öffentliche Wahrnehmung der Versicherungsindustrie.
Der Deloitte Versicherungsausblick 2024 zeigt, wie der Versicherungswirtschaft diese Transformation gelingen und sie auf die Trends und Entwicklungen des kommenden Jahres reagieren kann. Der Report geht dabei im Detail auf die folgenden Geschäftsfelder und Unternehmensbereiche ein:
Preissteigerungen haben dazu geführt, dass in den letzten Jahren überdurchschnittliche Wachstumsraten bei den Umsätzen in fast allen Sparten des Nichtlebensversicherungssektors verzeichnet werden konnten. Steigende Schadenskosten erschweren es jedoch, hieraus ein Profitabilitätswachstum zu generieren. Das Zusammentreffen von erhöhter Inflation und vermehrtem Eintreten von Katastrophenereignissen ist dabei der größte Kostentreiber. In diesem Zusammenhang bietet die wachsende Bedeutung von Embedded Insurance eine Vielzahl an neuen Chancen.
Während das Lebensversicherungsgeschäft in den entwickelten Regionen zunehmend unter Druck gerät, bringt die aufstrebende Mittelschicht der Schwellenländer ein erhebliches Wachstumspotenzial. Allen Märkten gemeinsam ist jedoch, dass die steigende Nachfrage überwiegend von der jüngeren Generation getrieben wird, die insbesondere die Vorteile von Risikolebensversicherungen schätzt. Da diese Zielgruppe deutlich technologieaffiner ist, wird es immer wichtiger für die Lebensversicherer, die Digitalisierung voranzutreiben und ihre Kernversicherungssysteme zu modernisieren.
Die Pandemie hat die Inanspruchnahme von Lebensversicherungen, welche durch den Arbeitgeber angeboten werden, stark erhöht. Mit dem Abschwächen der Pandemie wird sich das Wachstum derartiger Gruppenversicherungen eher an der allgemeinen Wirtschafts- und Lohnentwicklung orientieren. Um darüber hinaus wachsen zu können, müssen Produktportfolios ausgeweitet werden, beispielsweise in Form von freiwilligen Zusatzangeboten. Zudem kann die Kundenzufriedenheit durch eine stärkere Digitalisierung erheblich verbessert werden. Digitale Selbstverwaltungsportale mit innovativen Features auszustatten, ist eine von vielen möglichen Optionen. Der verstärkte Einsatz und Ausbau von APIs hilft dabei, eine digitale Verbindung zwischen Versicherungs- und Arbeitgeberseite aufzubauen, um Digitalisierungsvorhaben möglichst effizient zu gestalten.
Versicherungsunternehmen aller Sparten verspüren zunehmend Druck, die Themen Automatisierung und KI verstärkt voranzutreiben. Kompetenzen in diesen Gebieten ermöglichen es ihnen, sich besser an das immer komplexere und sich schnell ändernde Umfeld anzupassen. Unter anderem bietet KI in Verbindung mit weiteren fortgeschrittenen analytischen Methoden das Potenzial, ein deutlich besseres Abbild der Kundenbedürfnisse zu erhalten. Dieses bietet die Möglichkeit, das Angebot stärker zu personalisieren.
Für Versicherungsunternehmen wird zunehmend klar, dass die Art und Weise, wie Fachkräfte eingestellt und entwickelt werden, auf zukünftigen Unternehmenszielen beruhen sollte und nicht darauf, wie es bisher üblich war. Dies bedeutet insbesondere, dass Geschäftsbereiche und Funktionen wie Underwriting, Portfoliomanagement und Schadenmanagement nicht mehr unabhängig voneinander agieren können. Stattdessen wird ein kompetenzbasierter Ansatz verfolgt.
Nachhaltigkeit, Klima und Gerechtigkeit (SC&E: Sustainability, Climate, and Equity) ist in der Versicherungswirtschaft kein neues Konzept. Die Anforderungen der Stakeholder steigen jedoch und die Risikoarten entwickeln sich weiter. Da Aufsichtsbehörden global Offenlegungsstandards verschärfen, binden Versicherungsunternehmen SC&E verstärkt in ihre Unternehmensstrategie ein.
Der neue IFRS 17 Rechnungslegungsstandard sowie die Pillar 2 Bestrebungen der OECD hin zu einer globalen Mindestbesteuerung führen zu einer Reihe von Änderungen in der Finanzfunktion der Versicherungswirtschaft. Innovative Lösungen werden notwendig sein, um die weitreichenden Konsequenzen dieser Änderungen zu verstehen und sich optimal darauf vorzubereiten.
Ökonomen gehen davon aus, dass der Tiefpunkt des Wirtschaftsabschwungs in den meisten Teilen der Welt überschritten ist. Daher wird erwartet, dass die Anzahl an M&A-Aktivitäten zwar zunehmen, das Volumen jedoch hinter den Höchstständen der letzten Jahre zurückbleiben wird. Kurzfristig könnte der Markt für Übernahmen von InsurTechs eine überdurchschnittlich hohe Aktivität verzeichnen.
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