Schätzungen der UN zeigen bis 2030 einen Anstieg des weltweiten Bedarfs an Wasser um 30%, an Energie um 40% und Nahrung um 50%. Diese Entwicklung wird weltweit die sozioökonomischen Systeme zunehmend auf eine harte Probe stellen, sodass ein nachhaltiger Umgang mit begrenzten Ressourcen zwingend ist. Dabei umfasst Nachhaltigkeit (ESG) nicht nur die Verminderung von Umwelt- und Klimaschäden, sondern auch den Abbau von sozialen Ungleichgewichten und eine nachhaltige Unternehmensführung. Basierend auf Expertenschätzungen des World Economic Forum dominieren mit Blick auf die nächsten 10 Jahre Nachhaltigkeitsrisiken – insbesondere Umweltrisiken – die Top 5 Langfrist-Risiken bzgl. Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenspotential. Aktuelle Treiber wie die wirtschaftlichen Folgen der gegenwärtigen Krisen verstärken dabei die Relevanz der sozialen Nachhaltigkeitsaspekte noch zusätzlich.
Insbesondere die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels erfordern entschlossenes Handeln von Gesellschaft, Politik und Aufsicht. Erstmals gelang es, mit dem Pariser Klimaschutzabkommen eine weltweite Einigung hinsichtlich der Notwendigkeit zur Ergreifung von Gegenmaßnahmen herbeizuführen. Mit dem EU Aktionsplan zur stärkeren Lenkung der Kapitalflüsse hin zu nachhaltigen Investitionen, einer umfassenderen Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken und Steigerung der Transparenz von Finanzprodukten hinsichtlich verbundener Nachhaltigkeitsrisiken wurde auf europäischer Ebene die Grundlage für eine Neuausrichtung der Wirtschaft gelegt. Die OECD geht davon aus, dass weltweit EUR 6,4bn pro Jahr aufgewendet werden müssen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Hierzu werden öffentliche Mittel alleine nicht ausreichen. Es bedarf zielgerichteter privater und institutioneller Investitionen, um die geschätzten weltweiten Verluste von bis zu USD 550bn zu mitigieren.
Das Risikoprofil aller Wirtschaftssysteme ändert sich und erfordert auch für Finanzinstitute eine kontinuierliche Überprüfung ihres Risikoprofils. Nachhaltigkeitsrisiken können dabei auf finanzielle und nicht-finanzielle Risiken durchschlagen. Kreditnehmer, gestellte Sicherheiten und die damit verbundenen Adressenrisiken werden bereits mit steigender Tendenz durch transitorische, aber auch direkte und indirekte physische Risiken negativ beeinflusst. Vermögenswerte sind aufgrund von schlagenden oder drohenden Nachhaltigkeitsrisiken neu zu bewerten und im Fall von stranded Assets gänzlich abzuschreiben. Marktpreisrisiken und Liquiditätsrisiken steigen und auch operative Risiken können negativ beeinflusst werden.
Geschäftsaktivitäten in bestimmten Regionen und mit bestimmten Vertragspartnern oder unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten kritische Produkte oder Dienstleistungen können sich negativ auf die eigene Reputation auswirken. Einhergehend sind zahlreiche Fragestellungen, die Banken, Asset Manager und Versicherungen in Bezug auf folgende Themenfelder berücksichtigen müssen:
Hinzu kommen die strenger werdenden aufsichtsrechtlichen Erwartungen an einzelne Finanzinstitute zum Schutz der Finanzmarktstabilität und der Unterstützung des Green Deals, um den Wandel hin zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem voranzutreiben.
Daneben ergeben sich auch aufgrund wandelnder Anforderungen von Kunden und Geschäftspartnern Herausforderungen und Chancen. Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten wie bspw. Sustainable Investments, Green Bonds, Impact Investments und Green Financing steigt spürbar und erfordert eine Überprüfung der strategischen Produkt- und Marktausrichtung. Nachhaltige Finanzprodukte weisen in den letzten Jahren ein enormes Wachstum auf: Beispielsweise nahm in Deutschland zwischen 2014 und 2018 das Volumen nachhaltiger Investments um 70%1 zu. 2019 lag ihr Marktanteil hierzulande bei 4,5%2 und erreichte einen Umfang von EUR 219 Mrd. Vermehrt werden Geschäftspartner hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit überprüft und ausgewählt, sodass nachhaltiges Handeln von Finanzinstituten, bspw. als Ausdruck ihres Nachhaltigkeitsratings, zunehmend an Bedeutung gewinnt. Es ist davon auszugehen, dass dies auch zunehmend Einfluss auf die Refinanzierungsmöglichkeiten von Finanzinstituten haben wird.
Nachhaltigkeit ist schon längst ein strategischer Differenzierungsfaktor. Finanzinstitutionen, denen es gelingt, Herausforderungen ihrer Kunden durch nachhaltige Produkte zu adressieren, ihre eigene ESG-Positionierung transparent zu machen und ihren Beitrag zum gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel zu leisten, werden gestärkt aus diesem disruptiven Wandel hervorgehen.
1 Quelle: https://www.bundesbank.de/en/tasks/topics/the-sustainable-finance-market-an-overview-814976
Für Deloitte genießt Sustainable Finance in Deutschland, Europa und global höchste Priorität. Von der strategischen Neuausrichtung über Sustainable Finance und Sustainable Transition bis hin zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Organisation begleitet Deloitte Finanzinstitutionen individuell und maßgeschneidert. Dabei unterstützen wir mit umfassender interdisziplinärer Expertise unseres weltweiten Deloitte Netzwerks und tiefer Branchenkenntnis der Finanzindustrie unsere Kunden dabei, den Wandel zur Nachhaltigkeit erfolgreich und effektiv zu gestalten.