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PoS Data Economy

Stärkere Kundenzentrierung durch cross-sektoralen Austausch von Kunden- und Transaktionsdaten

Die 360° Kundensicht ist in der digitalen Wirtschaft der zentrale Treiber für Wertschöpfung. Durch interne Daten allein kann diese Sicht jedoch nicht erreicht werden, da sich Kunden in einem breiten Ökosystem entlang der Points of Sale (PoS) zahlreicher Unternehmen bewegen. Die PoS Data Economy nähert sich der 360° Kundensicht daher durch kooperative Ansätze zum unternehmens- und sektorübergreifenden Austausch von PoS-Transaktionsdaten an. Die Blockchain bietet hierfür mit Payment, Identification und Data Sharing Rails die technologische Basis für gemeinschaftliche Netzwerkanalysen und die kollaborative Umsetzung von datengetriebenen Services für mehr Kundenzentrierung. Private Unternehmen können die sich daraus ergebenden Chancen ebenso nutzen wie der öffentliche Sektor. Banken und Finanzdienstleister haben dank ihrer Aggregator-Rolle im Zahlungsverkehr aber eine vielversprechende Aussicht auf die Innovationsführerschaft.

Datengetriebene Innovationen erfordern eine ganzheitliche Sicht auf Kunden, ihre Bedürfnisse und ihr (transaktionales) Verhalten. Unternehmensinterne Daten spiegeln regelmäßig nur einen Ausschnitt des Kundenverhaltens wider – nämlich das am eigenen Point of Sale. Wenn sich unternehmerische Entscheidungen auf die Analyse solcher Datenfragmente stützen, resultieren aus den ergriffenen Maßnahmen oftmals adverse Effekte infolge von analytischen Fehlschlüssen. Da durch fehlende Daten verursachte Lücken auch mithilfe von KI-basierten Analyseverfahren nicht valide zu schließen sind, stellt die PoS Data Economy einen kooperativen Ansatz zur Datenakquise in ihren Mittelpunkt. Versteht man den Kunden als Individuum, das sich transaktional entlang einer Vielzahl von Points of Sale in einem breiten Ökosystem aus Unternehmen sowie privaten und öffentlichen Institutionen bewegt, ergibt sich die 360° Kundensicht durch einen möglichst umfassenden unternehmens- und sektorübergreifenden Austausch der PoS-Transaktions- bzw. Kassendaten. 

Netzwerk-Analysen visualisieren Verhaltensmuster in kundenindividuellen Ökosystemen

 

In der PoS Data Economy erweitern und vertiefen Unternehmen ihre internen Kunden- und Transaktionsdaten mit komplementären Partner- und Ökosystem-Daten. So entsteht eine belastbare Datenbasis für Netzwerkanalysen, die transaktionale Kontaktpunkte und Verhaltensmuster eines Kunden in seinem individuellen Ökosystem visualisieren (siehe folgende Abbildung). Diese eignen sich nicht nur für statische Analysen zu Kaufverhalten und Produktaffinitäten. Sie lassen sich dynamisieren und um soziale, demografische sowie physische Aspekte der Kundeninteraktion erweitern. Zum Beispiel machen die zeitlichen und örtlichen Abfolgen von Transaktionen sogenannte Gewohnheits- und Explorationspfade sichtbar, aus denen sich Erkenntnisse zu Lifestyle, Routinen oder Risikoneigung des Kunden ergeben. Im Ergebnis setzt sich die 360° Kundensicht durch eine Kernidentität des Kunden sowie mehrere Personas für verschiedene Lebenssituationen zusammen.

Netzwerk-Analyse des Ökosystems mit Girokonto-Transaktionsdaten

Netzwerk-Analysen mit Transaktionsdaten geben granularen Einblick in Konsum-, Bewegungs- und Verhaltensmuster von Kunden und machen Gewohnheits- und Erkundungspfade transparent

Die Netzwerkanalyse informiert nicht nur über den Kunden, sondern ist auch eine empirische Bestandsaufnahme zur Position und Bedeutung des eigenen Unternehmens im Ökosystem des Kunden. Durch verschiedene Instrumente zur Verschiebung von Transaktionsanreizen („Nudging“) oder die Einführung neuer Produkte und Services lässt sich diese beeinflussen. Bei der Entwicklung datengetriebener Services im B2C- und B2B-Umfeld orientieren sich Unternehmen folglich sowohl am Kundennutzen als auch an den kundenrelevanten Effekten auf die bi- und multilateralen Transaktionsbeziehungen innerhalb des Ökosystems. Der Innovationsgrad und die Zielgenauigkeit hängen vom Umfang und der Granularität der verwendeten Transaktionsdaten ab. 

Zahlungsinfrastruktur als verbindendes Element und technologische Basis

 

Die Netzwerkanalyse sowie die aktive Steuerung der Position des eigenen Unternehmens im Ökosystem erfordern die Integration in das Transaktionsnetzwerk. Payment-Daten sowie die Zahlungsabwicklung sind in der PoS Data Economy daher nicht nur von analytischem Interesse, sondern eignen sich auch als verbindendes Element und infrastrukturelle Komponente. Die Blockchain-Technologie erweitert diese Komponente um leistungsfähige Rails. So entsteht eine digitale Infrastruktur für ein Internet of Payments und ein Internet of Trusted Data, die die partizipierenden Akteure zur kooperativen Umsetzung innovativer, kundenzentrischer Services befähigt: 

  • Payment Rails werden als bestehende Zahlungsnetzwerke zur Abwicklung von unbaren (Karten-)Zahlungen genutzt. Die vorhandene Rails lassen sich zur Abdeckung weiterer Zahlungsarten erweitern, sodass etwa auch Barzahlungen erfasst oder direkt digitalisiert werden können. Kundenzentrische Anwendungsfälle bestehen zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung von Münzgeld bzw. Wechselgeld im stationären Einzelhandel, In-App-Lösungen für digitale Spardosen sowie der Verarbeitung von Micropayments (z.B. Retouren, Erstattungen) und für solche Transaktionen, die aus infrastrukturellen Gründen (heute noch) nicht durch Kartenzahlung bedient werden.
  • Identification Rails verknüpfen Transaktionen mit der digitalen Identität von Kunden oder Unternehmen, die von privater oder staatlicher Stelle authentifiziert, zuverlässig, fälschungssicher und überall einsetzbar ist. Identitäten sind für die Netzwerkanalyse wichtig, aber auch selbst Grundlage für weitere kundenzentrische Anwendungsfälle. Zum einen steuern die Identitäten den Zugriff auf Daten und den Umfang des Data Sharing. Zum anderen sorgen sie für einen besseren Zugang zu den Services des Ökosystems, etwa hinsichtlich von Transaktionen mit erforderlicher Strong Customer Authentification (SCA), der Umsetzung innovativer Loyalty- und Rewards-Lösungen oder der Optimierung des Check-out-Prozesses. Beispielsweise kann so etwa das sonst nötige Vorzeigen von Coupons, Kunden- oder Vorteilskarten oder gar der gesamte Bezahlvorgang vor Ort entfallen. 
  • Data Sharing Rails sind die Grundlage, um den Transaktionen der kooperierenden Partner einen abgestimmten, zusätzlichen Umfang an Informationen zuzuordnen. Dies kann etwa der vollständige Kassenbon eines Einzelhändlers sein oder die individuellen Attribute eines Versicherungsvertrages. Die Kontrolle von Payment-Daten und digitalen Identitäten ermöglicht das Data Sharing und die Analyse vernetzter Daten mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Anforderungen. Beispiele für kundenzentrische (B2C-)Anwendungsfälle sind datengetriebene und individualisierbare Services zur intelligenten Finanzplanung und Budgetierung, konsumbasiertes Investieren, Mindful Consuming (z.B. Ermittlung Carbon Footprint oder Nutrition-Status), automatisierte Vorbestellungen, Cashbacks und Prämien für Altersvorsorge oder sonstige Sparprodukte, Produktempfehlungen und Preisvergleiche oder digitale Services zum Verbraucherschutz. Übergeorndet bildet das Konzept der Data Cooperative die Grundlage, um ein freiwilliges Pooling von (Transaktions-)Daten durch souveräne Kunden anzustreben und darauf basierend Vorteile für die Gemeinschaft zu realisieren – Data Sharing nach der genossenschaftlichen Idee. 

Banken und Finanzdienstleister als Aggregatoren im Ökosystem

 

Während die PoS Data Economy alle Industrien mit Kundeninteraktion an Points of Sale betrifft (wie z.B. stationärer Einzelhandel, Online-Handel, Digitaldienste, Finanzdienstleister, Telekommunikation, Energie, Gesundheitswesen, Sport und Freizeit – aber auch Vereine, Non-Profit-Organisationen und öffentliche Institutionen), verfügen Banken aufgrund ihrer zentralen Aggregatoren-Rolle im Zahlungsverkehr über eine exponierte Stellung im Transaktionsnetzwerk. Die Konto- und Transaktionsdaten der eigenen Kundenbeziehung bieten bereits eine umfangreiche Basis für Netzwerkanalysen, die Banken allerdings noch zusätzlich durch das „Verknüpfen“ der Girokonten bei anderen Instituten erweitern. Eine weitere Ausbaustufe ist die Vertiefung der Daten. Diese kann etwa durch die Anreicherung einer Kartentransaktion im stationären Einzelhandel um den digitalen Kassenbon mit granularen Produkt- und Preisinformationen oder die Verknüpfung der Bargeldabhebungen mit den bargeldlosen Transaktionen bei einem Einzelhändler erfolgen. Für Banken ergeben sich somit substanzielle Chancen, um die Kundenbindung und das Wachstum durch die Steigerung von Erträgen aus bestehenden und neuen Services zu erhöhen.

Wenn sich Banken und Finanzdienstleister frühzeitig mit der PoS Data Economy beschäftigen und sich strategisch positionieren, bietet dies die Aussicht auf die Innovationsführerschaft – und eine entsprechende Wahrnehmung bei den Kunden. Dies gilt auch, obwohl Dritte und damit auch alle anderen Unternehmen auf Kundenwunsch prinzipiell Zugang zu den Konto- und Transaktionsdaten der Banken erhalten können (PSD2). Banken sind gut beraten, ihre regulatorische Expertise als Kernkompetenz etwa für den Aufbau einer Plattform für den Datenaustausch als sichere Infrastruktur und Service für das Ökosystem zu nutzen – parallel zu der Entwicklung eines europäischen Rechtsrahmens für cross-sektoralen Datenaustausch. Als Betreiber einer solchen Plattform können sie neben Privatkunden auch Firmenkunden sowie öffentliche Institutionen eine Reihe Analytics-basierter Services anbieten. So lässt sich mithilfe von Transaktionsdaten beispielsweise auch innovative Research für verschiedene Adressaten betreiben. Informationen zur Preisentwicklung anhand von Echtzeit-Inflationsraten, zur Effektivität von Politikmaßnahmen (Geld-, Steuer- und Sozialpolitik) oder Veränderungen im Konsum- und Zahlungsverhalten dürften für Zentralbanken, Ministerien oder weitere Akteure des öffentlichen Sektors von Interesse sein.

Deloitte unterstützt Sie auf dem Weg in die PoS Data Economy.

Die Entwicklung der PoS Data Economy wird primär durch die rechtlichen Rahmenbedingungen für den sicheren und datenschutzkonformen Austausch der Daten sowie deren Nutzung bestimmt. Angesichts bereits angestoßener Initiativen auf nationaler wie europäischer Ebene sollten sich Unternehmen schon heute mit der PoS Data Economy befassen und sich ein Bild von der eigenen Positionierung machen. Deloitte begleitet Sie auf diesem Weg und reduziert mit einem erprobten Vorgehensmodell die Komplexität bei der Evaluierung und Priorisierung möglicher Anwendungsfälle. Den Kern des Modells bildet ein evolutionär auszugestaltender Proof of Concept (PoC):  

  • Explorative Netzwerkanalysen: Die empirische Bestandsaufnahme mit internen Transaktionsdaten und die erste Netzwerkexploration visualisieren kundenindividuelle Ökosysteme für das Unternehmen oder ausgewählte Produkt- und Kundensegmente. Ein Benchmarking (Soll-/Ist-Matrix) bewertet Aussagekraft und Abdeckungsgrad der Analyse und leitet weitere Datenanforderungen und -prioritäten ab. Dies ist nicht nur Basis der Strategieentwicklung, sondern generiert in der Regel bereits wertvolle Erkenntnisse über Kunden, Netzwerkdynamiken sowie Handlungsoptionen zur Verbesserung des Datenhaushalts.
  • Entwicklung des strategischen Zielbilds: Ausgehend vom Status quo der Netzwerkanalyse ist ein Zielbild zur Positionierung des eigenen Unternehmens im transaktionalen Ökosystem abzuleiten. Einbezogen werden dabei KPIs wie Häufigkeit und Wert von Transaktionen, Kategorien und Preissegment von Produkten oder die Wahrscheinlichkeit transaktionaler Abhängigkeiten zu anderen Unternehmen im Ökosystem. Strategisch relevante Partner werden identifiziert und die Stärkung der transaktionellen Beziehung im strategischen Zielbild für das gesamte Unternehmen oder einzelne Segmente wird berücksichtigt.
  • Exploration von Anwendungsfällen: Zur Entwicklung geeigneter Maßnahmen bzw. Anwendungsfälle zur Erreichung des Zielbilds wird die Netzwerkkomplexität zunächst auf die relevanten Parameter eingeschränkt (Anzahl der Akteure, Heterogenität der Akteure, Art und Umfang von Data Sharing, Abdeckung Zahlungsarten). Die Fokussierung auf zunächst einen Partner schärft die Ausrichtung auf Kundenzentrierung, Win-Win-Effekte für alle Akteure und ein anreizkompatibles Vertragsdesign der Kooperation. Konzeption und Exploration von ausgewählten Anwendungsfällen erfolgen kollaborativ in Vision Labs, die regelmäßig im Deloitte Greenhouse stattfinden. Das User Testing der Ergebnisse mit Kunden in experimentellen Settings oder mit einem Minimum Viable Product (MVP) liefert die empirischen Grundlagen für die Entscheidungen zur weiteren Umsetzung.
  • Umsetzung des Anwendungsfalls: Positives Kundenfeedback, der Nachweis rechtlicher und technologischer Machbarkeit sowie die Realisierung von Win-Win-Effekten in der Kooperation in Bezug auf die Erreichung festgelegter KPI-Ziele sind die ausschlaggebenden Faktoren für die weitere Umsetzung der getesteten Anwendungen. Neben dem professionellen und ausgleichenden Kooperationsmanagement unterstützt Deloitte bei der rechtlichen und vertraglichen Ausgestaltung des Kooperationsdesigns sowie in der anschließenden Umsetzung. Mit dem Blockchain Institute verfügt Deloitte inhouse über die relevante Technologieexpertise und im Rahmen von Platformication über exklusive Kooperationen mit führenden Tech-Start-ups. Als Transformationspartner liefern wir damit neben Strategie und Konzeption auch die technologische Umsetzung aus einer Hand. 
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Autor:

Dr. Daniel Streit

dastreit@deloitte.de

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